VfGH vom 02.12.2022, UA92/2022 ua
Leitsatz
Abweisung des Antrags eines Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit (mit der Bundesministerin für Justiz) betreffend zweier Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung; kein völliger Ausschluss der (potentiellen) abstrakten Relevanz der Kommunikation von nicht mit der ÖVP verbundenen Personen für den Untersuchungsgegenstand; hinreichende Begründung des Nicht-Zusammenhangs der Korrespondenz einer Vielzahl von Personen mit dem Untersuchungsgegenstand durch die BMJ
Spruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,
"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Bundesministerin für Justiz die Erhebungen gem den beiden ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom (Beilage VI und VII) unverzüglich durchzuführen und die Ergebnisse dieser Erhebungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes dem Untersuchungsausschuss unverzüglich zu übermitteln hat".
II. Rechtslage
§25 und §27 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA) zum Bundesgesetz vom über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lauten:
"Ergänzende Beweisanforderungen
§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.
(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.
(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.
(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."
"Vorlage von Beweismitteln
§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß §24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §24 Abs4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß §26 Abs2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.
(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.
(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.
(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 oder Abs3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 beschließt.
(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Zum maßgeblichen Sachverhalt wird zunächst auf die diesbezüglichen Wiedergaben in den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1-2/2022, und vom , UA5-6/2022, verwiesen (vgl insbesondere auch die dort abgedruckte Beilage VII).
1.1. Am stellten ua der Erst- und der Viertantragsteller sowie die Zweiteinschreiterin einen auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag,
"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen,
•dass die Weigerung der Bundesministerin für Justiz, der Aufforderung
gemäß §27 Abs4 VO-UA vom nachzukommen und den
ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses
4/US 27. GP vom (Beilage VI und VII) um Erhebungen im
Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei
Wochen zu entsprechen, rechtswidrig ist
sowie ferner,
dass die Bundesministerin für Justiz die Erhebungen gem den beiden Ver-
langen vom unverzüglich durchzuführen und die Ergebnisse
dem Untersuchungsausschuss unverzüglich zu übermitteln hat".
1.2. Mit Beschluss vom , UA5-6/2022, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag zurück.
1.3. Laut einem Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) vom hat der Vorsitzende als Ergebnis festgehalten, dass bis dato auf Fraktionsebene keine Einigkeit über den Einsatz einer Suchsoftware bestehe. Das Bundesministerium für Justiz werde eine mögliche Liste mit allfälligen Suchwörtern für die potentielle Anwendung einer Suchsoftware übermitteln. Einigkeit bestehe darüber, dass die ÖVP-Fraktion auf Referentenebene einen Vorschlag über die weitere Vorgangsweise zur Erörterung auf Referentenebene übermitteln werde. Bis Anfang Oktober solle eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen werden. Überdies werde das Bundesministerium für Justiz einen schriftlichen Entwurf der Konsultationsvereinbarung betreffend ein näher bezeichnetes Verfahren der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (in der Folge: WKStA) übermitteln.
1.4. In der 31. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom wurde die Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs4 VO-UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),
"den ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom (Beilage VI. und VII.) um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung ihrer Pflichten schon aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BIgNR 27. GP Anlage 2) zu übermitteln.[…]
Begründung
1.1. Mit zwei am (Beilage Vl. und VII.) wirksam gewordenen Verlangen ersuchte ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesminister für Justiz (im Folgenden: Bundesministerin) durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) für den Untersuchungsausschuss 4/US im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand folgende Erhebung durchzuführen:
Erstens Auswertung des vorliegenden Datenbestands von MMag. T[.] S[.] auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher beschriebenen Personen sowie zweitens Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher bezeichneten Personen bzw Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung näher bezeichneter Personen.
1.2. Mit Schreiben vom teilte die Bundesministerin mit, dass eine erste oberflächliche Sichtung des Datenbestandes ergeben hätte, dass MMag. T[.] S[.] im relevanten Zeitraum von den in den zwei Verlangen angeführten Personen möglicherweise nur mit einer Person Nachrichten ausgetauscht haben dürfte. Da der Aufwand für die gleichzeitige Auswertung (im Verhältnis zu einem Verlangen auf Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses vom ; dazu sogleich) nur geringfügig größer sein dürfte, erscheine es zweckmäßig, diese Nachrichten in die Auswertung einzubeziehen. Es bestehe zudem hinsichtlich der Durchführung von Erhebungen entsprechend der ergänzenden Beweisverlangen vom und vom dringender Konsultationsbedarf. Mit Verlangen vom hatte ein (vom vorliegend antragstellenden Viertel verschiedenes) Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesministerin ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand den vorliegenden Datenbestand auf Korrespondenzen mit Bezug bzw. unter Beteiligung zu näher im Verlangen bezeichneten Personen auszuwerten.
1.3. Mit Schreiben vom teilte die Bundesministerin mit, dass eine neuerliche Prüfung des Datenbestandes ergeben hätte, dass deutlich mehr Nachrichten zu den in den Verlangen vom angeführten Personen vorlägen als ursprünglich ersichtlich gewesen wäre. Eine Parallelauswertung der Verlangen vom und vom wäre ohne erheblichen zeitlichen Mehraufwand nun nicht möglich, weshalb weiterhin dringender Konsultationsbedarf zur Frage der Reihenfolge der durchzuführenden Auswertungen bestünde.
1.4. Neben mehreren Besprechungen zwischen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses sowie zwischen Mitarbeitern der im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen fand am eine Besprechung zwischen Vertretern des BMJ und Mitgliedern des Untersuchungsausschusses statt. Die Vertreter des BMJ brachten vor, dass eine gleichzeitige Auswertung aufgrund des großen Umfanges nicht möglich sei, weshalb ein Konsultationsverfahren einzuleiten wäre. Es sei weiters notwendig, dass die Fraktionen des Untersuchungsausschusses der BMJ einen Auftrag übermitteln, in welcher Reihenfolge auszuwerten sei. Das BMJ könne nicht alle seine Ressourcen für den Untersuchungsausschuss einsetzen. Die Sitzung wurde ohne Einigung vom Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses geschlossen.
1.5. Am forderte daher ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesminister gemäß §27 Abs4 VO-UA auf, binnen 14 Tagen den beiden ergänzenden Beweisanforderungen vom zu entsprechen. Die Aufforderung begründete das Viertel damit, dass die Bundesminister nicht ausreichend begründet habe, warum sie den ergänzenden Beweisanforderungen vom nicht entsprochen habe. Die von der Bundesministerin ins Treffen geführten Gründe (Ressourcenknappheit, Erforderlichkeit einer Konsultationsvereinbarung) befreien diese nicht von ihrer Pflicht zur fristgerechten Vorlage. Die Bundesministerin habe vielmehr ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um ihrer Vorlagepflicht nachzukommen. Der Abschluss einer Konsultationsvereinbarung sei weder gerechtfertigt noch wurde eine solche tatsächlich abgeschlossen. Die Bundesministerin sei daher zur unverzüglichen Entsprechung der beiden Verlangen verpflichtet.
1.6. Mit Schreiben vom gab die Bundesministerin erneut bekannt, dem Verlangen nicht nachkommen zu können, weil aufgrund von Ressourcenknappheit ein Konsultationsbedarf gemäß §58 Abs2 VO-UA bestünde. Erneut wurde auch darauf hingewiesen, dass die Minderheit keine Reihung der Datenauswertungen vorgenommen habe und es bei den stattgefundenen Besprechungen diesbezüglich zu keiner Einigung gekommen sei. Eine Personalaufstockung sei bereits vorgenommen worden, würde das Problem aber aufgrund der notwendigen Begleitung der Auswertung durch mit der Führung der Ermittlungen befassten Oberstaatsanwälten nicht lösen. Die auszuwertenden Informationen könnten zudem sehr wohl Gegenstand eines Konsultations-verfahrens seien.
1.7. Am stellte eine Minderheit gestützt auf Art138b Abs1 Z4 B-VG iVm §56f VfGG die beiden Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, die Bundesministerin verpflichtet ist, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen zum Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP vom (Beilage VI. und Beilage VII.) unverzüglich nachzukommen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen.
Der Verfassungsgerichtshof wies diese Anträge zwar teilweise zurück- bzw ab, stellte aber Folgendes fest ( UA1-2/2022, RZ165-166):
'Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes: Da die angesprochene Frist von längstens drei Monaten bereits verstrichen ist, steht der Bundesministerin für Justiz nicht mehr die Möglichkeit offen, allein gestützt auf Art138b Abs1 Z6 B-VG ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anzustrengen. Sie trifft daher unverzüglich nach Zustellung des vorliegenden Erkenntnisses in Bezug auf die beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen gegenüber dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss die Verpflichtung, ihrer bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für das Nicht-Entsprechen (vgl §27 Abs3 VO-UA) nachzukommen (vgl zuletzt UA4/2021 mwN). Vor dem Hintergrund der von der Bundesministerin für Justiz im Konsultationsverfahren vorgebrachten Gründe hat sie die Verpflichtung, den Untersuchungsausschuss umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allfällige von der Bundesministerin für Justiz angenommene Ausnahmen von der Entsprechungsverpflichtung ihre Grundlage in Art53 B-VG haben müssen und entsprechend zu begründen sind; sollte die Bundesministerin für Justiz der Auffassung sein, Verlangen führten dazu, dass die Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Vollziehung überschritten werden, hätte sie diese Behauptung entsprechend zu begründen.
Die vorgebrachten Begründungen können bei Vorliegen einer neuen Meinungsverschiedenheit in einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG (nach einer neuerlichen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA) vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden.'
1.8. Am erstattete die Bundesministerin eine Äußerung zu GZ 2022-0.494.852.
Die Bundesministerin hält in diesem Schreiben fest, dass die auszuwertenden Nachrichten von der WKStA erst in ein lesbares Format gebracht werden müssten. Im Hinblick auf die Auswertung von Chats 'mit Bezug zu' merkt sie an, dass hier zusätzliche inhaltliche Sichtungen erforderlich seien. Eine Beschleunigung der Auswertung durch Suche nach Suchwörtern erscheine zweckmäßig. Es seien bereits erste Auswertungen durchgeführt worden, so hinsichtlich des Datenbestandes von MMag. T[.] S[.], wobei sie festhält, dass zur Beweisanforderung vom noch keine Punkte explizit abgearbeitet wurden. Hinsichtlich der Beweisanforderung vom sei die Auswertung des Datenbestandes von MMag. S[.] in inhaltlicher Hinsicht betreffend die genannten Personen offen. Hinsichtlich der Beweisanforderungen vom sei noch die gesamte Beweisanforderung offen. Alleine von H[.] C[.] S[.] und Mag. J[.] G[.] sei ein großer Datenbestand im Bereich von mehr als 100.000,00 Nachrichten vorhanden.
Des Weiteren werden Details des Auswertungsprozesses dargestellt, wonach zunächst die Chatnachrichten von IT-Experten aufbereitet und selektiert würden. Diese würden dann Rechtspraktikanten zur Bearbeitung zugewiesen. Der WKStA seien jeweils drei Rechtspraktikanten für die Dauer von zwei bis drei Monaten zugeteilt. Diese treffen nach entsprechender Einschulung durch den Teamleiter und einen IT Experten eine Einschätzung, welche Chatnachrichten relevant seien. Ebenso würden sie Schwärzungen vornehmen.
Nach Abschluss dieser ersten Grobeinschätzung würden die Bewertungen von einem Richteramtsanwärter vorrevidiert. Dieser vorrevidierte Nachrichtenverlauf würde einem Oberstaatsanwalt jenes Teams, das den Verfahrenskomplex bearbeitet, vorgelegt und dieser revidiere die bisher getroffenen Einordnungen der Nachricht. Nach dieser Revision würden alle Nachrichten einem weiteren Staatsanwalt aus dem Ibiza-Team vorgelegt werden. Dieser kontrolliere die vorzulegenden Chatnachrichten dahingehend, ob durch eine Vorlage eine Ermittlungsgefährdung gegeben oder ein Konsultationsmechanismus erforderlich sei. Erst wenn die Prüfung durch den zweiten Staatsanwalt beendet sei, würden die Chatnachrichten von einem IT-Experten für die Übersendung an den Untersuchungsausschuss vorbereitet und schlussendlich übermittelt.
Neben allgemeinen Darstellungen zum zeitlichen Aufwand in Abhängigkeit von der Qualität der Vorselektion auf die Rechtspraktikanten hält die Bundesministerin fest, dass das staatsanwaltliche Team zur Bearbeitung des Verfahrenskomplexes aus acht Personen (sieben Teammitglieder, ein Teamleiter) bestehe. Ein Teammitglied wende etwa drei bis vier Arbeitstage pro Monat, ein weiteres Teammitglied rund einen Arbeitstag pro Monat und der Teamleiter etwa fünf Stunden pro Monat im Zusammenhang mit Chat-Auswertungen auf.
In zeitlicher Hinsicht erscheine eine Erledigung binnen drei Monaten mit aktuellem Ressourceneinsatz unrealistisch. Würden alle Oberstaatsanwälte der WKStA angewiesen werden, sich ausschließlich den Datenauswertungen für den Untersuchungsausschuss zu widmen, käme dies zu einem Stillstand in den von der WKStA zu führenden Ermittlungsverfahren. Auch die Anzahl der Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärter müsste aufgestockt werden.
Unter dem Titel 'Zur Frage der Überschreitung der Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Strafverfolgung durch die Verlangen iZm Chat-Auswertungen' hält die Bundesministerin fest, dass die Revision eine Vollzeitkraft eine Woche pro Monat binde, was zu Lasten der für die Strafrechtspflege verfügbaren Ressourcen gehe. Würden innerhalb des 'lbiza-Teams' mehr Ressourcen für die Vidierung der Auswertungen aufgewendet, ginge dies auf Kosten der eigentlichen Ermittlungstätigkeit in diesem Verfahrenskomplex. Jede Vergrößerung des Teams insgesamt wäre nur zu Lasten anderer Aufgaben der WKStA in der Strafrechtspflege möglich. Die Personalsituation sei angespannt und alle verfügbaren Ressourcen würden in der Strafrechtspflege benötigt. Die Staatsanwälte könnten ihrer verfassungsrechtlich verankerten Funktion, Ermittlungsverfahren unter Beachtung des Beschleunigungsverbots zu führen, nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen. Zuteilungen von Staatsanwälten von anderen Staatsanwaltschaften seien nicht möglich, da diese ebenfalls völlig ausgelastet seien. Nach Art53 Abs4 B-VG bestünde die Verpflichtung gemäß Art53 Abs3 B-VG nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt würde.
Die Informationsrechte des Nationalrats seien im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schranklos. Die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung bzw ihrer Mitglieder impliziere auch die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der den jeweiligen Regierungsmitgliedern nachgeordneten Behörden. Personal- und Sachmittel würden im Rahmen des Verfügbaren bereitgestellt, damit der Zweck des Untersuchungsausschusses möglichst effektiv erreicht werden könne.
Als Lösungsvorschlag vermeint die Bundesministerin, dass eine Auswertung der vorliegenden Daten deutlich rascher bewerkstelligt werden könne, wenn mit bestimmten – im Vorhinein festzulegenden – Suchworten operiert werden könne. Insbesondere werde die Festlegung und Bekanntgabe von Suchworten für die einzelnen Auswertungsverlangen angeregt.
2. Mit dieser Begründung kommt die Bundesministerin ihrer Begründungspflicht gemäß §25 Abs3 VO-UA nicht ausreichend nach (vgl VfGH 03.03/2021, UA1/2021; UA4/2021). Die Bundesministerin ist als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Durchführung aller von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses verlangten Ermittlungen verpflichtet, außer sie legt mit hinreichender Begründung dar, warum sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen kann, etwa weil bestimmte Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen oder andere rechtliche Gründe der Durchführung der Ermittlungen entgegengestehen. Ist seitens eines vorlagepflichtigen Organs beabsichtigt, die Vornahme von Ermittlungen abzulehnen, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, aus welchen Gründen die Ermittlungen nicht erfolgen können.
3. Bisher ist die Bundesministerin lediglich ihrer diesbezüglichen Behauptungs-, nicht aber auch ihrer Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP nachgekommen, weshalb sie verpflichtet ist, diesen – von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom verlangten – Ermittlungen durchzuführen.
3.1. Die Bundesministerin vermeint, aufgrund eines hochkomplexen Systems von vor- und nachgeschalteten Juristinnen bzw Juristen, die die Kommunikation auswerten, sei die erforderliche Auswertung nicht zu bewältigen. Sie begründet jedoch nicht, weshalb exakt dieses System erforderlich ist und ob nicht auch mit weniger Personaleinsatz das Auslangen gefunden werden könnte. Mit dieser Vorgehensweise könnte jede zur Auskunft verpflichtete Stelle durch ein Vorschalten komplexer 'Qualitätssicherungssysteme' jegliches Auskunftsbegehren ins Leere laufen lassen. Tatsächlich liegt es in der Verantwortung der auskunftspflichtigen Organe, ausreichende Ressourcen vorzuhalten und die Abläufe so zu organisieren, dass die Erfüllung verfassungsgesetzlich normierter Verpflichtungen möglich ist.
Die Bundesministerin schafft sozusagen selbst ein System, erklärt dieses zum zwingend notwendigen Standard und kommt dann zum Ergebnis, dass es aufgrund dieses Standards nicht möglich sei, dem Untersuchungsausschuss die für seine Aufgabe notwendigen Akten und Unterlagen (rechtzeitig) zu übermitteln. Im Endeffekt liefert sie damit eine Scheinbegründung. Eigentlich müsste sie begründen, weshalb ausgerechnet und allein dieses System erforderlich ist und nicht etwa auch ein System mit weniger Vor- und Nachrevisionen geeignet sein könnte, dasselbe Ergebnis zu erzielen.
3.2. Dass möglicherweise durch eine Einschränkung der Anforderung auf wenige Stichworte eine Arbeitserleichterung geschaffen werden könnte, mag zwar zutreffen. Freilich wäre dies ein Eingriff in das Selbstinformationsrecht des Nationalrats. Die das Verlangen stellende Minderheit hat – mit gutem Grund – eine möglichst umfassende Auswertung verlangt, um eben dem – weit gefassten – Untersuchungsauftrag umfänglich entsprechen zu können. Durch die Einschränkung auf einige Stichworte wäre eine vollumfängliche Untersuchung nicht mehr gewährleistet. So hält selbst die Bundesministerin in ihrem Schreiben fest, dass diese Möglichkeit im Rahmen der Konsultationssitzung am von allen Fraktionen einhellig abgelehnt wurde.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , UA1-2/2022, Rz 163 ff) klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesministerin für Justiz verpflichtet ist, den Untersuchungsausschuss umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst. Die Bundesministerin hat zwar versucht, die Nichtvornahme der verlangten Ermittlungen mit Personalknappheit zu begründen, hinsichtlich der Prognose begnügt sie sich jedoch mit der lapidaren Feststellung, dass nach Einschätzung der Leiterin der WKStA der Abschluss der verlangten Chat-Auswertungen während der voraussichtlichen Dauer des Untersuchungsausschusse nicht garantiert werden könne.
Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass die Bundesministerin samt der ihr unterstellten Behörde nicht gedenkt, ihrer Vorlagepflicht bis zum Ende der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses nachzukommen. Entgegen der ihr verfassungsrechtlich auferlegten und durch den VfGH erläuterten Verpflichtung hat die Bundesministerin gegenüber dem Untersuchungsausschuss keinerlei Angaben gemacht, aus denen er ableiten kann, wann er mit welchen Teillieferungen in welcher Größenordnung rechnen kann. Inhalt der zeitlichen Prognose der Bundesministerin ist lediglich, dass sich die gesamthafte Erfüllung der beiden Verlangen bis zum Ende des Untersuchungsschusses nicht ausgehen werde. Diese Information wurde gegenüber dem Untersuchungsausschuss bisher verschwiegen.
Wenn – wie von der Bundesministerin berichtet – die Leiterin der WKStA anmerkt, dass das Verlangen nicht binnen drei Monaten erfüllt werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass das Verlangen schon deutlich länger als drei Monate wirksam ist. Schon insofern muss es möglich sein, eine seriöse Prognose zu erstellen und nicht nur eine Prognose, dass es sich nicht ausgehe.
3.4. Darüber hinaus ist das behauptete Ressourcenproblem nicht nachvollziehbar: Wenn etwa ein Teamleiter lediglich fünf Arbeitsstunden pro Monat aufwendet, um an der Aufbereitung der Kommunikation mitzuwirken, zeigt dies, dass die Ressourcenzuteilung nicht anhand der dem Bundesministerium bzw den diesem nachgeordneten Dienststellen verfassungsgesetzlich übertragenen Verpflichtungen geschieht. Auch sonst sind insbesondere die staatsanwaltschaftlichen Mitarbeiter nicht beziehungsweise nur in geringem Ausmaß mit der Auswertung beschäftigt, sodass nicht ersichtlich oder nachvollziehbar ist, weshalb hier nicht durch zusätzlichen Ressourceneinsatz dem gesetzlichen Auftrag entsprochen werden kann. In rechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass die Ausführungen einer Bundesministerin keine hinreichende Begründung dafür darstellen, dem Auskunftsverlangen nicht zu entsprechen.
Im Ergebnis belegt der geschilderte Ressourceneinsatz insbesondere auf Ebene der Staatsanwälte gerade nicht, dass eine verstärkte Aktivität die sonstigen Tätigkeiten der Justiz bzw die Funktion der Bundesministerin und der ihr nachgeordneten Dienststellen insgesamt gefährden würden. Würden beispielsweise die von der Bundesministerin geschilderten Anstrengungen verdoppelt, wären nach den Ausführungen der Bundesministerin gerade einmal sechs Rechtspraktikanten, zwei Richteramtsanwärter, sechs bis acht Arbeitstage eines Teammitglieds pro Monat, zwei Arbeitstage eines weiteren Teammitglieds pro Monat und zehn Stunden pro Monat des Teamleiters erforderlich. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es nicht möglich ist, selbst mit dem bestehenden Personal diese Ressourcen aufzubringen. Schon überhaupt ist nicht plausibel, dass durch einen solchen Ressourceneinsatz die Funktionsfähigkeit der Justiz gefährdet wäre, wobei die Bundesministerin auch dafür nachvollziehbare und detaillierte Ausführungen schuldig bleibt.
Dass es etwa nicht möglich ist, der WKStA mehr als drei Rechtspraktikanten zuzuteilen, ist nicht nachzuvollziehen. Dass dies Usus ist, mag sein; wenn es aber die Umsetzung von Verlangen eines Untersuchungsausschusses gebietet, wäre es die Pflicht des obersten Organs, innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs für entsprechende Ressourcen oder Personalumschichtungen zu sorgen. Auch wird seitens der Bundesministerin nicht ausgeführt, warum Personal anderer Staatsanwaltschaften oder des Ministeriums nicht für eine beschränkte Dauer der WKStA zur Verfügung gestellt werden, etwa im Wege einer Dienstzuteilung oder vergleichbarer personalrechtlicher Instrumente, um die verfassungsgesetzlichen Verpflichtungen gemäß Art53 Abs3 B-VG erfüllen zu können.
3.5. Alle diese Rechnungen nützen nichts, weil die Bundesministerin überhaupt keine Berechnungen angestellt hat, welcher Aufwand für die Auswertungen erforderlich ist. Eine hinreichende Begründung der Verweigerung der verlangten Ermittlungen hätte nämlich bedurft, eine belastbare Prognose zur Grundlage, welcher Personaleinsatz für die angeforderten Auswertungen erforderlich wäre, zu erstellen. Auf dieser Grundlage könnte dann beurteilt werden, mit welchem Ressourceneinsatz oder in welchem zeitlichen Rahmen (bei gegebenem Ressourceneinsatz) eine Umsetzung möglich wäre. Schon aufgrund dieser Unterlassung ist die Begründung der Frau Bundesminister nicht hinreichend und damit rechtswidrig.
Außerdem ist das Problem der Ressourcenknappheit der Bundesministerin schon seit Monaten bekannt, hat sie doch darauf gegründet bereits im Februar das Konsultationsverfahren eingeleitet. Die Bundesministerin hat es daher seit , also seit über einem halben Jahr unterlassen, das Ressourcenproblem, dass sie daran hindert, ihrer verfassungsgesetzlichen Verpflichtung nach Art53 Abs3 B-VG nachzukommen, zu beheben.
Weshalb in diesem Zusammenhang die Bundesministerin nicht eine Lieferung in Tranchen anbietet, wie sie dies in anderen Fällen bereits getan hat, erschließt sich auch nicht. Insbesondere liefert sie dafür auch keine Begründung. Hätte sie ihrem gesetzlichen Auftrag entsprochen und zumindest mit der Auswertung begonnen, müssten bereits Unterlagen vorliegen. Wie die Bundesministerin selbst einräumt, wurde in Bezug auf ein Verlangen überhaupt nicht mit den Arbeiten begonnen. Dies ist rechtswidrig.
3.6. Auch der Versuch der Bundesministerin, die Nicht-Erfüllung der beiden Verlangen vom auf Art53 Abs4 B-VG zu stützen, also zu behaupten, dass im Falle einer Erfüllung der beiden Verlangen die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder der Bundesregierung bzw die unmittelbare Vorbereitung diese Willensbildung beeinträchtigt wäre, ist nicht nachvollziehbar.
Die Bundesministerin stützt ihre Argumentation ausschließlich darauf, dass die für den Untersuchungsausschuss durchzuführenden Beweiserhebungen das Gefüge der WKStA vor enorme Herausforderungen stellen würde, um dann wiederum die angespannte Personalsituation der WKStA ins Treffen zu führen. Zusammengefasst behauptet die Bundesministerin, eine noch stärkere Beanspruchung der mit den gegenständlichen Beweiserhebungen befassten Oberstaatsanwälte der WKStA für die Zwecke des Untersuchungsausschusses würde anderweitige Dienstgeschäfte der WKStA und daher in der Folge auch die 'Weisungsaufgaben' der Bundesministerin gefährden und folglich eine Beeinträchtigung iSd Art53 Abs4 B VG darstellen.
Zum ersten ist überhaupt nicht ersichtlich, warum – wenn dies überhaupt zutrifft – eine Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte der WKStA durch Beweiserhebungsersuchen eines Untersuchungsausschusses die 'Weisungsaufgaben' der Bundesministerin gefährden sollte. Die Bundesministerin führt dazu auch nichts Weiteres aus, sondern lässt diese Behauptung unbegründet, weshalb es dem antragstellenden Viertel unmöglich ist, der Argumentation zu folgen.
Zum zweiten besteht die Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs3 B-VG nur insoweit nicht, als dadurch 'die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.' Der Schutzbereich des Art53 Abs4 B-VG konkretisiert also die Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs2 B-VG dahingehen, dass die Informationsrechte des Nationalrates im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schrankenlos sind. Es wird so ein grundsätzlich nicht ausforschbarer Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder geschützt.[…]
Obwohl nicht explizit ausgeführt, orientieren sich der Wortlaut des Art53 Abs4 B-VG und die zugehörigen Materialien an der deutschen Rechtslage.[…] Das zeigt sich auch eindeutig daran, dass man die Formulierungen in den Materialien zur Novellierung des Art53 B-VG im Rahmen der Untersuchungsausschussrechtsreform 2014[…] mit den Formulierungen aus dem Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten Flick-Untersuchungsausschuss[…], das als Leiterkenntnis für das Konzept des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung gilt, vergleicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Begriff des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung mittlerweile mehrfach aufgegriffen[…] und präzisiert, worin sich der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung begründet und wie dieser abzugrenzen ist: Gründe, einem Untersuchungsausschuss Informationen vorzuenthalten, können sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergeben.[…] Zwar muss parlamentarische Kontrolle wirksam sein[…], aber verfassungsmäßig vorgenommene Verteilung der Machtgewichte auf die drei Staatsgewalten muss aufrecht erhalten bleiben. Keine der drei Gewalten darf ein durch die Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über eine andere Gewalt erhalten und keine Gewalt darf der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden.[…] Die Kontrollbefugnis des Parlaments ist folglich kein Recht der Mitbeteiligung, sondern sie ist im Grundsatz auf die Ex-post-Prüfung abgeschlossener Vorgänge beschränkt.[…] Die Bundesregierung ist weder ein 'Ausschuss des Bundestages', noch ist der Bundestag der Bundesregierung gegenüber weisungsberechtigt. Der Bundesregierung kommt vielmehr – auch im parlamentarischen Regierungssystem – eine selbstständige Stellung zu. Zu dieser selbstständigen Stellung gehört ua auch die politische Führung auf höchster Ebene, 'ohne eine sich zur Mitentscheidung steigernde Ingerenz' seitens des Gesetzgebers.[…] Genau in dieser Selbstständigkeit besteht der 'Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung', der auch einen – selbst von Untersuchungsausschüssen – grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt.[…]
Durch den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung soll der Bundesregierung also die Möglichkeit autonomer Willensbildung eröffnet werden.[…] Daher ist zB die Willensbildung der Regierung selbst sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und internen Abstimmungsprozessen vollzieht, davon umfasst.[…] Die Willensbildung bezieht sich insofern keineswegs bloß auf die formale Abstimmung im Rahmen einer Regierungssitzung, sondern umfasst auch die Vorbereitung einer solchen. Der Gewaltenteilungsgrundsatz ist demgemäß nicht nur der Grund für das Untersuchungsrecht, sondern bildet auch dessen Grenze.[…]
Die obenstehenden Ausführungen machen deutlich, dass sich – auch nach den österreichischen, an die deutschen Bestimmungen angelehnten Normen – der Schutzbereich des Art53 Abs4 B-VG auf die Willensbildung innerhalb der Bundesregierung erstreckt. Zwar sind die Vorbereitungsarbeiten innerhalb des Kabinetts oder Ressorts für die Willensbildung vom Schutzbereich mitumfasst, wie nun aber – vermeidbare – mangelnde Personalressourcen im Bereich der WKStA die Bundesministerin in ihrer Willensbildung hindern sollte, erschließt sich aus dem Schreiben vom nicht.
Organisatorische Probleme und/oder mangelnde Ressourcenausstattung einer dem Ressort nachgelagerten Dienststelle stellen – wie dargelegt – keinen Anwendungsbereich des Art53 Abs4 B-VG dar. Das Konzept des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung schützt – abgleitet aus dem Grundsatz der Gewaltentrennung – die Organe der Verwaltung bzw der Vollziehung vor unzulässiger Beeinflussung der Entscheidungsfindung durch den ausschließlich zur Kontrolle, nicht jedoch zur Mitentscheidung berufenen Nationalrat. Dieses Konzept entbindet die Bundesministerin also nicht von ihrer Verantwortung, für die zur Bewältigung der (verfassungs-) gesetzlich normierten Aufgaben notwendigen Ressourcen entsprechend der der Bundesministerin zukommenden umfassenden Leitungsbefugnis (Art20 Abs1 B-VG) zu sorgen.
Würde man der Interpretation der Bundesministerin folgen, könnte forthin jedes Ressort nach Etablierung eins komplizierten, mehrstufigen Prozesses zur Aktenvorlage unter Berufung auf Personalknappheit iVm Art53 Abs4 B-VG die Anforderungen des Untersuchungsausschusses auf Vorlage von Akten und Unterlagen oder auf ergänzende Beweiserhebungen verhindern. Die Bundesministerin hätte nunmehr schon über ein halbes Jahr Zeit gehabt, die Ressourcenprobleme durch – temporäres – Beiziehen von weiterem Personal abzumildern.
Außerdem erfüllt die Bundesministerin bereits ein gleichgelagertes Verlangen (Verlangen vom ) durch fortlaufende Lieferungen. Warum sie hier keinen Eingriff in ihre rechtmäßige Willensbildung sieht, bei den Verlangen vom hingegen schon, lässt die Bundesministerin offen.
Jedenfalls kann die Ausnahme von der Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs4 B-VG nicht dafür gedacht sein, dass sich die Bundesministerin aussuchen kann, welches Verlangen sie erfüllt und welches nicht. Die Bundesministerin ist als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Entsprechung aller von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich (§27 Abs1 VO UA) verpflichtet, außer sie legt mit hinreichender Begründung dar, warum bestimmte ergänzende Beweisanforderungen nicht von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind oder sie durch andere rechtliche Gründe an der Entsprechung gehindert wäre.
4. Am fand eine weitere Besprechung betreffend Konsultationsverfahrens zwischen Vertretern des Bundesministeriums für Justiz und Mitarbeitern der im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen statt, die ergebnislos blieb, zumal zum wiederholten Mal seitens der Vertreter des Bundesministeriums für Justiz vorgeschlagen wurde, dass sich die Fraktionen im Untersuchungsausschuss auf eine Reihung der Bearbeitung der unterschiedlichen ergänzenden Beweisanforderungen einigen.
Für eine derartige Absprache unter den Fraktionen existiert keine rechtliche Grundlage. Vielmehr ist die Frau Bundesministerin verpflichtet, allen ergänzenden Beweisanforderungen fristgemäß zu entsprechen. Jede andere Interpretation der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen würde dazu führen, dass ein Viertel der Abgeordneten im Untersuchungsausschuss in der Ausübung seiner Rechte gemäß VO-UA eingeschränkt oder vom Wohlwollen anderer – nicht zum Viertel zählender – Abgeordneter abhängig wäre.
5. Ist seitens eines vorlagepflichtigen Organs beabsichtigt, die Vornahme von Beweiserhebungen abzulehnen, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, welchen Ersuchen um Beweiserhebungen aus welchen Gründen nicht entsprochen wird. Es bedarf daher einer substantiierten Begründung.
Außerdem ist die Frist von drei Monaten ab Einleitung des Konsultationsmechanismus () betreffend die beiden in Rede stehenden Verlangen vom bereits verstrichen. Ergänzend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass seit dem Wirksamwerden der beiden Verlangen bereits mehr als sieben Monate verstrichen sind.
Daher ist die Bundesministerin verpflichtet, den von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BlgNR 27. GP Anlage 2) dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln."
1.5. Mit Schreiben vom hat die Bundesministerin für Justiz mitgeteilt, der soeben wiedergegebenen Aufforderung vom könne aus folgenden Gründen nicht entsprochen werden:
Die in Rede stehende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom sei in ihrem Begehren – ungeachtet einer geringfügig abweichenden Formulierung – ident mit jener vom , die sich wiederum in ihrem Begehren, den ergänzenden Beweisanforderungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen, mit der Aufforderung vom decke.
Dies bedeute, dass diese Begehren bereits Gegenstand zweier höchstgerichtlicher Erkenntnisse geworden seien und sich unter diesem Gesichtspunkt die Sachlage nicht geändert habe; auch die vorliegende Aufforderung betreffe denselben Sachverhalt.
Dieser Umstand werde auch bei genauer Lektüre der Begründung der hier interessierenden Aufforderung deutlich, zumal die gewählten Formulierungen weitestgehend aus den vorangegangenen Verlangen bzw an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Schriftsätzen übernommen worden seien.
Es würde dem Regelungszweck der einschlägigen, Präklusivfristen für die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes statuierenden Bestimmungen widersprechen, wenn dasselbe Prozedere ohne Änderung des Sachverhaltes wieder in Gang gesetzt werden könnte.
Schon aus diesem Grund sei die in Rede stehende Aufforderung aus Sicht der Bundesministerin für Justiz nicht zulässig.
Um aber die intensiven Bemühungen des Bundesministeriums für Justiz darzustellen, die gewünschten Daten zu liefern (soweit sie bislang als für den Untersuchungsgegenstand relevant eingestuft worden seien), dürfe zunächst auf Folgendes hingewiesen werden:
Wie bereits von den Antragstellern zutreffend aufgezeigt, habe am eine Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens stattgefunden, im Zuge derer der aktuelle Stand der Datenauswertung dargelegt worden sei. Die VertreterInnen des Bundesministeriums für Justiz hätten zum wiederholten Male auf die Notwendigkeit einer Vereinbarung hinsichtlich der Datenauswertung verwiesen, um die Verlangen vom (Beilagen VI und VII) auswerten zu können. Unter einem sei den Parlamentsfraktionen der Vorschlag unterbreitet worden, die Auswertung mittels einer Software und Suchbegriffen zu beschleunigen. Überdies sei angeboten worden, innerhalb einer Woche eine Liste mit zweckmäßig erscheinenden Suchbegriffen zu übermitteln, die der Untersuchungsausschuss in weiterer Folge anpassen könne. Diese Vorgehensweise würde die Möglichkeit eröffnen, die Beweisverlangen parallel abzuarbeiten. Der Untersuchungsausschuss sei um Erzielung einer Einigung ersucht worden, weil ein Konsultationsverfahren dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zufolge die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz, Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses unverzüglich und vollständig zu entsprechen, längstens für die Dauer von drei Monaten hemme. Als Ergebnis sei festgehalten worden, dass auf Fraktionsebene bis dato keine Einigkeit über den Einsatz einer Suchsoftware erzielt habe werden können. Das Bundesministerium für Justiz habe in Aussicht gestellt, eine mögliche Liste mit allfälligen Suchwörtern für die potentielle Anwendung einer Suchsoftware zu übermitteln. Es habe Einigkeit darüber bestanden, dass die ÖVP-Fraktion auf Referentenebene einen Vorschlag für die weitere Vorgangsweise zur Erörterung auf Referentenebene übermitteln werde. Bis Anfang Oktober solle eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen werden.
Trotz des Umstandes, dass die genannte Fraktion die Übermittlung eines Vorschlages zur geplanten Vorgehensweise in Aussicht gestellt habe, sei – zur Überraschung des Bundesministeriums für Justiz – die vorliegende Aufforderung eingelangt, ohne dass eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhaltes eingetreten wäre. Hingegen sei dem Bundesministerium für Justiz kein – von den Fraktionen angekündigter – Vorschlag über die weitere Vorgehensweise übermittelt worden.
Mit Schreiben vom sei vom Bundesministerium für Justiz bezugnehmend auf die eben geschilderte Konsultationssitzung nachgefragt worden, ob bereits ein Vorschlag für eine Konsultationsvereinbarung vorliege. Überdies sei bekräftigt worden, dass das Bundesministerium dem Untersuchungsausschuss jederzeit für einen weiteren Besprechungstermin bzw sonstige Unterstützung zur Verfügung stehe. Ferner seien Informationen zum Umfang der Beweismittelanforderungen vom und zum Status anderer Beweismittel mit möglicher Relevanz für den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss bereitgestellt worden. Dieses Schreiben des Bundesministeriums für Justiz sei unbeantwortet geblieben.
Diese gewählte Vorgehensweise habe zunächst auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1/2018, beruht, mit dem das Höchstgericht seine Judikatur, dass der Rechnungshof zur Einsichtnahme in Unterlagen nur insoweit befugt sei, als diese Unterlagen irgendeine abstrakte Relevanz für die Gebarungsprüfung des Rechtsträgers hätten, auf Untersuchungsausschüsse übertragen habe. Somit hätten bislang alle Akten und Unterlagen vorgelegt werden müssen, die abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufwiesen. An dieser abstrakten Relevanz sei zu bemessen gewesen, was als Beweismittel verwendet werden dürfe. Keine abstrakte Relevanz sei hingegen gegeben, wenn ausgeschlossen werden könne, dass Akten und Unterlagen der Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrages dienen könnten (vgl VfSlg 20.304/2018, Pkt. IV.2.5.).
Nach Auffassung der Bundesministerin für Justiz sei die Vorlageverpflichtung jedoch an Hand der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere der Erkenntnisse jeweils vom , UA7-45/2022, und UA46-74/2022, sowie vom , UA77/2022, UA85/2022, nunmehr – nach gründlicher Analyse – einer neuerlichen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.
Zunächst sei festzuhalten, dass die Antragsteller die Bundesministerin für Justiz um Durchführung von Beweiserhebungen (und nicht um die Vorlage von Akten und Unterlagen) ersucht hätten. Gemäß Art53 Abs3 B-VG hätten diese Beweiserhebungen "im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof habe sinngemäß konstatiert, für den Fall, dass aus einem Verlangen nicht zu erkennen (und somit nicht offenkundig) sei, inwiefern die thematisierten Vorgänge dem Untersuchungsziel dienen könnten, müssten die Antragsteller eine nähere Begründung für ihr Begehren geben.
So könne es nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA (und somit umso weniger einer Aufforderung nach §27 Abs4 leg cit, die allenfalls ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorbereiten und einen wechselseitigen Kommunikationsprozess darstellen solle) sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es müsse vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden solle. Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO-UA ausführten, würden sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" beziehen. Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (vgl dazu UA7-45/2022, Pkt. IV.2.3.7. ff.).
In Fortführung dieser Judikatur habe das Höchstgericht in seinem Erkenntnis vom , UA77/2022, UA85/2022, ausgesprochen, dass im Zusammenhang mit Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B-VG die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei, unterschiedlich danach zu beurteilen seien, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei oder ob dies eben nicht der Fall sei. Dementsprechend seien die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses unterschiedlich (vgl zuletzt VfGH jeweils , UA7-45/2022, und UA46-74/2022 jeweils mwN). Diese Überlegungen seien grundsätzlich auch auf Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG übertragbar, allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Frage, ob angeforderte Akten und Unterlagen vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, zunächst dem informationspflichtigen Organ obliege. Für ein informationspflichtiges Organ, das über die begehrten Akten und Unterlagen verfüge, bestehe daher grundsätzlich eine höhere Begründungsanforderung als für den Untersuchungsausschuss bzw dessen Minderheit. Sei die (potentielle) abstrakte Relevanz einer Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig, so seien jedoch auch die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ herabgesetzt.
Die vorliegende Aufforderung werde diesen Anforderungen aus nachstehenden Überlegungen nicht gerecht:
Fallkonkret sei nicht offenkundig, inwiefern die begehrten Beweiserhebungen den geforderten Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und somit eine abstrakte Relevanz aufwiesen. Die hier interessierende Aufforderung selbst enthalte überhaupt keine Ausführungen zur Relevanz der geforderten Erhebungen für das Untersuchungsziel.
Auch bei Rückgriff auf die – im Verlangen jedoch nicht wiedergegebene – in den ergänzenden Beweisanforderungen vom (Beilagen VI und VII) enthaltene Begründung werde deutlich, dass diese den Anforderungen an eine substantiierte Argumentation nicht gerecht werde.
So werde das Verlangen gemäß §25 Abs2 VO-UA vom , das im Wesentlichen auf die Auswertung des der WKStA vorliegenden Datenbestandes auf Korrespondenzen mit der FPÖ und der SPÖ nahestehenden Personen gerichtet sei (Beilage VI), zusammengefasst wie folgt begründet:
"[…] Allerdings ist zu erwarten, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation Informationen enthält, die es ermöglicht, gegebenenfalls die politische Verantwortung für die im Einsetzungsverlangen 4/US XXVII. GP behaupteten und näher umschriebenen Missstände abschließend klären zu können.
Daher ist es für den Untersuchungsausschuss unerlässlich, dass die seitens der WKStA sichergestellte elektronischen Kommunikation dahingehend ausgewertet wird, ob die im gegenständlichen Verlangen genannten Personen, die allesamt Spitzenpolitikerinnen bzw -politiker der Republik Österreich sind oder waren und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukommt, an der Kommunikation teilgenommen haben.
Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation, an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt sind, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen ('[...] Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes [...] auf Betreiben [...] von in Organen des Bundes tätigen Personen [...]', enthält."
Das zweite in Rede stehende Verlangen gemäß §25 Abs2 VO-UA vom ziele auf die Auswertung des Datenbestandes von MMag. S. auf Korrespondenzen mit Bezug ua zu zahlreichen Personen ab, die der SPÖ nahestünden (Beilage VII).
Die hier gewählte Begründung sei wortident mit der eben zur Beilage VI wiedergegebenen Argumentation. Ergänzend führten die Antragsteller wie folgt aus:
"In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zB W[.] K[.] sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T[.] S[.] zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt hat (vgl AB 1040 BIgNR XXVII. GP)."
In den in Rede stehenden Verlangen würden somit zusammengefasst Auswertungen in Bezug auf SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen (bzw ein Naheverhältnis mit diesen Parteien aufweisenden Personen), nicht jedoch in Bezug auf ÖVP-PolitikerInnen verlangt. Ein "offenkundiger" Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand liege somit nicht vor.
Bei den in den Begründungen gewählten Argumenten handle es sich um pauschale Annahmen, die von keinem greifbaren Substrat getragen würden. So sei aus den Verlangen nicht ableitbar, inwiefern die geforderten Beweiserhebungen der Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten. Der unspezifische Verweis darauf, dass es sich bei den in den Verlangen genannten Personen um SpitzenpolitikerInnen handle (oder gehandelt habe), denen ein "entsprechender" Einfluss zukäme, stelle keinen Bezug zum Untersuchungsziel her. Es bleibe völlig offen, inwieweit die begehrten Beweiserhebungen zur Klärung der – im Einsetzungsverlangen als Untersuchungsziel determinierten – Frage beitragen könnten, ob es ausgehend vom "Projekt Ballhausplatz" durch eine Gruppe von in Organen des Bundes tätigen, der ÖVP zuzuordnenden Personen zu Missbrauch von Organbefugnissen zum Zweck der Förderung der parteipolitischen Interessen der ÖVP gekommen und dadurch staatlichen Interessen möglicherweise ein Schaden entstanden sei. Auch der im Verlangen (Beilage VII) enthaltene Verweis, wonach "z.B." eine der dort genannten Personen sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe, stelle keine substantiierte Begründung für den geforderten "Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" dar. Das Bundesministerium für Justiz könne daher keine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand erkennen.
Unter Berücksichtigung der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur sei für den Fall, dass die abstrakte Relevanz in den vorliegenden Beweisanforderungen nicht offenkundig sei, die Begründungspflicht des vorlagepflichtigen Organs herabgesetzt.
Die Frage, in welcher Tiefe das vorlagepflichtige Organ eine Ablehnung der an es gestellten Ersuchen (im Falle einer nicht offenkundigen Relevanz) zu begründen habe, hänge – erneut unter Zugrundelegung der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung – im Wesentlichen davon ab, ob das vorlagepflichtige Organ über die begehrten Akten und Unterlagen verfüge. Dazu sei festzuhalten, dass es sich fallkonkret gerade nicht um dem Bundesministerium für Justiz (samt nachgeordneten Dienststellen) bereits vorliegende und somit "parate" Akten und Unterlagen handle, in die durch bloße Einsichtnahme auf einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand geschlossen werden könne, sondern vielmehr um erst auszuwertende "Rohdaten", deren Inhalt bislang nicht bekannt sei. Das Bundesministerium für Justiz könne nicht erkennen, in welche Richtung die verlangten Auswertungen überhaupt auf eine abstrakte Relevanz überprüft werden könnten, weil es die verlangenden Abgeordneten gänzlich offen ließen, in welchem Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand die begehrten Beweismittel stehen sollten.
Im Lichte der bisherigen Ausführungen bleibe im Dunkeln, welche dem Untersuchungsziel dienende Beweise durch die geforderten Beweiserhebungen erhoben werden könnten. In casu wäre es – auf Grund der mangelnden Offenkundigkeit – am verlangenden Viertel gelegen, einen für das vorlagepflichtige Organ nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der begehrten Beweiserhebung und dem Untersuchungsziel darzulegen. Die in Rede stehende Aufforderung komme somit einem bloßen Erkundungsbeweis gleich und werde den vom Verfassungsgerichtshof statuierten Anforderungen nicht gerecht. Die in Rede stehenden Verlangen ließen aus den oben genannten Ausführungen keine abstrakte Relevanz der geforderten Erhebungen für den Untersuchungsgegenstand erkennen.
Vor diesem Hintergrund könne der vorliegenden Aufforderung auf Durchführung von Beweiserhebungen mangels abstrakter Relevanz der geforderten Erhebungen nicht entsprochen werden.
Unter Zugrundelegung dieser dargestellten Überlegungen sei ferner festzuhalten, dass die in Rede stehenden Verlangen somit keinen Konsultationsbedarf mehr auslösten.
2. Die Einschreiter begründen ihren auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag wie folgt:
2.1. Zur Zulässigkeit:
Es lägen alle formalen Voraussetzungen für eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vor: Ein "informationspflichtiges Organ [ist] nach Auffassung [...] eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 und Abs3 nicht oder ungenügend nach[gekommen] [...]". Nach der Literatur könne eine Aufforderung gestellt werden, wenn entweder die im Verlangen gesetzte Frist abgelaufen sei oder das informationspflichtige Organ mitgeteilt habe, seiner Verpflichtung nicht nachzukommen.
Beides sei hier der Fall: Die Bundesministerin für Justiz habe dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss mehrfach – zuletzt mit Schreiben vom – mitgeteilt, dass den beiden Verlangen nicht nachgekommen werde. Die Minderheit habe daher iSv §27 Abs4 VO-UA zur Auffassung gelangen müssen, dass die Bundesministerin den beiden Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung nicht nachkommen werde. Sie habe daher an die Bundesministerin für Justiz zulässigerweise die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom gerichtet, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen zu entsprechen.
Wenn die Bundesministerin für Justiz in ihrem Schreiben vom ausführe, die Aufforderung wäre unzulässig, weil das Begehren bereits Gegenstand zweier höchstgerichtlicher Erkenntnisse geworden sei, so sei sie damit nicht im Recht:
In seinem ersten Erkenntnis vom , UA1-2/2022, habe der Verfassungsgerichtshof den Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG nur deswegen abgewiesen, weil die Vorlagepflicht der Bundesministerin für Justiz zum damals relevanten Zeitpunkt auf Grund des damals noch laufenden Konsultationsverfahrens gehemmt gewesen sei. Eine inhaltliche Entscheidung über die Meinungsverschiedenheit selbst sei nicht erfolgt. Darüber hinaus habe der Verfassungsgerichtshof eindeutig festgestellt, dass die Hemmfrist mittlerweile abgelaufen sei und die Bundesministerin daher unverzüglich nach Zustellung des Erkenntnisses ihrer Behauptungs- und Begründungspflicht hinsichtlich der ergänzenden Beweisanforderungen nachzukommen habe. Der Verfassungsgerichtshof habe zudem der Bundesministerin für Justiz den Auftrag erteilt, den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss "umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst" (Pkt. IV.2.5.). Der Verfassungsgerichtshof stelle am Ende seines Erkenntnisses zudem eindeutig klar, dass im Fall einer neuen Begründung – wie es nunmehr der Fall sei – seine neuerliche Anrufung zulässig sei; so heiße es: "Die vorgebrachten Begründungen können bei Vorliegen einer neuen Meinungsverschiedenheit in einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG (nach einer neuerlichen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA) vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden". Dies sei in weiterer Folge auch geschehen: Am hätten die antragstellenden Abgeordneten eine neue Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA an die Bundesministerin für Justiz gerichtet, der diese erneut nicht nachgekommen sei, weshalb die Angelegenheit erneut Gegenstand eines Antrages gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG geworden sei. Mit "Erkenntnis" des Verfassungsgerichtshofes vom sei dieser Antrag schließlich aus formalen Gründen zurückgewiesen worden. Eine neuerliche Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA, wie sie am ergangen sei, sei daher lediglich aus einem formalen Bezeichnungsfehler unzulässig, grundsätzlich aber zulässig gewesen. Auch die nunmehrige Aufforderung vom sei daher zulässig. Die durch die Weigerung der Bundesministerin mit ihrem Schreiben vom neu entstandene Meinungsverschiedenheit könne somit neuerlich durch den vorliegenden Antrag vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden.
Ganz grundsätzlich übersehe die Bundesministerin für Justiz aber, dass dem gesamten Verfahren wirksam gewordene ergänzende Beweisanforderungen zugrunde lägen, denen sie – wie sie selbst zugestehe – nicht entsprochen habe. Solange ein solcher Zustand andauere, würden die rechtlichen Rahmenbedingungen auch ein wiederholtes Vorgehen nach §27 Abs4 VO-UA nicht ausschließen.
Die am erfolgte Übermittlung des Antrages im Wege des Präsidenten des Nationalrates sei zudem rechtzeitig und zulässig, weil die Bundesministerin für Justiz mit Schreiben vom mitgeteilt habe, der Aufforderung vom nicht nachzukommen.
Die Meinungsverschiedenheit bestehe darin, dass die Bundesministerin für Justiz in rechtswidriger Weise ihrer Pflicht, den Verlangen vom und der Aufforderung vom betreffend die unverzügliche Durchführung von Erhebungen sowie ihrer Plicht zur Begründung für die Nichtentsprechung nicht nachgekommen sei.
2.2. In der Sache begründen die Einschreiter ihren Antrag wie folgt:
2.2.1. Hemmfrist längst abgelaufen:
Die Bundesministerin für Justiz weise in ihrem Schreiben vom zunächst auf die am stattgefundene weitere Besprechung betreffend das Konsultationsverfahren hin.
Die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz, den in Rede stehenden Beweisanforderungen zu entsprechen, sei jedoch durch die Durchführung eines Konsultationsverfahrens längst nicht mehr gehemmt. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , UA1-2/2022, bereits judiziert habe, sei die (längstens) dreimonatige Hemmfrist bereits abgelaufen. Ein Verfahren nach Art138b Abs1 Z6 B-VG sei von der Bundesministerin nicht angestrebt worden.
Die Bundesministerin für Justiz sei daher verpflichtet, den von einem Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BIgNR 27. GP Anlage 2) zu übermitteln.
2.2.2. Offenkundiger sachlicher Zusammenhang/ausreichende Begründung:
Die Bundesministerin für Justiz bestreite in ihrem Schreiben vom (erstmals) die abstrakte Relevanz der beiden Verlangen für das Untersuchungsziel des Untersuchungsausschusses.
Dies überrasche insofern, als die Bundesministerin für Justiz in all ihren bisherigen Äußerungen zu den beiden Verlangen kein einziges Mal bestritten habe, dass ein sachlicher Zusammenhang der beiden Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand bestehe; dies ergebe sich auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1-2/2022. Die Bundesministerin habe stets nur auf das laufende Konsultationsverfahren hingewiesen und organisatorische Probleme und/oder mangelnde Ressourcenausstattung für die Untersuchung des in den beiden Verlangen bezeichneten Daten- und Aktenmaterials behauptet. Dass ein offenkundiger Zusammenhang der begehrten Beweiserhebungen mit dem Untersuchungsgegenstand fehle, führe sie nunmehr erstmalig und das neun (!) Monate nach Wirksamwerden der beiden Verlangen an und verweigere deshalb die Durchführung der Beweiserhebungen. Noch mehr überrasche aber, dass die Behauptung nicht wiederholt werde, den beiden Beweiserhebungsverlangen vom stünde Art53 Abs4 B-VG entgegen.
Die Bundesministerin für Justiz begründe ihren nunmehrigen Kurswechsel mit der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, nach der die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei, unterschiedlich danach zu beurteilen seien, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei oder ob dies eben nicht der Fall sei. Nach dieser Rechtsprechung seien die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ nur dann herabgesetzt, wenn die abstrakte Relevanz der Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig sei ( UA77/2022, UA85/2022, Pkt. IV.2.4.).
Im vorliegenden Fall sei die abstrakte Relevanz der Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand jedoch offenkundig, weshalb die Begründungstiefe durch die Bundesministerin für Justiz nicht herabgesetzt gewesen sei. Sie habe darüber hinaus in rechtswidriger Weise die abstrakte Relevanz der in Rede stehenden Beweisanforderungen für den Untersuchungsgegenstand verneint und sei daher pflichtwidrig den beiden Verlangen (noch immer) nicht nachgekommen.
Die Bundesministerin für Justiz bringe unter Wiedergabe von Auszügen aus den jeweiligen Verlangen in ihrer Äußerung vor, in den beiden Verlangen würden "zusammengefasst Auswertungen in Bezug auf SPÖ- und FPÖ Politiker:innen (bzw ein Naheverhältnis mit diesen Parteien aufweisenden Personen), nicht jedoch in Bezug auf ÖVP-Politiker:innen verlangt. Ein 'offenkundiger' Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand liegt somit nicht vor".
Dabei übersehe die Bundesministerin für Justiz den Umfang des Untersuchungsgegenstandes:
Untersuchungsgegenstand des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses sei
"das Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes im Zeitraum von bis sowie diesbezügliche Vorbereitungshandlungen auf Grundlage und ab Beginn des 'Projekts Ballhausplatz' auf Betreiben eines auf längere Zeit angelegten Zusammenschlusses einer größeren Anzahl von in Organen des Bundes tätigen Personen, bestehend aus der ÖVP zuzurechnenden Mitgliedern der Bundesregierung, StaatssekretärInnen sowie MitarbeiterInnen ihrer politischen Büros, zu parteipolitischen Zwecken und die damit gegebenenfalls zusammenhängende Umgehung oder Verletzung gesetzlicher Bestimmungen sowie der dadurch dem Bund gegebenenfalls entstandene Schaden".
Untersuchungsgegenstand sei nicht das Gewähren von Vorteilen an "ÖVP-PolitikerInnen", sondern das Gewähren von Vorteilen an "mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen". Unter den Adressatenkreis fielen demnach nicht bloß "ÖVP-PolitikerInnen" bzw seien SPÖ- oder FPÖ-PolitikerInnen nicht von vornherein nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Es sei nämlich völlig unklar, wann jemand "mit der ÖVP verbunden" sei. Es solle etwa Mitglieder einer Partei geben, die sich innerlich von dieser "verabschiedet" hätten, aber nie ausgetreten seien, so wie es Personen geben könne, die nicht Mitglied einer Partei seien, sich ihr aber "verbunden" fühlten. Zu hinterfragen sei auch, ob Menschen, die in einem wirtschaftlichen Naheverhältnis zu einer Partei stünden (und sei es nur, weil sie der Partei Kaffee für deren Kaffeemaschinen lieferten), als verbunden anzusehen seien. Es sei unklar, welche Akteure (als eines im Schrifttum für die Erfassung der Bestimmtheit eines Untersuchungsgegenstandes genannten Kriteriums) mit dieser unbestimmten Formulierung im Untersuchungsgegenstand tatsächlich gemeint seien; es werde aber durch die Verwendung des Ausdrucks mit der ÖVP "verbundene" Personen zumindest negativ ersichtlich, dass nicht nur Organisationseinheiten der Partei selbst und nicht nur Parteimitglieder erfasst sein sollten.
Darüber hinaus würden die Verlangen "Auswertungen des vorliegenden Datenbestands" betreffen. "Vorliegend" sei der hier in Rede stehende Datenbestand aber aus den Ergebnissen von Sicherstellungen gespeist, die allesamt im Bezug zum Untersuchungsgegenstand – nämlich der Gewährung von Vorteilen zugunsten der ÖVP – stünden. Damit sei aber die gesamte vom Verlangen umfasste Korrespondenz ganz klar (nicht nur) abstrakt relevant.
Es spiele daher keine Rolle, dass im Verlangen Beilage VI Erhebungen bezüglich des vorliegenden Datenbestandes auf Korrespondenzen mit Bezug zu Personen, die eher in einem Nahverhältnis zur SPÖ und FPÖ stünden, verlangt werden bzw im Verlangen Beilage VII die Auswertung des vorliegenden Datenbestandes von MMag. S. auf Korrespondenzen mit Bezug zu Personen, die eher in einem Nahverhältnis zur SPÖ und FPÖ stünden, verlangt werde. Es sei erwartbar, dass sich Hinweise betreffend die Gewährung von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen auch in der Kommunikation von MMag. S. mit SpitzenpolitikerInnen fänden, die möglicherweise nicht der ÖVP zugehörig (gewesen) seien; jedenfalls könne das nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Es sei für den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss jedenfalls unerlässlich zu klären, ob die genannten Personen, die allesamt SpitzenpolitikerInnen der Republik Österreich (gewesen) seien und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukomme, an der Kommunikation teilgenommen hätten und ob sie sich mit MMag. S. über Vorgänge ausgetauscht hätten, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien.
Darüber hinaus könne nicht ernsthaft vermeint werden, dass Korrespondenzen von und mit MMag. S. nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden. MMag. S. sei mehrfach als Auskunftsperson in den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss geladen worden, diverse seiner Chatnachrichten seien überhaupt ausschlaggebend für die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses gewesen. Die Auswertung der Korrespondenz zB zwischen MMag. S. und dem im Verlangen genannten W. K., der sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe (vgl AB 1040 BIgNR 27. GP), sei daher jedenfalls von Relevanz für den Untersuchungsausschuss.
Der Untersuchungsausschuss könne sein Ziel, Aufklärung zu politischen Zwecken, nur erreichen, wenn er über eine umfassende Informationsgrundlage verfüge. Es sei nicht ausgeschlossen, dass in der von der WKStA sichergestellten Kommunikation unter Beteiligung der genannten PolitikerInnen und der Kommunikation zwischen MMag. S. und den im Verlangen genannten Personen – mögen diese politisch auch eher der SPÖ oder FPÖ zuzuordnen sein – Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen enthalten seien. Insbesondere bezüglich der sichergestellten Kommunikation von MMag. S. sei zu erwarten, dass diese Informationen enthalte, die es ermögliche, die im Einsetzungsverlangen umschriebenen Missstände aufzuklären. Die Verlangen seien zudem konkretisiert und auf Beweiserhebungen "in Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" beschränkt.
Das Verlangen der Minderheit stehe eindeutig im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und erfülle sämtliche Voraussetzungen für eine zulässige ergänzende Beweisanforderung gemäß §25 Abs3 VO-UA. Es liege weder ein Erkundungsbeweis noch ein Verstoß gegen das Bepackungsverbot vor. Weder ersuche die Minderheit im Verlangen um die Vorlage von Beweisen, die bloß unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand hätten, noch um eine Beweisaufnahme, die aus zeitlicher und/oder sachlicher Hinsicht über das hinausgehe, was zur Erfüllung des Rechtes auf Selbstinformation im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes geboten sei.
Das Viertel habe seine beiden Verlangen zudem ausreichend begründet. In diesen sei darauf hingewiesen worden, dass dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss weder die gesamte sichergestellte Kommunikation noch alle teilnehmenden Personen bekannt seien. Präzisierend führe die Minderheit in ihren Verlangen sodann aus, dass die Kenntnis dieser Informationen erforderlich sei, weil zu erwarten sei, dass die sichergestellte Kommunikation (nach Beilage VII jene von MMag. T. S.) Informationen enthalte, die es ermögliche, die im Einsetzungsverlangen umschriebenen Missstände aufzuklären. Die Minderheit habe ihr Verlangen weiters mit der erforderlichen Kenntnis des Untersuchungsausschusses darüber, ob die genannten Personen, die allesamt SpitzenpolitikerInnen der Republik Österreich (gewesen) seien und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukomme (zugekommen sei), an der Kommunikation (nach Beilage VII mit MMag. T. S.) teilgenommen hätten, ausreichend begründet. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die sichergestellte Kommunikation (nach Beilage VII von MMag. T. S.), an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt seien, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen enthalte.
Weiters werfe die Bundesministerin für Justiz der Minderheit in ihrer Äußerung vom zu Unrecht vor, die Aufforderung (gemeint: jene vom ) enthalte überhaupt keine Ausführungen zur Relevanz der geforderten Erhebungen für das Untersuchungsziel. Die Bundesministerin übersehe dabei völlig, dass dem gesamten Verfahren wirksam gewordene ergänzende Beweisanforderungen zugrunde lägen, weil diese in der damaligen Sitzung nicht gemäß §25 Abs2 VO-UA bestritten worden seien. Diese seien gemäß §25 Abs3 leg cit entsprechend begründet (worden). Die nunmehrige Aufforderung nach §27 Abs4 VO-UA diene allein der Fristsetzung (§27 Abs4 vorletzter Satz leg cit), die wiederum Voraussetzung für einen zulässigen Antrag an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG sei (siehe §27 Abs5 VO-UA). §27 Abs4 letzter Satz VO-UA verpflichte nur dazu, die Aufforderung selbst schriftlich zu begründen, was im vorliegenden Fall erfolgt sei. §27 Abs4 leg cit verpflichte nicht dazu, in einer Aufforderung ein bereits wirksam gewordenes Verlangen wortwörtlich zu wiederholen.
Die Verlangen seien ausreichend bestimmt, ihre Erfüllung durch die Bundesministerin für Justiz sei möglich. Die Weigerung der Bundesministerin, den beiden Verlangen nachzukommen, sei auf Grund des eindeutig bestehenden Zusammenhanges der Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand daher rechtswidrig.
3. Die Bundesministerin für Justiz hat dem Verfassungsgerichtshof mehrere Schriftstücke im Zusammenhang mit der dem vorliegenden Antrag zugrunde liegenden Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der sie die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung beantragt:
3.1. Fehlen der formalen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach Art138b Abs1 Z4 B-VG:
Die Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom sei in ihrem Begehren – ungeachtet einer geringfügig abweichenden Formulierung – ident mit jener vom , die sich wiederum in ihrem Begehren, den ergänzenden Beweisanforderungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen, mit der Aufforderung vom decke.
Dies bedeute, dass diese Begehren bereits Gegenstand zweier höchstgerichtlicher Entscheidungen geworden seien und sich unter diesem Gesichtspunkt die Sachlage nicht geändert habe; auch die vorliegende Aufforderung betreffe denselben Sachverhalt.
Es würde dem Fristenregime des §56f Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (in der Folge: VfGG), BGBl 85, idF BGBl I 101/2014 widersprechen, wenn eine Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA ohne Änderung des Sachverhaltes völlig willkürlich jederzeit erneut wirksam werden könnte und die 14-tägige Frist zur Einbringung eines Antrages auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit damit jederzeit neu beginnen würde.
Schon aus diesem Grund seien die vorliegenden "Anträge" aus Sicht der Bundesministerin für Justiz zurückzuweisen.
3.2. Ausreichende Begründung der Ablehnung der Durchführung der in Rede stehenden Beweiserhebungen:
Voranzustellen sei, dass aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz die Frage, ob einer wirksam gewordenen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA nachzukommen sei, stets im Lichte der zum Zeitpunkt der Prüfung einer allfälligen Vorlage von Akten und Unterlagen bzw der Durchführung von Beweiserhebungen vorliegenden Sach- und Rechtslage zu beurteilen sei.
Die bislang gewählte Vorgehensweise der Bundesministerin für Justiz habe zunächst auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1/2018, beruht, mit dem das Höchstgericht seine Judikatur, dass der Rechnungshof zur Einsichtnahme in Unterlagen nur insoweit befugt sei, als diese irgendeine abstrakte Relevanz für die Gebarungsprüfung des Rechtsträgers hätten, auf Untersuchungsausschüsse übertragen habe. Somit hätten bislang alle Akten und Unterlagen vorgelegt werden müssen, die abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufwiesen. An dieser abstrakten Relevanz sei zu bemessen gewesen, was als Beweismittel verwendet werden dürfe. Keine abstrakte Relevanz sei hingegen gegeben gewesen, wo ausgeschlossen werden habe können, dass Akten und Unterlagen der Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrages dienen könnten (vgl VfSlg 20.304/2018, Pkt. IV.2.5.).
Nach Auffassung der Bundesministerin für Justiz sei die Vorlageverpflichtung jedoch an Hand der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere der Erkenntnisse jeweils vom , UA7-45/2022, und UA46-74/2022, sowie vom , UA 77/2022, UA85/2022, im Rahmen derer eine Konkretisierung bzw Nuancierung der Vorlageverpflichtung erfolgt sei, nunmehr einer neuerlichen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.
Zunächst sei festzuhalten, dass die Antragsteller die Bundesministerin für Justiz um Durchführung von Beweiserhebungen (und nicht um die Vorlage von Akten und Unterlagen) ersucht hätten. Gemäß Art53 Abs3 B-VG hätten diese Beweiserhebungen "im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof habe sinngemäß konstatiert, dass die Antragsteller eine nähere Begründung für ihr Begehren geben müssten, wenn aus einem Verlangen nicht zu erkennen (und somit nicht offenkundig) sei, inwiefern die thematisierten Vorgänge dem Untersuchungsziel dienen könnten.
So könne es nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA (und somit umso weniger einer Aufforderung nach §27 Abs4 leg cit, die allenfalls ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorbereiten und einen wechselseitigen Kommunikationsprozess darstellen solle) sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es müsse vielmehr bereits im Beweisverlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden solle. Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO-UA ausführten, würden sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" beziehen. Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (vgl dazu UA7-45/2022, Pkt. IV.2.3.7. ff.).
In Fortführung dieser Judikatur habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , UA77/2022, UA85/2022, ausgesprochen, dass im Zusammenhang mit Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B-VG die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei, unterschiedlich danach zu beurteilen seien, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei oder ob dies eben nicht der Fall sei. Dementsprechend seien die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses unterschiedlich (vgl VfGH jeweils , UA7-45/2022, und UA46-74/2022 jeweils mwN). Diese Überlegungen seien grundsätzlich auch auf Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG übertragbar, allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Frage, ob angeforderte Akten und Unterlagen vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, zunächst dem informationspflichtigen Organ obliege. Für ein informationspflichtiges Organ, das über die begehrten Akten und Unterlagen verfüge, bestehe daher grundsätzlich eine höhere Begründungsanforderung als für den Untersuchungsausschuss bzw dessen Minderheit. Sei die (potentielle) abstrakte Relevanz einer Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig, so seien jedoch auch die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ herabgesetzt.
Die Aufforderung vom sowie die beiden ergänzenden Beweisverlangen, auf die sich die in Rede stehende Aufforderung stütze, seien diesen Anforderungen aus nachstehenden Überlegungen nicht gerecht geworden:
Fallkonkret sei nicht offenkundig, inwiefern die begehrten Beweiserhebungen den geforderten Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und somit eine abstrakte Relevanz aufwiesen. Die hier interessierende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA selbst enthalte überhaupt keine Ausführungen zur Relevanz der geforderten Erhebungen für das Untersuchungsziel.
Nach Ansicht der Bundesministerin für Justiz wäre es jedoch gerade in Anbetracht der rezenten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, im Rahmen derer der Prüfungsmaßstab für das vorlagepflichtige Organ konkretisiert worden sei, an den Antragstellern gelegen, eine fundierte Begründung dafür zu geben, aus welchen Gründen die geforderten Erhebungen "im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" stünden.
Da dies nicht erfolgt sei, sei der Bundesministerin für Justiz bei der Beurteilung ihrer Vorlageverpflichtung nur der Rückgriff auf die in den ergänzenden Beweisanforderungen vom (Beilagen VI und VII) enthaltenen Begründungen verblieben. Diese würden jedoch den vom Höchstgericht statuierten Anforderungen an eine substantiierte Argumentation aus den im Folgenden dargestellten Erwägungen nicht gerecht:
So werde das Verlangen gemäß §25 Abs2 VO-UA vom , das im Wesentlichen auf die Auswertung des der WKStA vorliegenden Datenbestandes auf Korrespondenzen mit der FPÖ und der SPÖ nahestehenden Personen gerichtet sei (Beilage VI), zusammengefasst wie folgt begründet:
"[…] Allerdings ist zu erwarten, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation Informationen enthält, die es ermöglicht, gegebenenfalls die politische Verantwortung für die im Einsetzungsverlangen 4/US XXVII. GP behaupteten und näher umschriebenen Missstände abschließend klären zu können.
Daher ist es für den Untersuchungsausschuss unerlässlich, dass die seitens der WKStA sichergestellte elektronischen Kommunikation dahingehend ausgewertet wird, ob die im gegenständlichen Verlangen genannten Personen, die allesamt Spitzenpolitikerinnen bzw -politiker der Republik Österreich sind oder waren und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukommt, an der Kommunikation teilgenommen haben.
Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die seitens der WKStA sichergestellte Kommunikation, an der die im Verlangen genannten Personen beteiligt sind, Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand 4/US näher beschriebenen Handlungen ('[...] Gewähren von Vorteilen an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen durch Organe der Vollziehung des Bundes [...] auf Betreiben [...] von in Organen des Bundes tätigen Personen [...]', enthält."
Das zweite in Rede stehende Verlangen gemäß §25 Abs2 VO-UA vom ziele auf die Auswertung des Datenbestandes von MMag. S. auf Korrespondenzen mit Bezug ua zu zahlreichen Personen ab, die der SPÖ nahe stünden (Beilage VII).
Die hier gewählte Begründung sei wortident mit der eben zur Beilage VI wiedergegebenen Argumentation. Ergänzend führten die Antragsteller wie folgt aus:
"In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zB W[.] K[.] sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T[.] S[.] zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt hat (vgl AB 1040 BIgNR XXVII. GP)."
In den vorliegenden Verlangen würden somit zusammengefasst Auswertungen in Bezug auf SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen (bzw ein Naheverhältnis mit diesen Parteien aufweisende Personen), nicht jedoch in Bezug auf ÖVP-PolitikerInnen verlangt.
Im Verlangen auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses werde der Begriff der "Verbundenheit" definiert. Nach dieser Definition beschreibe der genannte Begriff das erforderliche Naheverhältnis zur ÖVP, wobei dessen Grundlage vielfältig sein könne. Der Begriff der Verbundenheit erfasse in der Rechtsordnung unterschiedliche Formen der gegenseitigen Abhängigkeit, insbesondere wirtschaftlicher, aber auch rechtlicher Art. Gemeinsam sei den damit erfassten Sachverhalten ein Abhängigkeitsverhältnis, das gerade dadurch entstehe, dass jeweils eine Seite einen Vorteil anstrebe, der von der anderen Seite zur Verfügung gestellt werden könne, weil er sich in dessen Ingerenz befinde. Die Verbundenheit mit der ÖVP indiziere bereits das Vorliegen des parteipolitischen Interesses. Verbunden seien insofern jedenfalls alle Unternehmen, an denen die ÖVP direkt oder indirekt beteiligt sei, ihr nahestehende Organisationen sowie Teilorganisationen, Unternehmen mit dauernder Geschäftsbeziehung zur ÖVP oder ihren Teilorganisationen sowie solche, die unter kontrollierendem Einfluss von ÖVP-FunktionärInnen stünden oder treuhänderisch für die ÖVP verwaltet würden. Verbunden seien ebenso Personen, die auf parteipolitisches Wohlwollen angewiesen seien, um ihr berufliches Fortkommen zu fördern. Dies werde insbesondere dort der Fall sein, wo Personalentscheidungen (wenn nicht formell, dann faktisch) von ÖVP-PolitikerInnen getroffen würden.
Ein "offenkundiger" Zusammenhang zwischen den in den Verlangen vom namentlich angeführten SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen mit dem Untersuchungsgegenstand liege aus Sicht des Bundesministeriums für Justiz gerade nicht vor. Das für die Annahme einer "Verbundenheit" erforderliche "Naheverhältnis" der angeführten Personen zur ÖVP lasse sich aber auch aus den Verlangen vom nicht ableiten.
Bei den in den Begründungen gewählten Argumenten handle es sich um pauschale Annahmen, die von keinem greifbaren Substrat getragen würden. So sei aus den Verlangen nicht ableitbar, inwiefern die geforderten Beweiserhebungen der Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten. Der unspezifische Verweis darauf, dass es sich bei den in den Verlangen genannten Personen um SpitzenpolitikerInnen, denen ein "entsprechender" Einfluss zukomme, handle (oder gehandelt habe), stelle keinen Bezug zum Untersuchungsziel her. Es bleibe völlig offen, inwieweit die begehrten Beweiserhebungen zur Klärung der – im Einsetzungsverlangen als Untersuchungsziel determinierten – Frage beitragen könnten, ob es ausgehend vom "Projekt Ballhausplatz" durch eine Gruppe von in Organen des Bundes tätigen, der ÖVP zuzuordnenden Personen zu Missbrauch von Organbefugnissen zum Zweck der Förderung der parteipolitischen Interessen der ÖVP gekommen und dadurch staatlichen Interessen möglicherweise ein Schaden entstanden sei. Auch der im Verlangen (Beilage VII) enthaltene Verweis, nach dem "z.B." eine der dort genannten Personen sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe, stelle keine substantiierte Begründung für den geforderten "Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" dar.
Unter Berücksichtigung der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur sei für den Fall, dass die abstrakte Relevanz in den in Rede stehenden Beweisanforderungen nicht offenkundig sei, die Begründungspflicht des vorlagepflichtigen Organs herabgesetzt.
Die Frage, in welcher Tiefe das vorlagepflichtige Organ eine Ablehnung der an es gestellten Ersuchen (im Falle einer nicht offenkundigen Relevanz) zu begründen habe, hänge – erneut unter Zugrundelegung der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung – im Wesentlichen davon ab, ob das vorlagepflichtige Organ über die begehrten Akten und Unterlagen verfüge.
Dazu sei festzuhalten, dass es sich fallkonkret gerade nicht um dem Bundesministerium für Justiz (samt nachgeordneten Dienststellen) bereits vorliegende und somit "parate" Akten und Unterlagen handle, in die durch bloße Einsichtnahme auf einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand geschlossen werden könne, sondern vielmehr um erst auszuwertende "Rohdaten", deren Inhalt bislang nicht bekannt sei. Die vorliegenden (enormen) Datenmengen müssten zunächst einmal in ein lesbares Format gebracht und verschriftlicht werden. Erst in weiterer Folge könne eine Auswertung in Form einer Beurteilung des Inhaltes der Daten auf eine allfällige Relevanz für den Untersuchungsgegenstand vorgenommen werden. Das Bundesministerium für Justiz könne nicht erkennen, in welche Richtung die verlangten Auswertungen überhaupt auf eine abstrakte Relevanz überprüft werden könnten, weil es die verlangenden Abgeordneten gänzlich offen ließen, in welchem Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand die begehrten Beweismittel stehen sollten.
Im Lichte der bisherigen Ausführungen bleibe im Dunkeln, welche dem Untersuchungsziel dienenden Beweise durch die geforderten Beweiserhebungen gewonnen werden könnten. In casu wäre es – auf Grund der bereits dargelegten mangelnden Offenkundigkeit – am verlangenden Viertel gelegen, einen für das vorlagepflichtige Organ nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen der begehrten Beweiserhebung und dem Untersuchungsziel darzulegen.
Zusammengefasst ließen die an die Bundesministerin für Justiz gerichteten Verlangen vom vor dem Hintergrund obiger Ausführungen keine abstrakte Relevanz der geforderten Erhebungen für den Untersuchungsgegenstand erkennen. Das darin sowie in der Aufforderung vom formulierte Begehren komme vielmehr einem bloßen Erkundungsbeweis gleich und werde solcherart den vom Verfassungsgerichtshof statuierten Anforderungen nicht gerecht.
Im gegebenen Zusammenhang irrelevant sei der Umstand, dass die von Seiten des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , UA1-2/2022, festgelegte Frist von drei Monaten bereits abgelaufen sei, während der die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs1 bis 3 VO-UA gehemmt gewesen sei, ua diesbezüglichen ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 VO-UA unverzüglich vollständig zu entsprechen. Das Bundesministerium für Justiz habe mit Schreiben vom unmissverständlich dargelegt, dass in Anbetracht der aktuellen Sach- und Rechtslage kein Konsultationsbedarf mehr vorliege. Aus diesem Grund sei auch konsequenterweise die Berufung auf die Ausnahmebestimmung des Art53 Abs4 B-VG unterblieben, nach der die Vorlageverpflichtung nicht bestehe, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt werde.
Sofern die Antragsteller die geänderte rechtliche Beurteilung der Verpflichtung zur Durchführung der begehrten Erhebungen kritisierten und einen "nunmehrigen Kurswechsel" orteten, sei festzuhalten, dass diese geänderte rechtliche Einschätzung der für erforderlich erachteten Neubewertung der Sach- und Rechtslage angesichts der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur geschuldet sei.
In Ansehung der Aufforderung vom sei gerade nicht offenkundig, dass die geforderten Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden.
Bei dieser Einschätzung werde der von den Antragstellern ins Treffen geführte Umstand nicht übersehen, dass im Untersuchungsgegenstand nicht die Vorteilsgewährung an "ÖVP-PolitikerInnen", sondern an "mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen" angesprochen sei. Ungeachtet dessen müsse aber (unter Heranziehung der bereits im Einsetzungsverlangen dargelegten Begriffsdefinition) die im Untersuchungsgegenstand angesprochene "Verbundenheit" mit der ÖVP für das vorlagepflichtige Organ nachvollziehbar sein. Der bloße Umstand, dass es sich bei einzelnen der in den Beweisverlangen genannten Personen um "SpitzenpolitikerInnen" mit entsprechender politischer Einflussmöglichkeit handle oder gehandelt habe, vermöge den geforderten Zusammenhang nicht herzustellen.
Lediglich ergänzend bleibe anzumerken, dass es sich bei einigen der genannten Personen – soweit dies an Hand öffentlich zugänglicher Informationsquellen beurteilbar sei – offenkundig gerade nicht um "SpitzenpolitikerInnen" handle, denen ein maßgeblicher Einfluss zukomme bzw zugekommen sei.
Im Ergebnis würden auch die Antragsteller der Einschätzung der Bundesministerin für Justiz, nach der ohne nähere Begründung kein Zusammenhang zwischen den in den Verlangen genannten Personen und dem Untersuchungsgegenstand hergestellt werden könne, beitreten, indem sie zugestehen würden, dass auch aus ihrer Sicht "völlig unklar" sei, wann eine Person als "mit der ÖVP verbunden" anzusehen sei.
Umso mehr wäre es an den Antragstellern gelegen, spätestens aus Anlass der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur bei jeder einzelnen in den Verlangen vom genannten Person einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen und darzulegen, aus welchen konkreten Gründen aus der auszuwertenden Kommunikation auf eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen geschlossen werden könnte.
Der bloß pauschale Hinweis, es sei zu erwarten, dass die sichergestellte Kommunikation Informationen enthalte, die es ermöglichen würden, "gegebenenfalls" die politische Verantwortung für die im Einsetzungsverlangen 4/US 27. GP behaupteten und näher umschriebenen Missstände abschließend klären zu können, vermöge die Durchführung der Beweiserhebungen ebenso wenig zu rechtfertigen wie die Behauptung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die sichergestellte Kommunikation Hinweise auf die im Untersuchungsgegenstand näher beschriebenen Handlungen enthalte.
Auch der Argumentation, nach der auf einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand schon daraus geschlossen werden könne, dass der vorliegende Datenbestand aus den "Ergebnissen von Sicherstellungen gespeist" sei, die allesamt im Bezug zum Untersuchungsgegenstand stehen würden, könne nicht beigetreten werden. Die angesprochene Sicherstellung sei im Rahmen eines der Aufklärung konkreter Sachverhalte dienenden Ermittlungsverfahrens erfolgt und sage als solche nichts über einen allfälligen Zusammenhang mit dem Gegenstand des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses aus.
Diese Einschätzung finde letztlich auch in den dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA7-45/2022, zugrunde liegenden Erwägungen in Bezug auf eine Vorteilsgewährung an (vermeintlich) "mit der ÖVP verbundene Personen" Deckung. Nach der Begründung des auf Art138b Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrages des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses zielten die im Rahmen dieses Verfahrens behandelten ergänzenden Beweisanforderungen darauf ab, dem Untersuchungsausschuss sämtliche Akten und Unterlagen zu Besetzungen bzw (auch vorläufigen) Betrauungen von Leitungsfunktionen in nicht von der ÖVP geführten (früheren) Kabinetten, nämlich den Kabinetten F., O., K., D., H.-H., S., O., H., S., R.-W., L., D., K., D., B., S., K., G., A., R., M., Z., W., S., S., K., H., H.-K., K., F. sowie K., einer diesen Amtsträgern zugeordneten Stabsstelle oder des Büros eines diesen Amtsträgern zugeordneten Generalsekretärs seit 2014 vorzulegen. Mit Beschlüssen vom habe die Mehrheit des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand dieses auf §25 Abs2 (und 3) VO-UA gestützten Verlangens bestritten. Der Verfassungsgerichtshof habe der in den (Bestreitungs-)Beschlüssen dargelegten Beurteilung zugestimmt. Demnach sei nicht offenkundig, inwiefern Mitarbeiter der Kabinette von Mitgliedern der Bundesregierung, die nicht der ÖVP zuzurechnen seien, als mit der ÖVP verbundene Personen anzusehen seien. Auch die Begründung der Verlangen lege dies nicht substantiiert dar. Es seien keine näheren Anhaltspunkte dafür genannt worden, dass es bei den Bestellungen zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sei. Der Untersuchungsausschuss könne daher die potentielle abstrakte Relevanz der Beweisanforderung an Hand der im Untersuchungsgegenstand genannten Kriterien nicht prüfen. Mit der vorliegenden (pauschalen) Begründung könnten beliebige Akten und Unterlagen angefordert werden.
Auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA77/2022, UA85/2022, das das Begehren auf Vorlage der "vollständigen Akten und Unterlagen betreffend die kommunikative sowie strategische Begleitung des Klimarats durch externe Beratungs- bzw Kommunikationsunternehmen samt aller Vorbereitungshandlungen sowie Akten und Unterlagen betreffend alle diesbezüglichen Vergabeverfahren" betreffe, greife die hier relevanten Erwägungen auf.
Im Übrigen sei anzumerken, dass die WKStA bereits seit knapp einem Jahr dem im Rahmen eines Verlangens gemäß §25 Abs2 VO-UA vom an sie herangetragenen Ersuchen nachkomme, diverse Korrespondenzen von ausdrücklich im Untersuchungsgegenstand genannten Personen auszuwerten.
Im Unterschied zu den beiden ergänzenden Beweisanforderungen vom liege hinsichtlich des angesprochenen Verlangens vom , im Rahmen dessen die Auswertung von Korrespondenzen von mit der ÖVP zweifellos verbundenen Personen begehrt werde, ein offenkundiger Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vor.
Ergänzend werde angemerkt, dass der Bundesministerin für Justiz in sämtlichen hier relevanten höchstgerichtlichen Verfahren, im Rahmen derer der Vorlagemaßstab präzisiert worden sei, keine Parteistellung zugekommen sei. So habe der neuerlichen Prüfung einer allfälligen Vorlageverpflichtung erst eine gründliche und fundierte (und damit zeitintensive) rechtliche Auseinandersetzung mit den (jeweils andere vorlagepflichtige Organe betreffenden) Sachverhalten und den dazu seitens des Verfassungsgerichtshofes getätigten rechtlichen Konstatierungen vorauszugehen gehabt. Die auf die geänderten rechtlichen Voraussetzungen Bedacht nehmende aktuelle Einschätzung zur Frage der Durchführung der Beweiserhebungen habe daher erst aus Anlass des Einlangens der in Rede stehenden Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vorgenommen werden können.
Im Ergebnis bleibe festzuhalten, dass die von den Antragstellern dargebotene Begründung der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht gerecht werde. Vor diesem Hintergrund könne der vorliegenden Aufforderung auf Durchführung von Beweiserhebungen mangels abstrakter Relevanz der geforderten Erhebungen nicht entsprochen werden.
Ergänzend sei anzumerken, dass der nunmehrige, auf der aktuellen höchstgerichtlichen Rechtsprechung beruhende Maßstab gleichermaßen auch auf die Prüfung von durch andere Fraktionen eingebrachten Beweisverlangen Anwendung finde.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
1.1. Gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen über die Verpflichtung, dem Untersuchungsausschuss Informationen zur Verfügung zu stellen, auf Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs.
1.2. Nach Art53 Abs3 erster Satz B-VG haben ua alle Organe des Bundes einem Untersuchungsausschuss auf Verlangen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung ihre Akten und Unterlagen vorzulegen und dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten. Gemäß §27 Abs1 erster Satz und Abs3 VO-UA haben ua Organe des Bundes Beweisbeschlüssen iSd §24 leg cit und ergänzenden Beweisanforderungen iSd §25 leg cit unverzüglich zu entsprechen, bei einem Nicht- oder teilweisem Entsprechen ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten. Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß §27 Abs1 oder 3 VO-UA nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ gemäß §27 Abs4 leg cit (schriftlich begründet) auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen.
Nach §27 Abs5 leg cit entscheidet der Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 VO-UA anruft oder der Ausschuss eine Anrufung auf Grund eines schriftlichen Antrages nach Ablauf der Frist des §27 Abs4 leg cit beschließt. Ein solcher Antrag ist nach §56f Abs1 VfGG nicht mehr zulässig, wenn seit dem Ablauf der Frist gemäß §27 Abs4 VO-UA zwei Wochen vergangen sind. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nach §56f Abs3 VfGG auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst binnen vier Wochen, nachdem der Antrag vollständig eingebracht wurde.
1.3. In der 31. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses am wurde die Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs4 VO-UA (näher begründet) aufgefordert, binnen zwei Wochen den ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses vom um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung ihrer Pflichten schon auf Grund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses zu übermitteln. Diese Aufforderung wurde ihr am zugestellt.
1.4. Nach Ablauf der zweiwöchigen (Nach-)Frist des §27 Abs4 VO-UA können binnen zwei Wochen Anträge an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden (vgl §27 Abs5 leg cit und §56f Abs1 VfGG). Der am von vier Mitgliedern des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG erweist sich somit als rechtzeitig und als von einer ausreichenden Anzahl von Mitgliedern dieses Untersuchungsausschusses eingebracht.
1.5. Der Begriff der Meinungsverschiedenheit wird für Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG – anders als für jene nach Art126a B-VG (vgl §36a Abs1 VfGG) – nicht definiert. Das Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers, das Art53 Abs3 und Art138b Abs1 Z4 B-VG zugrunde liegt und das in §27 VO-UA sowie in §56f VfGG näher ausgestaltet wird, lässt jedoch deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof auf Antrag über Meinungsverschiedenheiten zwischen einem Untersuchungsausschuss des Nationalrates, einem Viertel seiner Mitglieder und informationspflichtigen Organen ua über die Verpflichtung erkennt, Ersuchen um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nachzukommen. Einem solchen Antrag hat zwingend die an das Organ gerichtete (schriftlich begründete) Aufforderung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder voranzugehen, innerhalb einer (Nach-)Frist von zwei Wochen der Verpflichtung zur unverzüglichen Entsprechung von Beweisbeschlüssen und/oder ergänzenden Beweisanforderungen nachzukommen, wenn das Organ dieser (in der Aufforderung näher zu umschreibenden) Verpflichtung nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder bis dahin nicht oder ungenügend nachgekommen ist. Diese Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA stellt den äußersten Rahmen eines möglichen Gegenstandes des Verfahrens nach Art138b Abs1 Z4 B-VG dar. Ein Antrag des Untersuchungsausschusses, eines Viertels seiner Mitglieder oder des informationspflichtigen Organs an den Verfassungsgerichtshof konkretisiert schließlich das Vorliegen und den Umfang der Meinungsverschiedenheit und damit den Prozessgegenstand im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Gegenstand seiner Entscheidung ist jedenfalls durch den Umfang der Meinungsverschiedenheit begrenzt (vgl zuletzt UA77/2022, UA85/2022 mwN).
1.6. Mit seinem Antrag begehrt das einschreitende Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses,
"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Bundesministerin für Justiz die Erhebungen gem den beiden ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom (Beilage VI und VII) unverzüglich durchzuführen und die Ergebnisse dieser Erhebungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes dem Untersuchungsausschuss unverzüglich zu übermitteln hat".
1.7. Sowohl aus der Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA in Verbindung mit den verwiesenen Verlangen gemäß §25 Abs2 leg cit (samt den jeweiligen Begründungen) als auch aus dem vorliegenden Antrag (samt Begründung) geht in hinreichend konkreter Weise hervor, dass sich der Antrag gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG auf die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der (nunmehrigen) Begründung für die nicht erfolgte Durchführung der mit den beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom ersuchten Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand (sowie die nicht erfolgte Übermittlung der Ergebnisse dieser Erhebungen) bezieht.
Der Antrag erweist sich daher als zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem Verfahren zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken. Er hat sohin im vorliegenden Fall ausschließlich zu beurteilen, ob die nicht erfolgte Durchführung der mit den beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen vom ersuchten Erhebungen für (und – als Konsequenz dessen – die nicht erfolgte Übermittlung der Ergebnisse dieser Erhebungen an) den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss aus den diesem gegenüber (nunmehr) vorgebrachten Gründen zu Recht erfolgt ist oder nicht.
2.2. Die einschreitenden Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vertreten zusammengefasst die Meinung, die – dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , UA1-2/2022, zu entnehmende – (längstens) dreimonatige Hemmfrist während eines laufenden Konsultationsverfahrens sei bereits abgelaufen, sodass die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz, den in Rede stehenden Beweisanforderungen zu entsprechen, durch die Durchführung eines Konsultationsverfahrens längst nicht mehr gehemmt sei (ein Verfahren nach Art138b Abs1 Z6 B-VG sei von ihr nicht angestrebt worden). Die Bundesministerin sei daher verpflichtet, den in den beiden Verlangen vom begehrten Ersuchen um Beweiserhebungen unverzüglich zu entsprechen und dem Untersuchungsausschuss die Ergebnisse der beiden Erhebungen in Entsprechung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses zu übermitteln.
Die Bundesministerin für Justiz bestreite in ihrem Schreiben vom – erstmals und in rechtswidriger Weise – die abstrakte Relevanz der beiden Verlangen für das Untersuchungsziel des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses (bisher habe sie lediglich auf das laufende Konsultationsverfahren hingewiesen und organisatorische Probleme und/oder mangelnde Ressourcenausstattung für die Untersuchung des in den beiden Verlangen bezeichneten Daten- und Aktenmaterials behauptet); es werde auch die Behauptung nicht wiederholt, Art53 Abs4 B-VG stünde den beiden Beweiserhebungsverlangen entgegen. Im vorliegenden Fall sei die abstrakte Relevanz der Beweisanforderungen für den Untersuchungsgegenstand offenkundig, weshalb die Begründungstiefe durch die Bundesministerin nicht herabgesetzt sei. Untersuchungsgegenstand sei nicht das Gewähren von Vorteilen an "ÖVP-PolitikerInnen", sondern das Gewähren von Vorteilen an "mit der ÖVP verbundene natürliche oder juristische Personen"; SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen seien nicht von vornherein nicht vom Untersuchungsgegenstand erfasst. Da die Verlangen auf die "Auswertung des vorliegenden Datenbestands" abzielten, der aus den Ergebnissen von Sicherstellungen gespeist sei, die allesamt in Bezug zum Untersuchungsgegenstand stünden, sei die gesamte von den Verlangen umfasste Korrespondenz ganz klar (nicht nur) abstrakt relevant. Es sei für den Untersuchungsausschuss unerlässlich zu klären, ob die in den Verlangen genannten Personen, die allesamt SpitzenpolitikerInnen der Republik Österreich (gewesen) seien und denen ein entsprechender mittelbarer oder unmittelbarer Einfluss zukomme, an der Kommunikation teilgenommen hätten und ob sie sich mit MMag. T. S. über Vorgänge ausgetauscht hätten, die vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien. Die Auswertung der Korrespondenz zB zwischen MMag. T. S. und dem in einem Verlangen genannten W. K., der sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB zur ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe (vgl AB 1040 BlgNR 27. GP), sei jedenfalls von Relevanz für den Untersuchungsausschuss. Die Verlangen seien konkretisiert und auf Beweiserhebungen "im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" eingeschränkt. Sie erfüllten sämtliche Voraussetzungen für zulässige Beweisanforderungen gemäß §25 Abs3 VO-UA; es liege weder ein Erkundungsbeweis noch ein Verstoß gegen das Bepackungsverbot vor. Zudem seien die beiden in Rede stehenden – mangels Bestreitung gemäß §25 Abs2 leg cit rechtswirksam gewordenen – Verlangen ausreichend begründet und bestimmt; ihre Erfüllung durch die Bundesministerin für Justiz sei auch möglich. Die Weigerung der Bundesministerin, den beiden Verlangen nachzukommen, sei auf Grund des eindeutig bestehenden Zusammenhanges der Verlangen mit dem Untersuchungsgegenstand rechtswidrig.
2.3. Demgegenüber vertritt die Bundesministerin für Justiz zusammengefasst die Ansicht, die Aufforderung der Antragsteller vom sowie die beiden darin bezogenen ergänzenden Beweisverlangen vom entsprächen nicht den Anforderungen der jüngsten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH jeweils , UA7-45/2022, und UA46-74/2022; , UA77/2022, UA85/2022): Es sei im vorliegenden Fall nicht offenkundig, inwiefern die begehrten Beweiserhebungen den geforderten Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und somit eine abstrakte Relevanz aufwiesen. Es wäre gerade in Anbetracht der rezenten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, in deren Rahmen der Prüfungsmaßstab für das vorlagepflichtige Organ konkretisiert worden sei, an den Einschreitern gelegen, eine fundierte Begründung dafür zu geben, aus welchen Gründen die geforderten Erhebungen "im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" stünden (indem sie bei jeder einzelnen in den in Rede stehenden Verlangen genannten Person einen Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand herstellten und darlegten, aus welchen konkreten Gründen aus der auszuwertenden Kommunikation auf eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen geschlossen werden könnte); dies sei jedoch nicht erfolgt, das in der Aufforderung vom formulierte Begehren komme vielmehr einem Erkundungsbeweis gleich. Ein "offenkundiger" Zusammenhang zwischen den in den Verlangen vom namentlich genannten SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen mit dem Untersuchungsgegenstand liege gerade nicht vor. Das für die Annahme einer – im Einsetzungsverlangen definierten – "Verbundenheit" erforderliche Naheverhältnis der angeführten Personen zur ÖVP lasse sich auch nicht aus den in Rede stehenden Verlangen ableiten. Bei den in den Begründungen der Verlangen gewählten Argumenten handle es sich um pauschale Annahmen, die von keinem greifbaren Substrat getragen würden. Aus den Verlangen sei nicht ableitbar, inwiefern die geforderten Beweiserhebungen der Aufklärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten (der unspezifische [und zum Teil unzutreffende] Verweis darauf, dass es sich bei den in den Verlangen genannten Personen um SpitzenpolitikerInnen mit "entsprechendem" Einfluss handle [gehandelt habe], stelle keinen Bezug zum Untersuchungsgegenstand her; auch der in einem Verlangen [Beilage VII] enthaltene Verweis darauf, dass eine dort genannte Person sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB zur ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe, stelle keine substantiierte Begründung für den geforderten "Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" dar). Nach der jüngsten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei die Begründungspflicht des vorlagepflichtigen Organs für den Fall herabgesetzt, dass die abstrakte Relevanz in den in Rede stehenden Beweisanforderungen nicht offenkundig sei; zudem handle es sich im konkreten Fall nicht um dem Bundesministerium für Justiz (samt nachgeordneten Dienststellen) bereits vorliegende und somit "parate" Akten und Unterlagen, sondern um eine enorme Menge erst auszuwertender "Rohdaten", deren Inhalt bislang nicht bekannt sei. Im Unterschied zu den beiden ergänzenden Beweisanforderungen vom liege hinsichtlich des von den Antragstellern angesprochenen Verlangens vom , in dessen Rahmen die Auswertung von Korrespondenzen von mit der ÖVP zweifellos verbundenen Personen begehrt werde, ein offenkundiger Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vor; die WKStA komme daher diesem Ersuchen seit knapp einem Jahr nach.
2.4. Art53 Abs3 B-VG verpflichtet ua die Organe des Bundes, dem Ersuchen eines Untersuchungsausschusses um Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung Folge zu leisten.
Die Einschreiter meinen in ihrem Antrag, die Bundesministerin für Justiz sei ihrer aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes abgeleiteten Begründungspflicht im Hinblick auf die von ihnen begehrten Beweiserhebungen nicht hinreichend nachgekommen, weshalb sie zur Durchführung der in Rede stehenden Erhebungen und zur Vorlage der daraus gewonnenen Ergebnisse verpflichtet sei.
Die Beurteilung der Verpflichtung zur Durchführung von Beweiserhebungen und damit der Frage, ob für den Untersuchungsausschuss vorzunehmende Erhebungen gemäß Art53 Abs3 B-VG im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, obliegt – wie die Beurteilung der Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen im Umfang des Gegenstandes der Untersuchung – zunächst dem informationspflichtigen Organ. Eine Ablehnung der Durchführung von Beweiserhebungen erfordert vom vorlagepflichtigen Organ die Behauptung, dass der sachliche Geltungsbereich von Art53 Abs3 B-VG mangels Vorliegens eines Zusammenhanges mit dem Untersuchungsgegenstand nicht gegeben ist. Der pauschale Verweis allein darauf, dass bestimmte Beweiserhebungen nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stünden, kann das Unterlassen der Durchführung der begehrten Erhebungen allerdings nicht rechtfertigen. Neben der Behauptungspflicht trifft das Organ auch eine auf die einzelnen – von der sonst bestehenden Erhebungsverpflichtung des Art53 Abs3 B-VG erfassten – Beweiserhebungen näher bezogene, substantiierte Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht durchgeführten Erhebungen (vgl zB UA77/2022, UA85/2022 mwN).
Wie oben dargestellt, lässt das Art53 Abs3 und Art138b Abs1 Z4 B-VG zugrunde liegende und in §27 VO-UA sowie in §56f VfGG näher ausgestaltete Konzept des (Verfassungs-)Gesetzgebers – trotz fehlender Definition des Begriffes Meinungsverschiedenheit für Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG – deutlich erkennen, dass der Verfassungsgerichtshof angerufen werden kann, um die Klärung einer konkreten Meinungsverschiedenheit, im vorliegenden Fall der unterschiedlichen Auffassung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der gegenüber dem Untersuchungsausschuss (nunmehr) vorgebrachten Begründung für die teilweise oder gänzliche Ablehnung der Durchführung der begehrten Beweiserhebungen (samt Vorlage der daraus gewonnenen Ergebnisse) an einen Untersuchungsausschuss, herbeizuführen. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §56f Abs3 VfGG, über eine Meinungsverschiedenheit ua zwischen einem Viertel der Mitglieder eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates und einem informationspflichtigen Organ über die Verpflichtung, für den Untersuchungsausschuss Beweiserhebungen durchzuführen, auf Grund der Aktenlage und ohne unnötigen Aufschub (tunlichst binnen vier Wochen nach vollständiger Einbringung des Antrages) zu entscheiden, sowie der befristeten Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses (vgl §53 VO-UA) hat das vorlagepflichtige Organ seiner bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für die fehlende (potentielle) abstrakte Relevanz der nicht durchgeführten Erhebungen für den Untersuchungsgegenstand bereits gegenüber dem Untersuchungsausschuss und nicht erst im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof diesem gegenüber nachzukommen, um zunächst dem Untersuchungsausschuss eine Überprüfung und allfällige Bestreitung der Argumentation zu ermöglichen und diese einer etwaigen verfassungsgerichtlichen Nachprüfung unterziehen zu können. Das bewirkt auch, dass das vorlagepflichtige Organ die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses nicht dadurch verzögern kann, dass es Gründe für die Verweigerung der Durchführung der begehrten Beweiserhebungen ohne jede Einschränkung auch nach einer bereits vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochenen Vorlageverpflichtung (erstmals) gegenüber dem Untersuchungsausschuss vorbringt (vgl zB UA77/2022, UA85/2022 mwN). Hat nämlich der Verfassungsgerichtshof im Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG einmal die Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen ausgesprochen, kann das vorlagepflichtige Organ die Vorlage dieser Akten und Unterlagen – von der behaupteten Beeinträchtigung der (Vorbereitung der) rechtmäßigen Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder (vgl Art53 Abs4 B-VG) abgesehen – nicht mehr unter Berufung auf Ausnahmetatbestände verweigern, die ihre Grundlage in Art53 B-VG haben (vgl UA3/2021).
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes setzt voraus, dass das zuständige vorlagepflichtige Organ und der Untersuchungsausschuss bzw das verlangende Viertel seiner Mitglieder in einen vorherigen wechselseitigen Kommunikationsprozess eintreten. Da ein Nachschieben von Begründungen im verfassungsgerichtlichen Verfahren weder für den Untersuchungsausschuss bzw das Viertel seiner Mitglieder noch für das vorlagepflichtige Organ möglich ist, prüft der Verfassungsgerichtshof lediglich, ob und inwieweit den sich so ergebenden Begründungspflichten in der Kommunikation zwischen den Parteien der Meinungsverschiedenheit spätestens bis zum Ende der (Nach-)Frist gemäß §27 Abs4 VO-UA entsprochen worden ist und gegebenenfalls ob die jeweilige Begründung zutreffend ist (vgl UA77/2022, UA85/2022 mwN).
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , UA77/2022, UA85/2022, ausgesprochen, dass die im Zusammenhang mit Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B-VG angestellten Überlegungen (dass die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist, unterschiedlich danach zu beurteilen sind, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt ist oder ob dies eben nicht der Fall ist, weshalb dementsprechend die Anforderungen an die Begründung des [Bestreitungs-]Beschlusses unterschiedlich sind [vgl zuletzt VfGH jeweils , UA7-45/2022, und UA46-74/2022 jeweils mwN]) grundsätzlich auch auf Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG übertragbar sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Frage, ob für den Untersuchungsausschuss vorzunehmende Erhebungen gemäß Art53 Abs3 B-VG im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, zunächst dem informationspflichtigen Organ obliegt. Für ein informationspflichtiges Organ, das die begehrten Beweiserhebungen durchzuführen hat, besteht daher grundsätzlich eine höhere Begründungsanforderung als für den Untersuchungsausschuss bzw dessen Minderheit. Ist die (potentielle) abstrakte Relevanz einer ergänzenden Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand – wie im vorliegenden Fall – nicht offenkundig, so sind jedoch auch die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ herabgesetzt.
Die Bundesministerin für Justiz vertritt ua die Auffassung, es sei im vorliegenden Fall nicht offenkundig, inwiefern die begehrten Beweiserhebungen betreffend namentlich genannte SPÖ- und FPÖ-PolitikerInnen den geforderten Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand und somit eine abstrakte Relevanz für diesen aufwiesen. Es wäre an den Antragstellern gelegen, bei jeder einzelnen in den in Rede stehenden Verlangen genannten Person einen Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand herzustellen und darzulegen, aus welchen konkreten Gründen aus der auszuwertenden Kommunikation auf eine Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene Personen geschlossen werden könnte; dies sei jedoch nicht erfolgt (der unspezifische [und zum Teil unzutreffende] Verweis darauf, dass es sich bei den in den Verlangen genannten Personen um SpitzenpolitikerInnen mit "entsprechendem" Einfluss handle [gehandelt habe], stelle keinen Bezug zum Untersuchungsgegenstand her; auch der in einem Verlangen [Beilage VII] enthaltene Verweis darauf, dass eine dort genannte Person sowohl bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB zur ÖBAG als auch bei der Bestellung von MMag. T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG eine wesentliche Rolle gespielt habe, stelle keine substantiierte Begründung für den geforderten "Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" dar).
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.370/2020 festgestellt hat, begründet der Untersuchungsgegenstand den Rahmen des Tätigkeitsbereiches des Untersuchungsausschusses, bindet diesen und bildet gleichzeitig die Begrenzung der diesem übertragenen Befugnisse. Zugleich dient die Festlegung des Untersuchungsgegenstandes aber auch dem Schutz der betroffenen Organe, weil damit deren Verpflichtung zur Vorlage von Akten und Unterlagen konkretisiert sowie der Umfang bestimmt wird, innerhalb dessen sie Ersuchen um Beweiserhebungen Folge zu leisten haben.
Wenngleich im vorliegenden Fall dem Untersuchungsgegenstand samt den Beweisthemen und der Begründung mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden kann, dass dessen Ziel nicht auf die Untersuchung von Sachverhalten gerichtet ist, die die begehrten Beweiserhebungen betreffen (deren abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand somit nicht offenkundig ist), kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass auch die Kommunikation von nicht mit der ÖVP verbundenen Personen auf Grund besonderer Konstellationen eine (potentielle) abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand haben kann. Dies berechtigt die Minderheit allerdings im vorliegenden Fall nicht dazu, die Auswertung des vorliegenden Datenbestandes auf Korrespondenzen "mit Bezug zu" bzw "unter Beteiligung von" über 50 namentlich genannten Personen zu verlangen, die der SPÖ und der FPÖ zuzurechnen sind bzw waren. Vielmehr wäre es diesfalls der Minderheit übertragen, eine nähere Begründung dafür zu geben, dass die begehrten Beweiserhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand liegen. Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO-UA ausführen, beziehen sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand". Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (so ausdrücklich AB 440 BlgNR 25. GP, 13 f.; vgl UA77/2022, UA85/2022 mwN).
Die Anforderungen an eine Begründung im oben ausgeführten Sinn werden auch nicht durch die Begründung eines Beweiserhebungsverlangens (Beilage VII) in Bezug auf W. K. erfüllt, in der die Antragsteller eine "wesentliche Rolle" des W. K. bei der Beschlussfassung über die Umwandlung der ÖBIB zur ÖBAG und bei der Bestellung von T. S. zum Alleinvorstand der ÖBAG unter bloßem Hinweis auf den Ausschussbericht des Ibiza-Untersuchungsausschusses "(vgl AB 1040 BlgNR XXVII. GP)" behaupten, ohne diese Behauptung derart zu präzisieren, dass sie es erlaubt, einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.
Zusammenfassend hat die Bundesministerin für Justiz in ihrem Schreiben an den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss somit hinreichend begründet, dass die begehrten Beweiserhebungen nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen und sie deshalb von deren Durchführung (samt Übermittlung der daraus gewonnenen Ergebnisse) Abstand genommen hat.
V. Ergebnis
1. Der Antrag ist abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VFGH:2022:UA92.2022 |
Schlagworte: | Untersuchungsausschuss, Beweise, Bundesminister, Minderheiten, Nationalrat, VfGH / Untersuchungsausschuss |
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