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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 08.07.2015, RV/7101986/2013

Haushaltszugehörigkeit bzw. überwiegende Kostentragung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch Dr. Viktor Igali-Igalffy, Brühlerstraße  63, 2392 Mödling, gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2012, beschlossen:

Der angefochtene Bescheid wird unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihren Sohn F., geb. 1984, im Streitzeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2012 (erhöhte) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Dem Sohn wurde mit Sachverständigengutachten vom rückwirkend ab Juli 2002 eine paranoide Schizophrenie bescheinigt und weiters festgestellt, dass er voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist.

Da die Bf. im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen die vom Finanzamt abverlangten Unterlagen (Nachweis der Haushaltszugehörigkeit bzw. Kostentragung) nicht vorlegte, erließ das Finanzamt am einen Bescheid, mit dem es die für den Zeitraum Jänner 2010 bis Dezember 2012 bezogenen Familien- und Kinderabsetzbeträge zurückforderte.

In der Begründung verwies das Finanzamt auf § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, wo es heißt, dass Personen, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.

Die Bf. erhob gegen den Rückforderungsbescheid Berufung und brachte darin vor, dass sie die vom Finanzamt abverlangten Unterlagen an den Sachwalter ihres Sohnes zur weiteren Erledigung weitergeleitet habe. Diese Unterlagen seien, wie ihr mitgeteilt worden sei, an das Finanzamt Baden-Mödling übermittelt worden. Die Familienbeihilfe werde auf das Sachwalterkonto ihres Sohnes überwiesen. Sie komme auch für den Lebensunterhalt (Miete, Bekleidung, Lebensmittel, Taschengeld, Therapiekosten, Medikamente) ihres Sohnes auf.

Die Berufung der Bf. wurde von ihrem Rechtsvertreter, der gleichzeitig Sachwalter ihres Sohnes ist, mit Schreiben vom wie folgt ergänzt:

"…Der Sachwalter hat bereits am , auch in Absprache mit der Kindesmutter, den Antrag auf Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe unter Anschluss sämtlicher ihm zur Verfügung stehenden Unterhalten zur Direktzahlung an F. E. gestellt. Die Familienbeihilfe wurde nämlich von der Kindesmutter bezogen, jedoch von ihr dem SW für den Betroffenen zur Bestreitung seines Aufwandes jeweils weitergeleitet. Die Kindesmutter hat daher diese Bezüge nicht für sich, sondern mir zur Bestreitung seines Unterhaltes und sonstigen Bedarfes von F. zur Verfügung gestellt. Von zu Unrecht bezogenen Beträgen kann daher nicht die Rede sein.

Das Ergänzungsersuchen vom hätte nicht an die Kindesmutter, sondern an mich als Antragsteller gerichtet werden müssen. Dies deswegen, da ich bereits mit Schreiben vom (!) um Direktzahlung der (erhöhten) FB + KB an mich als Zahlstelle des Betroffenen ersucht hatte und dem Finanzamt seit die Verzichtserklärung der Kindesmutter vom vorgelegen ist, wonach die FB an den Betroffenen direkt und nicht zu Handen der Kindesmutter zu überweisen ist.

Vorsorglich werden die Ergänzungspunkte im Vorhalt vom erledigt:

Zahlungsbelege über Unterhaltszahlungen für F. E.: D. E. hat ihren Sohn mit Essen versorgt, ihm die notwendige Kleidung gekauft, gewaschen und gebügelt, Schuhwerk angeschafft, ihn mit Taschengeld ausgestattet, ihm Zigaretten gekauft, für ihn einen Laptop samt Computerspielen angeschafft, ein Handytelefon gekauft etc.

Des weiteren ist sie mit den Mietzahlungen dieser Pensionen in Wien und NÖ über ihren Lebensgefährten, P. L. , in Vorlage getreten, wobei die Aufwendungen für diese Nächtigungen dem SW weiterverrechnet wurden, da er wirtschaftlich für den Betroffenen die FB bezogen hat. Die Kindesmutter hatte weiters für ihren Sohn in der Zeit von zumindestens Juni 2010 bis Inhaftierung des Betroffenen am eine Wohnung in 2500 Baden, N.-Gasse, angemietet und die darauf entfallenden Mieten und BK von monatlich EUR 430,-- bezahlt. Die Wohnung wurde jedoch noch eine geraume Zeit belassen und der monatlichen Mietaufwand von der Kindesmutter entfertigt. Vor endgültiger Rückstellung der Wohnung in Baden musste diese zur Gänze saniert werden und wurden die Kosten zur Gänze von der Kindesmutter getragen.

Einkommensnachweis von F. E.: Der Sohn der D. E. erhält von der BH Baden über Antrag des Sachwalters ab unter dem Titel "Hilfe zum Lebensunterhalt" monatlich EUR 641,50 mit Zahlstelle Sachwalterkonto. Diese Hilfe wurde jeweils nur befristet gewährt.

Mit weiterem Bescheid der BH Baden vom wurde bedarfsorientierte Mindestsicherung für den Zeitraum bis in Höhe von monatlich EUR 641,50 bezahlt; zusätzlich hat die BH Baden dem Betroffenen Schutz bei Krankheit durch Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bei der NÖGKK ab bis gewährt.

Mit Bescheid der BH Baden vom wurde festgestellt, dass der Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 2 abzüglich FB in Höhe von monatlich EUR 224,30 ab für die Dauer seines Aufenthaltes in der betreuten Wohngemeinschaft "Verein WOBES" bis zur Höhe der Aufwendungen der Sozialhilfe auf das Land NÖ übergeht und ein Betrag von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 ihm als Taschengeld verbleibt.

F. E. hat sich im Zeitraum bis in dieser betreuten Wohngemeinschaft aufgehalten.

Ab hat er Quartier in diversen Pensionen genommen, wobei die Kosten von der Kindesmutter bezahlt und vom Sachwalter ersetzt wurden.

Mit Bescheid vom der BH Baden wurde F. E. BMS in der Höhe von EUR 551,84 ab bis längstens gewährt.

Danach hat die BH Mödling nach Wohnsitzwechsel F. E. für den Zeitraum 09 bis 12/12 eine einmalige Geldleistung von EUR 909,90 gewährt, dies lt. Bescheid vom . In diesem Bescheid wurde festgehalten, dass F. E. ohne Beschäftigung ist und sich seit laufend im Krankenhaus aufhält. Da die Geldleistung der BMS bis befristet gewesen wäre, wurde ersucht, nach Entlassung aus dem Krankenhaus einen Antrag zu stellen und eine Aufenthaltsbestätigung vorzulegen. Diesen Antrag hat der SW fristgerecht gestellt.

Pflegegeldbescheid: Vorgelegt wird der Pflegegeldbescheid der BH Baden vom , wonach F. E. seit Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe von EUR 283,40 abzüglich EUR 60,--, daher EUR 224,30 monatlich zuerkannt wurde.

Aufstellung der monatlichen Lebenshaltungskosten (Miete, Strom, etc.) von F. E.:

Die Kindesmutter des Betroffenen, D. E., hat mit ihrer schriftlichen Bestätigung an die BH Baden vom dargelegt, dass für F. E. namens ihrer Person die Wohnung in Baden, N-Gasse, angemietet von D. E. ein monatlicher Mietaufwand in Höhe von EUR 430,-- entfertigt wurde. Die Wohnung wurde zumindestens kurz nach meiner SW-Bestellung, zumindestens im Juni 2010, angemietet. Die gesamten Kosten (w. z Bsp. Kaution, Provision etc.) für die Anmietung dieser Wohnung wurde zur Gänze von der Kindesmutter übernommen.

F. E. wurde aufgrund eines strafrechtlichen Vorfalls in der Justizanstalt LG Wr. Neustadt bzw. Justizanstalt Josefstadt am bis zur Hauptverhandlung am entlassen und wurde dem Betroffenen die Einweisung in einer psychiatrischen Einrichtung vom Gericht nachgesehen

(Aufenthaltsdauer in der Justizanstalt Wien-Josefstadt: bis ). In der Zeit vom bis bewohnte der Betroffene den Verein zur Förderung von Wohnraumschaffung (Verein WOBES) und betrug die monatlichen Wohnkostenbeitrag EUR 255,17.

In der Zeit des Aufenthaltes in der Justizanstalt wurden dem Betroffenen keine Geldmittel (Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. BMS) ausbezahlt und ruhend gestellt. Von der Kindesmutter wurde der Betroffene regelmäßig besucht und ihm auch Geldmittel durch Überweisung auf ein Konto bei der Justizanstalt zur Verfügung gestellt.

Nach dem bewohnte der Betroffene – wie bereits erwähnt – Quartiere in diversen Pensionen.

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die Berufungswerberin die bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge nicht für sich, sondern ausschließlich für ihren Sohn … verwendet hat, für ihn erhebliche Aufwendungen getätigt hat und darüber hinaus die Familienbeihilfe zur Bestreitung der weiteren Auslagen ihres Sohnes an den Sachwalter ihres Sohnes weitergeleitet hat…

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kindesmutter bereits am auf die Auszahlung der Kinderbeihilfe zu ihren Handen verzichtete und um Direktzahlung an ihren Sohn mit Zahlstelle Sachwalterkonto ersucht hat. Offenbar aufgrund eines Versehens des Finanzamtes wurde die Familienbeihilfe weiterhin an die Kindesmutter ausbezahlt, die diese FB an den SW ihres Sohnes weiterleitete.

Weiters wird festgehalten, dass der Betroffene nunmehr vom FA Wien 8/16/17 seit Monat März 2013 bis März 2014 direkter Familienbehilfenbezieher ist…"

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat vor.

Hingewiesen wird darauf, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt ist der Aktenlage zu entnehmen:

Die Bf. bezog für ihren Sohn F. auf Grund des Sachverständigengutachtens vom ab Juli 2002 erhöhte Familienbeihilfe. Strittig ist, ob diese für den Zeitraum bis zu Unrecht bezogen wurde.

Der Sohn der Bf. ist ohne Beruf, ohne Beschäftigung und hat seit Jahren kein eigenes Einkommen. Er ist seit besachwaltet (Beschluss des BG Mödling vom ). Er war vom bis in der Justizanstalt Wien-Josefstadt inhaftiert. Vom bis scheint im Zentralen Melderegister kein Wohnsitz auf.

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"Die Bezirkshauptmannschaft Baden gibt Ihrem Antrag auf "Hilfe zum Lebensunterhalt" statt Sie erhalten daher ab monatlich € 641,50…"

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"I. Ihr Anspruch auf Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes beträgt ab bis monatlich € 641,50.

II. Die Bezirkshauptmannschaft Baden bewilligt Ihnen Schutz bei Krankheit durch Übernahme der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bei der NÖ Gebietskrankenkasse ab bis …"

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"…I. Die Bezirkshauptmannschaft Baden gibt Ihrem Antrag auf Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes und Wohnbedarfes statt.

Sie erhalten daher eine monatliche Geldleistung in der Höhe von € 551,84 ab längstens bis …"

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"Die Bezirkshauptmannschaft Baden gibt Ihrem Antrag auf Pflegegeld statt. Sie erhalten ab Pflegegeld der Stufe 2 in Höhe von € 284,30 abzüglich € 60,-, daher € 224,30…"

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"Die Bezirkshauptmannschaft Baden stellt fest, dass Ihr Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 2 abz. FB in Höhe von monatlich € 224,30 ab für die Dauer Ihres Aufenthaltes in der betreuten Wohngemeinschaft "Verein Wobes" bis zur Höhe der Aufwendungen der Sozialhilfe auf das Land Niederösterreich übergeht. Ein Betrag von 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 verbleibt Ihnen als Taschengeld…"

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom :

"Die Bezirkshauptmannschaft Baden verpflichtet Sie, das zu Unrecht empfangene Pflegegeld für die Zeit von bis in Höhe von € 180,-- zu ersetzen…"

Von der Bf. vorgelegte und offensichtlich bezahlte Rechnungen:

Ergotherapie des Sohnes:

Die Rechnung datiert mit und lautet über einen Betrag von € 750,-- (10 Einheiten Ergotherapie á 60 min mit Hausbesuch – Preis pro Einheit: 75 €"

Überweisung von € 350,-- an F. E.,

Überweisung von € 300,-- an F. E.,

Überweisung an P. GmbH wegen Schlüsseldienst für F. E., Betrag € 95,--,

Überweisung von € 250,-- an F. E.,

Überweisung von € 269,-- an Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer (Aufenthalt von F. E. im Landesklinikum),

Honorarnote für psychotherapeutische Leistungen vom , Patient F. E., über € 346,74

Honorarnote für psychotherapeutische Leistungen vom , Patient F. E., über € 372,32 Honorarnote vom von Dr. A. C. für psychotherapeutische Behandlungen über € 70,--, Patient: F. E.

Honorarnote vom von Dr. A. C. für psychotherapeutische Behandlungen über € 70,--, Patient: F. E.

Gebietskrankenkasse St. Pölten € 87,53, Monate März, Mai, Juni, August, September, Dezember 2010.

Rechtsgrundlagen

§ 2 Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

"Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist."

§ 2 Abs. 5 und 6 FLAG 1967 lauten:

"(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht."

Nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Rechtlich folgt daraus:

Unrichtig ist zunächst das Vorbringen des Rechtsvertreters, das Ergänzungsersuchen vom hätte nicht an die Kindesmutter, sondern an an den Sohn gerichtet werden müssen.

Bezieherin der Familienbeihilfe war im Streitzeitraum ohne Zweifel die Bf. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass sie damit einverstanden war, dass die Familienbeihilfe auf ein Konto des Sohnes überwiesen wird, da es sich hierbei - wie der Rechtsvertreter insoweit zutreffend ausführt - um eine bloße Zahlstelle handelt. Daher steht auch die Weitergabe der Familienbeihilfe einer Rückforderung nicht entgegen; aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich nämlich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfen­bezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (sh. zB ).

Zu Sache selbst ist festzuhalten:

Das FLAG 1967 regelt die Reihenfolge des Familienbeihilfenanspruches wie folgt (sh. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 6 Rz 3:

a) Zunächst ist diejenige Person anspruchsberechtigt, zu deren Haushalt ihr Kind (§ 2 Abs. 3) gehört (§ 2 Abs. 2 erster Satz). Auch eine Vollwaise kann beispielsweise bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit ihrer Großmutter teilen, weshalb dieser Familienbeihilfe zu gewähren ist. Die Höhe der von der Großmutter erbrachten Unterhaltsleistung ist dabei irrelevant.

b) Teilt keine Person die Wohnung mit ihrem Kind (das Kind führt einen eigenen Haushalt oder teilt die Wohnung mit einer Person, zu der keine Kindeseigenschaft nach § 3 Abs. 2 besteht), ist die Person anspruchsberechtigt, die die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz; sh. ).

c)Zuletzt besteht für minderjährige oder volljährige Vollwaisen ein grundsätzlicher Eigenanspruch auf Familienbeihilfe (sofern sie nicht die Wohnung mit einer Person teilen, zu der Kindeseigenschaft nach § 2 Abs. 3 besteht); Gleiches gilt für die diesen Vollwaisen nach § 6 Abs. 5 gleichgestellten Kindern.

Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat . Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (ständige Rechtsprechung; sh. , mwN).

Ausgehend von dieser Judikatur ist der Beschwerdefall nicht entscheidungsreif; anzunehmen ist, dass der Sohn der Bf. zumindest einen Teil des Streitzeitraumes zum Haushalt der Bf. gehört hat; es fehlen aber Feststellungen, in welchen Monaten dies der Fall war. Zu beachten ist bei Vorliegen von Anstaltspflege auch § 2 Abs. 5 lit. c FLAG 1967.

In den Monaten, in denen der Sohn nicht zum Haushalt der Mutter gehört hat, könnte ein Anspruch der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe wegen überwiegender Tragung der Unterhaltskosten bestehen.

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis , hierzu Folgendes aus:

"Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, ob die Beschwerdeführerin überwiegend den Geldunterhalt geleistet hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/13/0241).

Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab. Ohne (zumindest schätzungsweise) Feststellungen der gesamten Unterhaltskosten lässt sich, wenn dies nicht auf Grund der geringen absoluten Höhe der geleisteten Unterhaltsbeiträge ausgeschlossen werden kann, somit nicht sagen, ob die Unterhaltsleistung in einem konkreten Fall eine überwiegende war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/15/0044, und vom , Zl. 2009/15/0205)".

Zu der Höhe der gesamten Unterhaltskosten des Sohnes der Bf. liegen keinerlei aktenmäßigen Feststellungen vor. Auch die genaue Höhe der von der Bf. für jeden Monat des Streitzeitraumes geleisteten Unterhaltsbeträge ist nicht ersichtlich.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf die oben zitierte Bestimmung des § 2 Abs. 6 FLAG 1967, derzufolge dann, wenn ein Kind Einkünfte bezieht, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen ist. Der Sohn der Bf. bezieht nach der Aktenlage derartige Einkünfte.

Unklar geblieben ist weiters, ob auch für den Zeitraum, in dem sich der Sohn der Bf. in Haft befunden hat, ein Familienbeihilfenanspruch gegeben sein kann. Hierbei kann es von Bedeutung sein, ob Untersuchungs- oder Strafhaft vorliegt. Zur Untersuchungshaft wird auf , verwiesen:

"Allein auf den Umstand einer Verhaftung und Verhängung der Untersuchungshaft durfte die belangte Behörde die Annahme nicht stützen, dass ein gemeinsamer Haushalt nicht mehr gegeben gewesen wäre. Ein bestehender gemeinsamer Haushalt wird etwa durch gewisse durch Lebensumstände bedingte, auf nicht allzu lange Zeit berechnete Unterbrechungen des Zusammenlebens (wie etwa Krankenhaus- und Erholungsaufenthalte) nicht beseitigt (vgl. etwa Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, Rz 17 zu § 14 MRG und die dort zitierte Rechtsprechung des OGH). Eine Untersuchungshaft zählt zu solchen Unterbrechungen."

Entscheidend ist hier aber auch, ob vor und nach der Untersuchungshaft ein gemeinsamer Haushalt bestanden hat.

Zu einer Strafhaft siehe :

"Im Beschwerdefall war der typischerweise anfallende Unterhalt des M. in Form von Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung (jugendliche Straftäter sind nach § 58 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes - JGG - überdies ihrer körperlichen Entwicklung entsprechend reichlicher zu verpflegen) von der Bestimmung des § 31 Abs. 1 StVG erfasst (vgl. zur Abgrenzung von Untersuchungshäftlingen etwa den ). Die für einen Gefangenen in einer Strafhaft verbleibenden Restbedürfnisse, auch wenn sie vom Beschwerdeführer in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gedeckt worden sein mögen, ändern daran nichts."

§ 278 BAO lautet:

"§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst."

Es ist aufgezeigt worden, dass noch Ermittlungen erforderlich sind, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen.

Die Aufgabe, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind, ist in erster Linie von der Abgabenbehörde wahrzunehmen. Da es im streitgegenständlichen Fall aufgrund des fragmentarischen Ermittlungsverfahrens der Abgabenbehörde dazu käme, dass erstmals das Bundesfinanzgericht eine von der Abgabenbehörde vermutete Sachlage tatbestandsrelevant nahezu vollständig ermitteln und beurteilen müsste, würde es nicht die ihm zugedachte Kontrollfunktion, sondern die Aufgaben der Abgabenbehörde übernehmen. Eine solche Kompetenzverschiebung hat aber der Gesetzgeber mit § 278 Abs. 1 letzter Satz BAO nicht angedacht, der Verwaltungsgerichten eine Verpflichtung zu Sachverhaltsermittlungen im Interesse der Verfahrensökonomie auferlegt.

Es kann auch sonst nicht erkannt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Zu beachten ist bei der erforderlichen Ermessensübung insbesondere, dass auch nach dem Streitzeitraum eruiert werden muss, ob und bejahendenfalls wem ein Familienbeihilfenanspruch zusteht. Es ist somit rationell und zeitsparend, diese Feststellungen damit im Zusammenhang auch für den vorliegenden Streitzeitraum zu treffen.

Im Hinblick darauf ist es daher zweckmäßig, im Sinne des § 278 Abs. 1 BAO vorzugehen und spruchgemäß den angefochtenen Bescheid unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da keine Rechtsfrage gegeben ist, sondern aufgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln die Ermessensentscheidung der Zurückverweisung getroffen wurde.

Wien, am

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