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VfGH 05.10.2023, G215/2022

VfGH 05.10.2023, G215/2022

Leitsatz

Auswertung in Arbeit

Spruch

I. 1. §20 Abs1 erster Satz Z3 und Z4 ORF-G, in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G die Wort- und Zeichenfolge "und 2. über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben", §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G, jeweils BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 83/2001, §28 Abs4 und Abs5 ORF-G, jeweils BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 83/2001, §28 Abs6 erster Satz ORF-G, BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 115/2017, §29 Abs6 zweiter, dritter und vierter Satz ORF-G, BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 23/2014 sowie §30 Abs1 Z2 ORF-G, BGBl Nr 379/1984, idF BGBl I Nr 23/2014 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Hinsichtlich der sonstigen Teile von §20 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4, Abs5, Abs6 und Abs7 ORF-G, §28 Abs2, Abs3 und Abs6 ORF-G sowie §29 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4, Abs5 und Abs6 ORF-G wird der zweite Eventualantrag abgewiesen.

III. Im übrigen, §20 Abs6a, Abs8, Abs9 und Abs10 ORF-G, §28 Abs1 ORF-G, §29 Abs4a ORF-G sowie §30 Abs1 Z1, Z3 bis Z8 und Abs2, Abs3, Abs4 und Abs5 ORF-G betreffenden, Umfang wird der zweite Eventualantrag zurückgewiesen.

IV. Der Hauptantrag und der erste Eventualantrag werden jeweils zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z2 B-VG gestützten Antrag begehrt die Burgenländische Landesregierung in ihrem Hauptantrag §20 Abs1, 4, 5 und 7 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl  379/1984, idF BGBl I 10/2021, §28 Abs3, 4, 5 und 6 ORF-G, BGBl  379/1984, idF BGBl I 115/2017, §29 Abs4 und 6 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 10/2021 sowie §30 Abs1 Z2 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 23/2014 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit einem ersten Eventualantrag begehrt die Burgenländische Landesregierung §20 Abs1, Abs4 zweiter und dritter Satz, Abs5 und 7 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 10/2021, §28 Abs4, 5 und 6 erster Satz ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 115/2017, §29 Abs4 dritter Satz und Abs6 zweiter, dritter und vierter Satz ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 10/2021; mit einem zweiten Eventualantrag §20 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 10/2021, §28 ORF-G, BGBl  379/1984, idF BGBl I 115/2017, §29 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 10/2021 und §30 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 23/2014, als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl 379/1984, idF BGBl I 112/2023 lauten auszugsweise wie folgt (§20 ORF-G steht idF BGBl I 10/2021, §28 ORF-G steht idF BGBl I 115/2017, §29 ORF-G steht idF BGBl I 10/2021 und §30 ORF-G steht idF BGBl I 23/2014 in Kraft; die mit dem zweiten Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Organe des Österreichischen Rundfunks

§19. (1) Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind:

1. der Stiftungsrat,

2. der Generaldirektor,

3. der Publikumsrat;

(2) Die Mitglieder der Kollegialorgane gemäß Abs1 sind bei der Ausübung ihrer Funktion im Österreichischen Rundfunk an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen.

(3) Die Funktion als Mitglied des Stiftungsrates und des Publikumsrates ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder haben Anspruch auf angemessenen Ersatz der angefallenen Kosten.

(4) Sämtliche Mitglieder der Stiftungsorgane sind, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werdenden Umstände der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen verpflichtet. Diese Geheimhaltungsverpflichtung besteht auch nach ihrem Ausscheiden als Mitglied eines Stiftungsorgans fort. Bei Ausscheiden sind alle schriftlichen Unterlagen, welche Angelegenheiten der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen betreffen, an die Stiftung zurückzustellen.

Stiftungsrat

§20. (1) Die Mitglieder des Stiftungsrates werden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen bestellt:

1. Sechs Mitglieder, die von der Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge bestellt werden, wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein muss;

2. neun Mitglieder bestellen die Länder, wobei jedem Land das Recht auf Bestellung eines Mitgliedes zukommt;

3. neun Mitglieder bestellt die Bundesregierung;

4. sechs Mitglieder bestellt der Publikumsrat;

5. fünf Mitglieder werden unter Anwendung des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl Nr 22/1974, vom Zentralbetriebsrat bestellt.

Bei der Bestellung von Mitgliedern nach Z1 bis 4 ist darauf zu achten, dass diese

1. die persönliche und fachliche Eignung durch eine entsprechende Vorbildung oder einschlägige Berufserfahrung in den vom Stiftungsrat zu besorgenden Angelegenheiten aufweisen und

2. über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben.

(2) Die Mitglieder des Stiftungsrates haben dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Über Ansprüche gegen Mitglieder des Stiftungsrates entscheiden die ordentlichen Gerichte nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung.

(3) Zum Mitglied des Stiftungsrats dürfen nicht bestellt werden:

1. Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk stehen; dieser Ausschlussgrund gilt nicht für die gemäß Abs1 Z5 bestellten Mitglieder;

2. Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem mit dem Österreichischen Rundfunk im Sinne des §228 Abs3 UGB verbundenen Unternehmen stehen;

3. Personen, die in einem anderen Organ des Österreichischen Rundfunks tätig sind; dieser Ausschlussgrund gilt nicht für die gemäß Abs1 Z4 bestellten Mitglieder;

4. Personen, die in einem Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnis zu einem sonstigen Medienunternehmen (§1 Abs1 Z6 Mediengesetz) stehen;

5. Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlaments, ferner Personen die Angestellte einer politischen Partei sind oder eine leitende Funktion einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden sowie Volksanwälte, der Präsident des Rechnungshofes und Personen, die eine der genannten Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben;

6. Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers stehen sowie parlamentarische Mitarbeiter im Sinne des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes;

7. Personen, die einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers zur Dienstleistung zugewiesen sind;

8. Angestellte von Rechtsträgern der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (§1 PubFG, BGBl Nr 369/1984);

9. Mitarbeiter des Kabinetts eines Bundesministers oder Büros eines Staatssekretärs oder eines anderen in §5, 6 oder 8 Abs1 des Bezügegesetzes genannten Organs des Bundes oder eines Landes;

10. Bedienstete der Kommunikationsbehörde Austria und Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichtes sowie Angestellte der RTR-GmbH.

(4) Die Funktionsperiode des Stiftungsrates dauert vier Jahre vom Tag seines ersten Zusammentretens an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem der neu bestellte Stiftungsrat zusammentritt. Während einer Funktionsperiode können die von der Bundesregierung bestellten Mitglieder nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn der Bundespräsident eine neue Bundesregierung bestellt hat, ein von einem Land bestelltes Mitglied nur dann, wenn der Landtag eine neue Landesregierung gewählt hat und die von Publikumsrat und Zentralbetriebsrat bestellten Mitglieder nur dann, wenn diese sich neu konstituiert haben. Im Fall des vorzeitigen Ausscheidens ist unverzüglich ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen. Hat ein Mitglied des Stiftungsrates drei aufeinander folgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet oder tritt bei einem Mitglied ein Ausschlussgrund gemäß Abs3 nachträglich ein, so hat dies nach seiner Anhörung der Stiftungsrat durch Beschluss festzustellen. Diese Feststellung hat den Verlust der Mitgliedschaft zur Folge und es ist ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen.

(5) Wenn die zur Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrates berechtigten Organe gemäß Abs1 von diesem Recht keinen Gebrauch machen und keine Mitglieder bestellen, so bleiben bei einer Feststellung der Beschlussfähigkeit des Stiftungsrates gemäß Abs6 die nicht bestellten Mitglieder außer Betracht.

(6) Der Stiftungsrat gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Er wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Vorsitzenden-Stellvertreter. Die Sitzungen des Stiftungsrates werden von seinem Vorsitzenden, im Verhinderungsfall von dessen Stellvertreter einberufen; der Vorsitzende ist zur unverzüglichen Einberufung des Stiftungsrates verpflichtet, wenn dies von einem Drittel seiner Mitglieder oder vom Generaldirektor schriftlich unter Beifügung des Entwurfes einer Tagesordnung verlangt wird. Er ist bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder beschlussfähig. Er fasst seine Beschlüsse in offener Abstimmung und – mit Ausnahme der Beschlüsse gemäß §22 Abs5 und §41 Abs1 – mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Vorsitzende stimmt mit; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, im Verhinderungsfall die Stimme seines Stellvertreters. Bei Beschlüssen gemäß §31 Abs1 und 2 sind die vom Zentralbetriebsrat bestellten Mitglieder des Stiftungsrates nicht stimmberechtigt und bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht mitzuzählen.

(7) Der Stiftungsrat kann aus seiner Mitte zur Vorbereitung der Beschlussfassung für bestimmte Angelegenheiten und zur Überwachung der Geschäftsführung Ausschüsse bilden. Jeder Ausschuss hat aus mindestens fünf Mitgliedern zu bestehen.

(8) Der Generaldirektor und der Vorsitzende des Publikumsrates oder sein Vertreter haben das Recht, an den Sitzungen des Stiftungsrates mit beratender Stimme teilzunehmen. Den Sitzungen des Stiftungsrates und seiner Ausschüsse, die sich mit der Feststellung des Jahresabschlusses und deren Vorbereitung sowie mit der Prüfung des Jahresabschlusses befassen, sind jedenfalls die Mitglieder der Prüfungskommission beizuziehen. Der Stiftungsrat oder seine Ausschüsse können darüber hinaus die Mitglieder der Prüfungskommission zu geplanten Prüfungen nach §40 Abs3 dritter Satz und deren Ergebnis befragen. Die Mitglieder der Prüfungskommission trifft gegenüber dem Stiftungsrat keine Verschwiegenheitspflicht, sofern hiedurch nicht der Prüfungszweck vereitelt wird.

(9) Für die Dauer einer Sitzung kann sich im Falle der Verhinderung ein Mitglied des Stiftungsrates durch ein anderes Mitglied in allen seinen Rechten vertreten lassen. Das verhinderte Mitglied hat eine solche Vertretung dem Vorsitzenden des Stiftungsrates schriftlich mitzuteilen. Ein derart vertretenes Mitglied ist bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit nicht mitzuzählen. Das Recht, den Vorsitz zu führen, kann nicht übertragen werden.

(10) Wenn der Stiftungsrat drei Monate nach Ausschreibung der Funktion des Generaldirektors (§27 Abs1) keinen Generaldirektor bestellt, ein Monat nach vorzeitiger Vakanz der Funktion des Generaldirektors keine geeignete Person mit der vorläufigen Führung der Geschäfte des Generaldirektors betraut (§22 Abs1) oder in einer Angelegenheit des §21 Abs1 Z3 bis 6 und 7 bis 15 und Abs2 innerhalb von drei Monaten nach der erstmaligen Befassung nicht entscheidet, ist dies von der Regulierungsbehörde unverzüglich festzustellen. Ist innerhalb von vier Wochen nach dieser Feststellung noch immer keine Erledigung erfolgt, stellt die Regulierungsbehörde die Auflösung des Stiftungsrates fest. In diesem Fall sind die Mitglieder des Stiftungsrates unverzüglich neu zu bestellen.

Aufgaben des Stiftungsrates

§21. (1) Dem Stiftungsrat obliegt, abgesehen von den sonstigen ihm durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben,

1. die Überwachung der Geschäftsführung;

2. die Bestellung und Abberufung des Generaldirektors;

3. die Festlegung der Zahl der Direktoren sowie der Geschäftsverteilung gemäß §24 Abs2;

4. die Vertretung des Österreichischen Rundfunks gegenüber dem Generaldirektor, insbesondere die Geltendmachung von Haftungsansprüchen;

5. die Bestellung und Abberufung der Direktoren und Landesdirektoren auf Vorschlag des Generaldirektors;

6. die Genehmigung der langfristigen Pläne für das Inhaltsangebot in Übereinstimmung mit den Kriterien des Qualitätssicherungssystems sowie der langfristigen Pläne für Technik und Finanzen und von Stellenplänen;

6a. die Genehmigung des Qualitätssicherungssystems (§23 Abs1 Z1a);

6b. die Beschlussfassung über die für die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation geltenden Richtlinien insbesondere im Hinblick auf an Minderjährige gerichtete audiovisuelle kommerzielle Kommunikation;

6c. die Beschlussfassung über die von der Geschäftsführung vorgelegten Pläne über den Ausbau des barrierefreien Angebots für hör- und sehbehinderte Menschen;

7. die Beschlussfassung über die Festsetzung des Programmentgeltes (§23 Abs2 Z8 und §31) sowie die Genehmigung von Tarifwerken der kommerziellen Kommunikation (§23 Abs2 Z8);

8. die Genehmigung des Abschlusses von Kollektivverträgen, Vertragswerken mit kollektivvertragsähnlicher Wirkung und des Redakteurstatuts;

9. die Beschlussfassung über eine Dienstordnung für den Österreichischen Rundfunk;

10. die Beschlussfassung über Maßnahmen, die auf Grund von Prüfungsberichten zu ergreifen sind, einschließlich der Veröffentlichung von Prüfungsberichten soweit diese nicht nach §39 zu veröffentlichen sind;

11. die Prüfung und Genehmigung des Jahresabschlusses, die Prüfung des Konzernabschlusses sowie die Entlastung des Generaldirektors;

12. die Beratung von grundsätzlichen Problemen des Rundfunks und seiner Programmgestaltung sowie der Einführung von Qualitätssicherungssystemen im Zusammenwirken mit der Geschäftsführung für Programme, die Entgegennahme von Berichten des Generaldirektors sowie die Beschlussfassung über Empfehlungen hierzu;

13. die Beschlussfassung über Beschränkungen bei der Werbung und der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation gemäß §13 Abs8 und 9 sowie §14 Abs3;

14. die Beschlussfassung über den Jahresbericht (§7);

15. auf Vorschlag des Generaldirektors die Festlegung des Umfangs und der Art der Verbreitung des Hörfunkprogramms gemäß §3 Abs6 sowie die Beschlussfassung über kommerzielle Aktivitäten im Sinne der §§9 bis 9b.

(2) Weiters ist die Zustimmung des Stiftungsrates in den nachstehend angeführten Fällen notwendig:

1. zu den vom Generaldirektor zu erlassenden allgemeinen Richtlinien für die Programmgestaltung, Programmerstellung und Programmkoordinierung in Hörfunk und Fernsehen sowie im Online-Angebot (§23 Abs2 Z1);

2. zu den unter Beachtung der langfristigen Programmpläne und der Programmrichtlinien (Z1) vom Generaldirektor zu erstellenden und dem Stiftungsrat bis zum 15. November jeweils für das folgende Kalenderjahr vorzulegenden Sende- und Angebotsschemen für Hörfunk und Fernsehen (Jahressendeschemen) und das Online-Angebot (Jahresangebotsschemen) in Übereinstimmung mit den Kriterien des Qualitätssicherungssystems, sowie zur Veranstaltung von Spartenprogrammen (§9 Abs2), zur Festlegung des Werbeumfangs gemäß §18 sowie zur Veranstaltung von mobilem terrestrischem Fernsehen (§9a);

3. zum Erwerb, zur Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, wenn der Verkehrswert der Liegenschaft den Betrag von 500 000 € übersteigt;

4. zur Übernahme von Bürgschaften oder sonstigen Haftungen zu Gunsten Dritter;

5. zur Vornahme aller Geschäfte, die eine dauernde Belastung oder eine über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehende Verpflichtung mit sich bringen, soweit diese nicht ohnehin im Rahmen der jährlichen Finanzpläne genehmigt wurden;

6. zur Festsetzung der für jedes Geschäftsjahr aufzustellenden und dem Stiftungsrat bis zum 15. November vorzulegenden Ausgabenetats und Stellenpläne für das folgende Kalenderjahr und seiner Bedeckung (Finanz- und Stellenplan);

7. zu Investitionsprogrammen und zur Vornahme von Neubauten, Umbauten, Neuanschaffungen und sonstigen Investitionen außerhalb der genehmigten und in Kraft befindlichen Investitionsprogramme, soweit sie nicht laufende Betriebsausgaben darstellen und ihr Wert im Einzelfall 1 Million Euro bzw im Geschäftsjahr insgesamt 2 Millionen Euro übersteigt;

8. zur Einführung bleibender sozialer Maßnahmen;

9. zur Umwidmung der Widmungsrücklage gemäß §39b Abs2;

10. zur Aufnahme von Anleihen, Darlehen und Krediten über 2 Millionen Euro;

11. zum Erwerb und zur Veräußerung von Patent- und von Verwertungsrechten an Urheberrechten, deren Wert im Einzelfall 1 Million Euro übersteigt;

12. zur Gewährung von Darlehen und Krediten, soweit sie nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören;

13. zum Erwerb, zur Veräußerung und zur Belastung von Beteiligungen (§228 UGB) sowie zum Erwerb, zur Veräußerung und zur Stilllegung von Unternehmen und Betrieben;

14. zur Errichtung und zur Schließung von Zweigniederlassungen sowie zur Gründung von Tochtergesellschaften;

15. zur Aufnahme und Aufgabe von Geschäftszweigen und Produktionsarten;

16. zur Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht an Direktoren und leitende Angestellte;

17. zur Festlegung allgemeiner Grundsätze der Geschäftspolitik;

18. zur Ausübung des Stimmrechtes in Gesellschafterversammlungen von verbundenen Unternehmen, sofern in der Gesellschafterversammlung ein Beschluss gefasst werden soll, der nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag einer Zustimmung von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen bedarf oder die Bestellung von Geschäftsführern, Vorstandsmitgliedern oder Aufsichtsratsmitgliedern zum Inhalt hat;

19. zum Abschluss von Verträgen mit Medienunternehmen (§1 Abs1 Z6 Mediengesetz) periodischer Druckwerke unter Offenlegung der Vertragstexte.

(3) Der Generaldirektor hat überdies die Zustimmung des Stiftungsrates einzuholen, falls er bei verbundenen Unternehmen an Geschäften der in Abs2 bestimmten Art durch Weisung, Zustimmung oder Stimmabgabe mitwirkt.

(4) Der Generaldirektor hat dem Stiftungsrat wie ein Vorstand dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft zu berichten, hiefür gelten die §§81 und 95 Abs2 Aktiengesetz, BGBl Nr 98/1965, sinngemäß. Die Mitglieder des Stiftungsrates sind ferner befugt, den Generaldirektor, die Direktoren und die Landesdirektoren im Rahmen der Sitzungen des Stiftungsrates über alle von ihnen zu besorgenden Aufgaben des Österreichischen Rundfunks zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. §95 Abs3 AktG gilt sinngemäß.

[…]

Publikumsrat

§28. (1) Zur Wahrung der Interessen der Hörer und Seher ist am Sitz des Österreichischen Rundfunks ein Publikumsrat einzurichten.

(2) Dem Publikumsrat dürfen nicht angehören:

1. Personen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Österreichischen Rundfunk oder zu einem mit dem Österreichischen Rundfunk im Sinne des §228 Abs3 UGB verbundenen Unternehmens stehen;

2. Personen, die in einem anderen Organ des Österreichischen Rundfunks tätig sind; dieser Ausschlussgrund gilt nicht für die vom Publikumsrat bestellten Mitglieder des Stiftungsrates;

3. Personen, die in einem Arbeits- oder Gesellschaftsverhältnis zu einem sonstigen Medienunternehmen (§1 Abs1 Z6 Mediengesetz) stehen;

4. Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlaments, ferner Personen, die Angestellte einer politischen Partei sind oder eine leitende Funktion einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden sowie Volksanwälte, der Präsident des Rechnungshofes und Personen, die eine der genannten Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben;

5. Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers stehen sowie parlamentarische Mitarbeiter im Sinne des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes;

6. Personen, die einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers zur Dienstleistung zugewiesen sind;

7. Angestellte von Rechtsträgern der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (§1 PubFG, BGBl Nr 369/1984);

8. Mitarbeiter des Kabinetts eines Bundesministers oder Büros eines Staatssekretärs oder eines anderen in den §§5, 6 oder 8 Abs1 des Bezügegesetzes genannten Organs des Bundes oder eines Landes;

9. Bedienstete der Kommunikationsbehörde Austria und Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichtes sowie Geschäftsführer und Angestellte der RTR-GmbH.

(3) Der Publikumsrat ist wie folgt zu bestellen:

1. die Wirtschaftskammer Österreich, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, die Bundesarbeitskammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund bestellen je ein Mitglied;

2. die Kammern der freien Berufe bestellen gemeinsam ein Mitglied;

3. die römisch-katholische Kirche bestellt ein Mitglied;

4. die evangelische Kirche bestellt ein Mitglied;

5. die Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (BGBl Nr 369/1984) bestellen je ein Mitglied;

6. die Akademie der Wissenschaften bestellt ein Mitglied.

(4) Der Bundeskanzler hat für die weiteren Mitglieder Vorschläge von Einrichtungen bzw Organisationen, die für die nachstehenden Bereiche bzw Gruppen repräsentativ sind, einzuholen: die Hochschulen, die Bildung, die Kunst, der Sport, die Jugend, die Schüler, die älteren Menschen, die behinderten Menschen, die Eltern bzw Familien, die Volksgruppen, die Touristik, die Kraftfahrer, die Konsumenten und der Umweltschutz.

(5) Der Bundeskanzler hat die in Frage kommenden Einrichtungen und Organisationen gemäß Abs4 durch Verlautbarung im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zur Erstattung von Dreier-Vorschlägen einzuladen und die eingelangten Vorschläge öffentlich bekannt zu machen.

(6) Der Bundeskanzler hat siebzehn weitere Mitglieder aus den eingelangten Vorschlägen zu den in Abs4 genannten Bereichen bzw Gruppen zu bestellen, wobei für jeden Bereich ein Mitglied zu bestellen ist. Im Sinne von Art29 und 30 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl III Nr 155/2008, müssen im Publikumsrat die Interessen von Menschen mit Behinderungen durch eine selbst behinderte Person vertreten werden.

Funktionsdauer, Vorsitz und Beschlussfassung

§29. (1) Die Funktionsperiode des Publikumsrates dauert vier Jahre vom Tag seines ersten Zusammentrittes an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem der neue Publikumsrat zusammentritt.

(2) Der Publikumsrat gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Er wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Vorsitzenden-Stellvertreter.

(3) Der Publikumsrat ist vom Vorsitzenden, im Verhinderungsfall von seinem Stellvertreter wenigstens dreimal jährlich, ansonsten binnen 14 Tagen, wenn dies wenigstens ein Viertel seiner Mitglieder oder ein Viertel der Mitglieder des Stiftungsrates verlangt, zu einer Sitzung einzuberufen.

(4) Der Publikumsrat fasst seine Beschlüsse bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Für Beschlüsse gemäß §41 Abs1 ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die für den Stiftungsrat geltenden Bestimmungen zur Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Nichtbestellung und über die Vertretung im Fall der Verhinderung bei einer Sitzung gelten sinngemäß.

(5) Hat ein Mitglied des Publikumsrates drei aufeinander folgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet oder tritt bei einem Mitglied nachträglich ein Ausschlussgrund gemäß §28 Abs2 ein, so hat dies nach seiner Anhörung der Publikumsrat durch Beschluss festzustellen. Diese Feststellung hat den Verlust der Mitgliedschaft zur Folge und es ist unverzüglich für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied zu bestellen.

(6) Scheidet ein Mitglied des Publikumsrates vor Ablauf seiner Funktionsperiode aus seiner Funktion, so ist für den Rest der Funktionsperiode ein neues Mitglied zu bestellen. Scheidet ein gemäß §28 Abs6 bestelltes Mitglied vorzeitig aus, so hat der Bundeskanzler die Einrichtungen bzw Gruppen des vom ausgeschiedenen Mitglied vertretenen Bereiches zur Erstattung von Vorschlägen aufzufordern. Die Vorschläge sind ohne Verzug zu erstatten. Aus den eingelangten Vorschlägen hat der Bundeskanzler ein Mitglied zu bestellen.

Aufgaben des Publikumsrats

§30. (1) Dem Publikumsrat obliegt

1. die Erstattung von Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung und von Vorschlägen für den technischen Ausbau;

2. die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates;

3. die Anrufung der Regulierungsbehörde;

4. die Genehmigung von Beschlüssen des Stiftungsrates, mit denen die Höhe des Programmentgelts (Radioentgelt, Fernsehentgelt) festgelegt wird;

5. die Erstattung von Vorschlägen zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages in den in diesem Gesetz vorgesehenen Fällen, und Stellungnahme zur Anrechnung von Programmanteilen für Volksgruppen. Dazu können vom Publikumsrat Vertreter der Volksgruppenbeiräte angehört werden;

6. die Erstattung von Empfehlungen an den Stiftungsrat hinsichtlich der Jahressendeschemen und Jahresangebotsschemen;

7. die Erstattung von begründeten Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem.

8. die Erstattung von Empfehlungen zum Angebot von Sendungen für gehörlose und gehörbehinderte Menschen.

(2) Der Publikumsrat ist zur Erfüllung der im Abs1 genannten Aufgaben befugt, den Generaldirektor, die Direktoren und die Landesdirektoren über alle von ihnen zu besorgenden Aufgaben des Österreichischen Rundfunks zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Die Befragten haben die an sie gerichteten Anfragen längstens innerhalb von zwei Monaten schriftlich oder auf Verlangen auch mündlich zu beantworten. Eine Antwort darf nur soweit verweigert werden, als überwiegende Interessen des Österreichischen Rundfunks oder das öffentliche Interesse es erfordern.

(3) Hat der Publikumsrat Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung erstattet, so hat der Generaldirektor innerhalb einer angemessenen, drei Monate nicht überschreitenden Frist dem Publikumsrat zu berichten, ob und in welcher Form der Empfehlung entsprochen worden ist oder aus welchen Gründen der Empfehlung nicht gefolgt wird.

(4) An den Sitzungen des Publikumsrates hat der Generaldirektor oder ein von ihm bestellter Vertreter mit beratender Stimme teilzunehmen. Der Publikumsrat ist befugt, auf Grund eines an den Generaldirektor gerichteten Ersuchens die Anwesenheit eines Direktors oder eines Landesdirektors zu verlangen. Die Mitglieder des Stiftungsrates sind berechtigt, an den Sitzungen des Publikumsrates mit beratender Stimme teilzunehmen.

(5) Der Publikumsrat kann – zusätzlich zu der vom Österreichischen Rundfunk selbst durchgeführten Meinungsbefragung – verlangen, dass der Österreichische Rundfunk einmal im Jahr eine repräsentative Teilnehmerbefragung zu vom Publikumsrat festzulegenden Themenbereichen durchführen lässt. Die Ergebnisse aller Meinungsbefragungen des Österreichischen Rundfunks sind dem Publikumsrat zur Kenntnis zu bringen."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Landesregierung bringt vor, dass das Bundesgesetz vom über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (im Folgenden: BVG Rundfunk) verlange, dass die Unabhängigkeit der Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Organe garantiert werde. Außerdem sichere Art10 EMRK, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht von einer bestimmten Gruppe, insbesondere von der (Bundes-)Regierung, dominiert werde. Diesen Anforderungen werde das ORF-G nicht gerecht, da die (Bundes-)Regierung zu viel Einfluss auf die Bestellung der Aufsichts- und Kontrollorgane des ORF habe. Der überwiegende Teil der Mitglieder des Stiftungs- und Publikumsrates werde von der (Bundes-)Regierung bzw deren zuständigem Mitglied bestellt. Die Unabhängigkeit der Mitglieder dieser Gremien sei aber nicht sichergestellt.

Die von der antragstellenden Landesregierung angefochtenen Regelungen des ORF-G stünden daher im Widerspruch zu Art10 EMRK und zu ArtI Abs2 BVG Rundfunk (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Zur Unvereinbarkeit des §20 Abs1 ORF-G und den weiteren Bestimmungen betreffend den Stiftungsrat des §20 Abs4, Abs5 und Abs7 mit ArtI BVG-Rundfunk

Funktion und Zusammensetzung des Stiftungsrats

[…] Der mit der Novelle BGBl I Nr 83/2001 errichtete Stiftungsrat ist Kontroll- und Aufsichtsorgan des ORF mit weitgehenden Befugnissen. Ihm obliegt unter anderem die Wahl bzw die Abberufung des Generaldirektors und der diesem unterstellten Direktoren, die Mitwirkung in grundsätzlichen und langfristigen Fragen der Programmgestaltung, die Genehmigung des Jahresabschlusses sowie die Überwachung der Geschäftsführung.

[…] Der Stiftungsrat besteht aus 35 Mitgliedern die auf vier Jahre bestellt sind und deren Eignung bzw Unabhängigkeit durch Unvereinbarkeitsregelungen, Eignungsvoraussetzungen und Verschwiegenheitspflichten gewährleistet werden soll. Die Stiftungsräte sind darüber hinaus bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen gebunden.

[…] Zahlreiche der Stiftungsräte sind in als 'Freundeskreise' bezeichneten nach parteipolitischen Merkmalen zusammengefassten Interessengemeinschaften organisiert, die sich regelmäßig mit Funktionären 'ihrer' Partei beraten und ihr Stimmverhalten koordinieren (vgl hierzu die Erkenntnisse der Medienbehörde KommAustria aus 2012, die die grundsätzliche Existenz dieser Freundeskreise als nicht im Widerspruch zum ORF-G gesehen hat, KOA 11.400/12-011 und KOA  11.400/12-020).

[…] Von den 35 Mitgliedern des Stiftungsrates werden sechs Mitglieder von der Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge bestellt, wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein muss. Neun Mitglieder werden von den einzelnen Ländern bestellt, neun Mitglieder bestellt die Bundesregierung. Sechs Mitglieder bestellt der Publikumsrat, fünf Mitglieder werden schließlich vom Zentralbetriebsrat des ORF bestellt.

[…] Der Stiftungsrat fasst seine Beschlüsse in offener Abstimmung und gewöhnlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Beschlüssen zur Festlegung des Programmentgelts gemäß §31 Abs1 und 2 ORF-G sind die vom Zentralbetriebsrat bestellten Mitglieder des Stiftungsrates nicht stimmberechtigt. Der Stiftungsrat bildet aus seiner Mitte Ausschüsse, die jeweils aus mindestens fünf Stiftungsratsmitgliedern zu bestehen haben und zur Vorbereitung der Beschlussfassung gebildet werden. Da diese Ausschüsse bzw Arbeitsgruppen aus der Mitte des Stiftungsrates gebildet werden, deren Besetzung daher auch mit potentiell staats- bzw regierungsnahen Mitgliedern erfolgt, werden diese Organe ebenfalls aufgrund des gegebenen Zusammenhangs in den Anfechtungsumfang miteinbezogen.

BVG-Rundfunk

[…] Das aus 1974 stammende BVG-Rundfunk legt die Grundsätze für die inhaltliche und organisatorische Unabhängigkeit des ORF fest und trägt dem (einfachen) Gesetzgeber auf, diese bundesgesetzlich festzulegen. Historisch war es unter anderem von der Motivation getragen, den Rundfunk dem Einfluss der politischen Kräfte zu entziehen (vgl Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5 [2014] 80 mwN).

[…] Nachdem der Auftrag des BVG-Rundfunk in §1 Abs3 ORF-G wiederholt wird, trachtet das ORF-G danach, die Vorgaben des BVG-Rundfunk auf zwei Ebenen zu erfüllen: Einerseits sind die Regeln zum Versorgungs- und Kernauftrag sowie zu den Programmgrundsätzen den Richtlinien zu den Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschuldet. Andererseits soll Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit durch Vorgaben für die Aufsichts- und Leitungsorgane sowie durch (Schutz-)Vorschriften für die redaktionelle Arbeit garantiert werden (vgl im Detail Pöschl, Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in Berka/Grabenwarter/Holoubek [Hrsg], Meinungsvielfalt im Rundfunk und in den Online-Medien, 12 der Schriftenreihe Recht der elektronischen Massenmedien REM [2014] 48).

[…] Die Vorgaben für den Schutz der Unabhängigkeit redaktioneller Arbeit sind im 7. Abschnitt des ORF-G in den Vorschriften zur Stellung der programmgestaltenden Mitarbeiter umgesetzt. Es besteht für die Burgenländische Landesregierung derzeit kein Anlass, an der korrekten Umsetzung des BVG-Rundfunk in diesem Zusammenhang zu zweifeln.

[…] Fraglich ist jedoch, ob die Unabhängigkeit der Organe, insbesondere des Stiftungsrates durch die geltende Rechtslage in ausreichendem Maße geschützt ist:

[…] Der ORF hat gemäß §4 ORF-G einen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag zu erfüllen, der für ihn wesensprägend ist. Ausfluss dieser öffentlich-rechtlichen Aufgabe ist die Organisation seiner Gremien. Diese sollen zum einen pluralistisch zusammengesetzt sein und andererseits allein der 'Öffentlichkeit' verantwortlich und von dieser abhängig sein. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist für die Allgemeinheit eingerichtet, von der Allgemeinheit finanziert und daher auch von ihr kontrolliert (vgl Pöschl, Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 58). Die Burgenländische Landesregierung folgt in dieser Frage Berka, der befindet, dass es mit dem europäischen Standard des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht unvereinbar ist, wenn es Organe des Staates sind, welche die Rundfunkgremien beschicken (vgl Berka, Unabhängigkeit, Pluralität und Transparenz – Anforderungen an die Binnenorganisation der rundfunkrechtlichen Gremienaufsicht, MR 2015, 216, 217). Nach Auffassung der Antragstellerin muss diese Ermächtigung jedoch dort ihre Grenze finden, wo den vom BVG-Rundfunk gesetzten Rahmenbedingungen nicht mehr entsprochen wird.

[…] Die in §19 Abs2 ORF-G festgelegte Weisungsfreiheit der Organe des Österreichischen Rundfunks allein gewährleistet noch keine Unabhängigkeit; wäre diese Einschränkung beabsichtigt gewesen, hätte das BVG-Rundfunk mit der Anordnung von Weisungsfreiheit das Auslangen gefunden. Der Begriff der Unabhängigkeit geht nach Ansicht der Antragstellerin weiter: Abhängigkeit ist mehr als nur Weisungsgebundenheit, Abhängigkeit manifestiert sich in finanzieller Abhängigkeit aber auch ideologischer Abhängigkeit und Abhängigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung und Wertschätzung. Insbesondere für die Abhängigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung ist maßgeblich, welche gesellschaftliche Gruppe einzelne Stiftungsräte bestellt und hierdurch unmittelbar Einfluss auf die Organisation und mittelbar auf die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nimmt.

Staatsferne und Regierungsferne

[…] In einer vielbeachteten Entscheidung hat sich das deutsche Bundesverfassungsgericht (im Folgenden: BVerfG) mit der Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (im Folgenden: ZDF) auseinandergesetzt und die Ausgestaltung der Unabhängigkeit dieser Gremien vor dem Hintergrund der Staatsnähe untersucht und die Organisation der Gremien für letztlich nicht ausreichend staatsfern befunden (vgl BVerfGE, Urteil des Ersten Senats vom - 1 BvF 1/11 136, 9). Der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder dürfe demnach insgesamt ein (für eine Sperrminorität ausreichendes) Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen. Für die weiteren Mitglieder sei die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent staatsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürften auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben.

[…] Dass der österreichische Gesetzgeber aus diesem Erkenntnis keine Konsequenzen gezogen hat, ist insofern bemerkenswert, als zum einen die Ähnlichkeiten der verfahrensgegenständlichen Aufsichtsgremien des ZDF zum Stiftungsrat des ORF frappant sind: 35 von 77 Mitgliedern des Fernsehrates waren unmittelbar dem Staat zuzurechnen, auch bestanden im Fernsehrat 'außerhalb gesetzlicher Grundlage' parteipolitisch eindeutig zuordenbare Freundeskreise, die ihre im Gesamtgremium zu treffenden Beschlüsse im Voraus informell abstimmten. Erhellend sind hierzu die Ausführungen Lehofers, der in einem Gedankenexperiment die Maßstäbe des BVerfG an die Ausgestaltung der Gremien des ORF anlegt: diese würden den 'Staatsferne-Test' nicht bestehen, einerseits wegen der überwiegend 'nicht hinreichend staatsfernen' Bestellung der Mitglieder, andererseits aber auch wegen der fehlenden gesetzlichen Vorkehrungen für Vielfalt in den Gremien und für ausreichende Transparenz (vgl https://blog.lehofer.at/2014/03/Staatsferne.html [abgefragt am ]).

[…] Ähnlichkeiten bestehen auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen verfassungsrechtlichen Grundlage. Die vom BVerfG als Beurteilungsmaßstab herangezogene Bestimmung des Art1 Abs2 Satz 2 Grundgesetz (im Folgenden: GG) lautet: 'Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.'

[…] Aus dieser Verfassungsbestimmung, die weit weniger spezifisch ist als ArtI Abs2 BVG-Rundfunk, leitet das BVerfG in ständiger Rechtsprechung ein Gebot der Staatsferne ab (BVerfGE 136, 9 [43] mwN): Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bedarf demnach – ausgehend von der geltenden Rundfunkordnung – einer institutionellen Ausgestaltung, bei der die für die rundfunkpolitischen Grundentscheidungen und damit auch für die Leitlinien der Programmgestaltung maßgeblichen Aufsichtsgremien nicht einem bestimmenden Einfluss staatlicher und staatsnaher Mitglieder unterliegen. Dies resultiert aus der – auch im Kernauftrag des ORF festgelegten – Berücksichtigung der Vielfalt der Meinungen und gesellschaftlichen Strukturen: Für die Veranstaltung von Rundfunksendungen wird durch Gesetz eine juristische Person des öffentlichen Rechts geschaffen, die dem staatlichen Einfluss entzogen oder höchstens einer beschränkten staatlichen Rechtsaufsicht unterworfen ist; ihre kollegialen Organe sind faktisch in angemessenem Verhältnis aus Repräsentanten aller bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzt; sie haben die Macht, die für die Programmgestaltung maßgeblichen oder mitentscheidenden Kräfte im Hinblick darauf zu kontrollieren und dahingehend zu korrigieren, da[ss] den im Gesetz genannten Grundsätzen für eine angemessen anteilige Heranziehung aller am Rundfunk Interessierten Genüge getan wird (BVerfGE 12, 205 [261 f]).

[…] Die Burgenländische Landesregierung erachtet die Argumentation des BVerfG angesichts der Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Sachverhalte und rundfunkrechtlichen Normen für berücksichtigenswert. Zwar hat der VfGH in seiner bisherigen Rechtsprechung weder die Staatsferne noch die – weiter gehende – Staatsfreiheit als Erfordernis an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk festgelegt. Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gebotenen Unabhängigkeit der Organe besteht jedoch nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung ein reduziertes Gebot der Staatsferne auch für den Rundfunk iSd BVG-Rundfunk.

[…] Das vom BVerfG proklamierte Erfordernis der Staatsferne geht nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung im Hinblick auf die Verantwortung des Staates für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu weit: Eine gewisse Staatsnähe ist durchaus aus der Überlegung heraus begründbar, dass der Staat als Manifestation des Gemeinwesens idealerweise an sich eine Repräsentanz einer pluralistischen Gesellschaft abbildet und er vor allen anderen Institutionen geeignet ist, die Organe eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens zu besetzen. Jedenfalls unvereinbar mit dem Gebot der Unabhängigkeit der Organe iSd BVG-Rundfunk ist hingegen eine Dominanz der Regierung in den Aufsichts- und Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

[…] Die von ArtI Abs2 BVG-Rundfunk vorgeschriebene Unabhängigkeit der Organe umfasst dementsprechend nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung eine Unabhängigkeit von der vollziehenden Staatsgewalt, mithin der Regierung. Es ist mit dem Wesen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als einem nach außen und innen pluralistisch aufgebauten Medienunternehmen unvereinbar, wenn eine Gruppe dieses Rundfunkunternehmen – das eben als öffentlich-rechtlicher Rundfunk und nicht als Regierungsfunk intendiert ist (vgl hierzu ausführlich StProt 111 BlgNR 13. GP) – dominieren und kontrollieren kann. Der Anteil der Repräsentanten der Regierung ist daher im Lichte des BVG-Rundfunk so zu begrenzen, dass eine entsprechende Dominanz unterbunden wird.

[…] Wer im Sinne dieser Anteilsbegrenzung als staatliches oder staatsnahes Mitglied zu gelten hat, bestimmt sich nach einer funktionalen Betrachtungsweise (B[V]erfGE 136, 9 [57]). Das BVerfG zählt hierzu nicht nur Regierungsmitglieder, Abgeordnete und 'politische Beamte' (welche gemäß §30 Abs1 dBeamtenStG ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen), sondern auch Personen, die von politischen Parteien in die Aufsichtsgremien entsandt werden. Tatsächlich tritt nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung die persönliche Eignung bzw die ideologische oder (partei)politische Ausrichtung einer Person regelmäßig in den Hintergrund gegenüber der Tatsache, durch wen die betroffene Person ausgewählt und nominiert wird. Ein Mitglied des Stiftungsrates ist daher schon dann als regierungsnahe zu qualifizieren, wenn es nach eigenem Gutdünken von der Regierung oder einem Regierungsmitglied ausgewählt und ernannt wird. Da der Stiftungsrat gemäß §20 Abs6 ORF-G mit einfacher Mehrheit entscheidet, ist Unabhängigkeit dann nicht mehr gegeben, wenn mehr als die Hälfte der Stiftungsräte von einer Gruppe, in diesem Fall der Regierung, bestellt wird.

[…] Die Burgenländische Landesregierung verkennt nicht das Bemühen des Gesetzgebers, durch Unvereinbarkeitsbestimmungen in §20 Abs3 ORF-G für eine Unabhängigkeit der Stiftungsräte zu sorgen. Sie hält diese Vorkehrungen jedoch für nicht ausreichend, die verfassungsrechtlich gebotene Unabhängigkeit zu gewährleisten da diese allein an der Person des Stiftungsratsmitgliedes ansetzt. Die geforderte Unabhängigkeit muss vielmehr effektiv bestehen und sie muss sich im Verhalten dieser Organe ausdrücken, wobei bereits jeder Anschein politischer Abhängigkeit ins Gewicht fällt und die geforderte Unabhängigkeit in Frage stellen kann (vgl Berka, Unabhängigkeit, Pluralität und Transparenz 218). Es kann damit nicht außer Acht bleiben, durch wen die betreffende Person in den Stiftungsrat bestellt wird. Unabhängig von ihrer persönlichen Qualifikation ist allein die Bestellung durch die Regierung geeignet, den Anschein politischer Abhängigkeit zu erwecken.

Regierungsnähe de lege lata

[…] Die Mitglieder des Stiftungsrates gemäß §20 ORF-G können im Sinne der vorhergehenden Überlegungen sowohl nach dem Kriterium der Staatsnähe als auch nach dem Kriterium der Regierungsnähe unterteilt werden.

[…] Von den 35 Mitgliedern des Stiftungsrates sind sechs Mitglieder von den Parteien des Nationalrates zu entsenden. In Hinblick auf die zutreffende Argumentation des BVerfG wonach die Staatsnähe – ungeachtet der Eignung der einzelnen Personen – (auch) aus der Bestellung durch politische Parteien abzuleiten ist, sind diese sechs Stiftungsräte als staatsnahe zu qualifizieren. Dasselbe gilt für die durch die Landesregierungen entsendeten neun Stiftungsräte sowie für die neun von der Regierung zu entsendenden Mitglieder. Damit sind bereits unter Außerachtlassung der durch den Publikumsrat entsendeten Mitglieder 24 der 35 Stiftungsräte als 'staatlich' bzw 'staatsnahe' anzusehen, sie stellen die in den Fällen des §22 Abs5 ORF-G (Abberufung des Generaldirektors) und §41 Abs1 ORF-G (Beantragung einer Sonderprüfung) erforderliche Zweidrittelmehrheit.

[…] Eine Zuordnung der Mitglieder des Stiftungsrates im Hinblick auf ihre (funktionale) Regierungsnähe stellt sich wie folgt dar: Die neun von der Regierung gemäß §20 Abs1 Z3 ORF-G zu bestellenden Mitglieder sind offensichtlich der Regierung zuzurechnen. Tatsächlich sind sie in der gegenwärtigen Zusammensetzung des Stiftungsrates nicht von der Regierung als Staatsorgan bestellt, sondern – ausweislich des […] 'Sideletters' – auf die Regierungsparteien aufgeteilt. Von den sechs gemäß §20 Abs1 Z1 ORF-G von den Parteien des Nationalrates namhaft zu machenden Mitgliedern entfallen – unter der Annahme, dass keine Partei die absolute Mehrheit stellt – zumindest zwei auf die Regierung. Für den (derzeit gegebenen) Fall, dass weniger als sechs Parteien im Nationalrat vertreten sind, entfällt ein weiteres Mitglied auf die stimmenstärkste und damit gewöhnlich regierende Partei. Schließlich sind die sechs gemäß §20 Abs1 Z4 ORF-G vom Publikumsrat zu bestellenden Mitglieder […] der Regierung zuzurechnen. Selbst unter der – freilich unrealistischen – Annahme, dass die gemäß §20 Abs1 Z2 ORF-G von den einzelnen Ländern zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrates nicht den Regierungsparteien zugeordnet werden können, sind 18 der 35 Mitglieder des Stiftungsrates als (funktional) regierungsnahe einzustufen.

[…] Wegen der gegenwärtigen Ausgestaltung des §20 Abs1 ORF-G ist die absolute Mehrheit des Gremiums der Regierung zuzurechnen. Damit besteht eine Abhängigkeit gegenüber der Regierung und wird der Anforderung des ArtI Abs1 BVG-Rundfunk nicht Genüge getan.

[…] Nur der Vollständigkeit halber sei nochmals auf die Existenz der politischen Freundeskreise verwiesen die zwar, wie erwähnt, nicht im Gesetz vorgesehen sind, deren Existenz aber – spätestens seit der verwiesenen behördlichen Auseinandersetzung mit ihrer Ausgestaltung – amtsbekannt ist. Diese (partei-)politischen Zusammenschlüsse von Stiftungsräten sind Indiz dafür, dass die Willensbildung im Stiftungsrat keineswegs unabhängig sondern von parteipolitischen Überlegungen und parteipolitischer Koordination geleitet ist. Die Prägekraft staatlicher und dabei insbesondere parteipolitisch gegliederter Kommunikationsstrukturen, wie sie zurzeit in den Freundeskreisen zum Ausdruck kommt, ist auch nach Auffassung des BVerfG zu berücksichtigen: damit die staatlichen und staatsnahen Mitglieder über derartige informelle Gremien, deren Arbeit als solche unmittelbar kaum geregelt werden kann, auch tatsächlich keinen übermäßigen Einfluss erhalten, sei deren Anteil konsequent zu begrenzen (BVerfGE 136, 9 [54]). Aus den gleichen Überlegungen problematisch ist das Verbot der geheimen Abstimmung gemäß §20 Abs6 ORF-G: die erzwungene Offenlegung des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Stiftungsräte ist geeignet, diese unter Druck zu setzen und ist der freien Entscheidungsfindung abseits (partei-)politischer Vorgaben nicht zuträglich.

[…] Spätestens die eingangs geschilderte Veröffentlichung der von den letzten beiden Bundesregierungen als Sideletter abgeschlossenen Vereinbarungen über Entscheidungen die zum Teil tatsächlich gesetzlich dem unabhängigen Stiftungsrat vorbehalten sind, ist ein untrügliches Indiz dafür, dass die gegenwärtigen Regeln nicht geeignet sind, die vom BVG-Rundfunk geforderte Unabhängigkeit zu gewährleisten.

Zur Unvereinbarkeit des §20 Abs1 ORF-G und den weiterführenden Bestimmun[g]en betreffend den Stiftungsrat des §20 Abs4, Abs5 und Abs7 mit Art10 EMRK

[…] Art10 der in Österreich durch BVG BGBl Nr 59/1964 mit Verfassungsrang ausgestatteten Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantiert die Freiheit des Rundfunks. Die dazu entwickelte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) betont die wichtige, für eine Demokratie vitale und unerlässliche Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die daraus erwachsende Verpflichtung der Staaten, eine Pluralismus und Unabhängigkeit sichernde Organisation dieses Rundfunks zu gewährleisten (vgl Berka, Unabhängigkeit, Pluralität und Transparenz 217).

[…] In der Rechtssache Manole ua gg. Moldawien legte der Gerichtshof Grundsätze für die Ausgestaltung der Kontroll- und Aufsichtsorgane für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten fest, die nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung für die Beurteilung der Konventions- und damit Verfassungswidrigkeit der geltenden einschlägigen Regelungen des ORF-G heranzuziehen sind (vgl EGMR , 13936/02, Manole ua/Moldawien). Zwar verkennt die Antragstellerin nicht, dass der dem genannten Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt mit der vorliegenden Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und den der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsvorschriften nur bedingt vergleichbar ist. Wie aber zu zeigen sein wird, sind die Ausführungen des Gerichtshofes ausreichend abstrakt, um auch auf das ORF-G angewendet zu werden.

[…] Im Urteil in der Rechtssache Manole ua gegen Moldawien stellte der EGMR eine Verletzung des Art10 EMRK wegen unmittelbarer Einflussnahme der kommunistischen Partei in Moldawien auf die redaktionelle Tätigkeit von Journalisten der im moldawischen Staatseigentum stehenden Rundfunkanstalt TRM fest. Konkret wurde eine Reihe leitender Angestellter durch regierungstreue Mitarbeiter ausgetauscht sowie die Verwendung bestimmter Phrasen – wie etwa 'totalitäres Regime' – und die Berichterstattung über bestimmte Themen und Ereignisse verboten. Verstöße gegen diese Verbote wurden disziplinarrechtlich sanktioniert und in mehreren Fällen mit Abberufungen von Nachrichtensprechern geahndet. Die Organe der Rundfunkanstalt wurden von einem 'Koordinationsrat' bestellt welcher aufgrund der politischen Gegebenheiten von einer einzigen politischen Partei besetzt wurde.

[…] Vor dem Hintergrund dieser einseitigen Bestellung durch eine Partei in Verbindung mit der direkten Einflussnahme der Organe auf die redaktionelle Tätigkeit der Rundfunkanstalt stellte der EGMR eine Verletzung von Art10 EMRK fest: 'In these circumstances, during the period from February 2001 onwards, when one political party controlled the Parliament, Presidency and Government, domestic law did not provide any guarantee of political balance in the composition of TRM's senior management and supervisory body, for example by the inclusion of members appointed by the political opposition, nor any safeguard against interference from the ruling political party in these bodies' decision-making and functioning.' (vgl EGMR Manole ua/Moldawien Rz 109).

[…] Nach Auffassung des EGMR waren die Regeln zur Besetzung des Aufsichtsorganes insofern mangelhaft, als sie nicht ausreichend Schutz vor politischem Überhang boten: '[…] [T]he rules for appointing the members of the Observers' Council did not provide adequate safeguards against political bias.[…][T]here was no safeguard to prevent all the other 14 members from being appointees loyal to the ruling party.' (vgl Manole ua/Moldawien Rz 110). In einer (nicht beglaubigten) Übersetzung wird diese relevante Textstelle wie folgt ausgeführt: '[…] sahen die Regelungen betreffend die Ernennung der Mitglieder des Rats keine adäquaten Garantien gegen politische Einflussnahme vor' (vgl 'Newsletter Menschenrechte' [NL 2009, 268][…].

[…] Es liegt der Burgenländischen Landesregierung fern, die Ausgestaltung des §20 ORF-G mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt in Moldawien gleichzusetzen. Der EGMR setzt sich jedoch so grundsätzlich mit der politisch einseitigen Besetzung von Aufsichts- und Kontrollorganen von (öffentlich-rechtlichen) Rundfunkunternehmen auseinander, dass seine Wertung von der moldawischen Situation losgelöst und auf die Beurteilung des ORF-Stiftungsrates angewendet werden kann. Es ist insofern Grabenwarter zuzustimmen, der aus dem Erkenntnis des Gerichtshof[es] allgemein ableitet, Art10 EMRK verpflichte dazu, durch gesetzliche Ausgestaltung die Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten und diese Pflicht insbesondere nicht dadurch zu unterwandern, dass eine gewichtige ökonomische oder politische Gruppe oder der Staat eine dominante Position über eine Rundfunkanstalt oder innerhalb einer Rundfunkanstalt einnimmt und hiedurch Druck auf die Veranstalter ausüben kann. Herrscht in den Organen eine große Mehrheit von Vertretern der Regierungspartei(en), wird Art10 EMRK verletzt (vgl Grabenwarter, Rundfunkfreiheit 812).

[…] Die Feststellung von Grabenwarter, wonach eine Verletzung von Art10 EMRK vorliege, wenn in den Organen eine zu große Mehrheit von Vertretern der Regierungspartei(en) herrscht, mag zwar im Kontext der Kommentierung des Art5 GG getroffen worden sein. Sie gibt in dieser Allgemeinheit jedoch zutreffend die vom EGMR nicht weiter eingeschränkte Aussage korrekt wieder.

[…] Der Gerichtshof erachtet political bias (politische Einflussnahme, Parteilichkeit, politische Voreingenommenheit) als unvereinbar mit den Anforderungen des Art10 EMRK. Prüfungsgegenstand ist in diesem Zusammenhang nicht die tatsächliche Einflussnahme auf die journalistische Arbeit, sondern es sind die Regeln für die Bestellung. Hierbei geht es allein darum, von einer Partei bestellt (appointed) zu sein, es wird nicht auf die Qualifikationen oder politische Orientierung der bestellten Personen abgestellt. Selbst wenn man aus dem dargestellten Erkenntnis des Gerichtshofs lediglich ein Verbot der Besetzung von Gremien mit Personen, die der/den regierenden Partei(en) gegenüber loyal sind, lesen wollte, reichen die oben beschriebenen Unvereinbarkeitsbestimmungen in §20 Abs3 ORF-G nicht aus, um die vom Gerichtshof konstatierte Verletzung der Rundfunkfreiheit zu verhindern: Loyal einer Partei gegenüber sind nicht nur deren Angestellte sondern auch deren Parteimitglieder und Wähler. Zumal ein Ausschluss basierend auf dem Wahlverhalten mit der Freiheit zur politischen Betätigung bzw dem Grundsatz des geheimen Wahlrechts unvereinbar wäre, kommt es letztendlich wieder allein darauf an, wer die betreffende Person in das jeweilige Organ nominiert hat. Nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung ist die Zuordnung zu einer nominierenden Gruppe daher im Hinblick darauf, dass es keiner weitergehenden Überprüfung bedarf, das einzig relevante Kriterium für die Beurteilung, ob ein political bias im Sinne der Rechtsprechung des EGMR vorliegt.

[…] Ein weiteres Indiz für eine verminderte Unabhängigkeit des Stiftungsrates sei hier nur am Rande erwähnt: Gemäß §19 Abs3 ORF-G ist die Funktion als Mitglied im Stiftungsrat ein Ehrenamt. Die Mitglieder des Stiftungsrates werden für ihre verantwortungsvolle und – bei entsprechender Wahrnehmung – aufwändige Tätigkeit von Gesetz wegen in keiner Weise entlohnt. Wie Lehofer zutreffend aufzeigt, wirft dies zumindest die Frage auf, ob die Tätigkeit der Stiftungsratsmitglieder unter Umständen von dritter Seite entlohnt wird – etwa durch Ausübung der Funktion in der von einem Dritten vergoltenen Arbeitszeit im 'Hauptberuf' (vgl https://blog.lehofer.at/2021/08/ehrenamt-stiftungsrat.html mwN [abgerufen am ]). Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Mitglieder des Stiftungsrates von politischer Seite bestellt werden, kann auch hierdurch 'political bias' im Sinne einer verstärkten (wirtschaftlichen) Abhängigkeit von der bestellenden Seite erzeugt werden.

[…] Konkret fordert der EGMR 'safeguards against political bias' (etwa: 'Garantien gegen politische Einflussnahme') um eine Verletzung von Art10 EMRK zu verhindern. Nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung lässt das ORF-G sowohl bei der Zusammensetzung des Stiftungsrates als auch bei der Zusammensetzung des Publikumsrates derartige 'safeguards' vermissen: Diese könnten zum einen in inhaltlichen Vorgaben bestehen wie etwa in Mindestanforderungen an die zu bestellenden Personen oder die Festlegung von Kriterien, denen die Entsendung in die Gremien zu folgen hat. Zum anderen könnten derartige 'safeguards' auch prozessual verankert werden: für die Mitglieder des Stiftungsrates besteht jedoch weder ein öffentliches Bewerbungs- oder Auswahlverfahren mit dem einem 'political bias' zumindest ansatzweise entgegen gewirkt werden könnte.

[…] Für eine Verletzung von Art10 EMRK ist es ausreichend, dass die Regeln der Bestellung keine ausreichenden Schutzmaßnahmen gegen politischen Überhang bieten. Nur im Fall der gemäß §20 Abs1 Z5 ORF-G vom Zentralbetriebsrat zu bestellenden Personen ist gewährleistet, dass diese Personen nicht durch eine politische Partei bestellt werden – diese fünf Personen sind jedoch bei einzelnen Entscheidungen gemäß §20 Abs6 ORF-G überhaupt von der Abstimmung ausgeschlossen. Die gegenwärtige Situation im ORF-Stiftungsrat – 18 von 35 Stiftungsräten sind unmittelbar bzw mittelbar der Regierung zuzuordnen – zeigt, dass §20 ORF-G in seiner gegenwärtigen Fassung nicht geeignet ist, den vom Gerichtshof als mit der EMRK unvereinbar bewerteten 'political bias' zu verhindern.

[…] §20 ORF-G ist aus den angeführten Gründen mit Art10 EMRK nicht vereinbar.

Zur Unvereinbarkeit des §28 Abs6 ORF-G und den weiterführenden Bestimmungen betreffend den Publikumsrat des §28 Abs3, Abs4 und Abs5, des §29 Abs4 und Abs6 und des §30 Abs1 Z2 ORF-G mit ArtI BVG-Rundfunk

Funktion und Zusammensetzung des Publikumsrates

[…] Die Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit eines zu großen Einflusses von Parteiinteressen und einer daraus resultierenden überbordenden Regierungsnähe im Rahmen der Bestellung und Aufgabenwahrnehmung der Mitglieder des Stiftungsrates beziehen sich in gewissem Ausmaß auch auf die Mitglieder des Publikumsrates. Dem Gremium des Publikumsrates, welches derzeit aus 30 Mitgliedern besteht, kommt als Vertreter der Interessen der Hörer und Seher, unter anderem die Kompetenz zur Entsendung von sechs Mitgliedern in den Stiftungsrat zu. Darüber hinaus obliegt dem Publikumsrat, der vorwiegend eine beratende Rolle einnimmt, die Anrufung der Regulierungsbehörde sowie die Erstattung von Empfehlungen und Vorschlägen hinsichtlich der Programmgestaltung, des technischen Ausbaus, der Jahresendenschemen, des Qualitätssicherungssystems oder des Angebots von Sendungen für gehörlose und gehörbehinderte Menschen (vgl Pöschl, Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 64).

[…] Aus diesen Aufgaben des Publikumsrates resultiert zumindest eine im Rahmen der Beratung bestehende Einflussmöglichkeit auf die Programmgestaltung des ORF sowie durch Entsendung von sechs Mitgliedern in den Stiftungsrat eine Möglichkeit die Zusammensetzung dieses Gremiums und damit einhergehend die Zahl der regierungsnahen Stiftungsräte zu steuern. Die Gewährleistung einer hinreichenden Vielfalt und das Gebot einer entsprechenden Regierungsferne der Aufsichtsorgane ist jedoch aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben auch für die Bestellung des Publikumsrates als Aufsichtsgremium des ORF notwendig. Der Publikumsrat setzt sich aus Vertretern der verschiedensten Gesellschaftsbereiche zusammen. Dabei bestellen die in §28 Abs3 Z1 bis 6 ORF-G genannten Interessenvertretungen (jeweils) ein Mitglied. Die Bestellung des Publikumsrates aus diesen gesetzlich verankerten Einrichtungen bzw Organisationen aus den verschiedensten Gesellschaftsbereichen soll ein größeres Maß an Pluralität und damit einhergehend durch die in §28 Abs2 ORF-G genannten analog zum Stiftungsrat normierten Unvereinbarkeitsregelungen ein ausreichendes Maß an Staats- bzw Regierungsferne der Mitglieder sicherstellen. Diesem Erfordernis wird durch den aktuellen Bestellprozess der Publikumsratsmitglieder jedoch nicht Genüge getan.

Zu den konkreten Bedenken betreffend die Bestellkompetenz des Bundeskanzlers gemäß §28 Abs3, Abs4, Abs5 und Abs6 ORF-G

[…] Neben der in §28 Abs3 Z1 bis 6 ORF-G verankerten Bestellbefugnis besteht eine Befugnis des Bundeskanzlers nach Einholung von Dreier-Vorschlägen von Einrichtungen bzw Organisationen aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen und deren Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung weitere 17 Mitglieder des Gremiums zu bestellen. Voraussetzung ist, dass diese Vorschläge von Einrichtungen bzw Organisationen abgegeben werden, die repräsentativ für ihren Gesellschaftsbereich sein müssen (vgl §28 Abs5 ORF-G). Welche Einrichtungen bzw Organisationen als repräsentativ iSd Bestimmung gelten wird nicht definiert. Einen Anhaltspunkt könnte die zum Rundfunkgesetz 1974 ergangene Verordnung bieten (vgl BGBl Nr 398/1974), in der beispielsweise für den Bereich Sport die Bundessportorganisation oder für den Bereich Touristik der Verband alpiner Vereine als repräsentative Organisationen genannt werden. Diese Verordnung wurde jedoch aufgehoben, da nur einzelne Organisationen als vorschlagsberechtigt vorgesehen waren. Im Zuge der Novelle BGBl Nr 80/1975 strich der Gesetzgeber die ausdrückliche Verordnungsermächtigung aus dem damaligen Rundfunkgesetz, da diese Regelung offenbar als zu eng qualifiziert worden war. Ob eine Einrichtung bzw Organisation als repräsentativ angesehen werden kann, ist, abgesehen von einer möglichen Beurteilung des Zwecks der Einrichtung bzw Organisation in Zusammenschau mit deren Wirkungsbereich und Größe, dem Bundeskanzler zur Beurteilung überlassen (vgl Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze 266). In der Praxis erfolgt die Bestellung der Publikumsratsmitglieder gemäß §28 Abs4 bis 6 ORF-G durch die Medienministerin (Ermächtigung durch Entschließung der Bundesregierung). In diesem Antrag wird jedoch stets auf die Bestellung der Publikumsratsmitglieder durch den Bundeskanzler (wie im Gesetzeswortlaut verankert) abgestellt, da der Antrag auf abstrakte Normenkontrolle auf das entsprechende Gesetz und den darin verankerten Wortlaut gerichtet ist. Hinsichtlich der vorgebrachten Argumente betreffend die fehlende Unabhängigkeit der Ratsmitglieder auf Grund der Bestellung durch die Exekutive hat die Abweichung in der Praxis (Bestellung durch die Medienministerin anstatt des Bundeskanzlers) keine Auswirkung.

[…] Darüber hinaus ist aus Sicht der Antragstellerin unzureichend festgelegt, welche Konsequenzen eine fehlende Vorlage von Dreier-Vorschlägen für die rechtmäßige Bestellung der Publikumsräte durch den Bundeskanzler bewirkt. Dies ist jedenfalls im Rahmen der Bestellung von zumindest elf Publikumsräten für die aktuelle 6. Funktionsperiode des ORF-Stiftungsrates diskutiert worden. Dabei wurden für diese Publikumsräte entgegen der gesetzlichen Bestimmungen keine Dreier-Vorschläge, sondern lediglich Zweier- oder Einzelvorschläge für Vertretungspersonen der festgelegten Gesellschaftsbereiche eingereicht und dennoch wurden diese Zweier- bzw Einzelvorschläge bei der Bestellung der Publikumsratsmitglieder (ohne beispielsweise erneute Ausschreibung) berücksichtigt (vgl ABl. der Wiener Zeitung vom , Nr 081; Lehofer in https://blog.lehofer.at/2022/04/publikumsrat.html [abgefragt am ]). Der Bundeskanzler unterliegt darüber hinaus keiner Verpflichtung bei der Bestellung der Mitglieder nach beispielsweise fachlichen oder persönlichen Eignungsmerkmalen vorzugehen.

[…] Diese Dominanz des Bundeskanzlers bei der Bestellung der Mehrheit der Publikumsräte ohne konkrete Vorgaben bezüglich der Auswahlkriterien unterwandert das Konzept der in §28 Abs4 ORF-G vorgesehenen gesellschaftlichen Repräsentation. Zwar mag der Einfluss des Bundeskanzlers durch die Vorschlagsrechte mediatisiert sein, so hindert das den Bundeskanzler doch nicht, die ihm unterbreiteten Vorschläge parteipolitisch zu 'filtern' und alle 17 Publikumsräte nach seiner Präferenz auszuwählen (vgl Pöschl, Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 63). Weiters hat der Bundeskanzler im Rahmen seines Bestellrechts die Möglichkeit, bestimmten Gruppen eine verstärkte Gewichtung durch zwei oder mehr Mitglieder zukommen zu lassen, da gesetzlich lediglich das Mindesterfordernis 'ein Mitglied pro Bereich' festgelegt wird (vgl Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze 267). Diese Gewichtung der Bestellkompetenz des Bundeskanzlers ohne weiterführende gesetzliche Vorschreibung der Auswahlkriterien der Mitglieder gemäß §28 Abs4 bis 6 ORF-G, bietet nach Ansicht der Antragstellerin keine ausreichende im Sinne des BVG-Rundfunk zu gewährleistende Unabhängigkeit der Mitglieder der Aufsichtsgremien bzw widerspricht dem daraus erfließenden Gebot einer notwendigen Regierungsferne.

[…] Wie bereits […] dargelegt, ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent regierungsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürfen demnach auf die Auswahl der staats- bzw regierungsfernen Aufsichtsgremiumsmitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben. Das BVerfG bringt zum Ausdruck, dass bereits die Möglichkeit einer übermäßig großen staatlichen Einflussnahme auf die Zusammensetzung der bzw die Beschlussfassung in den Aufsichtsgremien verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Es sei daher bereits die Möglichkeit von staatlicher Dominanz (präventiv) auszuschließen (BVerfGE 136, 9 [19]). Die Ausformung der Aufsichtsgremien habe sich demnach so zu gestalten, dass bereits die Möglichkeit einer politischen Instrumentalisierung der Berichterstattung unterbunden wird (BVerfGE 136, 9 [47]). Der Antragstellerin ist durchaus bewusst, dass die Überlegungen des BVerfG die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit nach dem deutschen Grundgesetz betreffen, die Ausführungen sind jedoch aufgrund der vergleichbaren rechtlichen Voraussetzungen wie bereits zuvor dargelegt im Zusammenhang mit der Organisation und Ausgestaltung der Rundfunkaufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich von Bedeutung. Die Möglichkeit einer parteipolitischen Dominanz, vor allem aber eines dominierenden Einflusses der Bundesregierung im Publikumsrat, ist insbesondere aufgrund des vorgesehen[en] Bestellmodus und in weiterer Folge im Zusammenhang mit Beschlüssen des Publikumsrates von Bedeutung, für die gemäß §8 Abs5 und §11 Abs4 der Geschäftsordnung des Publikumsrates eine einfache Mehrheit (mit Ausnahme des Beschlusses über den Antrag einer Sonderprüfung gemäß §41 Abs1 ORF-G) ausreicht.

[…] Die nach dem BVG-Rundfunk gebotene organisatorische Unabhängigkeit der Aufsichtsgremien des ORF kann nur dann gewährleistet werden, wenn die gesetzlich vorgegebenen Bestellkompetenzen dies in ausreichendem Maß berücksichtigen. Da jedoch trotz bestehender Unvereinbarkeitsregelungen in §28 Abs2 ORF-G vor einer parteipolitischen Dominanz und Einflussnahme der Exekutive im Bestellprozess kein hinreichender Schutz im Sinne des BVG-Rundfunk gewährleistet wird sind die Regelungen betreffend die Bestellung von 17 Publikumsratsmitgliedern aufgrund eines Widerspruchs zur vorgesehenen Unabhängigkeit der Aufsichtsorgane des ORF aus Sicht der Antragstellerin verfassungsrechtlich bedenklich. Die dargelegten Bedenken beziehen sich vorrangig auf §28 Abs4, Abs5 und Abs6 ORF-G. Es wird klargestellt, dass die normierte Bestellung einer Person mit Behinderung in den Publikumsrat gemäß §28 Abs6 zweiter Satz ORF-G von der Antragstellerin als nicht verfassungsrechtlich bedenklich gesehen wird, eine Einbeziehung in den Anfechtungsumfang jedoch aufgrund eines allfälligen untrennbaren Zusammenhangs mit §28 Abs6 erster Satz ORF-G für zweckmäßig im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrages erachtet wird […].

Zu den konkreten Bedenken hinsichtlich des §29 Abs4 ORF-G und hinsichtlich der Bestellung von Ersatzmitgliedern des Publikumsrates gemäß §29 Abs6 ORF-G

[…] In §29 Abs4 ORF-G werden die Voraussetzungen für die Beschlussfassung des Publikumsrates geregelt. Demnach werden für die Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Nichtbestellung bzw bei Vertretung im Fall der Verhinderung eines Publikumsratsmitgliedes die entsprechenden für den Stiftungsrat in diesen Fällen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß auch auf den Publikumsrat angewandt. Aufgrund dieses Verweises und die Anfechtung dieser Bestimmung(en) betreffend den Stiftungsrat ist eine Aufhebung von §29 Abs4 ORF-G notwendig.

[…] §29 Abs6 ORF-G regelt die Nachbestellung von Mitgliedern des Publikumsrates bei deren vorzeitigem Ausscheiden. Aufgrund des Verweises auf §28 Abs6 ORF-G wird klargestellt, dass ausgeschiedene nach §28 Abs6 ORF-G durch den Bundeskanzler bestellte Mitglieder in einem vergleichbaren Verfahren nachbesetzt werden. Dabei erfolgt eine neuerliche öffentliche Ausschreibung im vom ausgeschiedenen Mitglied vertretenen Bereich. Nicht vorgesehen ist dabei ein etwaiges Nachrücken von ursprünglich vorgeschlagenen Personen, die nicht bestellt wurden. (vgl Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze 269). Aufgrund der Systematik und prinzipiell gleich ausgestalteten Nachbestellung von ausgeschiedenen Publikumsräten wie der in §28 Abs6 ORF-G normierten Bestellung der Publikumsräte durch den Bundeskanzler treffen […] Überlegungen hinsichtlich der gebotenen Unabhängigkeit der Aufsichtsgremien bzw der gebotenen Regierungsferne im Sinne des BVG-Rundfunk sinngemäß auch auf §29 Abs6 ORF-G zu und war daher diese Bestimmung in den Anfechtungsumfang aufzunehmen.

Zur Unvereinbarkeit des §28 Abs6 ORF-G und den weiterführenden Bestimmungen betreffend den Publikumsrat des §28 Abs3, Abs4 und Abs5, des §29 Abs4 und Abs6 und des §30 Abs1 Z2 ORF-G mit Art10 EMRK

[…] Die Ausführungen des EGMR in der Rechtssache Manole ua gg. Moldawien betreffend die aus Art10 EMRK abgeleitete Rundfunkfreiheit beziehen sich auf sämtliche Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Rolle des Publikumsrates ist insbesondere auf Grund seiner Bestellkompetenz von sechs Stiftungsratsmitgliedern gemäß §30 Abs1 Z2 ORF-G sowie auf Grund seiner Kompetenz, Empfehlungen zur Programmgestaltung abzugeben, wesentlich.

[…] Die Unvereinbarkeit der Bestellkompetenz des Bundeskanzlers gemäß §28 Abs4 bis 6 ORF-G sowie die Kompetenz Ersatzmitglieder auf gleiche Weise gemäß §29 Abs6 ORF-G zu bestellen, ergibt sich aus der aus Art10 EMRK abgeleiteten Pflicht des Gesetzgebers für Pluralität in den Aufsichtsgremien des Rundfunks und damit einhergehend für eine Begrenzung der Möglichkeit der politischen Einflussnahme zu sorgen. Die Bestellung von mehr als der Hälfte der Mitglieder des Publikumsrats durch den Bundeskanzler schafft aus Sicht der Antragstellerin nicht die geforderte Vielfalt bzw Unabhängigkeit. Wie auch im Fall der Stiftungsräte ist nicht die politische Gesinnung des jeweiligen bestellten Mitgliedes des Aufsichtsgremiums selbst relevant, sondern vielmehr die Möglichkeit der Einflussnahme des Bestellers auf die Räte bzw die in weiterer Folge sich zahlenmäßig ergebende Dominanz der von der Regierung bestellten regierungsnahen Mitglieder im Aufsichtsgremium. Wie Grabenwarter zutreffend ausführt, gebietet Art10 EMRK, dass die gesetzlichen Regelungen über die Einrichtung und Zusammensetzung von Organen mit Befugnissen zur Leitung des Rundfunkunternehmens und zur Aufsicht über das Programm eine pluralistische personelle Zusammensetzung sicherstellen. Bei einer großen Mehrheit von Vertretern der Regierungsparteien wird Art10 EMRK verletzt (vgl Grabenwarter, Rundfunkfreiheit 812). Im vorliegenden Fall ist zwar die pluralistische personelle Zusammensetzung aufgrund der verschiedensten im Gesetz vorgegebenen Gesellschaftsbereiche (vgl §28 Abs4 ORF-G), aus denen Vorschläge erstattet werden sollen, aus Sicht der Antragstellerin gegeben. Die Sicherstellung, dass diese Personenvorschläge bei deren Bestellung nicht nach parteipolitischer Gesinnung gefiltert werden ist aufgrund der fehlenden gesetzlichen Verankerung eines solchen Verbotes nicht gegeben. Die Ausgestaltung der Norm erweist sich daher als unzureichend, um den Anforderungen im Sinne der EMRK Genüge zu tun. Ebensowenig ausreichend stellen sich die Unvereinbarkeitsregelungen des §28 Abs2 ORF-G dar, weil diese lediglich offensichtliche Ausschlussgründe und Unvereinbarkeiten im Zusammenhang mit der gebotenen Unabhängigkeit gemäß §19 Abs2 ORF-G normieren.

[…] Konkret fordert der EGMR 'safeguards against political bias' (etwa: 'Garantien gegen politische Einflussnahme') um eine Verletzung von Art10 EMRK zu verhindern. Nach Ansicht der Burgenländischen Landesregierung lässt das ORF-G sowohl bei der Zusammensetzung des Stiftungsrates als auch bei der Zusammensetzung des Publikumsrates derartige 'safeguards' vermissen: Diese könnten zum einen in inhaltlichen Vorgaben bestehen wie etwa in Mindestanforderungen an die zu bestellenden Personen oder die Festlegung von Kriterien, denen die Entsendung in die Gremien zu folgen hat. Zum anderen könnten derartige 'safeguards' auch prozessual verankert werden: für die Mitglieder des Publikumsrates besteht jedoch weder ein öffentliches Bewerbungs- oder Auswahlverfahren mit dem einem 'political bias' zumindest ansatzweise entgegen gewirkt werden könnte, nach Auffassung der Medienbehörde und des BVwG ist auch die Bestellung der Mitglieder des Publikumsrates durch den Bundeskanzler keiner rechtlichen Kontrolle unterworfen (vgl BVwG vom , GZW194 2008697-1).

[…] Im Übrigen kann auf die [zuvor] getätigten Ausführungen betreffend die Unvereinbarkeit der Bestellung de[r] Stiftungsräte mit Art10 EMRK aufgrund der vergleichbaren Ausgestaltung des Bestellmodus (überwiegende Bestellung der Publikumsr[ä]te durch die Regierung) verwiesen werden."

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zunächst die Zulässigkeit des Antrages wie folgt bestreitet:

"Der […] in Teilen angefochtene §20 ORF-G war bereits in der Vergangenheit Gegenstand eines verfassungsgerichtlichen Normenprüfungsverfahrens. Im damaligen Verfahren wurde die Bestimmung des §20 ORF-G in der Fassung BGBl I Nr 83/2001 geprüft und der VfGH kam zum Ergebnis, dass ein untrennbarer Zusammenhang zwischen den Absätzen 1, 4 und 7 des §20 ORF-G bestehe (siehe VfSlg 16.911/2003). Die betreffenden Bestimmungen haben, wie auch der im vorliegenden Antrag mitangefochtene §20 Abs5 ORF-G, seither keine inhaltliche Änderung erfahren. Nach den Ausführungen im vorliegenden Antrag bestünde ein untrennbarer Zusammenhang zwischen §20 Abs1 und Abs5 ORF-G, da sich in letzterem Absatz ein Verweis auf Abs1 finde […]. Eine darüber hinausgehende Begründung findet sich nicht. Nach der oben angeführten ständigen Judikatur des VfGH schadet ein Ins-Leere-Gehen eines Verweises infolge Aufhebung einer anderen Norm nicht, weshalb nach Ansicht der Bundesregierung §20 Abs5 ORF-G nicht mitanzufechten ist. Diese Auffassung wird durch die erwähnte Entscheidung des VfGH gestützt, in der dieser keinen solchen untrennbaren Zusammenhang gesehen hat (siehe VfSlg 16.911/2003).

[…] Wie im Antrag weiters ausgeführt wird, wäre §29 Abs4 und 6 ORF-G anzufechten, da darin auf ebenso angefochtene Bestimmungen verwiesen wird. Im Anschluss an die oben dargestellte Judikatur des VfGH wird aber gerade nicht ausgeführt, dass sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit nur unter Mitberücksichtigung dieser weiteren Bestimmungen klären ließe. Vielmehr veranlasste ein 'indirekter Verweis', der eine sinngemäße Anwendung der für den Stiftungsrat geltenden Bestimmungen zur Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Nichtbestellung anordnet, die Antragstellerin dazu, §29 Abs4 ORF-G (zur Gänze) in den Anfechtungsumfang einzubeziehen […]. Ebenso verhält es sich betreffend §29 Abs6 ORF-G, der bloß auf Grund des Verweises auf §28 Abs6 ORF-G angefochten wurde, jedoch für die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit des §28 Abs6 ORF-G nicht mitzuberücksichtigen wäre. Nach Ansicht der Bundesregierung liegt der behauptete untrennbare Sachzusammenhang in diesen Fällen nicht vor.

[…] Nach Ansicht der Antragstellerin stünden die Bestellung und Zusammensetzung des Stiftungsrates in Widerspruch mit den Gewährleistungen des BVG Rundfunk sowie Art10 EMRK. Diese Bedenken beziehen sich pauschal auf alle mit dem Antrag angefochtenen Bestimmungen, ohne dass die gegen die Verfassungsmäßigkeit der einzelnen Bestimmungen, die jeweils ausdrücklich zu bezeichnen wären, sprechenden Bedenken konkret dargelegt werden. Es ist aber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Bestimmungen zuzuordnen und – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (vgl VfSlg 13.123/1992, 16.507/2002).

Während §20 ORF-G in den angefochtenen Absätzen die Bestellungsrechte (Abs1), die Funktionsperiode (Abs4), die Nichtbestellung (Abs5) und die Bildung von Ausschüssen (Abs7) regelt, enthält §28 ORF-G in den angefochtenen Absätzen die Bestellungsrechte (Abs3) sowie die Vorschlagsrechte und das Bestellungsrecht des Bundeskanzlers (Abs4 bis 6). In den weiters angefochten[en] §§29 Abs4 und 6 und 30 Abs1 Z2 ORF-G wird jeweils auf ebenso angefochtene Bestimmungen Bezug genommen, weshalb diese mitangefochten werden.

Wie diese Aufstellung zeigt, treffen die angefochtenen Bestimmungen Regelungen zu unterschiedlichen Regelungsgegenständen. Vor dem Hintergrund des §62 Abs1 VfGG wäre es daher geboten gewesen, die Bedenken im Einzelnen näher darzulegen und zuzuordnen. Der Antrag beschränkt sich jedoch darauf, die Bedenken zu den Gewährleistungen des BVG Rundfunk und Art10 EMRK betreffend die angefochtenen Bestimmungen nur allgemein vorzutragen. Die Ausführungen bestehen weitestgehend aus einer Darstellung des Normenzusammenhangs und lediglich pauschalen Behauptungen einer Verfassungswidrigkeit infolge mangelnder Staatsferne. Eine präzise Umschreibung der Bedenken gegen die einzelnen angefochtenen Bestimmungen findet sich nicht im Antrag. Das Fehlen einer geeigneten Darlegung iSd §62 Abs1 VfGG ist kein behebbares Formgebrechen, sondern ein Prozesshindernis (vgl VfSlg 12.564/1990, 15.342/1998 mwN).

[…] Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag zur Gänze unzulässig ist."

Den Bedenken der antragstellenden Landesregierung tritt die Bundesregierung wie folgt entgegen (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…] Zu den Bedenken in Hinblick auf das BVG Rundfunk:

[…] Die gesetzlich vorgesehenen Bestellungsrechte und folglich die Zusammensetzung der ORF-Gremien weisen nicht nur ein hohes Maß an Pluralität auf, sondern repräsentieren in besonderer Weise auch die Allgemeinheit. Hervorzuheben ist, dass demokratisch legitimierte Organe, die in einer Demokratie Ausdruck des Mehrheitswillens des Volkes sind (vgl §20 Abs1 Z1, 2 und 3 ORF-G), berufen sind, an der Bestellung des Stiftungsrates mitzuwirken. Des Weiteren sind interne Organe – wie der Publikumsrat oder der Zentralbetriebsrat (vgl §20 Abs1 Z4 und 5 ORF-G) – berechtigt, Mitglieder zu bestellen. Die Zusammensetzung des Stiftungsrates ist somit auf eine Repräsentation der politischen und gesellschaftlichen Kräfte im Bund und in den Ländern angelegt, während die Interessen der Dienstnehmer des ORF durch die vom Zentralbetriebsrat bestellten Mitglieder wahrgenommen werden können. Zudem ist an dieser Stelle bereits darauf hinzuweisen, dass der Publikumsrat eine besonders vielfältige Zusammensetzung kennt, die auch die Antragstellerin anerkennt […]. Neben den Kammern, Kirchen, Parteienakademien und der Akademie der Wissenschaften sind es repräsentative Einrichtungen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsbereichen, denen ein Vorschlagsrecht zukommt (vgl §28 Abs3 und 4 ORF-G). Die Vielfalt und pluralistische Abbildung unterschiedlichster gesellschaftlicher Bereiche schlägt folglich auch auf den Stiftungsrat durch, da dem Publikumsrat das oben angesprochene Bestellungsrecht gemäß §20 Abs1 Z4 ORF-G zukommt.

[…] Zu den Bedenken in Hinblick auf die Bestellungsrechte staatlicher Organe

Für die Antragstellerin liegt bereits dann eine mit dem Unabhängigkeitsgebot des BVG Rundfunk unvereinbare Regierungsnähe vor, wenn ein Mitglied des Stiftungsrats 'nach eigenem Gutdünken von der Regierung oder einem Regierungsmitglied ausgewählt und ernannt wird' […]. Die Antragstellerin vertritt somit im Ergebnis die Auffassung, dass allein die Bestellung durch die Bundesregierung oder ein Land automatisch eine einer unabhängigen und eigenverantwortlichen Besorgung entgegenstehende politische Abhängigkeit begründet. Auf die persönliche Qualifikation kommt es – folgt man der Antragstellerin – in diesem Fall gar nicht (mehr) an […]. Unter dem Aspekt der dem Art10 EMRK widersprechenden politischen Einflussnahme sieht die Antragstellerin sogar selbst im Wahlverhalten einer Person einen Grund, von einer politischen Abhängigkeit auszugehen […].

Generell wird damit aber jeder Person, die durch staatliche Organe oder Einrichtungen in eine bestimmte Funktion berufen (bestellt) wird, automatisch eine einseitige Abhängigkeit diesen gegenüber angelastet, ihr jegliches eigenverantwortliche[s] Engagement abgesprochen und die betreffende Person als bloße Befehlsempfängerin disqualifiziert. Der pauschalierenden Ansicht der Antragstellerin folgend könnten daher im Ergebnis nur politisch desinteressierte, vom öffentlichen Leben abgeschottete und daher nicht am demokratischen Leben teilhabende Personen als Mitglieder von unabhängigen Aufsichts- oder Entscheidungsgremien jeglicher Art in Betracht kommen. Selbst eine Gesinnung in eine bestimmte Richtung wäre nämlich offenbar nach Ansicht der Antragstellerin für die unbefangene und unabhängige Ausübung einer Funktion schädlich.

Am Beispiel der – wie oben dargetan – erforderlichen Abbildung der gesellschaftlichen Kräfte in den Organen eines öffentlich-rechtlichen Mediendiensteanbieters offenbart sich damit aber die Widersprüchlichkeit der Argumentation der Antragstellerin. Aber selbst wenn es gelänge, wie von der Antragstellerin offenbar als Ideallösung verlangt, in jeder Hinsicht unbefangene, weil 'gesinnungslose' Personen ausfindig zu machen, wäre der Ansicht der Antragstellerin folgend dennoch auch derartigen Personen, weil sie ja durch die Bundesregierung bestellt werden, eine Abhängigkeit vom Bestellenden anzulasten. Auch an diesem Beispiel zeigt sich, dass sich die Argumentation der Antragstellerin als nicht tauglich erweist.

Nach Ansicht der Bundesregierung führt das Recht staatlicher Organe zur Bestellung einzelner Mitglieder eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremiums nicht schon zu einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit, weder des einzelnen bestellten Mitglieds, noch des Gremiums insgesamt und auch nicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich.

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass ein wie auch immer konstruiertes Bestellungs-, Beschickungs- oder Ernennungsrecht der Bundesregierung betreffend verschiedenste Organe in der Vergangenheit keine Bedenken hervorgerufen hat und schon gar nicht an der Unabhängigkeit der ernannten Personen Zweifel aufkommen lassen hat. Im gegenständlichen Kontext sei etwa das Vorschlagsrecht der Bundesregierung für die fünf Mitglieder der Kommunikationsbehörde Austria gemäß §3 Abs2 KOG erwähnt. Der Vorschlag der Bundesregierung bedarf nach der Verfassungsbestimmung des §3 Abs3 KOG des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates. Nach der im Antrag dargestellten Ansicht wäre auch in diesem Fall von einer nicht staatsfernen Bestellung auszugehen; dies ungeachtet des Umstandes, dass sich in §6 Abs1 KOG eine ausdrückliche Anordnung findet, dass die Mitglieder in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden sind. Folgte man der im Antrag dargestellten, in unzulässiger Weise generalisierenden Ansicht, so müsste auch automatisch die Unabhängigkeit der einzelnen Mitglieder der Regulierungsbehörde in Frage gestellt sein. In demselben Sinn wäre den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes vor dem Hintergrund der Vorschlagsrechte der Bundesregierung, des Nationalrates und des Bundesrates nach Art147 Abs2 B-VG von vornherein jegliche Unbefangenheit und Unabhängigkeit abzusprechen. Nach Ansicht der Bundesregierung verdeutlichen diese Beispiele, dass Unabhängigkeit nicht Staatsferne voraussetzt (vgl dazu auch Berka, MR 2015, 216 [217]). Vielmehr stellt eine Bestellung durch demokratisch legitimierte Organe einen demokratischen Legitimierungszusammenhang her.

Freilich müssen gesetzliche Regelungen sicherstellen, dass die staatlichen Mitwirkungsrechte bei der Zusammensetzung der Rundfunkorgane nicht für politische Zwecke missbraucht werden. Das ORF-G hat derartige Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

So finden sich im ORF-G sowohl bezüglich des Stiftungs- als auch des Publikumsrates Unvereinbarkeitsbestimmungen (§§20 Abs3 und 28 Abs2 ORF-G), die vor allem auch darauf abzielen, politische Interessensvertreterinnen und -vertreter und Befehlsempfängerinnen und -empfänger von der Mitgliedschaft in diesen Gremien auszuschließen. Daneben werden Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des einzelnen Stiftungsratsmitgliedes gestellt. Die in §20 Abs1 ORF-G festgelegten besonderen Anforderungen stehen zum einen in Zusammenhang mit den Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten der Mitglieder des Stiftungsrates, die jenen der Aufsichtsratsmitglieder für Aktiengesellschaften nachgebildet sind. Verfügt ein Stiftungsratsmitglied demnach nicht über die allgemein vom Gesetz geforderte Mindestqualifikation, hätte es seine Bestellung abzulehnen, um keine Haftung zu riskieren (vgl dazu näher Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 [2018] 239f.). Diese hohen Anforderungen sind zum anderen aber auch geeignet, 'political bias' vorzubeugen. Mit der Bestellung qualifizierter Personen kann das Ziel einer objektiven, dem Gemeinwohl dienenden Entscheidungsfindung losgelöst von verschiedensten Abhängigkeitsverhältnissen sichergestellt werden.

[…] Zur Weisungsfreiheit der Mitglieder der Kollegialorgane

Neben den dargestellten Regelungen, die eine pluralistische Zusammensetzung der Gremien gewährleisten und bestimmte Personen vom Mandat eines Stiftungs- bzw Publikumsrates ausschließen, finden sich im ORF-G weitere Bestimmungen, die ua die Unabhängigkeitsgarantien und die daraus resultierenden Anforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk umsetzen. Dabei handelt es sich zum einen um die Vorgaben in §19 Abs2 ORF[-G], wonach die Mitglieder der Kollegialorgane bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden sind; zum anderen um die Absicherung einer unabhängigen und objektiven Berichterstattung, auf die in weiterer Folge noch eingegangen wird. Insgesamt ist festzuhalten, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung dieser Anforderungen ein erheblicher Gestaltungsspielraum zukommt.

Der grundsätzlichen Gesetzeskonzeption des ORF-G folgend steht somit das eigenverantwortliche, den Interessen des ORF in der Erfüllung seines Auftrags und den Interessen seines Publikums verpflichtete Handeln der (Mitglieder der) Organe und der mit der Besorgung der Aufgabe 'Rundfunk' betrauten Personen im Vordergrund.

Die Antragstellerin scheint hingegen die in §19 Abs2 erster Satz ORF-G normierte Auftrags- und Weisungsfreiheit der Mitglieder der Kollegialorgane Stiftungsrat und Publikumsrat als bloße Floskel ohne rechtliche Bedeutung zu qualifizieren. Die Bundesregierung kann hingegen nicht erkennen, dass diese Regelung, die sich in nahezu identer Form auch in unterschiedlichsten einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlichen Regelungsbereichen in der österreichischen Rechtsordnung als Garantie für die unbeeinflusste Tätigkeit von Behörden und Kollegialorganen wiederfindet, im Kontext des ORF bedeutungslos wäre. Mit ihrer Auffassung verleugnet die Antragstellerin vollkommen den für die Rechtmäßigkeit des (Abstimmungs-)Verhaltens eines Mitglieds relevanten Maßstab, der in §19 Abs2 zweiter Satz ORF-G als Gebot formuliert ist. Danach haben die Mitglieder der beiden Kollegialorgane 'ausschließlich […] die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen'. Die Antragstellerin lässt zudem außer Acht, dass (schon) mit der das ORF-G in grundlegenden Aspekten neugestaltenden und prägenden Novelle BGBl I Nr 83/2001 ein die Eigenverantwortung der Mitglieder zusätzlich stärkender Sorgfalts- und Verantwortlichkeitsmaßstab explizit im Gesetz verankert wurde: Gemäß §20a – bzw nunmehr §20 – Abs2 ORF-G haben die Mitglieder dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Ausdrücklich ist auch vorgesehen, dass allfällige Ansprüche gegen die Mitglieder vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sind. Nach Auffassung der Bundesregierung wird damit konsequent das Ziel der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Mitglieder des die Geschäftsführung überwachenden Gremiums verfolgt (vgl dazu auch Berka, FS Raschauer 49 [59], der für den Fall einer Instrumentalisierung eines einzelnen Mitglieds des Stiftungsrats in Ausübung seiner Funktion davon ausgeht, dass dies im Fall der Entsprechung 'eine Haftung nach §20 Abs2 ORF-G begründen' würde).

Die Antragstellerin bringt weiters vor, dass auch die Organisation in sog 'Freundeskreise' nahelege, dass nicht unabhängig, 'sondern von parteipolitischen Überlegungen und parteipolitischer Koordination geleitet' gehandelt werde […]. Die zur Rechtsaufsicht berufene Regulierungsbehörde KommAustria hatte sich mit der Frage, ob derartige informelle Zusammenschlüsse und Abstimmungen im Vorfeld von Stiftungsratsbeschlüssen eine Verletzung der Unabhängigkeit bedeuten, bereits zu beschäftigen und sah keinen Widerspruch (siehe KOA 11.400/12-011 vom und KOA 11.400/12-020 vom ). In diesen Verfahren hat die KommAustria ausgesprochen, dass eine Organisation in 'Freundeskreise' 'für sich genommen ebensowenig eine konkrete Pflichtverletzung zu begründen [vermag], wie dies auch bei einer allfälligen Mitgliedschaft zu sonstigen Vereinigungen bzw Rechtsträgern – von den in §20 Abs3 ORF-G ausdrücklich geregelten Konstellationen abgesehen – […] der Fall wäre'. Nach Ansicht der KommAustria verhält es sich genauso 'mit Absprachen einzelner Stiftungsräte während oder im Vorfeld einer Stiftungsratssitzung untereinander, die ihr Stimmverhalten allenfalls aufeinander abstimmen'. Der KommAustria ist im Ergebnis insoweit zuzustimmen, als in der Diskussion und in dem Bestreben, eine möglichst breite Mehrheit in einer Sachfrage für eine anstehende Abstimmung im Stiftungsrat zu finden, jedenfalls keine Verletzung der Unabhängigkeit zu erblicken ist. Eine derartige Vorabstimmung und die Suche nach Interessensgemeinschaften im Sinne einer rascheren Entscheidungsfindung ist auch in unzähligen anderen Bereichen, in denen Kollegialorgane tätig werden, vorzufinden, ohne dass damit automatisch eine zwingende Beeinträchtigung einer sachgerechten Entscheidung einherginge und nur mehr eine von Interessen Dritter abhängige Entscheidungsfindung möglich wäre.

Soweit die Antragstellerin auch vorbringt, dass das Gebot der öffentlichen Abstimmung eine (partei-)unabhängige, freie Entscheidungsfindung verhindere, legt sie nicht näher dar, inwiefern die Offenlegung des Stimmverhaltens eine unsachliche Beeinflussung begünstigen würde und dazu führen könnte, dass eine bestimmte Person aus unsachlichen Motiven für eine bestimmte Entscheidung eintritt. Tatsächlich handelt es sich folglich bei dem Argument, dass die nicht geheime Abstimmung eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit darstellen würde, um eine bloße Behauptung. Das einzelne Stiftungsratsmitglied hat nämlich infolge seines Abstimmungsverhaltens, das allenfalls nicht der von einer bestimmten politischen Partei erwünschten Linie entspricht, keine Abberufung zu befürchten. Diese darf nämlich während einer Funktionsperiode nur ausnahmsweise und nur aus spezifischen Gründen erfolgen. §20 Abs4 ORF-G soll damit sicherstellen, dass auch das einzelne unabhängige Organmitglied, das gemäß §19 Abs2 ORF-G weisungsfrei und an keine Aufträge gebunden ist, nicht durch die 'Sanktion' der vorzeitigen Abberufung in der Ausübung seiner Funktion eingeschränkt wird. So ist zusammengefasst eine vorzeitige Abberufung nach §20 Abs4 ORF-G nur dann möglich, wenn ausnahmsweise der Fall eintritt, dass das entsendende Organ neu gewählt oder bestellt wurde oder sich neu konstituiert hat. Im Fall des Publikumsrates gibt es schließlich – abgesehen von den beiden Fällen des Verlustes der Mitgliedschaft durch eigenen Beschluss des Publikumsrates (§29 Abs5 ORF-G; vgl für den Stiftungsrat §20 Abs4 ORF-G) – gar keine Möglichkeit, Mitglieder vorzeitig abzuberufen.

[…] Die Unterschiede zur deutschen Rechtslage

Der Antrag stützt sich in seiner rechtlichen Analyse wei[t]gehend auf die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom , 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11, in der ein Widerspruch zu Art5 des deutschen Grundgesetzes (GG) festgestellt wurde, da die Mitglieder in den Gremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) nicht hinreichend staatsfern bestellt waren. Nach Ansicht der Antragstellerin seien die Ausführungen des BVerfG 'angesichts der Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Sachverhalte und rundfunkrechtlichen Normen' berücksichtigenswert. Abseits der wesentlichen Unterschiede in den rechtlichen Grundlagen, auf die in der Folge eingegangen wird, ist festzuhalten, dass die Entscheidung des BVerfG keinerlei rechtliche Wirkung auf die Gestaltung des Stiftungs- und Publikumsrates in Österreich hat und die Vorgaben des deutschen Grundgesetzes keinen Prüfungsmaßstab im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof darstellen.

Bevor auf die Aussagen des BVerfG und die angebliche Vergleichbarkeit der Situation mit der dem ORF-G zugrundeliegenden Konstellation eingegangen wird, gilt es zunächst in der gebotenen Kürze, die der deutschen Entscheidung zugrundeliegenden rechtlichen Rahmenbedingungen näher darzustellen. Antragsgegenstand im Verfahren vor dem BVerfG waren die Vorschriften über die Zusammensetzung und Beschlussfassung der Aufsichtsgremien des ZDF. Die rechtliche Grundlage des ZDF bildet der ZDF-Staatsvertrag (ZDF-StV), der in §19 als Organe des ZDF den Fernsehrat, den Verwaltungsrat und den Intendanten vorsieht. Der Fernsehrat und der Verwaltungsrat sind als interne Aufsichtsgremien eingerichtet. Dem Fernsehrat kommt nach §20 die Aufgabe der Aufstellung von Richtlinien für die Sendungen des ZDF und die Überwachung dieser Richtlinien sowie weiterer gesetzlicher Grundsätze zu. Außerdem beschließt der Fernsehrat über den vom Verwaltungsrat vorzulegenden Entwurf der Satzung. In der Satzung werden nähere Vorgaben zu den Organen des ZDF sowie zur Abwicklung von Programmbeschwerden getroffen. Dem Verwaltungsrat kommen nach §23 im Wesentlichen dienstrechtliche und sonstige Überwachungsaufgaben in Bezug auf den Intendanten zu. Wie sich aus §19 der Satzung des ZDF ergibt, hat der Verwaltungsrat in Form eines Zustimmungsrechtes nicht unwesentlichen Einfluss auf die Besetzung von Leitungsfunktionen in der öffentlich-rechtlichen Medienanstalt. Diese Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen des ZDF-StV verdeutlicht, dass dem Fernsehrat weitgehende Einflussmöglichkeiten auf die Programmgestaltung und die Tätigkeit des ZDF zukommen und dieser auch als zentrale Aufgabe die Rechtsaufsicht wahrzunehmen hat (vgl §20 Abs1, wo neben den sonstigen Überwachungsaufgaben eine Zuständigkeit für Programmbeschwerden nach §15 vorgesehen ist).

Wenn nunmehr die Regelungen zum Stiftungsrat diesen Ausführungen gegenübergestellt werden, werden wesentliche Unterschiede offenkundig. So erweisen sich die Aufgaben des Stiftungsrates, die in §21 ORF-G niedergelegt sind, als weniger weitgehend als jene des Fernsehrates. Zum einen hat der Stiftungsrat keinen Einfluss auf die laufende Programmgestaltung. Seine Kompetenz beschränkt sich vielmehr auf eine Mitwirkung an der langfristigen Programmplanung (vgl §21 Abs1 Z6 und Abs2 Z1 und 2 ORF-G). Zum anderen liegt ein entscheidender Unterschied in den Befugnissen dieser beiden Gremien darin, dass dem Stiftungsrat nach dem ORF-G im Unterschied zum deutschen Fernsehrat – abseits der Überwachung der Geschäftsführung gemäß §21 Abs1 Z1 ORF-G – keine Funktion in der Rechtskontrolle zukommt. Die Rechtsaufsicht über den öffentlichen Rundfunk, dh die umfassende und rechtsverbindliche Beurteilung, ob die Regelungen des ORF-Gesetzes eingehalten wurden, kommt in Österreich einem vom ORF unabhängigen Dritten, nämlich der unabhängigen Regulierungsbehörde KommAustria gemäß §1 Abs1 des KommAustria-Gesetzes (KOG) und nicht bloß einem internen Organ der Rundfunkanstalt zu.

Des Weiteren bestehen wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Bestellungsrechte der Aufsichtsgremien des ZDF im Vergleich zu jenen des Stiftungs- und Publikumsrates des ORF. Dies betrifft insbesondere auch die gesetzlich vorgesehenen Unvereinbarkeitsbestimmungen. Die Zusammensetzung des Fernsehrates ist in §21 ZDF-StV geregelt und sah in der Fassung, die das BVerfG der oben genannten Entscheidung zugrundelegte, vor, dass je ein Vertreter der 16 Länder, drei Vertreter des Bundes, 12 Vertreter der Parteien entsprechend ihrem Stärkeverhältnis im Bundestag, fünf Vertreter anerkannter Glaubensgemeinschaften, 25 Vertreter bestimmter Verbände sowie 16 Vertreter des Gemeinwesens dem Fernsehrat angehören sollen. Die Vertreter der Länder und des Bundes durften auch Mitglied einer Landes- oder Bundesregierung sein, da der Ausschluss gemäß §21 Abs8 für diese Fälle nicht zur Anwendung gelangte. Die Zusammensetzung des Verwaltungsrates ist in §24 ZDF-StV geregelt und sah in der damaligen Fassung vor, dass diesem fünf Vertreter der Länder, acht vom Fernsehrat entsandte Mitglieder und ein Vertreter des Bundes angehören sollen. Eine Unvereinbarkeit war lediglich betreffend die acht vom Fernsehrat entsandten Mitglieder, die weder einer Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft angehören durften, vorgesehen.

Die Bestellungsrechte zum Stiftungsrat sind in §20 Abs1 Z1 bis 5 ORF-G geregelt, wobei sechs Mitglieder durch die Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat, neun Mitglieder durch die Länder, neun Mitglieder durch die Bundesregierung, sechs Mitglieder durch den Publikumsrat und fünf Mitglieder vom Zentralbetriebsrat bestellt werden. Betreffend die nach den Z1 bis 4 leg cit zu bestellenden Mitglieder ist ausdrücklich auf die persönliche und fachliche Eignung für die Ausübung der Tätigkeit als Mitglied des Stiftungsrates Bedacht zu nehmen. Im Gegensatz zur in Prüfung gezogenen deutschen Rechtslage enthält §20 Abs3 ORF-G einen umfangreichen Katalog an Unvereinbarkeiten. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die Ziffern 5 bis 9 leg cit, die jegliche Besetzung mit einer der Politik nahestehenden Person verhindern sollen. So können Mitglieder der Bundes- und Landesregierungen in keinem Fall zum Mitglied des Stiftungsrates bestellt werden, was nach den dargestellten Bestimmungen des ZDF-StV nicht der Fall war. Weitere Unvereinbarkeiten sind etwa für Mitglieder der gesetzgebenden Institutionen, parlamentarische Mitarbeiter oder Mitarbeiter politischer Kabinette und Klubs statuiert. Die gesetzlich festgelegten Ausschlussgründe dienen der Umsetzung der von ArtI Abs2 Satz 2 BVG Rundfunk postulierten Unabhängigkeit der mit der Veranstaltung von Rundfunk betrauten Personen und Organe (siehe Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 [2018] 240). Diese Unvereinbarkeiten sind für den Publikumsrat entsprechend in §28 Abs2 ORF-G vorgesehen. Die Zusammensetzung des Publikumsrates erfolgt durch Bestellungsrechte der Kammern, Religionsgemeinschaften, Parteiakademien und der Akademie der Wissenschaften (Abs3 leg cit) und Vorschlagsrechte gesellschaftlich repräsentativer Einrichtungen und Gruppen, aus denen der Bundeskanzler schließlich 17 weitere Mitglieder bestellt (Abs4 bis 6 leg cit; anzumerken ist, dass aufgrund der Entschließung des Bundespräsidenten vom , BGBl II 3/2022, die für Medien zuständige Bundesministerin im Bundeskanzleramt mit der Wahrnehmung der dem Bundeskanzler nach §28 Abs4 bis 6 ORF-G zukommenden Aufgaben betraut ist).

Das BVerfG hatte – unter anderem – die dargestellten Bestimmungen des ZDF-StV an den Maßstäben des Art5 Abs1 Satz 2 GG zu prüfen, in dem festgelegt ist, dass '[d]ie Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film […] gewährleistet' werden. Das BVerfG streicht zunächst die besondere Bedeutung des öffentlichen Rundfunks in einer dualen Rundfunkordnung hervor, inhaltliche Vielfalt zu fördern und sicherzustellen […]. Die Vielfaltssicherung hat sich in den Zusammensetzungen der internen Gremien widerzuspiegeln, wobei '[f]ür die Gewährleistung einer verschiedenartige Blickwinkel vereinigenden Zusammensetzung dieser Organe […] der Gesetzgeber neben Mitgliedern, die von gesellschaftlichen Gruppen entsandt werden, auch Vertreterinnen und Vertretern aus dem staatlichen Bereich einen Anteil einräumen kann' […]. Betont wird jedoch weiters, dass mit dem Gebot der Vielfaltssicherung zugleich das Gebot der Staatsferne einhergeht. 'Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bedarf danach – ausgehend von der geltenden Rundfunkordnung – einer institutionellen Ausgestaltung, bei der die für die rundfunkpolitischen Grundentscheidungen und damit auch für die Leitlinien der Programmgestaltung maßgeblichen Aufsichtsgremien nicht einem bestimmenden Einfluss staatlicher und staatsnaher Mitglieder unterliegen' […]. In jedem Fall muss einer politischen Instrumentalisierung des öffentlichen Rundfunks durch institutionelle und verfahrensrechtliche Maßnahmen entgegengewirkt werden […]. Die Regelungen des ZDF-StV veranlassten das BVerfG gemessen an diesen Ausführungen dazu, den Bestellmodus für den Fernseh- und Verwaltungsrat als dem Art5 Abs1 Satz [2] GG widersprechend zu beurteilen. Nach dem Ausspruch des BVerfG wäre der Anteil staatlicher und staatsnaher Mitglieder in den Aufsichtsgremien auf ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder zu begrenzen.

Diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund der oben dargestellten rechtlichen Rahmenbedingungen des ZDF zu betrachten. So ist es nach den dargelegten Vorschriften möglich, dass auch politische Amtsinhaber in den Fernsehrat oder Verwaltungsrat bestellt werden. Die internen Aufsichtsgremien haben aber weitreichenden Einfluss auf die Organisation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Nach den erwähnten Vorschriften des ZDF-StV nehmen die Organe Überwachungsaufgaben wahr, üben Aufsichtsbefugnisse aus und haben Einfluss auf die Programmgestaltung. Den Aufsichtsgremien kommt damit eine nicht unwesentliche Gestaltungsbefugnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu. Die Argumentation des BVerfG, wonach eine gewisse zahlenmäßige Begrenzung einzuziehen wäre, ist somit vor dem Hintergrund zu sehen, dass politische Repräsentanten unmittelbar in die Gremien bestellt werden können und damit der Einfluss der Politik unmittelbar in den Organen wirken kann. Abgesehen von den wesentlich eingeschränkteren Befugnissen des Stiftungs- und Publikumsrates im Vergleich zu den ZDF-Gremien erweist sich in Österreich die gesetzliche Ausgestaltung in Hinblick auf die Bestellungsmöglichkeit zum Stiftungs- und Publikumsrat als restriktiver. Anders als nach der in Prüfung gezogenen deutschen Rechtslage kennt das ORF-G für den Stiftungs- und Publikumsrat einen umfassenden Katalog an Unvereinbarkeiten, die eine Besetzung mit der Politik nahestehenden Personen verhindern sollen (vgl §20 Abs3 und §28 Abs2 ORF-G). Damit hat der österreichische Gesetzgeber eine Forderung des BVerfG, das die Schaffung von Inkompatibilitätsregelungen ausdrücklich anspricht […], um die Staatsferne zu gewährleisten, bereits lange umgesetzt.

[…] Zur Gewährleistung einer unabhängigen Programmgestaltung

Die Unabhängigkeit wird überdies auch in Bezug auf die Programmgestaltung gewährleistet. Der Unabhängigkeitsgarantie des BVG Rundfunk kommt im Besonderen die Funktion zu, die Überzeugung journalistischer Mitarbeiter zu schützen (VfSlg 19.742/2013). Abseits der sehr beschränkten Einflussmöglichkeit der Kollegialorgane des ORF auf die Ausgestaltung des Programms trifft das ORF-G Vorkehrungen zum Schutz der Journalisten und Redakteure. In §32 Abs1 ORF-G wird angeordnet, dass der ORF und seine Tochtergesellschaften 'die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung aller journalistischen Mitarbeiter bei Besorgung aller ihnen übertragenen Aufgaben im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu beachten' haben. Ergänzt wird diese gesetzliche Gewährleistung durch die Verpflichtung zum Abschluss eines Redakteurstatuts gemäß §33 Abs1 ORF-G. Eine Verletzung dieser Gewährleistungen kann schließlich im Rechtsschutzweg beanstandet werden, worüber die unabhängige Regulierungsbehörde zur Entscheidung berufen ist. Die Möglichkeit einer Beschwerde infolge einer Rechtsverletzung kommt aber nicht nur bspw. dem betroffenen programmgestaltenden Mitarbeiter, sondern jeder Person, die durch die Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet, zu (siehe §36 Abs1 Z1 lita ORF-G). Interventionen, die die Unabhängigkeit gefährden oder beeinträchtigen, können sohin mit Beschwerde zur Überprüfung vor die Regulierungsbehörde gebracht werden, die über eine Rechtsverletzung zu entscheiden hat. Eine Verletzung des ORF-G durch ein Organ des ORF kann neben der Feststellung der Rechtsverletzung auch darin bestehen, dass das betreffende Kollegialorgan aufgelöst bzw das betreffende Organ abberufen wird (siehe §37 Abs2 ORF-G). Schließlich besteht in weiterer Folge die Möglichkeit, eine Rechtsverletzung vor dem Hintergrund verfassungsgesetzlicher Gewährleistungen auch vom VfGH überprüfen zu lassen (vgl zur Verletzung der Freiheit der journalistischen Berufsausübung durch eine Anweisung des übergeordneten Organs VfSlg 19.742/2013). Dem ORF ist damit, wie Holoubek bemerkt hat 'ein doch umfassendes, ausgefeiltes Konzept innerer Rundfunkfreiheit vorgegeben' (Holoubek in Berka/Grabenwarter/Holoubek, Unabhängigkeit der Medien, 144).

[…] Zur unabhängigen Rechtsaufsicht

Als weiteres Element im Gesamtgefüge der Mechanismen zur Sicherstellung der unabhängigen Besorgung der Aufgaben des ORF ist – wie bereits mehrfach erwähnt – die Ausgestaltung der Rechtsaufsicht hervorzuheben: So obliegt nämlich abgesehen von der Überwachung und Kontrolle der Geschäftsführung des ORF durch die beiden Kollegialorgane des ORF die Beurteilung, ob das Handeln des öffentlich-rechtlichen Mediendiensteanbieters und seiner Organe den rechtlichen Vorgaben entspricht, nicht bloß (wie in Deutschland) internen Aufsichtsorganen, sondern der unabhängigen Regulierungsbehörde KommAustria. Eine derartige externe, selbst durch Verfassungsbestimmung mit Unabhängigkeitsgarantien ausgestattete Rechtsaufsicht ist weiterer zentraler Bestandteil in dem System von Garantien für die inhaltliche Objektivität und Unabhängigkeit wie auch für die personelle Unabhängigkeit eines dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlich-rechtlichen Mediendiensteanbieters.

[…] Zur Bestellung und Zusammensetzung des Publikumsrates

Die Antragstellerin hat eigens betreffend die Bestellung und Zusammensetzung des Publikumsrats Bedenken in Bezug auf ArtI BVG Rundfunk und Art10 EMRK vorgebracht. Die Bedenken werden insbesondere vor dem Hintergrund der Kompetenz des Publikumsrates gemäß §30 Abs1 Z2 ORF-G zur Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates geäußert.

Der Bundeskanzler hat zunächst repräsentative Einrichtungen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen einzuladen, Dreiervorschläge für die Mitglieder des Publikumsrates zu erstatten (§28 Abs4 und 5 ORF-G). Diesbezüglich wird seitens der Antragstellerin kritisiert, dass die Auswahl der Einrichtung bzw Organisation 'dem Bundeskanzler zur Beurteilung überlassen' ist […]. Dabei wird übersehen, dass die Auswahlentscheidung durch den Bundeskanzler mit anschließender Einladung, Vorschläge zu erstatten, eine Dynamik und Aktualität der gesellschaftlichen Einrichtungen sicherstellt. Die in der Vergangenheit bereits erprobte Form der Festschreibung der repräsentativen Einrichtungen in einer Verordnung erweist sich demgegenüber als statisch und den aktuellen Gegebenheiten nicht in jedem Fall Rechnung tragend. In Hinblick auf das Gebot der Vielfaltssicherung betont auch das BVerfG, dass eine Versteinerung der Zusammensetzung der Gremien droht, sofern die benennungsberechtigten Gruppen abschließend gesetzlich festgelegt sind (siehe BVerfG , 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11, Rz 73). Das BVerfG streicht in der Folge hervor, dass es unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten gäbe, aber jedenfalls eine Form der Dynamisierung vorzusehen wäre […]. Diesen Anforderungen wird aber gerade die österreichische Regelung in §28 Abs4 bis 6 ORF-G gerecht, indem der Bundeskanzler bei jeder Neubestellung auf die aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten Rücksicht nehmen kann. An anderer Stelle räumt die Antragstellerin selbst ein, dass an der pluralistisch personellen Zusammensetzung aufgrund der verschiedensten im Gesetz vorgegebenen Gesellschaftsbereiche keine Zweifel bestünden […].

Im Anschluss daran kritisiert die Antragstellerin, dass es dem Bundeskanzler freistehe, die eingelangten Vorschläge 'nach parteipolitischer Gesinnung' zu filtern […]. Dabei handelt es sich um eine bloße Behauptung, die nicht durch eine in der Vergangenheit erfolgte parteipolitisch motivierte Entscheidung belegt wurde und auch nicht werden konnte. Vielmehr ist es gängige Praxis, dass die Auswahlentscheidung durch den Bundeskanzler entsprechend den eingelangten Vorschlägen erfolgt.

Nach Ansicht der Bundesregierung widersprechen daher weder die gesetzlichen Vorschriften zur Bestellung und Zusammensetzung des Publikumsrats noch dessen Kompetenz zur Entsendung von Mitgliedern in den Stiftungsrat den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

[…] Zu den Bedenken in Hinblick auf die Freiheit der Meinungsäußerung nach Art10 EMRK:

[…] In Hinblick auf die behauptete (politische) Abhängigkeit der Mitglieder des Stiftungs- und Publikumsrates, die mit Art10 EMRK in Widerspruch stünde, führt die Antragstellerin die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom , Manole ua gg. Moldawien, Appl No. 13936/02, ins Treffen, in der der Gerichtshof die rundfunkrechtlichen Rahmenbedingungen in Moldawien anhand der Maßstäbe des Art10 EMRK zu beurteilen hatte und letztlich eine Verletzung feststellte.

In der Rechtssache Manole hatte der EGMR die Einflussnahme der kommunistischen Partei auf die im moldawischen Staatseigentum stehende Rundfunkanstalt TRM in Hinblick auf die Meinungsfreiheit zu beurteilen. Die Organe der Rundfunkanstalt TRM bestanden aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und dem Aufsichtsrat, die allesamt von einem sog Koordinationsrat bestellt wurden. Dieser wieder[…]um bestand aus neun Mitgliedern, wovon jeweils drei vom Präsidenten, dem Parlament und der Regierung bestellt wurden. Die kommunistische Partei stellte sowohl die Alleinregierung als[…] auch den Präsidenten und verfügte im Parlament über eine absolute Mehrheit. Somit wurden alle neun Mitglieder des Koordinationsrates und damit sämtliche Organe der Rundfunkanstalt von der kommunistischen Partei bestellt (vgl EGMR , Manole ua/Moldawien, Rz 109).

Neben der Besetzung leitender Positionen mit regierungstreuen Mitarbeitern wurde unmittelbarer Einfluss auf die redaktionelle Tätigkeit der Journalisten ausgeübt. So wurde die Verwendung bestimmter Phrasen – wie etwa 'totalitäres Regime' – sowie die Berichterstattung über bestimmte Themen und Ereignisse verboten. Verstöße gegen diese Verbote wurden disziplinarrechtlich sanktioniert und in mehreren Fällen mit Abberufungen von Nachrichtensprechern geahndet. Damit war eine Situation gegeben, die mit den Garantien des Art10 EMRK in Widerspruch stand, weshalb der EGMR eine Verletzung der Konventionsrechte feststellte.

In diesem Zusammenhang ist auch die Kommentierung Grabenwarters zu lesen, der unter Verweis auf das genannte Urteil des EGMR ausführt, dass auch Art10 EMRK die Vielfalt im Rundfunk gewährleistet und diese Pflicht nicht dadurch unterwandert werden dürfe, dass eine gewichtige Gruppe innerhalb der Rundfunkanstalt Druck auf die Veranstalter ausüben kann. An dieser Stelle findet sich weiters die Aussage, wonach Art10 EMRK verletzt werde, wenn 'in den Organen eine zu große Mehrheit von Vertretern der Regierungspartei(en)' herrscht (siehe Grabenwarter, Art5, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz Kommentar, 85. Lfg. 2018, 240[…]). Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin an mehreren Stellen die angesprochene Kommentierung unrichtig wiedergibt und lediglich von einer 'großen Mehrheit' spricht, was nicht nur sprachlich, sondern auch tatsächlich einen relevanten Unterschied bedeutet […]. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Ausführungen Grabenwarters keinesfalls unreflektiert auf die Besetzung der ORF-Gremien übertragbar sind. Vielmehr müssen sie vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage im Ausgangsfall Manole betrachtet werden.

Die in der Rechtssache Manole vorgefundene Sachverhaltslage ist in keiner Weise – auch nicht 'nur bedingt', wie der Antrag vermeint […] – vergleichbar mit den in Österreich bestehenden faktischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Abseits klarer rechtlicher Vorgaben, die die Unabhängigkeit redaktioneller Tätigkeit (vgl §32 ORF-G) und die Weisungsfreiheit der Gremien des ORF (vgl §19 Abs2 ORF-G) garantieren, wirken in Österreich mehrere demokratisch gewählte Parteien nebeneinander und folglich an der Bestellung der Gremien des ORF mit. Die Bundesregierung wird im Regelfall von den stärksten politischen Kräften gestellt; sie wird von einer Mehrheit im Nationalrat unterstützt und repräsentiert damit den Mehrheitswillen des Volkes. Dies kann in gleicher Weise auf die Landesregierungen der einzelnen Bundesländer übertragen werden. Daraus ergibt sich jedoch eine mittelbare demokratische Rückbindung der vom Bund und den Ländern bestellten Gremiumsmitglieder. Von einer aufoktroyierten Bestellung durch eine Staatspartei kann daher nicht einmal im Entferntesten gesprochen werden. Flankierend finden sich für beide Gremien – für den Stiftungsrat in §20 Abs3 und den Publikumsrat in §28 Abs2 ORF-G – Unvereinbarkeitsbestimmungen, die eine Besetzung mit politischen Funktionären oder diesen Nahestehenden ausschließen.

[…] Am Rande weist die Antragstellerin schließlich darauf hin, dass die ehrenamtliche Ausgestaltung der Tätigkeit als Stiftungsrat (und als Publikumsrat) gemäß §19 Abs3 ORF-G ebenso der Unabhängigkeit schade, da die Gefahr bestünde, dass das bestellende Organ das Mitglied auf andere Weise entlohnt […], wodurch eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestünde. Auch hierbei handelt es sich um eine bloße Behauptung, die von der Antragstellerin in keiner Weise mit sachlichen Argumenten gestützt wird. Genauso könnte umgekehrt behauptet werden, dass ein gut dotiertes Amt mit zeitlich begrenzter Funktionsperiode viel eher anfällig für Einflussnahmen und Abhängigkeiten macht. In diesen Fällen würden die Mitglieder ein besonderes, vor allem auch finanzielles, Interesse haben, wiederbestellt zu werden. Nach Ansicht der Bundesregierung ist daher auch diese bloß spekulative Argumentation nicht geeignet, eine verfassungswidrige Ausgestaltung aufzuzeigen.

Nach Auffassung der Bundesregierung stehen die gesetzlichen Vorschriften zur Besetzung des Stiftungs- und Publikumsrates sohin nicht in Widerspruch mit Art10 EMRK."

3. Der Verfassungsgerichtshof führte am eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung erörterte der Verfassungsgerichtshof mit den Parteien insbesondere die Vorgaben des ArtI Abs2 und 3 BVG Rundfunk in Bezug auf Bestellung, Zusammensetzung, Organisation und Arbeitsweise des Stiftungsrates und des Publikumsrates des ORF sowie die diesbezügliche rechtliche Ausgestaltung im ORF-G.

IV. Erwägungen

A. Zur Zulässigkeit des Antrages

1. Gemäß Art140 Abs1 Z2 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen auch auf Antrag einer Landesregierung.

2.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001, 20.000/2015). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung der Antragsteller teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; ; , G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

2.2. Hingegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig (vgl VfSlg 20.000/2015, 20.092/2016). Soweit ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle die Aufhebung von Bestimmungen begehrt, gegen die im Einzelnen konkrete Bedenken in schlüssiger und überprüfbarer Weise dargelegt werden (VfSlg 14.802/1997, 17.102/2004; vgl auch VfSlg 11.888/1988, 12.223/1989; ; VfSlg 19.938/2014 – die Zuordnung pauschal vorgetragener Bedenken zu einzelnen angefochtenen Bestimmungen ist demgegenüber nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, siehe nur VfSlg 17.102/2004, weiters etwa VfSlg 13.123/1992, 17.099/2003), oder mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, ist der Antrag daher, wenn auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, zulässig. Umfasst ein solcher Antrag darüber hinaus noch weitere Bestimmungen, führt dies, wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind, zur partiellen Zurückweisung des Antrages (vgl bereits VfSlg 14.802/1997).

3. Der zweite Eventualantrag grenzt – anders als der Haupt- und der erste Eventualantrag – die angefochtenen Bestimmungen nicht zu eng ab: Die antragstellende Landesregierung hegt im Wesentlichen das Bedenken, dass die (Bestellung der) Kollegialorgane des ORF, der Stiftungs- und der Publikumsrat, nicht die verfassungsmäßig gebotene Unabhängigkeit (aufweist bzw) aufweisen, sondern dem maßgeblichen Einfluss der (Mitglieder der) Bundes- bzw Landesregierung(en) (unterliegt bzw) unterliegen.

3.1. §20 ORF-G legt die Ausgestaltung der Mitgliedschaft im Stiftungsrat sowie dessen interne Organisation fest. Es wird unter anderem normiert, wer die Mitglieder des Stiftungsrates bestellt, die Folgen, wenn von einem Bestellungsrecht kein Gebrauch gemacht wird, welche Voraussetzungen die Mitglieder erfüllen müssen, wer nicht als Mitglied bestellt werden darf, wann ein Mitglied vorzeitig abberufen werden kann sowie wann es vorzeitig ausscheidet und wie in einem solchen Fall vorzugehen ist. Die Funktionsperiode des Stiftungsrates wird festgelegt und die Beschlussmodalitäten werden konkretisiert. Zur Vorbereitung der Beschlussfassung für bestimmte Angelegenheiten und zur Überwachung der Geschäftsführung ist die Möglichkeit der Ausschussbildung vorgesehen.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der antragstellenden Landesregierung richten sich im Hinblick auf den Stiftungsrat zunächst gegen §20 Abs1 erster Satz Z1 bis 4 ORF-G. Zwischen den Ziffern 1, 2, 3, 4 und 5 des §20 Abs1 erster Satz ORF-G besteht vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken ein derartiger Regelungszusammenhang, dass nicht von vornherein auszuschließen ist, dass im Fall des Zutreffens der Bedenken deren Aufhebung erforderlich sein könnte und auch der Schlusssatz des §20 Abs1 ORF-G bezieht sich auf die Ziffern 1 bis 4 erster Satz. Darüber hinaus nimmt §20 Abs4 ORF-G auf die von der Bundesregierung, von einem Land bzw vom Publikumsrat bestellten Mitglieder Bezug. §20 Abs7 ORF-G, wonach der Stiftungsrat "für bestimmte Angelegenheiten und zur Überwachung der Geschäftsführung Ausschüsse bilden" kann, wobei "[j]eder Ausschuss […] aus mindestens fünf Mitgliedern zu bestehen" hat, steht ebenfalls in einem derartigen Regelungszusammenhang.

3.2. Die antragstellende Landesregierung bezieht ihre Bedenken ausdrücklich auch auf die Regelung der Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit im Stiftungsrat (§20 Abs6 ORF-G), weil die Unabhängigkeit dann nicht gegeben sei, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder des Stiftungsrates von einer bestimmten Gruppe bestellt werde. Da §20 Abs6 ORF-G damit im Lichte der Bedenken jedenfalls mitanzufechten ist (vgl ua; , G193/2022), erweisen sich der Hauptantrag und der erste Eventualantrag als zu eng gefasst und daher unzulässig, der zweite Eventualantrag diesbezüglich aber als zulässig.

3.3. §20 Abs5 ORF-G nimmt sowohl auf §20 Abs1 ORF-G Bezug als auch auf die Feststellung der Beschlussfähigkeit gemäß §20 Abs6 ORF-G, weshalb vor dem Hintergrund der vorgebrachten Bedenken die Bestimmungen jedenfalls in einem – nicht von vornherein trennbaren – Regelungszusammenhang stehen (vgl ).

Dasselbe gilt für §20 Abs2 und 3 ORF-G, da diese einerseits die Sorgfaltspflichten der Mitglieder des Stiftungsrates festlegen sowie andererseits Unvereinbarkeitsbestimmungen normieren. Damit werden wesentliche Aspekte der Stellung der Mitglieder des Stiftungsrates festgelegt, wonach sich diese "in einer objektiv entsprechenden Weise zu bemühen haben, die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben zu erfüllen" (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4, 2018, §20 ORF-G, zu Abs2).

3.4. Der zweite Eventualantrag begehrt auch die Aufhebung von §20 Abs8, 9 und 10 ORF-G, die sich auf die Teilnahme insbesondere des Generaldirektors und des Vorsitzenden des Publikumsrates an Sitzungen des Stiftungsrates, auf die Vertretung bei Verhinderung eines Mitgliedes sowie auf die Konsequenzen, wenn der Stiftungsrat insbesondere keinen Generaldirektor bestellt, beziehen. Wegen offenkundiger Trennbarkeit und weil gegen diese Bestimmungen auch keine Bedenken vorgebracht werden, ist der zweite Eventualantrag, soweit er sich auf §20 Abs8, 9 und 10 ORF-G bezieht, als unzulässig zurückzuweisen (vgl VfSlg 20.361/2019).

3.5. In den §§28 und 29 ORF-G werden die Funktion des Publikumsrates, die Vorgangsweise bei der Bestellung der Mitglieder, welche Umstände einer Mitgliedschaft entgegenstehen und in welchen Fällen ein Mitglied vorzeitig aus dem Publikumsrat ausscheidet sowie die damit einhergehenden Folgen festgelegt. Außerdem werden die Funktionsperiode sowie die näheren Sitzungsmodalitäten und die Beschlussfassung geregelt. §30 ORF-G legt die Aufgaben des Publikumsrates fest, dem unter anderem die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates zukommt (§30 Abs1 Z2 ORF-G).

Die Bedenken der antragstellenden Landesregierung gehen dahin, dass das Gebot der Regierungsferne von Aufsichtsorganen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beim Publikumsrat ebenfalls nicht entsprechend umgesetzt werde, wie insbesondere die Bestellungsmodalitäten (und die unzureichende Verankerung von Konsequenzen bei Mängeln während des Bestellungsprozesses) zeigen würden. Daran ändere auch die Normierung von Unvereinbarkeitsbestimmungen nichts.

Vor dem Hintergrund dieser Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Mitglieder des Publikumsrates stehen jedenfalls §28 Abs2 bis 6 ORF-G und §29 ORF-G in einem – nicht von vornherein trennbaren – Regelungszusammenhang. Dies gilt auch für §30 Abs1 Z2 ORF-G, wonach es dem Publikumsrat obliegt, sechs Mitglieder des Stiftungsrates zu bestellen.

3.6. Mit dem zweiten Eventualantrag begehrt die antragstellende Landesregierung aber auch die Aufhebung von §28 Abs1 ORF-G und §30 Abs1 Z1, 3 bis 8 und Abs2 bis 5 ORF-G, die die Einrichtung des Publikumsrates sowie dessen sonstige Aufgaben, die Möglichkeit der Auskunftserlangung, das Vorgehen bei der Erstattung von Empfehlungen, die Teilnahme insbesondere des Generaldirektors an den Sitzungen des Publikumsrates und eine etwaige Teilnehmerbefragung regeln. Wegen offenkundiger Trennbarkeit und weil gegen diese Bestimmungen auch keine konkreten Bedenken vorgebracht werden, ist daher der zweite Eventualantrag, soweit er sich auf diese Bestimmungen bezieht, als unzulässig zurückzuweisen (vgl wiederum VfSlg 20.361/2019).

3.7. Ein Antrag einer Landesregierung gemäß Art140 Abs1 Z2 B-VG ist, wie sich aus Art140 Abs4 B-VG ergibt, als Fall einer abstrakten Normenkontrolle nur gegen geltende, nicht aber gegen schon außer Kraft getretene Rechtsvorschriften zulässig (zB VfSlg 14.802/1997).

§20 Abs6a ORF-G und §29 Abs4a ORF-G in der hier angefochtenen Fassung traten auf Grund von BGBl I 84/2022 – und somit nach Einbringung der Anfechtung durch die Burgenländische Landesregierung – gemäß §49 Abs20 ORF-G mit Ablauf des außer Kraft, sodass diese Bestimmungen in der angefochtenen Fassung nicht mehr in Geltung stehen. Der zweite Eventualantrag ist daher, soweit er die Aufhebung des §20 Abs6a ORF-G und des §29 Abs4a ORF-G begehrt, die offenkundig trennbar sind, als unzulässig zurückzuweisen (vgl VfSlg 14.802/1997). Im Übrigen liegen die genannten Voraussetzungen vor.

3.8. Ob, treffen die Bedenken der antragstellenden Landesregierung zu, mit einer Aufhebung nur von Teilen der (zulässig) angefochtenen Bestimmungen das Auslangen gefunden werden kann, ist im Zuge der Entscheidung in der Sache zu klären (siehe VfSlg 19.972/2015, 20.111/2016).

4. Entgegen dem Vorbringen der Bundesregierung hat die antragstellende Landesregierung, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ihre Bedenken auch nachvollziehbar den von ihr angefochtenen Bestimmungen des ORF-G (allenfalls auch in ihrem Regelungszusammenhang) zugeordnet, sodass der zweite Eventualantrag auch in dieser Hinsicht zulässig ist.

5. Damit erweist sich – da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – der zweite Eventualantrag der antragstellenden Landesregierung in Bezug auf die Anfechtung der §20 Abs1 bis 6 und 7 ORF-G, §28 Abs2 bis 6 ORF-G, §29 Abs1 bis 4 und 5 bis 6 ORF-G und §30 Abs1 Z2 ORF-G als zulässig. Im Übrigen, also hinsichtlich §20 Abs6a und 8, 9 und 10 ORF-G, §28 Abs1 ORF-G, §29 Abs4a ORF-G sowie §30 Abs1 Z1, 3 bis 8 und Abs2 bis 5 ORF-G, ist der zweite Eventualantrag als unzulässig zurückzuweisen. Der Hauptantrag und der erste Eventualantrag sind jeweils zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

B. In der Sache

1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den im Antrag dargelegten Gründen verfassungswidrig sind (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

2.1. Der 5. Abschnitt des ORF-G regelt die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und führt in §19 Abs1 ORF-G dessen Organe an, zu denen der Stiftungsrat, der Generaldirektor und der Publikumsrat zählen. Die Mitglieder der Kollegialorgane sind gemäß §19 Abs2 ORF-G an keine Weisungen und Aufträge gebunden, sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen ("Weisungsfreistellung", zum Generaldirektor siehe §22 Abs3 ORF-G). Die Funktion als Mitglied eines der Kollegialorgane, also des Stiftungs- und Publikumsrates, ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder haben jedoch Anspruch auf angemessenen Ersatz der angefallenen Kosten (§19 Abs3 ORF-G). Darüber hinaus sind die Mitglieder der Stiftungsorgane, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zur Verschwiegenheit über alle ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt werdenden Umstände der Stiftung und der mit ihr verbundenen Unternehmen verpflichtet. Diese Geheimhaltungsverpflichtung besteht auch nach dem Ausscheiden als Mitglied des Stiftungsorgans fort (§19 Abs4 ORF-G).

2.2. In der Leitungsstruktur des ORF kommt dem Stiftungsrat eine wesentliche Rolle zu. Bei ihm verbinden sich Kontrollaufgaben mit solchen der strategisch orientierten Unternehmensleitung (Berka, Zur Governance autonomer öffentlicher Institutionen: das Beispiel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, FS Raschauer, 2013, 49 [52]). Eine besonders bedeutende Aufgabe des Stiftungsrates ist die Bestellung und Abberufung des Generaldirektors. Außerdem kommen dem Stiftungsrat weitere wichtige Personalentscheidungen zu. Er setzt auch das Programmentgelt und die Werbetarife fest, genehmigt langfristige Pläne für das Inhaltsangebot sowie für Technik und Finanzen und Stellenpläne (§21 Abs1 Z6 ORF-G) sowie das Redakteurstatut (Z8) und muss bestimmten Unternehmensentscheidungen zustimmen (vgl §21 ORF-G; Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 2014, 115 f.), wie den allgemeinen Richtlinien für die Programmgestaltung, Programmerstellung und Programmkoordinierung in Hörfunk und Fernsehen sowie im Online-Angebot (§21 Abs2 Z1 ORF-G). Der Stiftungsrat hat also auch inhaltliche, programmliche Befugnisse, wenn er über die Programmrichtlinien und Empfehlungen zur Programmgestaltung (§21 Abs1 Z12 ORF-G) Einfluss auf die Programmgestaltung nimmt.

2.3. Die Bestellung der 35 Mitglieder des Stiftungsrates ist in §20 Abs1 erster Satz ORF-G festgelegt: Die Bundesregierung bestellt sechs Mitglieder unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge, wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein muss (Z1). Die Länder bestellen neun Mitglieder, wobei jedem Land das Recht auf Bestellung eines Mitgliedes zukommt (Z2). Wer in diesem Fall konkret bestellungsberechtigt ist, also etwa die Landesregierung oder der Landeshauptmann, ergibt sich aus der Landesverfassung bzw den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs1). Außerdem bestellen die Bundesregierung (weitere) neun (Z3), der Publikumsrat sechs (Z4, die Begrenzung auf bestimmte Bereiche, aus denen die Mitglieder zu bestellen sind, wie dies §16 Abs1 Z2 Rundfunkgesetz 1974, BGBl 397/1974, vorsah, gibt es nicht mehr) und der Zentralbetriebsrat fünf Mitglieder (Z5); letztere sichern der Belegschaft ein gewisses Maß an Mitbestimmung (Pöschl, Meinungsvielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in: Berka/Grabenwarter/Holoubek [Hrsg.], Meinungsvielfalt im Rundfunk und in den Online-Medien, 2014, 47 [61]).

Abgesehen von den vom Zentralbetriebsrat bestellten Mitgliedern ist bei der Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates darauf zu achten, dass diese die persönliche und fachliche Eignung durch eine entsprechende Vorbildung oder einschlägige Berufserfahrung in den vom Stiftungsrat zu besorgenden Angelegenheiten aufweisen und über Kenntnisse des Medienmarktes verfügen oder sich im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben. Diese in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G geregelten allgemeinen Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung der Mitglieder des Stiftungsrates konkretisieren die besondere Sachkunde, die die Mitglieder des Stiftungsrates aufweisen müssen, und sollen auch sicherstellen, "dass der Stiftungsrat insgesamt ein hohes Spezialwissen für einzelne Teilbereiche des Unternehmens zu bündeln hat" (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs2, unter Hinweis auf Kalss, Aktiengesellschaft, in: Kalss/Nowotny/Schauer [Hrsg.], Gesellschaftsrecht, 2008, Rz 3/474).

§20 Abs3 ORF-G enthält Ausschlussgründe. Personen (abgesehen von den vom Zentralbetriebsrat bestellten Mitgliedern), die in einem Arbeitsverhältnis zum ORF stehen (Z1), dürfen nicht als Mitglied des Stiftungsrates bestellt werden. Ebenso wenig dürfen Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, des Nationalrates, des Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers, also etwa eines Landtages oder Gemeinderates, oder des Europäischen Parlamentes, ferner Personen, die Angestellte einer politischen Partei sind oder eine leitende Funktion einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden, sowie Volksanwälte, der Präsident des Rechnungshofes und Personen, die eine der genannten Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben (Z5), als Mitglieder des Stiftungsrates bestellt werden. Leitende Funktionäre sind Personen, denen auf Grund der Statuten "Einfluss auf die Entscheidungen eines Organs einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei zukommt", also etwa stimmberechtigte Mitglieder im Parteivorstand (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs3). Auch der Bestellung von Personen, die in einem Dienstverhältnis zu einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers stehen, sowie von parlamentarischen Mitarbeitern im Sinne des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes (Z6), ebenso wie von Personen, die einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers zur Dienstleistung zugewiesen sind (Z7), und von Angestellten von Rechtsträgern der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (Z8) sowie von Mitarbeitern etwa des Kabinetts eines Bundesministers oder Büros eines Staatssekretärs (Z9) stehen die Unvereinbarkeitsbestimmungen entgegen. Mitglieder des Stiftungsrates dürfen somit jedenfalls weder Regierungs- noch Parteifunktionen innehaben (Pöschl, aaO, 59). Tritt bei einem Mitglied ein Ausschlussgrund nachträglich ein, so hat dies nach seiner Anhörung der Stiftungsrat durch Beschluss festzustellen, womit der Verlust der Mitgliedschaft einhergeht. Für den Rest der Funktionsperiode ist ein neues Mitglied zu bestellen (§20 Abs4 letzter Satz ORF-G).

Weitestgehend trifft der Stiftungsrat seine Entscheidungen in offener Abstimmung und mit einfacher Mehrheit (zur Ausnahme der Abberufung des Generaldirektors gemäß §22 Abs5 ORF-G und der Sonderprüfung gemäß §41 Abs1 ORF-G siehe §20 Abs6 ORF-G). Der Vorsitzende stimmt mit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, im Verhinderungsfall die Stimme seines Stellvertreters. Bestellen die berechtigten Organe keine Mitglieder, so bleiben bei einer Feststellung der Beschlussfähigkeit des Stiftungsrates (also bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder, §20 Abs6 ORF-G) die nicht bestellten Mitglieder außer Acht (§20 Abs5 ORF-G; die für den Stiftungsrat geltenden Bestimmungen zur Feststellung der Beschlussfähigkeit bei Nichtbestellung gelten für den Publikumsrat sinngemäß [§29 Abs4 ORF-G]), wodurch die Funktionsfähigkeit des Stiftungsrates gesichert wird, wenn bestellungsberechtigte Organe von ihrem Bestellungsrecht keinen Gebrauch machen (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs4).

2.4. Die Funktionsperiode des Stiftungsrates dauert vier Jahre. Während einer Funktionsperiode können die von der Bundesregierung bestellten Mitglieder nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn der Bundespräsident eine neue Bundesregierung bestellt hat, ein von einem Land bestelltes Mitglied nur dann, wenn der Landtag eine neue Landesregierung gewählt hat und die von Publikumsrat und Zentralbetriebsrat bestellten Mitglieder nur dann, wenn diese sich neu konstituiert haben (siehe näher §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G). Ausdrücklich geregelt ist auch der Verlust der Mitgliedschaft für den Fall, dass ein Mitglied des Stiftungsrates drei aufeinander folgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne genügende Entschuldigung keine Folge leistet sowie (wie bereits erwähnt) der nachträgliche Eintritt eines Ausschlussgrundes im Sinne des §20 Abs3 ORF-G. Ein Mitglied kann auch auf Grund eines Rücktrittes vorzeitig ausscheiden (ausführlich Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs4).

2.5. Die Mitglieder des Stiftungsrates unterliegen denselben Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft (§20 Abs2 ORF-G). Sie haben somit die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Verletzen Mitglieder des Stiftungsrates diese Anforderungen, sind sie der Stiftung zum Ersatz des Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet (Holoubek/Kassai/Traimer, aaO, 115 f.). Der Stiftungsrat kann aus seiner Mitte zur Vorbereitung der Beschlussfassung für bestimmte Angelegenheiten und zur Überwachung der Geschäftsführung Ausschüsse bilden, die aus mindestens fünf Mitgliedern zu bestehen haben (§20 Abs7 ORF-G).

2.6. Der Publikumsrat soll die Interessen der Hörer und Seher wahren (§28 Abs1 ORF-G).

2.6.1. Seine Funktionsperiode dauert vier Jahre (§29 Abs1 ORF-G). Der Publikumsrat fasst seine Beschlüsse bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen (siehe §29 Abs4 ORF-G zur Ausnahme der Sonderprüfung gemäß §41 Abs1 ORF-G). Zu seinen Aufgaben zählt unter anderem die Erstattung von Empfehlungen im Hinblick auf die Programmgestaltung und die Genehmigung von Beschlüssen des Stiftungsrates, mit denen die Höhe des Programmentgeltes festgelegt wird (siehe §30 ORF-G; Holoubek/Kassai/Traimer, aaO, 116 f.). Außerdem bestellt der Publikumsrat sechs Mitglieder des Stiftungsrates (§30 Abs1 Z2 ORF-G). Bei dieser Auswahl ist der Publikumsrat frei, mit einfacher Mehrheit geeignete Personen für den Stiftungsrat auszuwählen, die nicht zwingend dem Publikumsrat angehören müssen (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §30 ORF-G, zu Abs1). Bestellt der Publikumsrat Personen aus seiner Mitte zu Mitgliedern des Stiftungsrates, können diese (weiterhin) auch dem Publikumsrat, also insgesamt zwei Organen des ORF angehören (§20 Abs3 Z3 ORF-G und §28 Abs2 Z2 ORF-G).

2.6.2. Der Publikumsrat setzt sich aus Vertretern wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche bzw Gruppen zusammen. Die Wirtschaftskammer Österreich, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, die Bundesarbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund bestellen je ein Mitglied (§28 Abs3 Z1 ORF-G). Darüber hinaus bestellen die Kammern der freien Berufe gemeinsam ein Mitglied (Z2), die römisch-katholische und die evangelische Kirche bestellen je ein Mitglied (Z3 und 4), die Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien bestellen je ein Mitglied (Z5, diese Anzahl variiert) und die Akademie der Wissenschaften bestellt ein Mitglied (Z6).

2.6.3. Neben dieser direkten Bestellung, die weitgehend historisch gewachsen ist (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §28 ORF-G, zu Abs3), werden 17 Mitglieder auf Grund von Vorschlägen repräsentativer Einrichtungen bzw Organisationen vom Bundeskanzler (derzeit von der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt, siehe BGBl II 3/2022) bestellt; ein gesetzlicher Anspruch auf Vertretung besteht nicht (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §28 ORF-G, zu Abs6). Dafür hat der Bundeskanzler Vorschläge von repräsentativen Einrichtungen bzw Organisationen unter anderem für die Bereiche der Bildung, Kunst, Familien, Konsumenten und des Umweltschutzes einzuholen (§28 Abs4 ORF-G). Der Bundeskanzler hat die in Frage kommenden Einrichtungen bzw Organisationen durch Verlautbarung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung zur Erstattung von Dreier-Vorschlägen einzuladen und die eingelangten Vorschläge öffentlich bekannt zu machen (§28 Abs5 ORF-G). Daraufhin hat er die Mitglieder aus den eingelangten Vorschlägen zu bestellen, wobei für jeden Bereich (zumindest) ein Mitglied zu bestellen ist. Da 17 Mitglieder aus 14 Bereichen auszuwählen sind, kommt bestimmten Bereichen bzw Gruppen eine stärkere Gewichtung insofern zu, als aus diesen mehr als eine Person bestellt wird. Außerdem ist eine selbst behinderte Person zur Vertretung der Interessen von Menschen mit Behinderung zu bestellen (§28 Abs6 zweiter Satz ORF-G).

Scheidet ein derart bestelltes Mitglied vorzeitig aus, so hat der Bundeskanzler die entsprechenden Einrichtungen bzw Organisationen zur (unverzüglichen) Erstattung von Vorschlägen aufzufordern, aus denen der Bundeskanzler ein Mitglied zu bestellen hat (§29 Abs6 ORF-G). Hingegen ist ein Nachrücken ursprünglich vorgeschlagener, aber nicht bestellter Personen nicht vorgesehen (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §29 ORF-G, zu Abs6). Ob die vorschlagende Institution repräsentativ ist, hat der Bundeskanzler zu beurteilen. §28 ORF-G sind – abgesehen von Abs6 zweiter Satz – keine Vorgaben zu entnehmen, nach welchen Kriterien der Bundeskanzler die Auswahl zu treffen hat (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §28 ORF-G, zu Abs6).

2.7. Auch für die Mitglieder des Publikumsrates bestehen Ausschlussgründe, die weitestgehend jenen folgen, die für die Mitglieder des Stiftungsrates gelten. Dem Publikumsrat dürfen somit etwa Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, des National- bzw Bundesrates oder sonst eines allgemeinen Vertretungskörpers oder des Europäischen Parlamentes ebenso wenig angehören wie Personen, die Angestellte einer politischen Partei sind oder eine leitende Funktion einer Bundes- oder Landesorganisation einer politischen Partei bekleiden sowie Volksanwälte und der Präsident des Rechnungshofes. Darüber hinaus darf eine dieser Funktionen auch nicht innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt worden sein (§28 Abs2 Z4 ORF-G). Ebensowenig dürfen dem Publikumsrat Personen angehören, die in einem Dienstverhältnis zu einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers stehen sowie parlamentarische Mitarbeiter im Sinne des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes (Z5); Personen, die einem Klub eines allgemeinen Vertretungskörpers zur Dienstleistung zugewiesen sind (Z6); Angestellte von Rechtsträgern der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien (Z7) sowie unter anderem Mitarbeiter des Kabinetts eines Bundesministers oder Büros eines Staatssekretärs (Z8).

Tritt bei einem Mitglied nachträglich ein solcher Ausschlussgrund ein oder hat ein Mitglied drei aufeinander folgenden Einladungen zu einer Sitzung ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet, führt dies zum Verlust der Mitgliedschaft und es ist ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen (siehe dazu §29 Abs5 ORF-G). Daneben führt auch ein Rücktritt eines Mitgliedes zu dessen vorzeitigem Ausscheiden. Eine vorzeitige Abberufung von Mitgliedern des Publikumsrates, wie für den Stiftungsrat in §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G normiert, ist nicht vorgesehen (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §29 ORF-G, zu Abs5 und Abs6).

3. Die antragstellende Landesregierung hegt im Wesentlichen folgende Bedenken in Bezug auf die Zusammensetzung des Stiftungsrates:

3.1. Der Stiftungsrat sei Kontroll- und Aufsichtsorgan des ORF mit weitgehenden Befugnissen. Insbesondere die Bundesregierung habe aber zu viel Einfluss auf die Bestellung der Mitglieder (und damit auch auf die aus seiner Mitte gebildeten Ausschüsse).

Das BVG Rundfunk lege die Grundsätze für die inhaltliche und organisatorische Unabhängigkeit des ORF fest. Es sei unter anderem von der Motivation getragen, den Rundfunk dem Einfluss der politischen Kräfte zu entziehen. Meinungsvielfalt und Unabhängigkeit sollen gesetzlich insbesondere durch Vorgaben für die Aufsichts- und Leitungsorgane garantiert werden, dies erfolge jedoch nicht in ausreichendem Maße. Der ORF habe einen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag zu erfüllen. Ausfluss dieser öffentlichen Aufgabe sei die Organisation seiner Gremien. Diese sollen zum einen pluralistisch zusammengesetzt und zum anderen allein der "Öffentlichkeit" verantwortlich und von dieser abhängig sein.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes vom zum Aufsichtsgremium des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) würde die Ausgestaltung der Gremien des ORF den "Staatsferne-Test" nicht bestehen, einerseits wegen der überwiegend nicht hinreichend staatsfernen Bestellung der Mitglieder und andererseits wegen der fehlenden gesetzlichen Vorkehrungen für Vielfalt in den Gremien und für ausreichende Transparenz. Im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen Unabhängigkeit der Organe bestehe im Sinne des BVG Rundfunk ein Gebot der Staatsferne auch für den ORF. Da der Staat eine pluralistische Gesellschaft abbilde, weise er grundsätzlich eine besondere Eignung auf, die Organe eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens zu besetzen. Unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Unabhängigkeitsgarantien sei jedoch eine Dominanz der Bundesregierung in den Aufsichts- und Kontrollgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wer die betroffene Person bestelle, sei bedeutender als die persönliche Eignung und ideologische bzw (partei-)politische Ausrichtung einer Person. Da der Stiftungsrat gemäß §20 Abs6 ORF-G (in offener Abstimmung) mit einfacher Mehrheit entscheide, sei die Unabhängigkeit nicht mehr gegeben, wenn mehr als die Hälfte der Stiftungsräte von einer Gruppe (der Bundesregierung) bestellt werde. Die Unvereinbarkeitsbestimmungen in §20 Abs3 ORF-G seien nicht ausreichend, die geforderte Unabhängigkeit zu sichern, da diese allein an der jeweiligen Person anknüpfe. Bereits jeder Anschein politischer Abhängigkeit, der auf Grund der Bestellung durch die Bundesregierung erweckt werde, falle ins Gewicht und könne die Unabhängigkeit in Frage stellen.

Sowohl die Bestellung von sechs Stiftungsräten durch die im Nationalrat vertretenen Parteien als auch die von neun Stiftungsräten durch die Landesregierungen und die von neun Mitgliedern des Stiftungsrates durch die Bundesregierung sei als staatsnah zu qualifizieren, womit dies (ohne Berücksichtigung der vom Publikumsrat entsendeten Mitglieder) auf 24 Stiftungsräte zutreffe, die somit auch die zum Teil geforderte Zweidrittelmehrheit umfasse. 18 der 35 Mitglieder seien als regierungsnahe einzustufen. Zahlreiche Mitglieder des Stiftungsrates seien zudem in als "Freundeskreise" bezeichneten, nach parteipolitischen Merkmalen zusammengefassten Interessengemeinschaften organisiert, die regelmäßig ihr Stimmverhalten koordinieren würden. Die damit zum Ausdruck kommende parteipolitisch gegliederte Kommunikationsstruktur sei (im Sinne der Judikatur des deutschen Bundesverfassungsgerichtes) zu begrenzen, um staatlichen und staatsnahen Mitgliedern über derartige Gremien keinen übermäßigen Einfluss zu gewähren.

3.2. Zudem erwachse aus Art10 EMRK die Verpflichtung der Staaten, eine Pluralismus und Unabhängigkeit sichernde Organisation des Rundfunks zu gewährleisten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe in der Rs Manole ua Grundsätze für die Ausgestaltung der Kontroll- und Aufsichtsorgane für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten festgelegt, wobei auf die Bestellmodalitäten und nicht auf die Qualifikation oder politische Orientierung der jeweils bestellten Person abgestellt werde. Zwar unterscheide sich der zugrundeliegende Sachverhalt, jedoch verpflichte Art10 EMRK allgemein dazu, durch entsprechende gesetzliche Ausgestaltung die Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten und diese Pflicht nicht dadurch zu unterwandern, dass eine gewichtige ökonomische oder politische Gruppe oder der Staat eine dominante Position über eine Rundfunkanstalt oder innerhalb einer solchen einnehmen und hiedurch Druck ausüben könne. Die bestehenden Unvereinbarkeitsbestimmungen würden nicht als Ausgleich genügen, die Zuordnung zu einer dominierenden Gruppe sei das einzig relevante Kriterium für die Beurteilung, ob "political bias" im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vorliege. Auch bestünden keine Garantien gegen politische Einflussnahme. Solche Garantien könnten einerseits inhaltliche (wie Mindestanforderungen an die zu bestellenden Personen oder Kriterien, anhand derer die Entsendung in die Gremien zu erfolgen habe) oder andererseits prozessuale Vorgaben sein (wie ein öffentliches Bewerbungs- oder Auswahlverfahren). Mangels ausreichender Schutzmaßnahmen gegen politischen Überhang widerspreche die Bestellung der Stiftungsräte in §20 ORF-G den Vorgaben des Art10 EMRK. Verfassungsrechtlich problematisch sei in diesem Zusammenhang außerdem das Verbot der geheimen Abstimmung in §20 Abs6 ORF-G.

4. Die Bundesregierung hält diesem Vorbringen der antragstellenden Landesregierung zum Stiftungsrat zusammengefasst Folgendes entgegen:

4.1. Die antragstellende Landesregierung vertrete die Auffassung, dass allein die Bestellung durch die Bundesregierung oder ein Land eine einer unabhängigen und eigenverantwortlichen Besorgung entgegenstehende politische Abhängigkeit des bestellten Mitgliedes begründe. Auf die persönliche Qualifikation komme es nicht an. Dem sei entgegenzuhalten, dass die Befugnis staatlicher Organe zur Bestellung einzelner Mitglieder eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremiums nicht gleich zu einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit, weder des einzelnen bestellten Mitgliedes noch des Gremiums und auch nicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich, führe. Unabhängigkeit setze nicht Staatsferne voraus. Vielmehr stelle eine Bestellung durch demokratisch legitimierte Organe einen demokratischen Legitimierungszusammenhang her. Außerdem sehe das ORF-G Sicherheitsvorkehrungen vor, dass die staatlichen Mitwirkungsrechte bei der Zusammensetzung der Rundfunkorgane nicht für politische Zwecke missbraucht werden. So enthalte das ORF-G Unvereinbarkeitsbestimmungen (§20 Abs3 ORF-G). Daneben würden Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des einzelnen Stiftungsratsmitgliedes gestellt (§20 Abs1 letzter Satz ORF-G). Diese besonderen Anforderungen stünden zum einen im Zusammenhang mit den Sorgfaltspflichten und Verantwortlichkeiten der Mitglieder des Stiftungsrates. Verfüge ein Stiftungsratsmitglied nicht über die geforderten Mindestqualifikationen, hätte es seine Bestellung abzulehnen, um keine Haftung zu riskieren. Zum anderen seien diese hohen Anforderungen auch geeignet, "political bias" vorzubeugen, denn mit der Bestellung qualifizierter Personen könne das Ziel einer objektiven, dem Gemeinwohl dienenden Entscheidungsfindung losgelöst von verschiedenen Abhängigkeitsverhältnissen sichergestellt werden.

Die zentrale Bestimmung über die Unabhängigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates sei §19 Abs2 ORF-G, demzufolge (unter anderem) die Mitglieder des Stiftungsrates an keine Weisungen und Aufträge gebunden seien, sondern ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen hätten. Diese – auch sonst in der Rechtsordnung in vergleichbaren Konstellationen zur Unabhängigkeitssicherung ebenso vorgesehene – Regelung würde von der antragstellenden Landesregierung nicht ausreichend beachtet. Dazu komme, dass korrespondierend zu ihrer Weisungsfreistellung die Mitglieder des Stiftungsrates dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft unter zivilrechtlicher Haftungsanordnung treffe (§20 Abs2 ORF-G). Unabhängigkeit und individuelle Haftung für Sorgfaltspflichtverletzungen würden die Eigenverantwortlichkeit der Mitglieder des die Geschäftsführung überwachenden Stiftungsrates sicherstellen.

Auch die Organisation in "Freundeskreisen" sei insofern unproblematisch, als in der Diskussion und in dem Bestreben, eine möglichst breite Mehrheit in einer Sachfrage für eine anstehende Abstimmung im Stiftungsrat zu finden, keine Verletzung der Unabhängigkeit zu erblicken sei. Zudem habe ein Stiftungsratsmitglied infolge seines (öffentlichen) Abstimmungsverhaltens keine Abberufung zu befürchten, da eine solche während einer Funktionsperiode nur aus bestimmten, genau geregelten Gründen erfolgen dürfe (§20 Abs4 ORF-G).

Auch treffe die Annahme der antragstellenden Landesregierung, dass der Sachverhalt, der in die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes vom mündete, mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar sei, nicht zu. Die Aufgaben des Stiftungsrates, die in §21 ORF-G festgelegt sind, seien weniger weitgehend als jene des Fernsehrates des ZDF. Zum einen habe der Stiftungsrat keinen Einfluss auf die laufende Programmgestaltung. Seine Kompetenz beschränke sich auf eine Mitwirkung an der langfristigen Programmplanung. Zum anderen komme dem Stiftungsrat, anders als dem Fernsehrat, abseits der Überwachung der Geschäftsführung gemäß §21 Abs1 Z1 ORF-G keine Funktion in der Rechtskontrolle zu. Die Rechtsaufsicht über den öffentlichen Rundfunk komme der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) zu. Zudem würden sich vor allem die Unvereinbarkeitsbestimmungen erheblich unterscheiden.

Überdies sei die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalistischen Berufsausübung zu beachten (vgl §32 ORF-G). Dazu sei auch ein Redakteurstatut gemäß §33 ORF-G abzuschließen. Eine Verletzung könne vor der unabhängigen Regulierungsbehörde geltend gemacht werden. Eine Verletzung des ORF-G durch ein Organ des ORF könne neben der Feststellung der Rechtsverletzung auch dazu führen, dass das Kollegialorgan aufgelöst bzw das betreffende Organ abberufen werde (§37 Abs2 ORF-G). Eine externe, unabhängige Rechtsaufsicht sei zentraler Bestandteil in dem System von Garantien für die inhaltliche Objektivität und Unabhängigkeit wie auch für die personelle Unabhängigkeit eines dem Gemeinwohl verpflichteten öffentlich-rechtlichen Mediendiensteanbieters.

4.2. Im Hinblick auf das Vorbringen zu Art10 EMRK sei zunächst auf die fehlende Vergleichbarkeit des vorliegenden Sachverhaltes zu dem im Fall Manole ua hinzuweisen. Neben klaren rechtlichen Vorgaben, die die Unabhängigkeit redaktioneller Tätigkeit und die Weisungsfreiheit der Gremien des ORF garantieren, würden in Österreich mehrere demokratisch legitimierte Organe an der Bestellung der Gremien des ORF mitwirken. Daraus ergebe sich eine mittelbar demokratische Rückbindung der vom Bund und den Ländern bestellten Gremiumsmitglieder. Außerdem seien sowohl für den Stiftungs- als auch den Publikumsrat Unvereinbarkeitsbestimmungen vorgesehen.

5. Der Verfassungsgerichtshof hält zunächst zu den Vorgaben des ArtI Abs2 BVG Rundfunk für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Hinblick auf Unabhängigkeit und Pluralismusgebot Folgendes fest:

5.1. Das BVG Rundfunk und Art10 EMRK konstituieren – über Art10 Abs1 Satz 3 EMRK verbunden (VfSlg 20.500/2021) – eine Funktionsverantwortung des Gesetzgebers für die Ausgestaltung der Rundfunkordnung. Diese beruht auf der in Art10 EMRK gewährleisteten individuellen Rundfunkfreiheit ebenso wie auf den institutionellen Vorgaben des BVG Rundfunk (vgl VfSlg 12.822/1991 mwN) und soll umfassend die Freiheit des öffentlichen Diskurses im Wege des Rundfunks gewährleisten. Diese Gewährleistungspflicht für den Rundfunk und seine Organisation trifft den Bundesgesetzgeber (ArtI Abs2 erster Satz BVG Rundfunk) und umfasst Bestimmungen, die die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung von Rundfunk (im Sinne des ArtI Abs1 BVG Rundfunk) betraut sind, gewährleisten. Rundfunk in diesem Sinne ist eine öffentliche Aufgabe (ArtI Abs3 BVG Rundfunk). Für den in ArtI Abs1 BVG Rundfunk umschriebenen Rundfunk gelten die institutionellen Garantien des ArtI Abs2 und 3 BVG Rundfunk in Verbindung mit, derartigen Rundfunk ebenso in seinen Schutzbereich miteinschließend, Art10 EMRK ().

In der so verfassungsrechtlich eingehegten Rundfunkordnung muss dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk seine nach Maßgabe des BVG Rundfunk und des Art10 EMRK funktionsadäquate Stellung zukommen. Bei den Gestaltungsvorgaben des ArtI Abs2 und 3 BVG Rundfunk kommt es dabei auf die demokratische und kulturelle Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Gesamtrundfunkordnung an. Auf diese bezieht sich die Funktions- und Finanzierungsverantwortung des Gesetzgebers für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (). Diese Funktions- und Finanzierungsverantwortung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk umfasst die Verpflichtung, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass eine den Grundsätzen des ArtI Abs2 zweiter Satz BVG Rundfunk entsprechende öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstaltung gewährleistet ist, ebenso wie – damit nach dem Konzept des BVG Rundfunk untrennbar zusammenhängend – die institutionelle Verpflichtung, diese Programmveranstaltung durch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter zu organisieren.

Dessen Organisation und interne Strukturen müssen den Anforderungen des ArtI Abs2 zweiter Satz BVG Rundfunk entsprechen. Form und Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssen also aufeinander abgestimmt den Anforderungen des ArtI Abs2 zweiter Satz BVG Rundfunk Rechnung tragen (zur Bedeutung der rundfunkverfassungsrechtlichen Vorgaben gleichermaßen für die inhaltliche Tätigkeit wie die Organisationsstruktur des ORF siehe Pöschl, aaO, 58; Berka, Unabhängigkeit, Pluralität und Transparenz, Medien und Recht 2015, 216). Der Verfassungsgerichtshof hat diese institutionelle Seite der Rundfunkfreiheit des ORF betont, indem er in Bezug auf den ORF die Rundfunkfreiheit nur dann als gewährleistet sieht, "wenn die Möglichkeit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen angesichts der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme im Rahmen des ORF auch tatsächlich besteht" (VfSlg 10.948/1986; siehe dazu Berka, Rundfunkmonopol auf dem Prüfstand. Die Freiheit und öffentliche Verantwortung des Rundfunks in Österreich, 1988, 24).

5.2. Die verfassungsrechtliche Vorgabe, die im genannten Sinne für die Organisation der in diesem Verfahren maßgeblichen Organe des ORF, also für den Stiftungs- und den Publikumsrat, von besonderer Bedeutung ist, ist das Unabhängigkeitsgebot des ArtI Abs2 zweiter Satz BVG Rundfunk, das sich ausdrücklich auch auf die Organe bezieht. Diese rundfunkverfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgarantie schützt den ORF und seine Organe vor ihre Funktionsfähigkeit beeinträchtigenden staatlichen wie auch privaten Einflussnahmen und Abhängigkeiten (). Die Unabhängigkeit der Leitungsorgane des ORF soll also auch gewährleisten, dass weder staatliche noch private Kräfte über Einflussnahme auf die Tätigkeit der Leitungsorgane die Tätigkeit der programmgestaltenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF für ihre Zwecke beeinflussen können. Dies ist angesichts der Funktion (auch) des ORF als "public watchdog" (siehe VfSlg 20.427/2020) insbesondere gegenüber jenen politischen Kräften von Bedeutung, die, weil in den demokratischen Institutionen entsprechend repräsentiert, an der Bestellung von Mitgliedern kollegialer Leitungsorgane des ORF mitzuwirken haben. Ist aus Gründen der Repräsentation der Allgemeinheit und damit entsprechender demokratischer Legitimation die Bestellung der Mitglieder von Stiftungs- und Publikumsrat obersten staatlichen Organen anvertraut, muss die Unabhängigkeit der laufenden Tätigkeit der (kollegialen) Leitungsorgane des ORF gerade auch gegenüber den, deren Mitglieder bestellenden staatlichen Organen und den politischen Kräften, die sie repräsentieren, im Interesse der Allgemeinheit, in dessen Dienst der öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter und seine Tätigkeit steht, gewährleistet sein. Die Unabhängigkeitsgarantie des ArtI Abs2 BVG Rundfunk zielt in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insbesondere auch auf dieses Spannungsfeld (das historisch unmittelbarer Anlass für die spezielle rundfunkverfassungsrechtliche Verankerung der "Unabhängigkeit der Personen und Organe", die mit der Besorgung von Aufgaben der Rundfunkveranstaltung betraut sind, in ArtI Abs2 BVG Rundfunk war [vgl StenProtNR 13. GP, 111. Sitzung, 10870 ff., sowie die Gesetzesmaterialien zur Rundfunkgesetznovelle 1974, Erläut zur RV 933 BlgNR 13. GP, 10, im Rahmen derer das BVG Rundfunk als eigenständiges Bundesverfassungsgesetz erlassen wurde]).

Für die hier in Rede stehenden kollegialen Leitungsorgane des ORF folgt aus ihrer rundfunkverfassungsrechtlichen Unabhängigkeitsgarantie zunächst, dass gesetzlich gewährleistet sein muss, dass deren Mitglieder ihre Funktion unabhängig und unbeeinflusst ausüben können. Die Unabhängigkeitsgarantie bezieht sich aber auch auf das Organ als solches. Die gesetzlichen Regelungen über die Bestellung und Zusammensetzung seiner Organwalter müssen Gewähr dafür bieten, dass keinem staatlichen Organ bei der Bestellung der Mitglieder eines kollegialen Leitungsorgans des ORF ein einseitiger Einfluss auf die Zusammensetzung des Organs zukommt, der dessen Unabhängigkeit insgesamt gefährden kann.

5.3. Aus den weiteren verfassungsrechtlichen Grundsätzen des ArtI Abs2 zweiter Satz BVG Rundfunk, insbesondere dem Meinungsvielfalt- und Ausgewogenheitsgebot, lässt sich für die Organisation der kollegialen Leitungsorgane des ORF auch die Vorgabe ableiten, dass deren Zusammensetzung einem gewissen Pluralismusgebot dahingehend Rechnung zu tragen hat, dass diese Gremien nicht einseitig durch faktisch oder rechtlich zu einer Gruppe verbundene Personen dominiert werden dürfen (diesen Grundgedanken leitet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auch aus Art10 EMRK ab, siehe EGMR , 13.936/02, Manole ua, Z98; vgl auch Grabenwarter, Art5 GG, in: Dürig/Herzog/Scholz [Hrsg.], Grundgesetz Kommentar, Band I, 85. Lfg., 2018, Rz 812). Pluralismus- und Unabhängigkeitsgebot stehen insoweit in einer Wechselwirkung.

Das rundfunkverfassungsrechtliche Gebot einer pluralistischen Zusammensetzung der kollegialen Leitungsorgane des ORF und dasjenige der Unabhängigkeit dieser Organe bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollen sicherstellen, dass keinem staatlichen Organ bei der Bestellung der Mitglieder der Leitungsorgane ein zu weitgehender Einfluss auf deren Zusammensetzung zukommt. Ebenso sollen sie gewährleisten, dass die Bestellungsentscheidung des staatlichen Organs etwa durch Anforderungen an die Qualifikation der zu bestellenden Mitglieder oder durch Rückkoppelung an beispielsweise Vorschlagsrechte staatsferner Einrichtungen – soweit verfassungsrechtlich zulässig – gesetzlich gebunden und nicht abseits der Beachtung von Ausschlussgründen in das Belieben des staatlichen Organs gestellt wird.

5.4. Dabei kommt dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu. Eine Pluralismussicherung durch Repräsentation wesentlicher gesellschaftlicher Bereiche bzw Gruppen, die so das Spektrum der Nutzerinnen und Nutzer der Programme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abbildet, ist ebenso ein (in der Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa traditionelles) Konzept der Pluralismussicherung wie unterschiedliche fachliche Anforderungen an die Mitglieder in Bezug auf die Aufgaben des Kollegialorgans zur Sicherung einer aufgabenadäquaten Entscheidungsfindung. Solche personenbezogenen Pluralismusanforderungen sollen ebenso wie Vielfaltsaspekte durch eine Mehrzahl bestellender staatlicher Organe und die Verteilung der Zahl der von diesen zu bestellenden Mitglieder die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Sichtweisen in der Entscheidungsfindung des Kollegialorgans verankern und auf diese Weise verhindern, dass aufgabenfremde Interessen dessen Entscheidungsfindung dominieren.

6. Zu den Bedenken der antragstellenden Landesregierung in Bezug auf den Stiftungsrat des ORF:

6.1. Soweit die antragstellende Landesregierung schon in der Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates durch staatliche Organe, insbesondere durch die Bundesregierung, an sich einen Verstoß gegen das rundfunkverfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgebot erblickt, beruht dieses Vorbringen auf einem grundsätzlichen Missverständnis der Bedeutung und Funktion demokratischer Legitimationszusammenhänge, wie sie das B-VG in Konkretisierung des demokratischen Prinzips vorsieht. Demokratisch legitimierte (oberste) staatliche Organe repräsentieren die im Staat zusammengeschlossene Gemeinschaft. Dass gerade sie die Organe des ORF bestellen, steht den rundfunkverfassungsrechtlichen Anforderungen der Pluralismussicherung und der Unabhängigkeit nicht nur nicht entgegen, sondern trägt auf Grund der demokratischen Legitimation dieser Organe mit zur Sicherstellung dieser Vorgaben bei. Das Vorhandensein politischer Parteien und die Möglichkeit der Änderung der Mehrheitsverhältnisse sind Ausdruck des dem B-VG zugrundeliegenden demokratischen Prinzips (siehe schon VfSlg 7593/1975 sowie die Verfassungsbestimmung des §1 Abs1 Parteiengesetz 2012).

6.2. Entscheidend im Hinblick auf die Unabhängigkeit des durch staatliche Organe bestellten Stiftungsrates und für die Frage, ob dessen Zusammensetzung den Pluralismusanforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk entspricht, ist die konkrete gesetzliche Ausgestaltung der Bestellung seiner Mitglieder und der Vorgaben, die das bestellende Organ zu beachten hat.

6.2.1. §20 Abs1 erster Satz ORF-G verteilt die Zuständigkeit zur Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates auf unterschiedliche (staatliche und nicht-staatliche) Organe, was rundfunkverfassungsrechtlich im Hinblick auf das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebot des ArtI Abs2 BVG Rundfunk von Bedeutung ist. Im Einzelnen koppeln die Vorschlagsrechte der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 ORF-G verbunden mit der Regelung, dass jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein muss, die Bestellung von sechs Mitgliedern durch die Bundesregierung unmittelbar an die Repräsentation der Allgemeinheit im demokratisch-parlamentarischen System. Abgesehen davon, dass die Bundesregierung auch die allgemeinen persönlichen und fachlichen Anforderungen bei der Bestellung dieser sechs Mitglieder des Stiftungsrates zu beachten hat, steht die Auswahl dieser sechs Mitglieder unter dem Gedanken demokratischer Repräsentation.

6.2.2. Bei der Bestellung von Organen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks repräsentieren die demokratisch legitimierten staatlichen Organe die Allgemeinheit, um deren Teilhabe am öffentlichen Diskurs im Rundfunk willen das Rundfunkverfassungsrecht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorsieht. Dass der Gesetzgeber diese Repräsentation der Allgemeinheit, abseits von den gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 ORF-G zu bestellenden sechs Mitgliedern des Stiftungsrates, der Bundesregierung (§20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G) sowie im bundesstaatlichen System des B-VG obersten Organen der Länder (§20 Abs1 erster Satz Z2 ORF-G) zuweist, ist verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden (vgl zu der mit der Bestellung durch oberste Organe des Bundes oder der Länder verbundenen demokratischen Legitimation schon oben Punkt IV.B.6.1.). Hinsichtlich der durch die einzelnen Bundesländer zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrates gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2 ORF-G ist unter dem Blickwinkel des ArtI Abs2 BVG Rundfunk auch bedeutsam, dass in der Bestellung durch jeweils ein bestimmtes Bundesland, wiederum über die allgemeinen persönlichen und fachlichen Qualifikationsanforderungen hinaus, ein Aspekt föderaler Vielfalt in der Auswahl dieser neun Mitglieder des Stiftungsrates zum Ausdruck kommt.

Einer pluralistischen Zusammensetzung des Stiftungsrates soll sodann grundsätzlich die Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrates durch den Publikumsrat Rechnung tragen, ist der Publikumsrat doch erstens selbst nach Grundsätzen gesellschaftlicher Repräsentation zusammengesetzt, zweitens mit den rundfunkverfassungsrechtlichen Unabhängigkeitsgarantien ausgestattet und drittens – anders als die Bundesregierung oder die Länder – bei seiner Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrates der Rechtskontrolle durch die KommAustria unterworfen (vgl Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §35 ORF-G, zu Abs1 bzw §37 ORF-G, zu Abs2). Weiters ist die Bestellung von Mitgliedern des Stiftungsrates durch den Publikumsrat als nicht-staatliches Organ Ausdruck des Gedankens der Staatsferne.

6.2.3. Demgegenüber unterliegt die Bundesregierung bei den von ihr gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G zu bestellenden neun Mitgliedern des Stiftungsrates keinen über die allgemeinen persönlichen und fachlichen Anforderungen hinausgehenden Bindungen, die eine Vielfalt im Stiftungsrat bewirken sollen (siehe dazu noch unten Punkt IV.B.6.4.3.1.). Wenn man davon ausgeht, dass insbesondere angesichts der Vorgabe des §20 Abs1 erster Satz Z1 letzter Halbsatz ORF-G sechs Mitglieder auf Vorschlag der politischen Parteien im Nationalrat zu bestellen im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt und die Anzahl von neun durch die einzelnen Länder zu bestellenden Mitgliedern vorgegeben ist, stellen neun durch die Bundesregierung gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G zu bestellende Mitglieder eine relativ große Gruppe dar. Dem kommt insbesondere auch deswegen besondere Bedeutung zu, weil der Stiftungsrat auch für den ORF grundsätzliche Entscheidungen wie etwa die Bestellung des Generaldirektors (anders noch als nach §9 Abs1 Rundfunkgesetz 1974 das damalige Kuratorium) mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen trifft (§20 Abs6 ORF-G).

6.2.4. Dies führt dazu, dass der Bundesregierung ein deutliches Übergewicht im Vergleich zu der, wie erwähnt für die Vielfalt innerhalb des Stiftungsrates besonders relevanten, Gruppe der vom Publikumsrat zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrates zukommt.

Aus diesem Grund trägt das in §20 Abs1 erster Satz Z3 und 4 ORF-G festgelegte zahlenmäßige Verhältnis dieser beiden Gruppen von Mitgliedern des Stiftungsrates den Anforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk nicht hinreichend Rechnung. Angesichts der unter den spezifischen Vielfaltsaspekten naheliegenden bzw vorgegebenen Anzahl der gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 bzw 2 ORF-G von staatlichen Organen, insbesondere auch der Bundesregierung zu bestellenden Mitgliedern, ist ein Überhang der des weiteren von der Bundesregierung gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G zu bestellenden Mitglieder gegenüber den vom Publikumsrat zu bestellenden Mitgliedern nicht zu rechtfertigen. Hier muss im Verhältnis des staatlichen Organs Bundesregierung zum unabhängigen nicht-staatlichen Organ Publikumsrat zumindest gewährleistet sein, dass der Publikumsrat nicht weniger Mitglieder bestellt als die Bundesregierung gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G.

6.2.5. Die Regelungen des §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G und des §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G erweisen sich daher wegen Verstoßes gegen ArtI Abs2 BVG Rundfunk als verfassungswidrig.

6.3. Die Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates ist weiters dadurch bestimmt, dass diese bestimmte allgemeine persönliche und fachliche Anforderungen erfüllen müssen. Diese sind ebenso wie die gesetzliche Regelung ihrer Tätigkeit für die persönliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates von Bedeutung:

6.3.1. Das ORF-G sieht eine Reihe von Regelungen vor, die die persönliche Unabhängigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates bei Ausübung ihrer Tätigkeit insbesondere auch gegenüber den sie bestellenden staatlichen Organen bzw den vorschlagsberechtigten politischen Parteien gewährleisten sollen. Hier ist zunächst die zentrale Bestimmung des §19 Abs2 ORF-G zu nennen, derzufolge unter anderem die Mitglieder des Stiftungsrates bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden sind; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen. Die Unabhängigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates gegenüber (staatlichem) Einfluss, insbesondere durch die sie bestellenden staatlichen Organe bzw zur Einbringung entsprechender Vorschläge berechtigten politischen Parteien, sichern des Weiteren die Unvereinbarkeitsbestimmungen gemäß §20 Abs3 ORF-G, die – über die Inkompatibilität einer sonstigen Tätigkeit für den ORF in einem Arbeitsverhältnis oder vergleichbar hinaus – vor allem im Blick haben, Personen in einem Naheverhältnis zu den vorschlagsberechtigten politischen Parteien oder der bestellenden Bundesregierung von der Tätigkeit als Stiftungsrat auszuschließen (zu den Ausschlussgründen als Umsetzung der Unabhängigkeitsgarantie des BVG Rundfunk siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs3). Ergänzt werden diese Regelungen durch die Verschwiegenheitsverpflichtung der Mitglieder des Stiftungsrates in §19 Abs4 ORF-G (insbesondere auch gegenüber den sie bestellenden oder vorschlagenden Organen bzw Einrichtungen) sowie durch die Sorgfaltspflichten und die daraus resultierende persönliche Verantwortung für Mitglieder des Stiftungsrates gemäß §20 Abs2 ORF-G.

Dieses personenbezogene Unabhängigkeitskonzept des ORF-G wird durch die grundsätzlich vierjährige Funktionsdauer und die Regelung in §20 Abs4 ORF-G, wonach eine vorzeitige Abberufung ausschließlich aus bestimmten Gründen möglich ist, ergänzt. Eine vorzeitige Abberufung eines Mitgliedes des Stiftungsrates ist nur bei Vorliegen bestimmter Ausschlussgründe (nachträgliches Eintreten eines Unvereinbarkeitsgrundes oder qualifizierte Verletzung der Tätigkeitspflicht als Stiftungsrat, wobei dies jeweils einer entsprechenden Beschlussfassung im Stiftungsrat selbst bedarf) zulässig (§20 Abs4 vorletzter Satz ORF-G). Sie ist aber auch dann möglich, wenn die bestellenden staatlichen Organe ihrerseits neu bestellt worden sind oder die entsendungsberechtigten Organe bzw Einrichtungen des ORF sich neu konstituiert haben (§20 Abs4 zweiter Satz ORF-G).

6.3.2. Diese zuletzt genannte Regelung steht in einem Spannungsverhältnis zur grundsätzlich feststehenden Funktionsdauer der Mitglieder des Stiftungsrates. Deren unabhängige Funktionsausübung soll gerade auch dadurch gesichert werden, dass sie für eine angemessene Zeitspanne bestellt werden und während dieser, konkret gemäß §20 Abs4 erster Satz ORF-G vierjährigen Funktionsperiode nur aus besonderen Gründen vorzeitig abberufen werden können (siehe §20 Abs4 ORF-G).

Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 7593/1975 gegen eine vergleichbare Regelung wie §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G im damaligen Rundfunkgesetz keine Bedenken im Hinblick auf ArtI Abs2 BVG Rundfunk erkennen können. Durch eine solche Regelung entstehe zwar eine gewisse, vom Gesetzgeber ermöglichte Unsicherheit über die Dauer der Zugehörigkeit eines Mitgliedes (damals) zum Kuratorium des ORF, eine Grundlage zur Beeinträchtigung ihrer Unabhängigkeit während der Dauer der Zugehörigkeit werde damit aber nicht geschaffen. Der Verfassungsgerichtshof bleibt im Hinblick auf die gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 ORF-G auf Vorschlag der im Nationalrat vertretenen politischen Parteien zu bestellenden Mitglieder bei dieser Auffassung. Hier wiegt der demokratische Vielfaltsaspekt, insbesondere auch im Hinblick auf die Sicherstellung, dass jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Stiftungsrat vertreten sein soll, schwer und rechtfertigt diese Einschränkung der an sich feststehenden Funktionsperiode der so bestellten (kleineren) Zahl von Mitgliedern des Stiftungsrates.

6.3.3. Für die gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2, 3 und 4 ORF-G zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrates kann der Verfassungsgerichtshof diese Auffassung nicht aufrecht erhalten:

Seine überwachenden, programminhaltlichen und finanziellen Zuständigkeiten räumen dem Stiftungsrat wesentlichen Einfluss auf die zentrale Aufgabe des ORF ein, als öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter mit seinen Programmen den öffentlichen Diskurs im Wege des Rundfunks im Sinne des ArtI Abs1 BVG Rundfunk mitzugestalten (siehe zur Teilhabe am öffentlichen Diskurs im Wege des Rundfunks, auf den die umfassende Rundfunkfreiheit, die das BVG Rundfunk vor Augen hat, abstellt und um dessen willen dieses Bundesverfassungsgesetz entsprechende Garantien für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorsieht). Umso wesentlicher ist für die Unabhängigkeit der Programmveranstaltung des ORF, dass für den Stiftungsrat und seine Mitglieder die Unabhängigkeit, die die (institutionelle) Rundfunkfreiheit des ORF vor Augen hat, auch tatsächlich besteht (vgl VfSlg 10.948/1986).

Die dem Stiftungsrat obliegenden, insbesondere in §21 Abs1 und 2 ORF-G festgelegten Zuständigkeiten betreffen zunächst die Bestellung und Überwachung der Geschäftsführung des ORF mit den damit üblicherweise bei vergleichbaren Aufsichtsorganen einer Gesellschaft verbundenen Beschlussfassungs- und Zustimmungspflichten (vgl etwa nur §21 Abs1 Z1 bis 5, 8 bis 11 ORF-G oder §21 Abs2 Z3 bis 18 ORF-G). Dazu kommen weiters wesentliche strategische Zuständigkeiten des Stiftungsrates, die sowohl die inhaltliche Programmveranstaltung des ORF (vgl §21 Abs1 Z6 bis 6c und Z12 bis 15 ORF-G sowie §21 Abs2 Z1 und 2 ORF-G) als auch im System der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seine finanziellen Grundlagen (sowohl im derzeit noch geltenden System des Programmentgeltes wie in dem mit BGBl I 112/2023 eingeführten und gemäß §49 Abs22 ORF-G ab in Kraft tretenden Beitragssystem, siehe §21 Abs1 Z7 ORF-G) betreffen.

Im Unterschied zu den gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 ORF-G zu bestellenden Mitgliedern kommt es bei den von den Ländern gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2 ORF-G, von der Bundesregierung gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G und vom Publikumsrat gemäß §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G zu bestellenden Mitgliedern des Stiftungsrates nicht auf die Auswirkungen demokratischer Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern an. Im Hinblick auf die von den Ländern zu bestellenden Mitglieder sind föderale Gesichtspunkte, bei den vom Publikumsrat gemäß Z4 zu bestellenden Mitgliedern ist gesellschaftliche Repräsentation (für die gesellschaftliche Veränderungen nicht vergleichbar wie demokratische Wahlen auf die Zusammensetzung eines allgemeinen Vertretungskörpers durchschlagen) maßgeblich. Bei den von der Bundesregierung gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G zu bestellenden Mitgliedern kommt es demgegenüber nur auf die allgemeinen persönlichen und fachlichen Qualifikationsanforderungen an. Daher muss für die gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2, 3 und 4 ORF-G bestellten Mitglieder dem Aspekt der Sicherung der Unabhängigkeit ihrer Tätigkeit durch eine feststehende Funktionsdauer für die Mitglieder des Stiftungsrates vorrangige Bedeutung zukommen.

6.3.4. Wiederum anders ist das im Hinblick auf die gemäß §20 Abs1 erster Satz Z5 ORF-G vom Zentralbetriebsrat des ORF zu bestellenden Mitglieder zu beurteilen, weil es hier um die unmittelbare Repräsentation der vom Zentralbetriebsrat zu vertretenden Arbeitnehmerinteressen geht.

6.3.5. Damit erweist sich aber §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G wegen Widerspruchs zu ArtI Abs2 BVG Rundfunk als verfassungswidrig. Dies trifft, weil sie nicht entsprechend zwischen gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 bzw 5 ORF-G und sonst bestellten Mitgliedern des Stiftungsrates differenziert, die gesamte Bestimmung.

6.4.1. Schließlich wird das Regelungssystem zur Sicherstellung der persönlichen Unabhängigkeit der Mitglieder des Stiftungsrates – wie die Gesetzesmaterialien deutlichen machen (siehe Erläut zur RV 634 BlgNR 21. GP, 38) und worauf in der Literatur besonders hingewiesen wird (vgl Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs2) – durch bestimmte allgemeine Anforderungen an eine (hohe) persönliche und fachliche Eignung der Mitglieder ergänzt. Diese trifft dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft (§20 Abs2 ORF-G), womit Anforderungen an unterschiedliche, für die Tätigkeit des ORF insgesamt wesentliche fachliche Kenntnisse einhergehen (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs2). Ergänzt wird dies durch die in §20 Abs6 ORF-G enthaltene Regelung, dass der Stiftungsrat seine Beschlüsse in offener Abstimmung fasst (zu namentlichen, aber geheimen Abstimmungen siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs6; zur Zulässigkeit unechter geheimer Abstimmungen, wenn und insoweit das individuelle Stimmverhalten bei Bedarf im Nachhinein nachvollziehbar bleibt, nach §92 AktG vgl Kalss, §92, in: Doralt/Nowotny/Kalss [Hrsg.], AktG3 [Stand , rdb.at] Rz 82).

Mitglieder des Stiftungsrates müssen daher, erstens, eine persönliche und fachliche Eignung durch eine entsprechende Vorbildung oder einschlägige Berufserfahrung in den vom Stiftungsrat zu besorgenden Angelegenheiten aufweisen. Darüber hinaus müssen sie, zweitens, über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben (§20 Abs1 letzter Satz Z1 und 2 ORF-G).

Die Sorgfaltspflicht und Verantwortung gemäß §20 Abs2 ORF-G und die daraus resultierenden Anforderungen für Mitglieder des Stiftungsrates wird wesentlich auch damit begründet, dass das ORF-G den Stiftungsrat in seinen Aufgaben grundsätzlich einem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nachbildet (siehe dazu ausdrücklich die Erläut zur RV 634 BlgNR 21. GP, 38 f.).

6.4.2. Die Bundesregierung wie die Länder und der Publikumsrat sollen also Personen als Mitglieder des Stiftungsrates bestellen, die eine entsprechend hohe persönliche und fachliche Eignung aufweisen, die sie, wie §20 Abs1 letzter Satz ORF-G zeigt, in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen erworben haben. Der Stiftungsrat soll also "insgesamt ein hohes Spezialwissen für einzelne Teilbereiche des Unternehmens" bündeln (Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs2). Zielsetzung der in §20 Abs1 zweiter Satz und Abs2 ORF-G geregelten Anforderungen an die Eignung der Mitglieder des Stiftungsrates ist es daher grundsätzlich – wie für vergleichbare Aufsichtsorgane üblich – auch, über das in unterschiedlichen Bereichen erworbene Fachwissen und die so ausgebildete persönliche und fachliche Qualifikation der einzelnen Mitglieder eine pluralistische Zusammensetzung und damit eine allen Aspekten Rechnung tragende unabhängige Entscheidungsfindung im Stiftungsrat zu gewährleisten.

6.4.3. Hinsichtlich der sechs vom Publikumsrat gemäß §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G sowie insbesondere der neun gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G durch die Bundesregierung zu bestellenden Mitglieder des Stiftungsrates bestehen allerdings keine näheren gesetzlichen Vorgaben, wie Pluralitätsaspekte im Zusammenhang mit den Qualifikationsanforderungen gemäß §20 Abs1 letzter Satz ORF-G bei der Bestellung der Mitglieder gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 und 4 ORF-G zu beachten wären.

6.4.3.1. So ist insbesondere die Bundesregierung bei der Bestellung von neun Mitgliedern gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G bei ihrer Bestellungsentscheidung gesetzlich nicht näher bestimmt, ob und wie sich die unterschiedlichen, allgemeinen persönlichen und fachlichen Anforderungen, auf die §20 Abs1 letzter Satz ORF-G abstellt, auf die von ihr auf dieser gesetzlichen Grundlage zu bestellenden Mitglieder verteilen. §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G lässt eine nähere Regelung darüber vermissen, dass und wie sich die in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G angesprochenen unterschiedlichen Kenntnisse bzw das in unterschiedlichen Bereichen erworbene Ansehen innerhalb der zu bestellenden neun Mitglieder widerspiegeln sollen. Das Gesetz enthält damit keine Vorkehrungen dafür, dass die in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G zum Ausdruck kommende, Pluralismusaspekten Rechnung tragende Anforderung einer gewissen Vielfalt an persönlicher und fachlicher Qualifikation der Mitglieder des Stiftungsrates bei der Bestellung gesichert oder zumindest angestrebt wird. Dabei wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass der Bundesregierung gerade im Hinblick auf die gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G zu bestellenden neun Mitglieder eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Sicherstellung der Vorgaben des §20 Abs1 und 2 ORF-G bei der Zusammensetzung des Stiftungsrates zukommt (siehe Kogler/Traimer/Truppe, aaO, §20 ORF-G, zu Abs2).

Damit ist aber der Spielraum der Bundesregierung bei ihrer Entscheidung, welche – grundsätzlich persönlich und fachlich geeigneten – Personen sie gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G als Mitglieder des Stiftungsrates bestellt, zu weit gezogen, weil der im Hinblick auf ArtI Abs2 BVG Rundfunk bedeutsame Pluralismusaspekt unterschiedlicher persönlicher und fachlicher Qualifikation leerlaufen kann. Derartige Bindungen sind aber gerade hinsichtlich der von der Bundesregierung aus eigenem, das heißt ohne weitere Bindung an Vorschläge, zu bestellenden Mitglieder besonders bedeutsam (siehe bereits oben Punkt IV.B.5.3.).

6.4.3.2. Vergleichbares gilt grundsätzlich auch für die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates durch den Publikumsrat gemäß §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G. Zwar ist für den Publikumsrat, wie bereits angesprochen (siehe oben Punkt IV.B.6.2.2.), seine rundfunkverfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgarantie sowie in Rechnung zu stellen, dass eine von ihm vorgenommene Bestellung – anders als eine Bestellung durch die Bundesregierung oder die Länder – der Rechtskontrolle durch die KommAustria unterliegt. Weil aber obersten staatlichen Organen derzeit ein mit den rundfunkverfassungsrechtlichen Vorgaben nicht zu vereinbarender Einfluss auf die Auswahl der Mitglieder des Publikumsrates zukommt (siehe unter Punkt IV.B.7.4.), schlägt dies in Verbindung mit der auch für den Publikumsrat fehlenden weiteren gesetzlichen Determinierung seines Auswahlermessens gemäß §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G auf die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Bestimmung durch.

6.4.4. Die Ziffern 3 und 4 des §20 Abs1 erster Satz ORF-G widersprechen somit auch aus diesen Gründen den Unabhängigkeits- und Pluralismusanforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk. Diese Bestimmungen stellen nicht hinreichend sicher, dass Bundesregierung wie Publikumsrat bei ihrer Auswahlentscheidung für neun bzw sechs Mitglieder des Stiftungsrates den in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G verankerten Pluralismusaspekten auch Rechnung tragen, sondern stellen diesbezüglich den bestellenden Organen die Auswahlentscheidung völlig frei. Damit verfehlt aber die – an und für sich im Hinblick auf ArtI Abs2 BVG Rundfunk nicht zu beanstandende – Regelung des §20 Abs1 letzter Satz ORF-G ihre im Hinblick auf ArtI Abs2 BVG Rundfunk maßgebliche pluralismus- und damit auch unabhängigkeitssichernde Wirkung, weil eine, die unterschiedlichen allgemeinen persönlichen und fachlichen Anforderungen effektuierende Berücksichtigungsverpflichtung bei der Bestellung der einzelnen Mitglieder gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 und 4 ORF-G fehlt. Dies wiegt angesichts der Aufgabe des Stiftungsrates als Aufsichtsorgan und seiner wesentlichen Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die inhaltliche Programmgestaltung des ORF schwer und führt zu dem Ergebnis, dass die Regelung der Bestellung der Mitglieder des Stiftungsrates gemäß §20 Abs1 erster Satz Z3 und 4 ORF-G auch in diesem Punkt den Anforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk im Hinblick auf Pluralität und Unabhängigkeit dieses Leitungsorgans nicht entspricht.

7. Zu den Bedenken der antragstellenden Landesregierung in Bezug auf den Publikumsrat des ORF:

7.1. Die antragstellende Landesregierung erachtet die Zuständigkeit des Bundeskanzlers zur Bestellung von Mitgliedern des Publikumsrates deswegen als im Widerspruch zur rundfunkverfassungsrechtlichen Unabhängigkeitsgarantie stehend, weil gesetzlich nicht festgelegt sei, welche Einrichtungen bzw Organisationen gemäß §28 Abs4 ORF-G für die dort genannten Bereiche bzw Gruppen als "repräsentativ" anzusehen seien. Weiters sei der Bundeskanzler völlig frei, wie er die gemäß §28 Abs6 ORF-G zu bestellenden weiteren 17 Mitglieder auf die einzelnen Bereiche bzw Gruppen verteilt. Diese Dominanz des Bundeskanzlers bei der Bestellung der Mehrheit der Mitglieder des Publikumsrates ohne konkrete Vorgaben im Hinblick auf die relevanten Auswahlkriterien unterwandere das in §28 Abs4 ORF-G vorgesehene Konzept der gesellschaftlichen Repräsentation. Die Entscheidungsfreiheiten des Bundeskanzlers in Verbindung mit den fehlenden Auswahlkriterien führe dazu, dass keine ausreichenden gesetzlichen Vorkehrungen zur Sicherheit der Unabhängigkeit der Mitglieder des Publikumsrates bestehen würden.

7.2. Die Bundesregierung hält dem entgegen, dass die Auswahl der Einrichtungen bzw Organisationen, die im Sinne des §28 Abs4 ORF-G als repräsentativ anzusehen sind, deswegen dem Bundeskanzler zur Beurteilung überlassen seien, um den Dynamiken und Veränderungen in den einschlägigen gesellschaftlichen Bereichen Rechnung tragen zu können. Die früher vorgesehene Festschreibung der repräsentativen Einrichtungen bzw Organisationen in einer Verordnung habe sich als zu statisch erwiesen, was zu einer Versteinerung der Zusammensetzung des Gremiums geführt habe. Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht habe darauf hingewiesen, dass eine Versteinerung der Zusammensetzung der Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks drohe, wenn die benennungsberechtigten Gruppen gesetzlich abschließend festgelegt sind (BVerfG , 1 BvF 1/11 ua, Rz 73).

7.3.1. Der Publikumsrat dient der "Wahrung der Interessen der Hörer und Seher" (§28 Abs1 ORF-G). Grundgedanke der Regelung über die Bestellung seiner Mitglieder und seine Zusammensetzung ist die Repräsentation näher genannter gesellschaftlicher Bereiche bzw Gruppen durch eine möglichst breite Berücksichtigung repräsentativer gesellschaftlicher Einrichtungen und Organisationen. Das ORF-G folgt damit hinsichtlich des Publikumsrates dem Grundgedanken gesellschaftlicher Repräsentation.

Für die Mitglieder des Publikumsrates gilt zunächst, dass sie bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden sind (siehe §19 Abs2 ORF-G, der gleichermaßen für den Stiftungsrat wie den Publikumsrat gilt). Ebenso bestehen wie für den Stiftungsrat entsprechende Verschwiegenheitsverpflichtungen und Unvereinbarkeitsbestimmungen (§19 Abs4 ORF-G bzw §28 Abs2 ORF-G).

Die Aufgaben des Publikumsrates sind wesentlich darauf ausgerichtet, die Interessen der "Hörer und Seher" in die einschlägigen Entscheidungsprozesse des ORF einzubringen. Dazu kommen ihm zum einen wesentliche Empfehlungs- bzw Vorschlagsrechte insbesondere hinsichtlich der Programmgestaltung zu (§30 Abs1 Z1 bzw 5 bis 8 ORF-G). Weiteres dient diesem Grundgedanken die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates durch den Publikumsrat. Schließlich ist der Publikumsrat auch über ein einschlägiges Anrufungsrecht der Regulierungsbehörde KommAustria dazu berufen, auf die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen im Lichte seiner Aufgaben zu achten. Eine wesentliche Funktion kommt dem Publikumsrat schließlich bei der Festlegung der Finanzierungsgrundlagen des ORF zu (siehe §30 Abs1 Z4 ORF-G sowohl in der derzeit als auch in der gemäß §49 Abs22 ORF-G, idF BGBl I 112/2023, mit in Kraft tretenden Fassung).

7.3.2. Gegen ein derartiges Modell gesellschaftlicher Repräsentation bei der Zusammensetzung des Publikumsrates bestehen rundfunkverfassungsrechtlich angesichts der gesetzlichen Aufgaben des Publikumsrates grundsätzlich keine Bedenken (siehe bereits oben Punkt IV.B.6.2.). Fragen der Ausgestaltung dieses Grundgedankens sind vor dem Hintergrund der Bedenken der antragstellenden Landesregierung in diesem Verfahren nur insoweit zu beurteilen, als die Befugnisse des Bundeskanzlers im Hinblick auf die Bestellung 17 weiterer Mitglieder des Publikumsrates gemäß §28 Abs4 bis 6 ORF-G betroffen sind.

Der Verfassungsgerichtshof hat es in VfSlg 7593/1975 nicht als Widerspruch zu den Anforderungen des Art18 Abs1 B-VG gesehen, dass das Gesetz die Frage, wie der Bundeskanzler die von ihm zu bestellenden 20 Mitglieder der damaligen "Hörer- und Sehervertretung" auf vergleichbar umschriebene gesellschaftlich repräsentative Einrichtungen bzw Organisationen verteilt, nur allgemein unter Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe geregelt hat. Der Verfassungsgerichtshof hält es auch unter rundfunkverfassungsrechtlichen Unabhängigkeitsvorgaben (weiterhin) für verfassungsrechtlich zulässig, dass der Gesetzgeber die Frage, welche Einrichtungen bzw Organisationen für bestimmte, gesetzlich umschriebene Bereiche bzw Gruppen repräsentativ sind, für die Zwecke der Bestellung der Mitglieder des Publikumsrates der Beurteilung durch das zuständige oberste Verwaltungsorgan des Bundes überlässt, solange gesetzlich Transparenz und eine Ausrichtung des Bestellungsverfahrens an seinen Zielsetzungen gewährleistet sind.

7.4. Dem trägt §28 Abs4 bis 6 ORF-G allerdings nicht in einer verfassungsrechtlich ausreichenden Weise Rechnung:

7.4.1. Zwar hat der Bundeskanzler die aus seiner Sicht in Frage kommenden Einrichtungen und Organisationen, die im Hinblick auf die in §28 Abs4 ORF-G genannten Bereiche bzw Gruppen repräsentativ und damit zur Erstattung von Vorschlägen berechtigt sind, durch Verlautbarung zur Erstattung von Dreier-Vorschlägen einzuladen und die eingelangten Vorschläge auch öffentlich bekanntzumachen. Weder ist gesetzlich aber vorgesehen, dass sich der Bundeskanzler für die in §28 Abs4 ORF-G genannten Bereiche auf jeweils eine repräsentative Einrichtung bzw Organisation noch – in Verbindung mit einer vorab offenzulegenden Verteilung der gemäß §28 Abs6 ORF-G zu bestellenden 17 weiteren Mitglieder – auf eine konkrete Zahl festzulegen hätte, wie viele Mitglieder er für jeden Bereich bzw Gruppe zu bestellen beabsichtigt. Das führt dazu, dass der Bundeskanzler – und zwar in Kenntnis der jeweils vorgeschlagenen Personen – eine nicht weiter bestimmte Auswahl aus mehreren Dreier-Vorschlägen je gesellschaftlich zu repräsentierendem Bereich bzw zu repräsentierender Gruppe treffen (und auch ebenso in Kenntnis der vorgeschlagenen Personen die Zahl der Mitglieder auf die einzelnen Bereiche verteilen) kann, solange er für jeden Bereich ein Mitglied bestellt und der Vorgabe des §28 Abs6 zweiter Satz ORF-G Rechnung trägt. Im Ergebnis kann der Bundeskanzler damit nicht nur zwischen unterschiedlichen Dreier-Vorschlägen je gesellschaftlich relevantem Bereich bzw je gesellschaftlich relevanter Gruppe, sondern auch für drei Mitglieder frei aus allen eingelangten Vorschlägen auswählen.

Damit ist aber die im Grundgedanken gesellschaftlicher Repräsentation wesentliche Rückbindung der Bestellung der Mitglieder des Publikumsrates an die gesetzlich als gesellschaftlich entsprechend relevant definierten Bereiche bzw Gruppen über repräsentative Einrichtungen bzw Organisationen nur mehr unzureichend gewährleistet, weil der Bundeskanzler diese Repräsentativität durch entsprechende Mehrfachnennungen von Einrichtungen bzw Organisationen bei freier Auswahl, ob und welche Vorschläge berücksichtigt werden, unterlaufen kann. Eine gesetzliche Regelung zur Bestellung der Mitglieder des Publikumsrates, die solches ermöglicht, verletzt die Vorgaben des ArtI Abs2 BVG Rundfunk im Hinblick auf die gebotene Pluralität und dadurch mitgesicherte Unabhängigkeit des Publikumsrates.

7.4.2. Gemäß §28 Abs3 ORF-G bestellen die dort genannten Einrichtungen (im Hinblick auf §28 Abs3 Z5 ORF-G derzeit) insgesamt 13 Mitglieder des Publikumsrates. Der Bundeskanzler bestellt auf Grund von Vorschlägen der für die in §28 Abs4 ORF-G näher genannten Bereiche bzw Gruppen repräsentativen Einrichtungen bzw Organisationen insgesamt 17 Mitglieder. In dem grundsätzlich auf gesellschaftliche Repräsentation ausgerichteten Publikumsrat kommt damit den, wenn auch auf Grund einschlägiger Vorschläge, aber doch mit erheblichem Auswahlspielraum vom Bundeskanzler gemäß §28 Abs6 erster Satz ORF-G bestellten Mitgliedern ein durchaus deutliches Übergewicht gegenüber den unmittelbar von repräsentativen Einrichtungen gemäß §28 Abs3 ORF-G bestellten Mitgliedern zu.

Die Bundesregierung rechtfertigt diese Unterscheidung zwischen gesetzlich feststehenden Bestellungsrechten repräsentativer Einrichtungen und von einem staatlichen Organ auf Vorschlag entsprechend repräsentativer Einrichtungen bzw Organisationen aus einer Vielfalt gesellschaftlich relevanter Bereiche bzw Gruppen zu bestellenden Mitgliedern grundsätzlich zutreffend damit, dass die damit bewirkte Flexibilisierung im Dienste einer auch aktuell adäquaten Abbildung gesellschaftlicher Gruppen und Bereiche steht.

Dieser Grundgedanke rechtfertigt aber nicht, den unter erheblichem Auswahlspielraum von obersten staatlichen Organen bestellten Mitgliedern ein Übergewicht in der Zusammensetzung des Publikumsrates zukommen zu lassen. Im Hinblick auf die Unabhängigkeitsanforderungen des ArtI Abs2 BVG Rundfunk muss der Gesetzgeber die diesbezügliche Regelung so austarieren, dass der unmittelbare Einfluss gesetzlich festgelegter repräsentativer Einrichtungen sich jedenfalls im selben Ausmaß in der Zusammensetzung des Publikumsrates niederschlägt wie der eines obersten staatlichen Organs, das (zwar in Bindung an verfassungsrechtliche Vorgaben, aber doch) mit einem Auswahlspielraum aus Vorschlägen repräsentativer Einrichtungen bzw Organisationen Mitglieder dieses Leitungsorgans bestellt. §28 Abs6 erster Satz ORF-G widerspricht daher auch aus diesem Grund den Vorgaben des ArtI Abs2 BVG Rundfunk.

7.5. §28 Abs4, 5 und 6 erster Satz ORF-G verstößt aus den dargestellten Gründen daher gegen ArtI Abs2 BVG Rundfunk.

V. Ergebnis

1. §20 Abs1 erster Satz Z3 und Z4 ORF-G, in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G die Wort- und Zeichenfolge "und 2. über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben", §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G, jeweils BGBl 379/1984, idF BGBl I 83/2001, §28 Abs4 und Abs5 ORF-G, jeweils BGBl 379/1984, idF BGBl I 83/2001, §28 Abs6 erster Satz ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 115/2017, §29 Abs6 zweiter, dritter und vierter Satz ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 23/2014 sowie §30 Abs1 Z2 ORF-G, BGBl 379/1984, idF BGBl I 23/2014 sind daher wegen Verstoßes gegen ArtI Abs2 BVG Rundfunk aufzuheben.

2. Der Verstoß gegen ArtI Abs2 BVG Rundfunk hat bezüglich der Bestellung von neun Mitgliedern des Stiftungsrates durch die Bundesregierung seinen Sitz in §20 Abs1 erster Satz Z3 ORF-G sowie in der Wort- und Zeichenfolge "und 2. über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben" in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G; im Hinblick auf die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates durch den Publikumsrat neben der Wort- und Zeichenfolge "und 2. über Kenntnisse des österreichischen und internationalen Medienmarktes verfügen oder sich auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst oder Bildung hohes Ansehen erworben haben" in §20 Abs1 letzter Satz ORF-G in §20 Abs1 erster Satz Z4 ORF-G und §30 Abs1 Z2 ORF-G.

Der Verstoß gegen die Vorgaben des ArtI Abs2 BVG Rundfunk bei der Bestellung von 17 Mitgliedern des Publikumsrates durch den Bundeskanzler ist in §28 Abs6 erster Satz ORF-G begründet, mit dem §28 Abs4 und Abs5 ORF-G sowie §29 Abs6 zweiter, dritter und vierter Satz ORF-G in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.

Der Verstoß gegen ArtI Abs2 BVG Rundfunk durch die spezielle Möglichkeit der vorzeitigen Abberufung der gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2, Z3 und Z4 ORF-G bestellten Mitglieder des Stiftungsrates ist in §20 Abs4 zweiter Satz ORF-G begründet. Dieser ist zur Gänze aufzuheben, weil er nicht zwischen gemäß §20 Abs1 erster Satz Z1 bzw Z5 ORF-G und den gemäß §20 Abs1 erster Satz Z2, Z3 und Z4 ORF-G bestellten Mitgliedern des Stiftungsrates differenziert.

3. Hinsichtlich der sonstigen Teile von §20 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4, Abs5, Abs6 und Abs7 ORF-G, §28 Abs2, Abs3 und Abs6 ORF-G sowie §29 Abs1, Abs2, Abs3, Abs4, Abs5 und Abs6 ORF-G ist der zweite Eventualantrag abzuweisen, weil die Aufhebung dieser Bestimmungen zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit nicht erforderlich ist und diese Bestimmungen mit den aufzuhebenden Bestimmungen zwar in einem (nicht offenkundig trennbaren) Regelungs-, nicht aber in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.

4. Im übrigen, §20 Abs6a, Abs8, Abs9 und Abs10 ORF-G, §28 Abs1 ORF-G, §29 Abs4a ORF-G sowie §30 Abs1 Z1, Z3 bis Z8 und Abs2, Abs3, Abs4 und Abs5 ORF-G betreffenden, Umfang ist der zweite Eventualantrag zurückzuweisen. Der Hauptantrag und der erste Eventualantrag sind jeweils zur Gänze zurückzuweisen.

5. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B-VG.

Der Verfassungsgerichtshof weist in diesem Zusammenhang auf die – für die im Hinblick auf ArtI Abs2 und 3 BVG Rundfunk notwendige Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalters ORF wesentlichen – Bestimmungen der §20 Abs4 erster Satz und Abs5 ORF-G sowie §29 Abs1 und Abs4 dritter Satz ORF-G hin.

6. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B-VG.

7. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

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Norm:
B-VG
ECLI:
ECLI:AT:VFGH:2023:G215.2022

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