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VfGH vom 02.12.2022, UA95/2022

VfGH vom 02.12.2022, UA95/2022

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags eines Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit (mit der Mehrheit) wegen inhaltlicher Übereinstimmung des Verlangens – die Bundesministerin für Justiz zur Vorlage aller "Usermail" Accounts der WKStA zu verpflichten – mit einem vorangegangenen Verlangen; Abweisung des Antrags, sofern er über das Ersuchen des vorangegangenen Antrags hinausgeht; hinreichende Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses des Untersuchungsausschusses; keine Möglichkeit, ein und dasselbe Verlangen erneut zu stellen, nach rechtmäßiger Bestreitung des ersten Verlangens seitens des Untersuchungsausschusses; keine maßgeblichen Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände zwischen dem ersten und dem (der Sache nach identen) nachfolgenden Verlangen

Spruch

I.Der Antrag wird zurückgewiesen, soweit sich der Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom mit dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom selben Tag, mit dem die Bundesministerin für Justiz zu näher bestimmten Beweiserhebungen aufgefordert wird, deckt.

II.Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass der Beschluss des Untersuchungsausschusses 'betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder' (4/US XXVII.GP) vom [Beilage XXX], mit dem der Zusammenhang des Verlangens des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderung vom [Blg II] mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig ist".

II. Rechtslage

§24 und §25 der Anlage 1 zum GOG-NR (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA), BGBl 410/1975, idF BGBl I 63/2021 lauten:

"Grundsätzlicher Beweisbeschluss

§24. (1) Der grundsätzliche Beweisbeschluss verpflichtet Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper zur vollständigen Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Untersuchungsgegenstands. Sie können zugleich um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand ersucht werden. Dies gilt nicht für die Vorlage von Akten und Unterlagen sowie Erhebungen, deren Bekanntwerden Quellen im Sinne des Art52a Abs2 B-VG gefährden würde.

(2) Die Verpflichtung gemäß Abs1 besteht nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung und ihrer einzelnen Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.

(3) Der grundsätzliche Beweisbeschluss ist nach Beweisthemen zu gliedern und zu begründen. Die vom Untersuchungsgegenstand betroffenen Organe sind genau zu bezeichnen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Geschäftsordnungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Im Fall eines aufgrund eines Verlangens gemäß §1 Abs2 eingesetzten Untersuchungsausschusses kann die Einsetzungsminderheit nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z2 B-VG zur Feststellung über den hinreichenden Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses anrufen. Gleiches gilt hinsichtlich einer Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5.

(5) Stellt der Verfassungsgerichtshof gemäß §56d VfGG fest, dass der Umfang des grundsätzlichen Beweisbeschlusses nicht hinreichend ist, hat der Geschäftsordnungsausschuss binnen zwei Wochen eine Ergänzung zu beschließen. Der Beschluss ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

(6) Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofs zur Feststellung des nicht hinreichenden Umfangs der Ergänzung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses gemäß Abs5 wird diese in dem vom Verfassungsgerichtshof gemäß §56d Abs7 VfGG festgestellten erweiterten Umfang wirksam. Der grundsätzliche Beweisbeschluss samt Ergänzung ist gemäß §39 GOG bekannt zu geben.

Ergänzende Beweisanforderungen

§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.

(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.

(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.

(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."

III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. In Bezug auf den Untersuchungsgegenstand des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses und den grundsätzlichen Beweisbeschluss kann auf die Darstellung in den dazu zuvor ergangenen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden (vgl zuletzt etwa UA 75/2022 ua; UA 77/2022 ua).

1.2. In der 31. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am erhob ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, nämlich die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Andreas Hanger, Dr. Rudolf Taschner, Mag. Corinna Scharzenberger und Mag. Peter Weidinger, gemäß §25 Abs2 VO-UA folgendes Verlangen (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht,

I. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, zu erheben;

II. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder die sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht;

III. die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom (vgl AB 1215 BIgNR 27.GP, Anlage 1) sind anzuwenden.

Die Vorlagefrist beträgt zwei Wochen.

Begründung

1. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B-VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.

Der Verfassungsgerichtshof führte im Erkenntnis UA4/2022 sinngemäß aus, dass in einem Verlangen gemäß §25 VO-UA nachvollziehbar offengelegt werden muss, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll.

2. Die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.] berichtete in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am , dass per 'Usermail' an alle anderen in der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet worden seien, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt worden seien (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, , Seite 22).

Darüber hinaus sagte sie in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass es diverse Chatgruppen gebe, die habe es schon bei der Staatsanwaltschaft Wien gegeben, und es gebe, was sie gehört habe, auch im Ibizaverfahren Whatsapp-Gruppen, was also nicht per se etwas Ungewöhnliches sei (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, Seite 27f).

3. Das dritte Beweisthema des Untersuchungsgegenstand[es] 4 US/27. GP lautet ua:

'3. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über

- Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie J[.] P[.] und H[.] L[.]; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP [verbundene] Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

- Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex; Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei H[.] L[.], G[.] B[.], T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler K[.];

[…]

- die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;

- […]'

4. Die diese ergänzende Beweisanforderung unterstützende Minderheit geht aufgrund der zitierten Aussagen von Mag. L[.] P[.] davon aus, dass sowohl 'Usermail'-Accounts der WKStA sowie informelle elektronische und schriftliche Kommunikation innerhalb der WKStA existieren und dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKStA über ihre amtliche Tätigkeit und Sachverhalte, die damit in Zusammenhang stehen, auch außerhalb der verakteten Informationen über diese Kommunikationswege austauschen.

Des Weiteren geht die diese ergänzende Beweisanforderung unterstützende Minderheit aufgrund der zitierten Aussagen davon aus, dass sich in der oben bezeichneten Kommunikation ('Usermail'-Accounts der WKStA und informelle elektronische und schriftliche Kommunikation innerhalb der WKStA) Hinweise finden, ob die im dritten Beweisthem[a] behaupteten und näher umschriebenen Handlungen (siehe oben) stattgefunden haben.

Sollte es nämlich tatsächlich

- zur Einflussnahme durch den Bundesminister oder die Bundesministerin für Justiz bzw den Bundesminister oder die Bundesministerin für Inneres, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie J[.] P[.] und H[.] L[.] und auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP [verbundene] Personen wie (potentielle) Spenderinnen und Spender, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

- zu Informationsflüssen über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen und deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex;

- zur Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei H[.] L[.], G[.] B[.], T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

- zu Erarbeitung von Plänen von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA betreffend den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler K[.];

gekommen sein, ist es wahrscheinlich, aber zumindest keineswegs auszuschließen, dass sich in der in diesem Verlangen umschriebenen Kommunikation entsprechende Hinweise zu diesen im dritten Beweisthema umschriebenen Vorgängen finden, weil davon auszugehen ist, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Leitungsorgane der WKStA untereinander über derartige Vorgänge ausgetauscht hätten, sollten sie davon von Dritten gehört haben, selbst dazu Wahrnehmungen gemacht haben, oder von diesen Vorgängen betroffen gewesen sein.

Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass laut der Aussage von Mag. L[.] P[.] im Zuge der oben beschriebenen Kommunikation Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kritik an Vorgesetzten geübt haben, weshalb davon auszugehen ist, dass man sich im Zuge dieser Kommunikation offen und uneingeschränkt ausgetauscht hat. Insofern kann man davon ausgehen, dass man sich auch über im dritten Beweisthema behauptete und umschriebene Handlungen ausgetauscht hat, sofern solche Handlungen stattgefunden haben. Gerade weil es sich um insoweit 'inoffizielle', nicht veraktete Informationen handelt, ist durch die Erhebung und gegebenenfalls die Vorlage dieser Informationen mit einem Erkenntnisgewinn bezogen auf den Untersuchungsgegenstand zu rechnen.

Zusammengefasst: Der Untersuchungsausschuss untersucht, ob die Tätigkeit der WKStA beeinflusst wurde bzw ob versucht wurde, die Tätigkeit der WKStA zu beeinflussen. Wenn es solche Versuche gegeben hat, ist anzunehmen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKStA sich darüber intern ausgetauscht haben, weshalb die von diesem Ersuchen erfasst[e] Kommunikation zu erheben und dahingehend zu untersuchen ist.

Der Untersuchungsausschuss hat sich mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA (fünfter Spiegelstrich des dritten Beweisthemas) bereits intensiv auseinandergesetzt. Eine große Anzahl der befragten Auskunftspersonen sind (ehemalige) Angehörige des Justizressorts. Korrespondenzen unter Beteiligung des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie des Sektionschefs für Straflegistik waren ein zentraler Gegenstand der bisherigen Aufklärungsarbeit.

Nach den zitierten Aussagen der ehemaligen Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.] enthält die per 'Usermail' versendete Kritik an Vorgesetzte[n] relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand, zumal davon auszugehen ist, oder zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Kritik an Vorgesetzten in einem Zusammenhang mit den oben beschriebenen Vorgängen steht. Nicht übersehen werden darf, dass bei mehreren Auskunftspersonen und (ehemaligen) Angehörigen der WKStA und der übergeordneten Dienststellen ein 'Naheverhältnis' zur ÖVP angenommen wurde (neben Mag. L[.] P[.] insbesondere SC Mag. C[.] P[.] und Leitender Oberstaatsanwalt Mag. J[.] F[.]).

Für den Untersuchungsausschuss von besonderer Relevanz ist, ob sich in der oben beschriebenen Kommunikation Informationen, die sich auf den Ibiza-Ermittlungskomplex, auf den Verfahrenskomplex um Mag. C[.] P[.] und Mag. J[.] F[.], auf ein Engagement des WKStA-Dienststellenausschuss[es] bzw der Behördenleiterin, auf die 'SOKO-Tape' und auf Mag. L[.] P[.] beziehen, finden und diese Informationen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen. Gerade weil es sich (insbesondere bei Mag. P[.] und Mag. F[.]) um hochrangige Funktionsträger innerhalb des Bundesministeriums für Justiz bzw der Oberstaatsanwaltschaft Wien handelt, ist davon auszugehen, dass allfällige Kritik an diesen (vor allem) über informelle Kanäle geäußert wurde. Es ist also lebensnah, dass – hätte es etwa die im Untersuchungsgegenstand vermutete Einflussnahme zugunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen gegeben – Missstimmung darüber eher informell als im Dienstweg kundgetan worden ist.

Aber auch der Umstand, dass keine Kommunikation, die Hinweise auf die im dritten Beweisthema behauptete[n] umschriebenen Handlungen enthält, ermittelt werden kann, ist für den Untersuchungsausschuss von Relevanz, weil damit der Schluss nahe liegt, dass die im dritten Beweisthema behaupteten und umschrieben[en] Vorgänge nicht stattgefunden haben.

Daher stehen die verlangten Erhebungen in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Es ist folglich notwendig, dass diese Erhebungen durchgeführt werden und, sofern entsprechende Kommunikation gefunden wird, dem Untersuchungsausschuss übermittelt wird, soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie von abstrakter Relevanz sind und vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein könnte.

Auf die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Behauptungs- und Begründungspflichten bei Nichtvorlage bestimmter Akten und Unterlagen wird ausdrücklich hingewiesen."

1.3. Am selben Tag fasste der ÖVP-Korruptions-Untersuchungssauschuss den Beschluss, den sachlichen Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten.

1.4. Am – und sohin innerhalb der Frist gemäß §56e Abs4 VfGG – stellte das genannte Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG den Antrag,

"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, dass der Beschluss des Untersuchungsausschusses 'betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder' (4/US XXVII.GP) vom [Blg ./XXXIa], mit dem der Zusammenhang des Verlangens des antragstellenden Viertels auf ergänzende Beweisanforderung Blg. XXXI mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde, rechtswidrig ist."

1.5. Mit Beschluss vom , UA91/2022, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag zurück, weil die Antragsteller es neuerlich unterlassen hätten, ihrem Antrag gemäß §56e Abs3 VfGG eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie der gegenständlichen Teile des Protokolls der Ausschusssitzung anzuschließen, obwohl sie von diesem Erfordernis wissen mussten; sie hätten auch nicht dargetan, dass es ihnen nicht möglich gewesen wäre, das Protokoll beizulegen.

1.6. In der 37. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am erhob daraufhin das (in diesem verfassungsgerichtlichen Verfahren) antragstellende Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO-UA erneut folgendes Verlangen (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht,

I. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, zu erheben;

II. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder die sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht;

III. die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom (vgl AB 1215 BIgNR 27.GP, Anlage 1) sind anzuwenden.

Die Vorlagefrist beträgt zwei Wochen.

Begründung

1. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss kann sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfügt. Das B-VG räumt dem Untersuchungsausschuss daher ein die Legislative einseitig begünstigendes Recht zur Selbstinformation ein.

Der Verfassungsgerichtshof führte im Erkenntnis UA4/2022 sinngemäß aus, dass in einem Verlangen gemäß §25 VO-UA nachvollziehbar offengelegt werden muss, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden soll.

2. Die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.] berichtete in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am , dass per 'Usermail' an alle anderen in der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet worden seien, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt worden seien (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, , Seite 22).

Darüber hinaus sagte sie in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass es diverse Chatgruppen gebe, die habe es schon bei der Staatsanwaltschaft Wien gegeben, und es gebe, was sie gehört habe, auch im Ibizaverfahren Whatsapp-Gruppen, was also nicht per se etwas Ungewöhnliches sei (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag. L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, Seite 27f).

3. Das dritte Beweisthema des Untersuchungsgegenstand[es] 4 US/27. GP lautet ua:

'3. Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit

Aufklärung über (versuchte) Einflussnahme auf die Führung von straf- und disziplinarrechtlichen Verfahren und die Verfolgung pflichtwidrigen Verhaltens von mit der ÖVP verbundenen Amtsträgern sowie über den Umgang mit parlamentarischen Kontrollinstrumenten zum mutmaßlichen Zweck der Behinderung der Aufklärungsarbeit im parteipolitischen Interesse der ÖVP, und insbesondere über

- Einflussnahme durch Justiz- bzw InnenministerInnen, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des 'Ibiza'-Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie J[.] P[.] und H[.] L[.]; Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP [verbundene] Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

- Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex; Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei H[.] L[.], G[.] B[.], T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

- Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler K[.];

- […]

- die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.], und die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA in für die ÖVP politisch relevanten Fällen;

- […]'

4. Die diese ergänzende Beweisanforderung unterstützende Minderheit geht aufgrund der zitierten Aussagen von Mag. L[.] P[.] davon aus, dass sowohl 'Usermail'-Accounts der WKStA sowie informelle elektronische und schriftliche Kommunikation innerhalb der WKStA existieren und dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKStA über ihre amtliche Tätigkeit und Sachverhalte, die damit in Zusammenhang stehen, auch außerhalb der verakteten Informationen über diese Kommunikationswege austauschen.

Des Weiteren geht die diese ergänzende Beweisanforderung unterstützende Minderheit aufgrund der zitierten Aussagen davon aus, dass sich in der oben bezeichneten Kommunikation ('Usermail'-Accounts der WKStA und informelle elektronische und schriftliche Kommunikation innerhalb der WKStA) Hinweise finden, ob die im dritten Beweisthem[a] behaupteten und näher umschriebenen Handlungen (siehe oben) stattgefunden haben.

Sollte es nämlich tatsächlich

- zur Einflussnahme durch den Bundesminister oder die Bundesministerin für Justiz bzw den Bundesminister oder die Bundesministerin für Inneres, deren jeweilige Kabinette sowie durch C[.] P[.] einerseits und M[.] K[.], F[.] L[.] sowie A[.] H[.] andererseits auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz, insbesondere in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza Videos sowie gegen (ehemals) hochrangige politische FunktionsträgerInnen der ÖVP wie J[.] P[.] und H[.] L[.] und auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP [verbundene] Personen wie (potentielle) Spenderinnen und Spender, insbesondere Ermittlungen gegen R[.] B[.] in der Causa Chalet N;

- zu Informationsflüssen über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen und deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex;

- zur Weitergabe von vertraulichen Informationen an nicht-berechtigte Personen, insbesondere über Hausdurchsuchungen bei H[.] L[.], G[.] B[.], T[.] S[.] und S[.] B[.], sowie bei der ÖVP Bundespartei;

- zu Erarbeitung von Plänen von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA betreffend den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler K[.];

gekommen sein, ist es wahrscheinlich, aber zumindest keineswegs auszuschließen, dass sich in der in diesem Verlangen umschriebenen Kommunikation entsprechende Hinweise zu diesen im dritten Beweisthema umschriebenen Vorgängen finden, weil davon auszugehen ist, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Leitungsorgane der WKStA untereinander über derartige Vorgänge ausgetauscht hätten, sollten sie davon von Dritten gehört haben, selbst dazu Wahrnehmungen gemacht haben, oder von diesen Vorgängen betroffen gewesen sein.

Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass laut der Aussage von Mag. L[.] P[.] im Zuge der oben beschriebenen Kommunikation Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Kritik an Vorgesetzten geübt haben, weshalb davon auszugehen ist, dass man sich im Zuge dieser Kommunikation offen und uneingeschränkt ausgetauscht hat. Insofern kann man davon ausgehen, dass man sich auch über im dritten Beweisthema behauptete und umschriebene Handlungen ausgetauscht hat, sofern solche Handlungen stattgefunden haben. Gerade weil es sich um insoweit 'inoffizielle', nicht veraktete Informationen handelt, ist durch die Erhebung und gegebenfalls die Vorlage dieser Informationen mit einem Erkenntnisgewinn bezogen auf den Untersuchungsgegenstand zu rechnen.

Zusammengefasst: Der Untersuchungsausschuss untersucht, ob die Tätigkeit der WKStA beeinflusst wurde bzw ob versucht wurde, die Tätigkeit der WKStA zu beeinflussen. Wenn es solche Versuche gegeben hat, ist anzunehmen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WKStA sich darüber intern ausgetauscht haben, weshalb die von diesem Ersuchen erfasst[e] Kommunikation zu erheben und dahingehend zu untersuchen ist.

Der Untersuchungsausschuss hat sich mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA (fünfter Spiegelstrich des dritten Beweisthemas) bereits intensiv auseinandergesetzt. Eine große Anzahl der befragten Auskunftspersonen sind (ehemalige) Angehörige des Justizressorts. Korrespondenzen unter Beteiligung des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie des Sektionschefs für Straflegistik waren ein zentraler Gegenstand der bisherigen Aufklärungsarbeit.

Nach den zitierten Aussagen der ehemaligen Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.] enthält die per 'Usermail' versendete Kritik an Vorgesetzte[n] relevante Informationen zum Untersuchungsgegenstand, zumal davon auszugehen ist, oder zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese Kritik an Vorgesetzten in einem Zusammenhang mit den oben beschriebenen Vorgängen steht. Nicht übersehen werden darf, dass bei mehreren Auskunftspersonen und (ehemaligen) Angehörigen der WKStA und der übergeordneten Dienststellen ein 'Naheverhältnis' zur ÖVP angenommen wurde (neben Mag. L[.] P[.] insbesondere SC Mag. C[.] P[.] und Leitender Oberstaatsanwalt Mag. J[.] F[.]).

Für den Untersuchungsausschuss von besonderer Relevanz ist, ob sich in der oben beschriebenen Kommunikation Informationen, die sich auf den Ibiza-Ermittlungskomplex, auf den Verfahrenskomplex um Mag. C[.] P[.] und Mag. J[.] F[.], auf ein Engagement des WKStA-Dienststellenausschuss[es] bzw der Behördenleiterin, auf die 'SOKO-Tape' und auf Mag. L[.] P[.] beziehen, finden und diese Informationen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen. Gerade weil es sich (insbesondere bei Mag. P[.] und Mag. F[.]) um hochrangige Funktionsträger innerhalb des Bundesministeriums für Justiz bzw der Oberstaatsanwaltschaft Wien handelt, ist davon auszugehen, dass allfällige Kritik an diesen (vor allem) über informelle Kanäle geäußert wurde. Es ist also lebensnah, dass – hätte es etwa die im Untersuchungsgegenstand vermutete Einflussnahme zugunsten von mit der ÖVP verbundenen Personen gegeben – Missstimmung darüber eher informell als im Dienstweg kundgetan worden ist.

Aber auch der Umstand, dass keine Kommunikation, die Hinweise auf die im dritten Beweisthema behauptete[n] umschriebenen Handlungen enthält, ermittelt werden kann, ist für den Untersuchungsausschuss von Relevanz, weil damit der Schluss nahe liegt, dass die im dritten Beweisthema behaupteten und umschrieben[en] Vorgänge nicht stattgefunden haben.

Daher stehen die verlangten Erhebungen in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Es ist folglich notwendig, dass diese Erhebungen durchgeführt werden und, sofern entsprechende Kommunikation gefunden wird, dem Untersuchungsausschuss übermittelt wird, soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie von abstrakter Relevanz sind und vom Untersuchungsgegenstand erfasst sein könnte.

Auf die vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Behauptungs- und Begründungspflichten bei Nichtvorlage bestimmter Akten und Unterlagen wird ausdrücklich hingewiesen."

1.7. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungssauschuss fasste am den Beschluss, den sachlichen Zusammenhang dieses Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand zu bestreiten, und begründete dies wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Zunächst ist festzuhalten, dass der sachliche Zusammenhang von – auf dieselben Akten und Unterlagen zielenden – ergänzenden Beweisanforderung[en] desselben verlangenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses bereits am sowie am durch (Mehrheits-)Beschluss des Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs2 VO-UA bestritten wurde. In weiterer Folge erkannte der Verfassungsgerichtshof diesen Beschluss als rechtmäßig ( UA4/22) bzw wies einen entsprechenden Antrag zurück ( UA91/22).

Nunmehr soll die Bundesministerin für Justiz durch ergänzende Beweisanforderung (erneut) zu Erhebungen (in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand) und erst in weiterer Folge zur Vorlage von Akten und Unterlagen (im Umfang des Untersuchungsgegenstandes) verpflichtet werden.

Auch wenn die Wendung 'in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand' zweifellos weiter ist als 'im Umfang des Untersuchungsgegenstandes', haben die verlangenden Abgeordneten dennoch darzulegen, inwiefern ihr Verlangen auf Beweiserhebungen in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht bzw ihr Verlangen auf Aktenvorlage im Umfang des Untersuchungsgegenstands verbleibt. Sie haben dies insbesondere dann darzulegen, wenn der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig ist. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass bei weit gefassten Verlangen das verlangende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses einer erweiterten Begründungspflicht unterliegt. Es hat insbesondere durch nachvollziehbare Behauptungen darzulegen und auf Grundlage dieser zu begründen, warum das (gesamte) Verlangen in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht (vgl UA4/22 sowie sinngemäß VfSlg 19.910/2014).

Eine solche Begründung enthält das gegenständliche Verlangen nicht. Es ist für den Untersuchungsausschuss auch nicht offenkundig, inwieweit die verlangten Erhebungen in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen. Dies aus den folgenden Gründen:

- Die Bundesministerin für Justiz soll durch das gegenständliche Verlangen zur 'Erhebung' des 'lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand[s] 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten) sowie 'sämtliche[r] schriftliche[r] und elektronische[r] Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA' verpflichtet werden. Der maßgebliche Zeitraum wird insofern eingeschränkt, als dass nur jener Datenbestand, der 'im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht' zu erheben ist. Eine Einschränkung auf bestimmte beteiligte Personen oder bestimmte Sachverhalte erfolgt nicht. Im Ergebnis hätte die Bundesministerin für Justiz den gesamten Datenbestand der gesamten Behörde aus zumindest vier Jahren in Hinblick auf 'Usermail-Accounts' sowie – auch private – elektronische Kommunikation 'innerhalb der WKStA', darunter sämtliche E-Mails (etwa auch mit ParteienvertreterInnen), sowie den gesamten Aktenbestand auf schriftliche Korrespondenz (mit Sicherheitsbehörden, Oberbehörden, Gerichten, Parteien, etc.) zu erheben. Für eine derart weitreichende Beweisanforderung hätten die verlangenden Abgeordneten (vgl sinngemäß VfSlg 19.910/2014) jedoch darlegen müssen, warum etwa auch Daten aus der Amtszeit von BundesministerInnen, die nicht der ÖVP zuzurechnen sind, oder aus dem Zeitraum vor dem in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen könnten. Letzteres deshalb, da der Untersuchungszeitraum zwar grundsätzlich mit beginnt, jedoch Vorbereitungshandlungen auf Grundlage des Projekts Ballhausplatzes auch dann umfasst sind, wenn sie vor diesem Tag stattgefunden haben. Ebenso haben die verlangenden Abgeordneten nicht dargelegt, warum auch Daten zu anderen Sachverhalten als jenen, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst sind, und somit auch etwa zu Strafverfahren von unbeteiligten Dritten, erhoben werden sollen. Denn diesbezüglich e[nt]hält das Erhebungsersuchen keine Einschränkung. Angesichts des potentiellen Umfangs dieser Erhebungen hätte das verlangende Viertel außerdem umfassender begründen müssen, warum tatsächlich Erhebungen im gesamten geforderten Umfang in Zusammenhang mit der Untersuchung stehen, da prima facie ein Zusammenhang mit der Untersuchung in der völlig überwiegenden Zahl der von der WKStA geführten Verfahren von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl UA4/22 sowie sinngemäß VfSlg 19.910/2014).

Zunächst ist zu klären, ob der Untersuchungsausschuss die Möglichkeit hat, den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens auf ergänzende Beweisanforderung mit dem Untersuchungsgegenstand auch nur teilweise zu bestreiten. Auf diese Art könnten 'überschießende' Beweisanforderungen auf einen rechtskonformen Umfang reduziert werden. Dagegen spricht jedoch, dass §25 Abs2 VO-UA im Gegensatz zu §3 Abs2 VO-UA nicht vorsieht, dass auch 'einzelne genau zu bezeichnende Teile' für unzulässig erklärt werden können. Nachdem es dem Untersuchungsausschuss aber ohnehin verwehrt wäre, eine [ergänzende] Beweisanforderung durch teilweise Bestreitung mit einer eigenen politischen Wertung zu versehen und sie dadurch im Ergebnis abzuändern (vgl sinngemäß UA1/20), kann der Untersuchungsausschuss ein (wenn auch nur teilweise) nicht in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehendes Verlangen auf Beweiserhebung nur zur Gänze bestreiten, wenn er keinen ausreichenden sachlichen Zusammenhang zu erkennen vermag. In diesem Sinne hatte der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass auch ihm eine – korrigierende – Interpretation des Prozessgegenstands verwehrt ist. Schließlich gebietet der Zweck eines Untersuchungsausschusses – Aufklärung zu politischen Zwecken – möglichste Zurückhaltung bei der Wertung angestrebter Beweiserhebungen.

Insofern kann jedoch der Umstand, dass in einem Teilbereich der begehrten Erhebungen sehr wohl ein sachlicher Zusammenhang bestehen könnte, den Mangel eines solchen Zusammenhangs in anderen Bereichen nicht sanieren. Vielmehr wäre es den verlangenden Abgeordneten übertragen, nachvollziehbar darzulegen, inwiefern der sachliche Zusammenhang sehr wohl besteht oder ihr Verlangen entsprechend einzuschränken.

Auch auf Grund einer systematischen Interpretation ist in einem Verlangen auf Beweiserhebung im Zuge einer ergänzenden Beweisanforderung näher zu bezeichnen und zu determinieren, welche Erhebungen durchzuführen sind. Denn ergänzende Beweisanforderungen dienen – wie aus dem in Art53 Abs3 B-VG sowie §§24 und 25 VO-UA niedergelegten System mit ausreichender Deutlichkeit hervorgeht – dazu, den grundsätzlichen Beweisbeschluss zu ergänzen, wenn sich dazu die Notwendigkeit ergibt (vgl AB 440 BIgNR XXV.GP, 13). Aus dem gegenständlichen Verlangen ergibt sich jedoch in keiner Art und Weise, inwiefern die nunmehr verlangten Erhebungen in diesem Ausmaß erforderlich sind, musste die Bundesministerin für Justiz ohnehin bereits anlässlich des grundsätzlichen Beweisbeschlusses, in dem sie als vorlagepflichtiges Organ genannt ist, jene Akten und Unterlagen erheben, die auf eine Vorlagepflicht geprüft werden müssen. Abschließend führt auch der Ausschussbericht (AB 440 BIgNR XXV.GP, 13) aus, dass sich ergänzende Beweisanforderungen – unabhängig davon, ob es sich um Aktenvorlagen oder Erhebungsersuchen handelt – auf bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand beziehen müssen. Fehlt es einem Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung jedoch an der notwendigen Bestimmtheit, kann auch der sachliche Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht vom Untersuchungsausschuss beurteilt werden.

Der zweite Teil des gegenständlichen Verlangens verpflichtet die Bundesministerin für Justiz zur Vorlage jener Akten und Unterlagen, die im Zuge der Erhebungen hervorgekommen sind und von (zumindest) abstrakter Relevanz für die Untersuchung sind.

Auch diesem Teil des Verlangens fehlt es an der erforderlichen Begründung: Es versteht sich von selbst, dass der Untersuchungsausschuss das Ergebnis der erst von der Bundesministerin für Justiz durchzuführenden Erhebungen nicht kennen kann und daher auch keine Grundlage hat, einen sachlichen Zusammenhang festzustellen. Obwohl die Vorlagepflicht nunmehr ausdrücklich auf jene Akten und Unterlagen eingeschränkt ist, denen (zumindest) abstrakte Relevanz für die Untersuchung zukommt, umfasst das gegenständliche Verlangen mangels weiterer sachlicher oder persönlicher Einschränkungen potentiell alle ohnehin bereits vom grundsätzlichen Beweisbeschluss erfassten Akten und Unterlagen. Der Wortlaut des Verlangens steht insofern in Widerspruch zur Begründung des Verlangens, die – abgeleitet aus den Aussagen der ehem. WKStA-Mitarbeiterin Mag.a L[.] P[.] – auf einen sehr engen Bereich eingeschränkt ist.

Selbst unter Heranziehung der Begründung des Verlangens ergibt sich weiterhin für den Untersuchungsausschuss nicht, inwiefern die vom Untersuchungsgegenstand verlangten Kriterien (Untersuchungszeitraum, Begünstigungseignung, ÖVP-verbundene Personen, Betreiben des ÖVP-Zusammenschlusses, Vollziehung des Bundes) durch das gegenständliche Verlangen erfüllt sein könnten. Die Begründung stellt insbesondere Mutmaßungen und pauschale Behauptungen auf, ohne abseits der Aussagen von Mag.a P[.] konkrete, nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Relevanz für die Untersuchung anzugeben. Insofern kann inhaltlich auf den (Bestreitungs-)Beschluss des Untersuchungsausschusses vom verwiesen werden.

Aus alldem ergibt sich, dass das gegenständliche Verlangen keinen ausreichenden sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand – selbst unter Zugrundelegung des verminderten Maßstabs bei Erhebungsersuchen – herstellt. Durch das vorliegende Verlangen würde daher der Untersuchungsgegenstand auf unzulässige Art erweitert.

Zwar steht es jedem möglichen Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses zu, seine eigenen politischen Anliegen mit den ihm eingeräumten Rechten wahrzunehmen, da der Untersuchungsausschuss einer umfassenden Aufklärung nach allen politischen Gesichtspunkten verpflichtet ist. Die Mehrheit im Untersuchungsausschuss ist in diesem Sinne nicht berechtigt, die Rechte eines verlangenden Viertels der Mitglieder des Ausschusses durch die Vornahme einer eigenen politischen Wertung zu beschneiden (vgl VfGH UA1/2020, ).

Im Wege der Wahrnehmung solcher Rechte kann sich ein (potentiell) einsetzungsberechtigtes Viertel der Abgeordneten zum Nationalrat jedoch nicht die Einsetzung eines eigenen Untersuchungsausschusses mit dem von ihm selbst umschriebenen Untersuchungsgegenstand ersparen. Insbesondere dürfen vor dem Hintergrund der befristeten Dauer eines Untersuchungsausschusses auf diese Art keine über die im Einsetzungsverlangen des Untersuchungsausschusses festgelegten Beweisthemen hinausgehenden Themen der Untersuchung hinzugefügt werden, da dies eine unzulässige Verwässerung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrags zur Folge hätte. Schließlich sollten die dem Untersuchungsausschuss vom Verfassungsgesetzgeber übertragenen Befugnisse eine wirksame parlamentarische Kontrolle durch den Nationalrat ermöglichen.

Vor dem Hintergrund der beschränkten Dauer der Untersuchung und des Umstands, dass der Verfassungsgesetzgeber eine Beteiligung der Minderheit im Verfahren sicherstellen wollte, jedoch keine beherrschende Stellung der Minderheit im Verfahren vermittelt hat sowie, dass das Ziel des Verfassungsgesetzgebers die Ermöglichung wirksamer parlamentarischer Kontrolle durch den Nationalrat war, ist abschließend zu prüfen, ob der Untersuchungsausschuss nicht auf Grund der verfassungsrechtlichen Vorgaben verpflichtet ist, dem Anliegen der Minderheit auf Beweiserhebung im zulässigen Maß selbst zum Durchbruch zu verhelfen. Der Untersuchungsausschuss hat dabei sicherzustellen, dass er die Beweisanforderung nicht mit einer eigenen politischen Wertung versieht, sondern dem (bestrittenen) Verlangen der Minderheit auf Beweiserhebung vielmehr in dem ihm nach sorgfältiger Prüfung als zulässig erscheinenden Ausmaß entspricht. Ansonsten würde das Recht auf Beteiligung der Minderheit am Verfahren ins Leere laufen, könnte die Mehrheit durch bloßen Verweis auf nicht in Zusammenhang mit der Untersuchung stehende Teile der Beweisanforderung den sachlichen Zusammenhang verneinen, zumal das verlangende Viertel nicht verpflichtet sein kann, die Ergebnisse der Beweiserhebungen im Vorhinein zu kennen bzw – quasi ins Blaue hinein – jeden erdenklichen Zusammenhang zu konstruieren.

Besteht insofern etwa (wie im vorliegenden Fall) eine auf nachvollziehbaren Tatsachen beruhende Grundlage für eine ergänzende Beweisanforderung, kann der Untersuchungsausschuss mangels entsprechender Regelung in der VO-UA zwar ein Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung nicht auf das zulässige Maß reduzieren. Er kann jedoch durch Annahme eines entsprechenden, auf das zulässige Maß reduzierten eigenen Antrags auf ergänzende Beweisanforderung, an dem sich die Minderheit im Verfahren des Ausschusses selbst beteiligen kann, sicherstellen, dass dem Ansinnen der Minderheit soweit als möglich Wirksamkeit verliehen wird. Dies soll in weiterer Folge auch geschehen. Sofern der Untersuchungsausschuss nach Ansicht des verlangenden Viertels den von ihm verlangten Beweiserhebungen unzureichend entspricht, steht diesem – soweit es tatsächlich beschwert ist – weiterhin die Möglichkeit offen, den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung des Bestreitungsbeschlusses anzurufen. Damit entspricht das nunmehr gewählte Vorgehen jener Systematik, die der Verfassungsgesetzgeber für den Fall des unzureichenden Umfangs des grundsätzlichen Beweisbeschlusses vorgesehen hat.

Angemerkt wird, dass es den verlangenden Mitgliedern des Untersuchungsausschusses jederzeit freisteht, eine neuerliche ergänzende Beweisanforderung einzubringen, die den rechtlichen Vorgaben entspricht, sollten sie der Ansicht sein, dass der Untersuchungsausschuss weiterhin ihrem Ansinnen unzureichend zum Durchbruch verholfen hat".

1.8. Am selben Tag beschloss der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss in derselben Sitzung des Untersuchungsausschusses gemäß §25 Abs1 VO-UA folgendes Verlangen (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"'Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs1 VO-UA ersucht,

I.für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungs-zeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, mit Bezug zu Oberbehörden, zu erheben;

II.für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP die Inhalte von Chatgruppen im Ibiza-Verfahren zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden sind oder die sich auf diesen Zeitraum inhaltlich beziehen;

III.die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten, und diese nicht bereits vorgelegt wurden.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom (vgl AB 1215 BIgNR 27.GP, Anlage 1) sind anzuwenden.

Die Vorlagefrist beträgt zwei Wochen.'

Begründung

Die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag.a L[.] P[.] berichtete in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am , dass per 'Usermail' an alle anderen in der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet worden seien, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt worden seien (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag.a L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, , Seite 22).

Darüber hinaus sagte sie in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass es diverse Chatgruppen gebe, die habe es schon bei der Staatsanwaltschaft Wien gegeben, und es gebe, was sie gehört habe, auch im Ibizaverfahren Whatsapp-Gruppen, was also nicht per se etwas Ungewöhnliches sei (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag.a L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, Seite 27f).

Nachdem es dem Untersuchungsausschuss nicht möglich ist, aus eigenem die Echtheit dieser Aussagen von Mag.a P[.] zu überprüfen, jedoch auf Grund der Schilderungen Anlass dafür besteht, dass solche Informationen tatsächlich bestehen, sowie auf Grund der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Untersuchungsausschusses, Beweisanforderungen eines verlangenden Viertels seiner Mitglieder im zulässigem Ausmaß zum Durchbruch zu verhelfen, sind die von Mag.a P[.] angeführten Quellen von der Bundesministerin für Justiz als vorlagepflichtiges Organ im zulässigen Ausmaß zu erheben und auf diese Art allenfalls hervorkommende, dem Untersuchungsausschuss noch nicht vorgelegte Akten und Unterlagen an diesen zu übermitteln."

2. Am stellte das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den vorliegenden, auf Art138b Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag und begründete diesen wie folgt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"3.1. Sachlicher Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben/ausreichende Begründung des Verlangens

Im Beschluss der Mehrheit vom bestreitet diese den sachlichen Zusammenhang des Beweiserhebungsverlangens mit dem Untersuchungsgegenstand und behauptet zudem, das Verlangen der Minderheit enthalte keine ausreichende Begründung und ginge nicht über bloße Behauptungen ohne konkreten Bezug zum Untersuchungsgegenstand hinaus.

Das Gegenteil ist der Fall: Das Ersuchen um Beweiserhebung lautet, den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sowie erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP, Beilage ./1) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, zu erheben, sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP, Beilage ./1) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht und die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem U-Ausschuss vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten.

In der Begründung referenziert die Minderheit auf die Aussagen der ehemaligen WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.], die wiederum als Auskunftsperson vor dem Untersuchungsausschuss am befragt wurde, und aussagte, dass 'per Usermail an alle anderen bei der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden.' Darüber hinaus wurde ihre Aussage wiedergegeben, wonach es diverse Chatgruppen gebe – ua auch im Ibiza-Verfahren (vgl Stenographisches Protokoll Mag. L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII, 13. Sitzung, , 511/KOMM, Seite 27f). Bei diesen Chatgruppen handelt es sich um schriftliche und elektronische Kommunikation, die aufgrund dieses Verlangens darauf überprüft werden soll, ob sie Informationen enthält, die zur Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes beitragen können.

Vorgesetzte einer (ehemals) bei der WKStA tätigen Oberstaatsanwältin sind unter anderem der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, die zuständige Fachaufsicht, d.h. der zuständige Sektionschef, sowie schlussendlich auch die zuständige Bundesministerin. Mag. C[.] P[.] war somit als Sektionschef und Mag. J[.] F[.] war als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (mittelbar) Vorgesetzter von Mag. P[.].

Der Untersuchungsgegenstand ist das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum vom bis . Im Laufe des Untersuchungsausschusses war immer wieder Thema, ob Sektionschef Mag. P[.] oder auch LOStA Mag. F[.] Wahrnehmungen betreffend Einflussnahmen auf Verfahren der WKStA aus sachfremden Motiven hatten. Wenn nun nach Angaben der Auskunftsperson in E-Mails Aussagen über 'Vorgesetze' getätigt wurden, ist davon auszugehen, dass diese beiden Personen, die bereits im Untersuchungsausschuss befragt wurden, gemeint sind. Dass diese selbst wiederum in einem erheblichen Fokus des Untersuchungsausschusses stehen, liegt auf der Hand; beide wurden ja schon vor den Untersuchungsausschuss geladen und befragt; der Untersuchungsgegenstand erwähnt sie namentlich. Insoweit ergibt sich der sachliche Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand bereits aus diesem Faktum.

Dies wird – wie die Minderheit in ihrem Verlangen dargelegt hat – vor dem Hintergrund des 3. Beweisthemas des Einsetzungsverlangen[s] noch deutlicher. Dieses lautet: 'Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit'. Dabei steht bzw stehen die 'Einflussnahme durch ... C[.] P[.] ... auf Ermittlungsverfahren mit politischer Relevanz', weiters 'Informationsflüsse über Ermittlungen in politisch für die ÖVP relevanten Verfahren an politische EntscheidungsträgerInnen und deren MitarbeiterInnen, insbesondere den Informationsstand des/der jeweiligen BundesministerIn für Justiz und des/der jeweiligen BundesministerIn für Inneres über laufende Ermittlungen im 'Ibiza'-Verfahrenskomplex', weiters 'Pläne von mit der ÖVP verbundenen Personen für die Erlangung von Daten der WKStA, den Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesminister, seinem Kabinett und dem ehemaligen Bundeskanzler K[.]' sowie 'die Ausübung der Fach- und Dienstaufsicht gegenüber der WKStA, insbesondere durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und deren Leiter J[.] F[.]' im Zentrum.

Die Minderheit hat das Verlangen hinreichend präzisiert[,] in dem sie darauf hinwies, dass – sollte es zu den im dritten Beweisthema beschriebenen Einflussnahmen, Informationsflüssen usw tatsächlich gekommen seien – es wahrscheinlich, aber zumindest keineswegs auszuschließen sei, dass sich in der im Verlangen umschriebenen Kommunikation entsprechende Hinweise zu den im dritten Beweisthema umschriebenen Handlungen finden. Es ist nämlich davon auszugehen, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Leitungsorgane der WKStA untereinander über derartige Vorgänge ausgetauscht hätten, sollten sie davon gehört haben, selbst dazu Wahrnehmungen gemacht haben, oder von diesen Vorgängen betroffen gewesen wären.

Diese Annahme wird durch die Aussagen von Mag. P[.] untermauert. Im Verlangen wird darauf hingewiesen, dass eine (versuchte) Beeinflussung der Tätigkeit der WKStA Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses sei. Es ist anzunehmen und lebensnah, dass – sollte es tatsächlich dazu gekommen sein – sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade in den verlangten Akten und Daten, Chatgruppen usw dazu ausgetauscht haben.

Die Behauptung der Mehrheit in ihrem Bestreitungsbeschluss, wonach die Begründung des Verlangens insbesondere Mutmaßungen und pauschale Behauptungen aufstelle, geht zudem ins Leere. Die Minderheit hat in ihrem Verlangen insbesondere in Hinblick auf das dritte Beweisthema und gestützt auf die Aussagen von Mag. P[.] ausreichende Anhaltspunkte geliefert, die eine Relevanz des Beweiserhebungsverlangens aufzeigen. Es ist genuine Aufgabe des Untersuchungsausschusses, durch Sichtung des verlangten Datenmaterials zu untersuchen, ob die im dritten Beweisthema genannten Einflussnahmen, Informationsflüsse, Pläne usw stattgefunden haben oder ob es solche Handlungen nicht gab. Im Verlangen wird nachvollziehbar offengelegt, dass die Untersuchung dieser Fragen bzw Vermutungen im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung (Durchführung von Erhebungen) nachgegangen werden soll. Die Mehrheit verkennt in ihrer Bestreitung (aber auch in ihrem Umgang mit dem Untersuchungsausschuss allgemein) ganz offenkundig, dass – schon nach dem Wortlaut – Aufgabe eines Untersuchungsausschusses das Untersuchen von Sachverhalten ist.

Die Minderheit hat das Beweiserhebungsverlangen auch damit hinreichend präzisiert, in dem darauf hingewiesen wird, dass der Untersuchungsausschuss sich bereits intensiv mit der Frage der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA befasste. Wenn laut Aussage von Mag. P[.] per Usermail versendete Nachrichten existieren, die Kritik an Vorgesetzten enthielten, liegt die Vermutung nahe, dass solche per Usermail versendete Nachrichten Hinweise enthalten, die abstrakt relevante Informationen insbesondere zum 3. Beweisthema enthalten und Auskunft darüber geben können, ob die im Untersuchungsgegenstand umschriebenen Vorgänge stattgefunden haben. Gerade Informationen zur und über die Kritik an Vorgesetzten können Aufschluss darüber geben, ob sich diese Kritik auf die Einflussnahme auf Verfahren der WKStA aus unsachlichen Motiven bezieht. Die Mitglieder der das in Rede stehende Verlangen bestreitenden Mehrheit haben selbst behauptet, dass auf Verfahren der WKStA Einfluss zu Gunsten mit der ÖVP verbundene[n] Personen genommen wurde, weshalb der Untersuchungsausschuss allen diesbezüglichen Hinweisen nachgehen muss und alle zur Verfügung stehenden Akten und Unterlagen zu prüfen sind. Unter 'Akten und Unterlagen' [sind] nach Art53 Abs3 B-VG […] Korrespondenzen aller Art inkl. E-Mails zu verstehen. Die verlangte Beweiserhebung steht folglich mit dem Untersuchungsgegenstand in einem Zusammenhang.

3.2. Keine substantiierte Begründung der Bestreitung

Einleitend sei angemerkt, dass der Untersuchungsausschuss erst durch die Befragung von Mag. P[.] von der Existenz der 'Usermail'-Accounts der WKStA und der schriftlichen und elektronische[n] Kommunikation innerhalb der WKStA Kenntnis erlangt hat. Der Sinn einer ergänzenden Beweisanforderung ist es ja gerade, dem Untersuchungsausschuss oder einem Viertel seiner Mitglieder die Möglichkeit zu geben, auf derartige neue Entwicklungen Rücksicht zu nehmen und noch nicht bekannte Akten und Unterlagen anzufordern oder um eine Beweiserhebung zu ersuchen.

Der Beschluss der Mehrheit erweist sich außerdem aus einem weiteren Grund als mit Rechtswidrigkeit belastet: Die Mehrheit trifft im Fall des Bestreitens eines Verlangens gem. §25 Abs2 VO-UA eine verfassungsrechtliche Begründungspflicht. Es bedarf daher nicht nur der Behauptung eines fehlenden sachlichen Zusammenhangs des Beweiserhebungsverlangens mit dem Untersuchungsgegenstand, sondern einer substantiierten Begründung für den fehlenden Zusammenhang des Erhebungsersuchens mit dem Untersuchungsgegenstand. Der pauschale Verweis allein darauf, dass Erhebungen nicht in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden, belastet den Beschluss mit Rechtswidrigkeit.

Die Mehrheit kam dieser sie treffenden verfassungsrechtliche[n] Begründungspflicht nicht nach: Sie hat im gegenständlichen Beschluss nicht dargelegt, warum die verlangten Beweiserhebungen nicht in einem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden. Stattdessen behauptet sie, es fehle eine Einschränkung auf bestimmte beteiligte Personen (in ihrem ebenfalls während der 37. Sitzung gefassten Beschluss gem §25 Abs1 VO-UA auf ergänzende Beweisanforderungen, Beilage XXXI, schränkt die Mehrheit diese bezeichnenderweise selbst nicht auf bestimmte beteiligte Personen ein) oder bestimmte Sachverhalte. Dies ist nicht der Fall: Das Verlangen beschränkt sich (nunmehr) – wie es der VfGH in seiner Rsp verlangt (s Erk vom , UA4/2022-12, Rz 50) auf jene erhobenen Akten und Unterlagen 'soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw bei denen nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten.' Einschränkungen betreffend Sachverhalt, Personen und Zeiträume ergeben sich bereits aus dem Untersuchungsgegenstand. Vor diesem Hintergrund ist auch völlig unverständlich, warum die Mehrheit in ihrem Bestreitungsbeschluss in diesem Zusammenhang kritisiert, dass die Bundesministerin für Justiz im Ergebnis den gesamten Datenbestand der gesamten Behörde aus zumindest vier Jahren in Hinblick auf 'Usermail-Accounts' sowie – auch private – elektronische Kommunikation 'innerhalb der WKStA', zu erheben hätte. Der relevante Untersuchungszeitraum des Untersuchungsausschusses wurde mit dem Einsetzungsverlangen durch die Einsetzungsminderheit so festgelegt (Verlangen vom , 4/US XXVII. GP, Beilage 11). Die Minderheit fordert die Bundesministerin in ihrem Verlangen außerdem ausschließlich dazu auf, Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand durchzuführen und die Ergebnisse dieser Erhebungen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten, dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Das Verlangen ist somit ausreichend eingeschränkt.

Nicht richtig ist zudem die Behauptung, die Minderheit hätte umfassender begründen müssen, warum tatsächlich Erhebungen im gesamten geforderten Umfang in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, da 'prima facie ein Zusammenhang mit der Untersuchung in der völlig überwiegenden Zahl der von der WKStA geführten Verfahren von vornherein ausgeschlossen werden [können] (vgl UA4/22 sowie sinngemäß VfSlg 19.910/2014.)'[.] Dies wurde vom Verfassungsgerichthof in den zitierten Erkenntnissen nicht judiziert. Der Verfassungsgerichthof hat im zitierten Erk vom , dem im Übrigen ein weiter formuliertes Verlangen auf Vorlage von Akten und Unterlagen zu Grunde lag als es nunmehr mit dem Beweiserhebungsverlangen vom der Fall ist, bloß festgestellt, das einschreitende Viertel hätte zu begründen gehabt, 'warum der (gesamte) 'Usermail'-Account der WKStA im Umfang des Untersuchungsgegenstandes liegen sollte' (Rz 50). Dass in der völlig überwiegenden Zahl der von der WKStA geführten Verfahren von vornherein ein Zusammenhang mit der Untersuchung ausgeschlossen werden kann, führt der VfGH nicht aus (auch nicht sinngemäß).

Die Mehrheit hat in ihrem Bestreitungsbeschluss nicht begründet, warum die Untersuchung der genannten Datenbestände durch die Bundesministerin für den Untersuchungsgegenstand und konkret für das dritte Beweisthema 'Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit' in keinem Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünde. Dies vor dem Hintergrund, dass die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag. L[.] P[.] aussagte, dass 'per Usermail an alle anderen bei der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet wurden, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt wurden.'

Statt ihrer verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nachzukommen, unterstellt die Mehrheit der Minderheit, Mutmaßungen und pauschale Behauptungen aufgestellt zu haben, räumt gleichzeitig aber ein, dass die Minderheit in der Aussage von Mag. P[.] einen konkreten Anhaltspunkt für die Relevanz für die Untersuchung geliefert hat ('Die Begründung stellt insbesondere Mutmaßungen und pauschale Behauptungen auf, ohne abseits der Aussagen von Mag. P[.] konkrete, nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Relevanz für die Untersuchung anzugeben.'...).

Schließlich wird – wie dargestellt – durch das Verlangen der Untersuchungsgegenstand nicht auf unzulässige Art erweitert, sondern geht es um Informationen und Nachrichten, die klar zum Untersuchungsgegenstand gehören. Zusammenfassend ist aus dem Beschluss der Mehrheit an keiner Stelle ersichtlich, auf welche Gründe sie ihre Beschlussfassung stützt. Sie ist ihrer gegenüber dem Untersuchungsausschuss bestehenden verfassungsrechtlichen Begründungspflicht nicht nachgekommen und hat den Beschluss auch aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit belastet."

3. Da das Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom von einer Abgeordneten des Nationalrates unterstützt worden war, das weder Mitglied noch Ersatzmitglied des Untersuchungsausschusses ist, ersuchte der Verfassungsgerichtshof den Präsidenten des Nationalrates als Vorsitzenden des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses um Bekanntgabe und Übermittlung eines Nachweises, ob bzw wann dem Vorsitzenden gemäß §32 Abs4 Geschäftsordnungsgesetz 1975 schriftlich gemeldet wurde, dass diese Abgeordnete zum Nationalrat ein Mitglied des Untersuchungsausschusses auf Grund einer Verhinderung vertritt. Daraufhin übermittelte der Vorsitzende des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den schriftlichen Nachweis, dass diese Meldung tatsächlich erfolgt ist.

4. Dem Präsidenten des Nationalrates wurde die Möglichkeit eingeräumt, bis zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Davon wurde allerdings nicht Gebrauch gemacht.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, mit dem das Bestehen eines sachlichen Zusammenhanges eines Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder betreffend die Erhebung weiterer Beweise mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wird, auf Antrag des dieses Verlangen unterstützenden Viertels seiner Mitglieder.

1.2. Gemäß §25 Abs2 VO-UA kann ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 VO-UA im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen.

Ein solches Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht mit Beschluss bestreitet (§25 Abs2 VO-UA). Erfolgt eine solche Bestreitung, kann das verlangende Viertel der Mitglieder nach §25 Abs4 VO-UA den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses nach §25 Abs2 VO-UA anrufen. Ein solcher Antrag ist gemäß §56e Abs4 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Beschluss des Untersuchungsausschusses zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56e Abs6 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.

1.3. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss hat mit Beschluss vom den sachlichen Zusammenhang des Verlangens eines Viertels seiner Mitglieder auf ergänzende Beweisanforderungen mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten.

1.4. Der am von vier das Verlangen gemäß §25 Abs2 VO-UA vom unterstützenden Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG erweist sich als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern des Untersuchungsausschusses eingebracht.

1.5. Der Antrag erweist sich allerdings nur als teilweise zulässig.

1.5.1. Im Bestreitungsbeschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom wird mit näherer Begründung dargelegt, dass im Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom kein ausreichender Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand – selbst unter Zugrundelegung des verminderten Maßstabs bei Erhebungsersuchen – hergestellt werde; durch das Verlangen werde vielmehr der Untersuchungsgegenstand auf unzulässige Weise erweitert.

1.5.2. Daran knüpfend wird im Bestreitungsbeschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses ausgeführt, dass es dem Untersuchungsausschuss mangels entsprechender Regelungen in der Verfahrensordnung für Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO-UA) verwehrt sei, ein Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen auf das nach Auffassung des Untersuchungsausschusses zulässige Maß zu reduzieren. Der Untersuchungsausschuss könne jedoch durch Annahme eines entsprechenden, auf das zulässige Maß reduzierten eigenen Antrages auf ergänzende Beweisanforderungen gemäß §25 Abs1 VO-UA sicherstellen, "dass dem Ansinnen der Minderheit soweit als möglich Wirksamkeit verliehen wird".

Aus diesem Grund beschloss der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss – gesondert vom oben angeführten Bestreitungsbeschluss am – folgendes Ersuchen an die Bundesministerin für Justiz (die Änderungen gegenüber dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom sind hervorgehoben):

"'Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs1 VO-UA ersucht,

I.für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungs-zeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, mit Bezug zu Oberbehörden, zu erheben;

II.für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP die Inhalte von Chatgruppen im Ibiza-Verfahren zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden sind oder die sich auf diesen Zeitraum inhaltlich beziehen;

III.die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten, und diese nicht bereits vorgelegt wurden.

Die Definition von Akten und Unterlagen sowie die sonstigen Anforderungen des grundsätzlichen Beweisbeschlusses des Geschäftsordnungsausschusses des Nationalrats vom (vgl AB 1215 BIgNR 27.GP, Anlage 1) sind anzuwenden.

Die Vorlagefrist beträgt zwei Wochen.'

Begründung

Die karenzierte WKStA-Oberstaatsanwältin Mag.a L[.] P[.] berichtete in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss am , dass per 'Usermail' an alle anderen in der Behörde Tätigen, Links oder dergleichen versendet worden seien, wo abschätzige Äußerungen über Vorgesetzte getätigt worden seien (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag.a L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, , Seite 22).

Darüber hinaus sagte sie in ihrer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass es diverse Chatgruppen gebe, die habe es schon bei der Staatsanwaltschaft Wien gegeben, und es gebe, was sie gehört habe, auch im Ibizaverfahren Whatsapp-Gruppen, was also nicht per se etwas Ungewöhnliches sei (vgl Vorläufiges stenographisches Protokoll, Mag.a L[.] P[.], ÖVP-Korruptions-UsA-XXVII.GP, 13. Sitzung, Seite 27f).

Nachdem es dem Untersuchungsausschuss nicht möglich ist, aus eigenem die Echtheit dieser Aussagen von Mag.a P[.] zu überprüfen, jedoch auf Grund der Schilderungen Anlass dafür besteht, dass solche Informationen tatsächlich bestehen, sowie auf Grund der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Untersuchungsausschusses, Beweisanforderungen eines verlangenden Viertels seiner Mitglieder im zulässigem Ausmaß zum Durchbruch zu verhelfen, sind die von Mag.a P[.] angeführten Quellen von der Bundesministerin für Justiz als vorlagepflichtiges Organ im zulässigen Ausmaß zu erheben und auf diese Art allenfalls hervorkommende, dem Untersuchungsausschuss noch nicht vorgelegte Akten und Unterlagen an diesen zu übermitteln."

1.5.3. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass das auf §25 Abs1 VO-UA gestützte Ersuchen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses an die Bundesministerin für Justiz teilweise mit dem (seitens der Mehrheit des Untersuchungsausschusses bestrittenen) auf der Grundlage des §25 Abs2 VO-UA gestellten Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom übereinstimmt. Der Unterschied zwischen dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses und dem Ersuchen des Untersuchungsausschusses besteht darin, dass das Ersuchen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses an die Bundesministerin für Justiz Einschränkungen gegenüber dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses enthält.

1.5.4. Dessen ungeachtet hat das vor dem Verfassungsgerichtshof antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den (Bestreitungs-)Beschluss des Untersuchungsausschusses vom zur Gänze angefochten.

1.5.5. Damit verkennt das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses, dass die Streitigkeit zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Viertel seiner Mitglieder gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG teilweise oder zur Gänze beendet wird, wenn der Untersuchungsausschuss einen Beschluss gefasst hat, welcher sich offenkundig der Sache nach teilweise oder zur Gänze mit dem Verlangen nach Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO-UA deckt. Im konkreten Fall ist die Streitigkeit zwischen der Mehrheit und dem Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses insoweit, dh teilweise, beendet worden, als der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss (in derselben Sitzung, in der auch der Beschluss gefasst wurde, das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom zu bestreiten) mit einem eigenständigen Beschluss die Bundesministerin für Justiz ersucht hat, einen Teil jener Daten zu erheben, wie dies auch im Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses der Fall sein sollte.

Da somit insoweit die Streitigkeit zwischen dem Viertel der Mitglieder und dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss beendet worden ist, ist der Antrag insoweit zurückzuweisen.

1.5.6. Im Übrigen, dh in jenem Umfang des Antrages, der über das Ersuchen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom an die Bundesministerin für Justiz hinausgeht, ist der Antrag hingegen zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss führt in der Begründung seines (Bestreitungs-)Beschlusses vom unter anderem aus, dass dasselbe Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses wie im Verlangen vom bereits am und am an den Untersuchungsausschuss gestellt worden und jeweils vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss bestritten worden sei. Der Verfassungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom , UA4/2022, den (ersten) Bestreitungsbeschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom als rechtmäßig erkannt und mit Beschluss vom , UA91/2022, den weiteren Antrag des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf Rechtswidrigerklärung des Bestreitungsbeschlusses des Untersuchungsausschusses vom zurückgewiesen.

2.2. Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen (Bestreitungs-)Beschlusses des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom handelt es sich bei dem (ersten) Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom nicht um dasselbe Verlangen wie jenes vom , welches Gegenstand des vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen (Bestreitungs-)Beschlusses vom ist. Bei dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom ging es darum, die Bundesministerin für Justiz gemäß §25 Abs2 VO-UA zu verpflichten, "dem Untersuchungsausschuss eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands des WKStA 'Usermail' Accounts (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), insbesondere E-Mails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen".

Mit dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom soll hingegen die Bundesministerin für Justiz zunächst verpflichtet werden, gemäß §25 Abs2 VO-UA Beweiserhebungen durchzuführen. Es handelt sich somit um verschiedene Verlangen, die unterschiedliche Verpflichtungen des informationspflichtigen Organs nach sich ziehen (vgl Art53 Abs3 B-VG sowie zB UA4/2022).

2.3. Demgegenüber wird im (Bestreitungs-)Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom zu Recht darauf hingewiesen, dass das Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom und das – den Gegenstand des angefochtenen Bestreitungsbeschlusses bildende – Verlangen vom der Sache nach übereinstimmen:

2.3.1. Bereits am richtete dasselbe Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses, welches nun auch den Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG an den Verfassungsgerichtshof gestellt hat, folgendes Verlangen nach Durchführung von Beweiserhebungen gemäß §25 Abs2 VO-UA an den Untersuchungsausschuss:

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht,

I. für einen Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten) zu erheben;

II. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA zu erheben;

III. die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten."

Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss fasste daraufhin am einen Beschluss, mit dem der Zusammenhang des Verlangens mit dem Untersuchungsgegenstand bestritten wurde.

Der in der Folge vom Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG angerufene Verfassungsgerichtshof wies den Antrag mit Beschluss vom , UA91/2022, wegen eines formellen Mangels zurück.

2.3.2. Das Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom nach Beweiserhebungen, dessen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand der Untersuchungsausschuss mit dem nun vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Beschluss vom bestritten hat, lautet (die Änderungen im Vergleich zum Verlangen vom sind hervorgehoben):

"Die Bundesministerin für Justiz wird gemäß §25 Abs2 VO-UA ersucht,

I. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP den lokal wie serverseitig erfassten Datenbestand 'Usermail'-Accounts der WKStA (sofern erforderlich unter Wiederherstellung bereits gelöschter Daten), der im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht, zu erheben;

II. für den Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA zu erheben, die im Untersuchungszeitraum (vgl Verlangen vom , 4/US XXVII. GP) entstanden ist oder die sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht;

III. die auf diese Art erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen, soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten."

2.3.3. Das Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom und das Verlangen vom , mit denen jeweils die Bundesministerin für Justiz gemäß §25 Abs2 VO-UA zu Beweiserhebungen verpflichtet werden soll bzw sollte, unterscheiden sich nur insoweit, als im Verlangen vom eine Beifügung gegenüber dem Verlangen vom vorgenommen wurde. Sowohl in Bezug auf die Erhebung des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestands "Usermail"-Accounts der WKStA als auch in Bezug auf die Erhebung sämtlicher schriftlicher und elektronischer Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS und E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA wird im Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom ausdrücklich angeführt, dass es um jenen Datenbestand und um jene schriftliche und elektronische Kommunikation gehen soll, der bzw die jeweils "im Untersuchungszeitraum […] entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht".

Diese Beifügung im Verlangen vom ändert nichts daran, dass das Verlangen vom und das Verlangen vom der Sache nach übereinstimmen:

Zum Ersten ist in beiden Verlangen der letzte Absatz, wonach alle "auf diese Weise erhobenen Akten und Unterlagen dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP vorzulegen [sind], soweit diese für die Untersuchung (zumindest) abstrakt relevant sind bzw nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese für die Untersuchung zumindest abstrakt relevant sein könnten", (unverändert) enthalten. Schon auf Grund dieses letzten Absatzes in den beiden genannten Verlangen ergibt sich nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eindeutig, dass sich die Beweiserhebungen in beiden Verlangen inhaltlich auf den Untersuchungszeitraum beziehen.

Zum Zweiten ist – unabhängig vom übereinstimmenden letzten Absatz in den beiden Verlangen vom und – schon aus praktischer Sicht nicht verständlich, welche einschränkende Bedeutung die im Verlangen vom erfolgte Beifügung der Wortfolge "der im Untersuchungszeitraum […] entstanden ist oder sich auf diesen Zeitraum inhaltlich bezieht" im Zusammenhang mit den begehrten Beweiserhebungen bewirken sollte oder könnte. Ob "Usermail"-Accounts der WKStA oder sämtliche schriftliche und elektronische Kommunikation wie Chats, Whatsapp, Signal, SMS, E-Mail und dergleichen innerhalb der WKStA im Untersuchungszeitraum entstanden sind oder sich auf den Untersuchungszeitraum inhaltlich beziehen, kann im Wesentlichen erst dann festgestellt werden, wenn zunächst eine Erhebung sämtlicher in Frage kommender Daten bzw schriftlicher und elektronischer Kommunikation erfolgt ist.

2.4. Ausgehend davon, dass die Verlangen des Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom und nun vom inhaltlich übereinstimmen, erweist sich der (Bestreitungs-)Beschluss des Untersuchungsausschusses als begründet. Es ist nämlich davon auszugehen, dass ein- und dasselbe Verlangen nach Beweiserhebungen gemäß §25 Abs2 VO-UA nicht deswegen neuerlich gestellt werden kann, weil bzw wenn das erste Verlangen nach ergänzenden Beweisanforderungen bereits rechtmäßig seitens des Untersuchungsausschusses bestritten wurde. Für ein einem nicht angefochtenen oder einem angefochtenen, aber letztlich vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehobenen Bestreitungsbeschluss des Untersuchungsausschusses zugrunde liegendes Verlangen gilt der Grundsatz der Unwiederholbarkeit, sodass dasselbe Verlangen nicht neuerlich an den Untersuchungsausschuss herangetragen werden kann. Diese Unwiederholbarkeit eines Verlangens wird aber nur dann bewirkt, wenn zwischen dem ersten und dem nachfolgenden (der Sache nach identen) Verlangen keine maßgeblichen Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände eingetreten sind. Das antragstellende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses hat nicht näher begründet (und es ist im vorliegenden Fall für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar), dass zwischen dem Verlangen vom und dem Verlangen vom eine maßgebliche Änderung der Umstände eingetreten ist.

2.5. Aus diesem Grund erweist sich der Bestreitungsbeschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom , soweit dieser im vorliegenden Antrag gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zulässigerweise angefochten worden ist, als rechtmäßig.

V. Ergebnis

1. Der Antrag ist zurückzuweisen, soweit sich der Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom mit dem Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses vom selben Tag, mit dem die Bundesministerin für Justiz zu näher bestimmten Beweiserhebungen aufgefordert wird, deckt.

Im Übrigen ist der Antrag abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2022:UA95.2022
Schlagworte:
Untersuchungsausschuss, Bundesminister, Beweise, email, Nationalrat, VfGH / Untersuchungsausschuss, res iudicata

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