Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 31.03.2004, RV/0574-S/02

Dienstgeberbeitragspflicht der Gesellschafter-Geschäftsführer

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/15/0068 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze
Folgerechtssätze
RV/0574-S/02-RS1
wie RV/0324-S/02-RS1
Die Bezüge eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers (§ 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988), der seine Geschäftsführung ohne Unternehmerrisiko ausübt und eine laufende der Höhe nach gleichbleibende Entlohnung sowie den Ersatz von Aufwendungen für Fahrten und Dienstreisen erhält, unterliegen auch dann dem Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl.Nr. 818/1993 und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, wenn er keinen Weisungen unterliegt, an keine feste Arbeitszeit gebunden ist, keinen Urlaubsanspruch hat, sich vertreten lassen kann und die Sozialversicherungsbeiträge selbst leistet.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Prodinger&Partner WirtschaftstreuhandgesmbH, gegen die Haftungsbescheid/e des Finanzamtes Salzburg betreffend den Zeitraum bis und bis entschieden: Die Berufung/en werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtene/n Bescheid/e bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Frau H.L. ist Gesellschafterin der Bw und wesentlich an dem Unternehmen beteiligt.

Im Zuge eines Lohnsteuerprüfungsverfahrens für den Prüfungszeitraum 1. Jänner1996- wurden mit Haftungs-und Abgabenbescheid vom die Geschäftsführerbezüge der H.L. für die Jahre 1996 bis 1999 dem Dienstgeberbeitrag (DB) und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) unterworfen.

Mit Festsetzungsbescheid vom14. März 2001 wurden die Bezüge an die Gesellschafter-Geschäftsführerin H.L. für den Zeitraum bis in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen.

Das Finanzamt wies die daraufhin erhobenen Berufungen vom und mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

Die Bw stellte am den Antrag die Berufungen der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens durch das Finanzamt vom teilte die Bw schriftlich unter Vorlage des Geschäftsführervertrages vom nachstehendes mit:

  • Es wurde ein Jahresbezug vereinbart, der in 12 gleich großen Teilbeträgen ausbezahlt wurde.

  • Die Geschäftsführerin hat das Recht auf Benutzung eines Dienstwagens.

  • Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens.

  • Es besteht kein vertraglicher Urlaubsanspruch.

  • Die Arbeitszeit betrug in den Jahren 1996 und 1997 50 bis 60 Stunden, ebenso ab dem Jahr 2000, in den Jahren 1998 und 1999 war die Arbeitszeit wegen der Geburt der Tochter geringer (20 bis 40 Stunden pro Woche).

  • Die Kosten der Dienstreisen werden überwiegend von der Gesellschaft vergütet. Die Kosten des Büros trägt die Geschäftsführerin selbst.

  • Die Geschäftsführerin hat sowohl einen Arbeitsplatz im Unternehmen als auch in der Privatwohnung.

  • H.L. ist an keine Weisungen gebunden, sie hat keine feste Arbeitszeit, kann sich eines geeigneten Vertreters bedienen und hat für die Versteuerung des Honorars selbst zu sorgen.

  • Ebenso hat sie die Kosten der gesetzlichen Sozialversicherung selbst zu tragen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichfonds für Familienbeihilfe obliegt gem. § 41 Abs.1 FLAG 1972 (Familienlastenausgleichsgesetz) allen Dienstgebern, die im Inland Dienstnehmer beschäftigen.

Nach Abs.2 der Bestimmung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs.2 des EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.

Zufolge des durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl 1993/818, neu formulierten

§ 41 Abs.2 FLAG 1967 und der nunmehrigen Definition des " Arbeitslohnes " in § 41 Abs.3 FLAG 1967 gehören sohin die Einkünfte von Personen, die an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 wesentlich, nämlich zu mehr als 25 % beteiligt sind, deren Beschäftigung aber sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 EStG 1988 aufweist, zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.

Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 sind u.a. Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt wird.

Wenn der Gesetzgeber in den Personenkreis des § 22 Z 2 EStG 1988 sämtliche mit mehr als 25% und damit auch mit mehr als 50 % Beteiligte aufnimmt, hat er hierbei bewusst dem Kriterium der Weisungsgebundenheit -ansonsten ein wesentliches Kriterium eines Dienstverhältnisses- eine nur untergeordnete Bedeutung beigemessen.

Die Gesetzesbestimmung des § 22 Z 2 EStG 1988 erfasst somit all jene an einer Kapitalgesellschaft Beteiligte, deren Tätigkeit die Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist, abgesehen vom in bestimmten Fällen fehlendem Merkmal der Weisungsgebundenheit.

Der Formulierung im § 22 Z 2 EStG 1988 " sonst alle Merkmale eines

Dienstverhältnisses " ist somit das Verständnis beizulegen, dass es zwar auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Ausmaß von 50% oder mehr oder aufgrund der Vereinbarung einer Sperrminorität fehlt, dass aber im übrigen nach dem Gesamtbild ein Dienstverhältnis vorliegen muss.

Auch wenn es den rechtlichen Typus eines unselbständig beschäftigten, wesentlich beteiligten, weisungsungebundenen, aber sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Gesellschafter-Geschäftsführers nicht geben sollte, ist die Dienstgeberbeitrags- und Kommunalsteuerpflicht dieser Person ausreichend gesetzlich determiniert und auch sachlich gerechtfertigt.

So hat der Verfassungsgerichtshof sämtliche Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen in § 41 Abs.2 und Abs.3 FLAG 1967abgewiesen (, , G 109/00).

Die Bw stützt sich in ihrer Berufung darauf, dass die Einkünfte der Gesellschafter- Geschäftsführerin keine Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Z 2 darstellen, weil nicht alle Merkmale eines Dienstverhältnisses vorliegen würden. Die Bw verweist in diesem Zusammenhang auf den vorgelegten Geschäftsführervertrag und

  • darauf, dass ein Jahresbezug vereinbart wurde, der in 12 gleich großen Teilbeträgen ausbezahlt wurde,

  • darauf, dass sich die Höhe der Vergütung nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens richtet,

  • darauf, dass kein vertraglicher Urlaubsanspruch besteht,

  • darauf, dass die Arbeitszeit in den Jahren 1996 und 1997 50 bis 60 Stunden, ebenso ab dem Jahr 2000 betrug, in den Jahren 1998 und 1999 die Arbeitszeit wegen der Geburt der Tochter geringer (20 bis 40 Stunden pro Woche) war,

  • darauf, dass die Geschäftsführerin sowohl einen Arbeitsplatz im Unternehmen als auch in der Privatwohnung hat,

  • darauf, dass H.L. an keine Weisungen gebunden, keine feste Arbeitszeit hat, sich eines geeigneten Vertreters bedienen kann und für die Versteuerung des Honorars selbst zu sorgen hat,

  • darauf, dass sie die Kosten der gesetzlichen Sozialversicherung selbst zu tragen hat.

Soweit die Bw in ihren Ausführungen die Eingliederung der Gesellschafter- Geschäftsführerin in den betrieblichen Organismus bestreitet und dazu das Fehlen einer festen Arbeitszeit, einer Urlaubs- und Krankenstandsregelung etc. und somit das Fehlen der Voraussetzungen des § 47 EStG 1988 ins Treffen führt, ist zu entgegnen, dass diese Argumente im Hinblick auf die aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlende Weisungsgebundenheit nicht überzeugen.

" Es mag zutreffen, dass die Geschäftsführer aufgrund ihrer Beteiligung keinen Weisungen unterliegen; es mag auch zutreffen, dass sie Hilfskräfte heranziehen, dass sie frei ihre Arbeitszeit einteilen und den Erholungsurlaub festlegen, - aber - wie oben ausgeführt, kommt es auf diese aus dem Beteiligungsverhältnis resultierende Weisungsfreiheit nicht an" ( Zl. 96/15/0094).

Auch der Einwand, es bestehe kein Anspruch auf jeglichen arbeitsrechtlichen Schutz, muss insofern ins Leere gehen, als das Fehlen dieser Ansprüche unbeachtlich sind, da Einkünfte ist § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht davon abhängen, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes gegeben ist.

Der VwGH stellt im Erkenntnis vom , Zl.96/15/0121, klar, dass Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs.2 EStG 1988 erzielt werden.

Was die durch Frau H.L. selbst zu tragenden SV-Aufwendungen betrifft, so ist dazu zu sagen, dass Sozialversicherungsbeiträge in einer von vornherein absehbaren Relation zu den Einnahmen stehen und der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge auch von klassischen Dienstnehmern im Sinne des § 47 Abs.2 EStG getragen wird und daher kein Wagnis darstellen (siehe dazu ).

Entscheidend ist vielmehr, ob die Gesellschafter-Geschäftsführerin in der Art einer Dienstnehmerin tätig ist.

Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn, neben dem Vorliegen weiterer Merkmale, die für ein Dienstverhältnis sprechen, wie die laufende Gehaltsauszahlung, den wesentlichen Beteiligten kein Unternehmerrisiko trifft (VwGH v., Zl 96/15/0121).

Von einem Unternehmerrisiko ist dann auszugehen, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen, und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann ( Zl. 92/13/0022).

Nach der Judikatur liegt ein Unternehmerwagnis u.a. dann vor, wenn die mit der Tätigkeit verbundenen Auslagen nicht vom Auftraggeber ersetzt, sondern vom Unternehmer aus eigenen Mitteln getragen werden und daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit abhängig ist.

Wenn die Bw nun vermeint, ein Unternehmerrisiko sei schon deshalb gegeben, weil die Entschädigung der Geschäftsführer-Gesellschafterin erfolgsabhängig gestaltet wurde und so diese wegen des wirtschaftlichen Ergebnisses in den letzten Jahren reduziert wurde, so ist dem entgegenzuhalten, dass ein regelmäßiger Geschäftsführerbezug gegen ein Unternehmerrisiko auf der Einnahmenseite spricht, und es nichts ändert, dass -wie dies im Wirtschaftsleben oftmals der Fall ist, bei einer Verschlechterung der Ertragslage beim Dienstgeber nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Vertragsverhältnis nicht oder nur zu geänderten Konditionen verlängert wird. Das Risiko einer Bezugsverkürzung bei einer Verlustsituation bildet ebenso wenig ein unternehmerspezifisches Risiko wie eine Kürzung der Bezüge bei einer negativen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ().

Darüber hinaus wurde im Zuge des Berufungsverfahrens festgestellt, dass ein Unternehmerrisiko bei der Geschäftsführer-Gesellschafterin auch auf der Ausgabenseite nicht gegeben ist:

So wurde der Gesellschafter-Geschäftsführerin die Betriebsmittel, Arbeitsgeräte und Arbeitsmaterialien von der Bw zur Verfügung gestellt (z. B: Büroräume).

Für Dienstfahrten stand Frau H.L. ein Firmenpkw zur Verfügung.

Die anfallenden Aufwendungen für Fahrten und Dienstreisen (Reisekosten) wurden Frau H.L. von der Bw ersetzt.

Der Einwand der Bw , das Büro der Geschäftsführerin befände sich in den Privaträumen der Frau H.L., kommt hier in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Tätigkeit nicht wirklich zum Tragen und ist von untergeordneter Bedeutung.

Unter Heranziehung obiger Überlegungen vertritt die Rechtsmittelbehörde die Auffassung, dass der Abgabenbehörde I. Instanz die Tätigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführerin H.L. nach dem Gesamtbild der vorliegenden Verhältnisse zu Recht als Tätigkeit, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses gesetzt wird, beurteilt hat.

Die Berufungen waren daher als unbegründet abzuweisen.

Salzburg,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Dienstnehmereigenschaft
Gesellschafter-Geschäftsführer
Dienstgeberbeitragspflicht

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at