Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.03.2004, RV/0715-W/02

Mängel der Buchführung (hier Kassabuch), sowie statistische Unregelmäßigkeiten führen zur Schätzungsberechtigung gem. § 184 BAO


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ:
RV/0712-W/02

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat am Dienstag, über die Berufung der P. GesmbH., vertreten durch Peter Weinmar Wirtschaftstreuhand GesmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Körperschaften betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1994 bis 1996, Körperschaftsteuer für die Jahre 1994 bis 1996, Haftung für Kapitalertragsteuer für die Jahre 1994 bis 1996 nach in Wien durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Die Abgabenfestsetzung für die Umsatzsteuer 1994 beträgt unverändert S 49.434,- (€ 3.592,51), für 1995 S 43.770,- (€ 3.180,89) und für 1996 S 40.826,- (€ 2.966,94).

Die Abgabenfestsetzung.für die Körperschaftsteuer 1994 beträgt unverändert S 15.000,- (€ 1.090,09), für 1995 S 15.000,- (€ 1.090,09) und für 1996 S 26.066,- (€ 1.894,29).

Die Abgabenfestsetzung für den Haftungsbescheid für Kapitalertragsteuer 1994 beträgt unverändert S 39.071,- (€ 2.839,40) für 1995 S 34.919,- (€ 2.537,66) und für 1996 S 36.702,- (€ 2.667,24).

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die P. GesmbH (i.d.F. Bw.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet.

Gesellschafter waren F. P., zugleich Geschäftsführer mit 20% des Stammkapitales sowie K. P. mit 80% des Stammkapitales i.H.v. S 500.000,-.

Die Gesellschaft wurde einer umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 1994 bis 1996 unterzogen. Dabei wurden Mängel bei der Führung der Bücher und Aufzeichnungen festgestellt. Aufzeichnungen zur Ermittlung des täglichen Kassastandes sowie Registrierkassenstreifen würden fehlen. Darüberhinaus habe eine statistische Losungsverprobung in wiederholten Fällen das Auftreten von Mehrfachlosungen aufgezeigt. Die Entgelte seien gem. § 18 Abs. 7 UStG ohne Genehmigung aufgrund des Wareneinganges getrennt worden.

Aufgrund der aufgezeigten Mängel wurde eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO vorgenommen, der Umsatz um jährlich 5% erhöht und die Beträge als verdeckte Ausschüttung dem Gewinn hinzugerechnet.

Das Finanzamt für Körperschaften in Wien folgte den Ausführungen der Betriebsprüfung und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1996 sowie Haftungsbescheide für Kapitalertragsteuer für die Jahre 1994 bis 1996.

Die Bw. brachte gegen obige Bescheide mit Schriftsatz vom eine fristgerechte Berufung ohne nähere Begründung bzw. Erklärung, welche Änderungen beantragt würden, ein.

Die Behörde trug dem Bw. mit Mängelbehebungsauftrag vom auf, die festgestellten Mängel der Berufung bis zu beheben.

Mit Eingabe vom ergänzte die Bw. die Berufungsschrift und behob die Mängel der Berufungsschrift.

Die im Bp.-Bericht angeführte VwGH Judikatur ( Zl 84/14/0109) unterscheide sich vom vorliegenden Fall insoferne, als die Bw. über keine Registrierkassenstreifen verfüge, die vernichtet worden seien. Die Registrierkasse habe nicht funktioniert und könne nicht bedient werden, sie habe lediglich den Zweck, Geld in die vorhandene Lade zu schließen. Es sei jeden Tag ein Kassasturz durchgeführt und die so ermittelte Losung im Losungsbogen erfasst worden. Die festgestellten Mehrfachlosungen ergäben sich aus der Tatsache, dass immer wieder die gleichen Produkte verkauft und daher die selben Preise erzielt worden seien. Auch bei den Einkaufsrechnungen seien im überwiegenden Ausmaß die selben Endziffern feststellbar. Es werde beantragt, die Zuschätzung zu stornieren und die Bw. antragsgemäß zu veranlagen.

Die Berufung wurde mit Bescheid vom (irrtümlich) bescheidmäßig als zurückgenommen erklärt. Der Aufforderung, die Mängel der Berufung zu beheben, sei nicht nachgekommen worden.

Der Zurücknahmebescheid wurde in weiterer Folge mittels Berufungsvorentscheidung vom aufgehoben, womit die Berufung wiederum als unerledigt galt.

Die zur Stellungnahme aufgeforderte Betriebsprüfung erläuterte die von ihr getroffenen Feststellungen mit Schreiben vom wie folgt:

Eine Erhöhung der Bemessungsgrundlagen sei aufgrund der Nichtüberprüfbarkeit der erzielten Einnahmen erfolgt, nachdem die 20%igen Erlöse monatlich und ohne Bewilligung des Finanzamtes gem. § 18 Abs. 7 UStG durch Hochrechnung unter Ansatz eines bestimmten RAK ermittelt worden sei. Die rechnerische Differenz habe die 10%igen Erlöse ergeben. Durch diese Methode sei es einfach, die Erlöse mit den Wareneinkäufen abzustimmen. Manipulationen würden dadurch begünstigt. Beim Versuch, die Vollständigkeit der Betriebseinnahmen zu überprüfen sei festgestellt worden, dass trotz vorhandener Registrierkasse keine Registrierkassenstreifen vorhanden gewesen seien. Derartige Grundaufzeichnungen seien jedoch aufbewahrungspflichtig. Laut Bw. habe die Registrierkasse nicht funktioniert, sie erfülle lediglich den Zweck, das Geld in der vorhandenen Lade zu verschließen. Eine persönliche Besichtigung habe ergeben, dass bei der vorhandenen Registrierkasse die Möglichkeit bestand, 2 Registrierstreifen mitlaufen zu lassen (für den Kunden bzw. Kontrollstreifen für das Unternehmen). Ein Kassastreifen sei bei der Besichtigung eingelegt, das Farbband allerdings äußerst schwach gewesen. Darüberhinaus sei der Gf. der Bw. zur Ermittlung der Tageslosung befragt worden. Hiezu habe er bekanntgegeben, dass er die Abrechnung nach Geschäftsschluss zu Hause vornehme. Der ermittelte Betrag abzüglich eines Fixbetrages für Wechselgeld i.H.v. S 2.000,- zuzüglich der an diesem Tag bar bezahlten Ausgaben werde in den Losungsbogen eingetragen. Unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom Zl. 94/14/0086 werde festgestellt, dass die Rückrechnung auf Tageseinnahmen anhand der von der Berufungswerberin vorgelegten Unterlagen nicht möglich sei, weil Anfangsbestand, Barausgänge und Einlagen nicht aufgezeichnet bzw. der Bp. nicht vorgelegt worden seien.

Weiters seien die durch Kassasturz ermittelten Tageslosungen von der Bp. einer Strukturanalyse unterzogen worden. Dabei sei ein massiv gehäuftes Auftreten von Mehrfachlosungen festgestellt worden, was angesichts der Tatsache der großen Anzahl von zu verkaufenden Produkten sowie der Häufigkeit täglicher Geschäftsvorfälle nicht der Lebenswirklichkeit entsprechen könne.

Die Bw. brachte mit Schriftsatz vom eine Gegenäußerung zu obiger Stellungnahme ein.

Die Betriebsprüferin sei insoferne einem Irrtum unterlegen, als lediglich die 20%igen Losungen kalkulatorisch ermittelt worden seien. Eine abweichende Beurteilung der Finanz nur aufgrund der fehlenden Bewilligung gemäß § 18 Abs. 7 UStG 1994 sei in Frage zu stellen.

Die Losungen seien korrekt mittels Kassasturz und Losungsbogen festgestellt worden. Die Betriebsprüfung habe keine weiteren Unregelmäßigkeiten (Kassabuch, Lebenshaltungskosten, Rohaufschlag) festgestellt.

Mit Schreiben vom wurde die Bw. aufgefordert, nähere Erläuterungen zu den Aufzeichnungen der Bargeschäfte, den Tageslosungen, der Ermittlung des Aufschlages für Getränke sowie den festgestellten Mehrfachlosungen bzw. der ungewöhnlichen Endziffernverteilung laut Losungsbeträgen zu geben. Das Schreiben blieb unbeantwortet.

In der mündlichen Verhandlung vom brachte die Bw. vor, die Registrierkasse sei funktionsunfähig gewesen, nachdem der zur uneingeschränkten Nutzung erforderliche 'Managerschlüssel' nicht vorhanden gewesen sei. Zu den Mehrfachlosungen wird ausgeführt, dass diese auch in Vergleichsbetrieben durchaus vorkommen würden. Darüberhinaus decken sich die Aussagen mit den im bisherigen Verfahren getätigten Ausführungen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Umsatzsteuer

Der Umsatzsteuer unterliegen gem. § 1 UStG 1972, 1994 Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Gem. § 18 Abs. 7 UStG 1972,1994 kann das Finanzamt Unternehmern, denen nach Art und Umfang ihres Unternehmens eine Trennung der Entgelte nach Steuersätzen i.S.d. Abs. 2 Z 1 (2) und Abs. 3 nicht zumutbar ist, auf Antrag gestatten, dass sie die Entgelte nachträglich unter Berücksichtigung des Wareneinganges trennen. Das Finanzamt darf nur ein Verfahren zulassen, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer Aufzeichnung der Entgelte, getrennt nach Steuersätzen, abweicht.

Kapitalertragsteuer

Gem. § 93 Abs. 1 EStG 1988 in der für das Berufungsjahr geltenden Fassung wird bei inländischen Kapitalerträgen die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Zu solchen Kapitalerträgen gehören gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle auch verdeckte Gewinnausschüttungen.

Schuldner der Kapitalertragssteuer ist gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der dem Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß Abs. 3 Z. 1 leg.cit. ist bei inländischen Kapitalerträgen (§93 Abs. 2 EStG 1988) der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet.

verdeckte Ausschüttung

Gemäß § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 184 Abs 1 BAO).

Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind (§ 184 Abs 2 BAO).

Zu Schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. (§ 184 Abs 3 BAO).

Gem. § 8 Abs 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
im Wege offener oder verdeckter Ausschüttung
-
entnommen oder
-
in anderer Weise verwendet wird.

Verdeckte Ausschüttungen liegen bei Zuwendungen an die an einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen vor, die zu einer Gewinnminderung der Körperschaft führen und die Dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt worden wären(vgl. ).

Der Begriff verdeckte Ausschüttung umfasst alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteilsgewährungen) an die einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar Beteiligten, die zu einer Minderung der Einkünfte der Körperschaft führen und die dritten der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden.

Schätzung:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO sind, sofern die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder errechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach § 184 Abs. 2 BAO insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen gem. Abs. 1 wesentlich sind.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist weiters zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Ziel der Schätzung hat es zu sein, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, (, , 94/15/0011, , 95/13/0191).

Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Vorraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. ()

Den Abgabenbehörden steht dabei die Wahl der Schätzungsmethode grundsätzlich frei. (; , 95/15/0093). Es ist jene Methode zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint. (, , 95/13/0016)

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört dabei zu den Elementen einer Schätzung (, , 92/14/0212). Diese Schätzungsmethode geht davon aus, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesernermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (; , 92/14/0212).

Fehlende Bewilligung gem. § 18 Abs. 7 UStG 1972,1994

Gemäß § 18 Abs. 7 UStG 1972 bzw. 1994 kann das Finanzamt Unternehmern, denen nach Art und Umfang ihres Unternehmens eine Trennung der Entgelte nach Steuersätzen i.S.d. Abs. 2 Z 1,2 und Abs. 3 nicht zumutbar ist auf Antrag gestatten, dass sie die Entgelte nachträglich unter Berücksichtigung des Wareneinganges trennen. Das Finanzamt darf nur ein Verfahren zulassen, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis einer Aufzeichnung der Entgelte, getrennt nach Steuersätzen abweicht.

Eine Trennung der Entgelte unter Berücksichtigung des Wareneinganges wie von der Bw. durchgeführt setzt voraus, dass dem Unternehmen eine genaue Trennung der Entgelte nicht zumutbar ist. Dies wird dann der Fall sein, wenn etwa Einzelhandelsgeschäfte über keine entsprechend ausgestattete Registrierkasse verfügen oder keine entsprechenden Abrechnungen in Form von Paragonblocks vornehmen und auch in der Regel nur Inklusivpreise verrechnen. Als weitere gesetzliche Voraussetzung darf das Finanzamt nur ein Verfahren zulassen, dessen steuerliches Ergebnis nicht wesentlich von dem Ergebnis bei vollständiger Aufzeichnung der Entgelte abweicht.

Aus diesem Grund sind die Waren, soferne ein gewogener Durchnittsaufschlag zur Berechnung der Umsatzsteuerbelastung einer Warengruppe (mit ermäßigtem oder normalen Steuersatz) herangezogen werden sollen, in der Regel getrennt im Wareneingangsbuch zu erfassen und ihr Rohaufschlag zu ermitteln.

Unbestritten blieb, dass die Bw. eine Trennung der Entgelte gem. § 18 Abs. 7 UStG ohne Bewilligung vornahm.

Die Ermittlung der mit dem Normalsteuersatz zu versteuernden Umsätze (im wesentlichen Getränke) erfolgte nicht in der vom Gesetz geforderten Form, die sicherstellen soll, dass das Ergebnis der vereinfachten Besteuerung nur unwesentlich von der Generalnorm abweicht.

Die Rohaufschläge, die die Bw. der Besteuerung der Umsätze mit dem Normalsteuersatz zugrundelegte war nicht näher nachvollziehbar und entsprach wohl eher Branchenerfahrungswerten als dem Betrieb unmittelbar zuordenbaren, aus dem Wareneingangsbuch ermittelten Berechnungen für den konkreten Betrieb.

Die Frage, ob und inwieweit eine funktionsfähige Registrierkasse vorlag, konnte im Rahmen der Verhandlung nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt werden, tritt aber angesichts der mangelhaften Ermittlung der Rohaufschläge für die zu bewilligende Entgeltstrennung gem. § 18 Abs. 7 UStG in den Hintergrund. Die erforderliche Bewilligung wäre daher auch bei Annahme einer weitgehend funktionslosen Kasse nicht erteilt worden.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die ermittlungsweise Trennung der Entgelte in Verbindung mit der Erlöserfassung durch Kassasturz eine radikale Reduktion der Überprüfbarkeit mittels herkömmlicher Methoden durch die Abgabenbehörde darstellt. Im Zuge der Aufschlagsrechnung können diesfalls nicht die einzelnen durch Grundaufzeichnung nachzuweisenden Spartenerlöse mit den Sparteneinsätzen verglichen werden, sondern die durch den Abgabepflichtigen aus dem Einkauf hochgerechneten Spartenerlöse mit den Sparteneinsätzen, die aus dem Einkauf hervorgehen, dessen Vollständigkeit aber stets in Frage steht (vgl. Erich Huber, Gastro-Verpobung durch vergleichende Strukturanalyse, SWK 23/24 1998 S 522 Pkt. 4).

Aus diesem Grund kommt den weiteren Feststellungen der Bp. durch den Einsatz statistischer Prüfungsmethoden (siehe unten) eine erhöhte Bedeutung zu.

Kassasturz

Die täglichen Losungen werden durch Kassasturz ermittelt und in einem Losungsbogen festgehalten.

Laut Niederschrift vom mit dem Gf. der Bw. werden alle Gelder die sich in der Kasse befinden zu Hause gezählt.

Das im Betrieb verbleibende Wechselgeld wird laut Niederschrift abgezogen, die an diesem Tage bar beglichenen Rechnungsbeträge werden dem Betrag hinzugerechnet. Der so ermittelte Betrag wird in den Losungsbogen eingetragen, der tatsächliche Kassastand jedoch nicht schriftlich festgehalten.

In der mündlichen Verhandlung wurde vorgebracht, dass täglich der gesamte Kassenbestand (z.B. S 213.537,49) und nicht bloß der im Losungsbogen eingetragene Tageslosungsbetrag (zum S 9.186,-) ermittelt worden sei. Mit Ausnahme von Tagen mit besonders hohen Kassenbeständen sei der gesamte Kassabetrag auch täglich in den Betrieb verbracht worden.

Bei hohen Kassenständen sei ein Teil der Barschaft in der Privatwohnung des Geschäftsführers der Bw. verblieben.

Die Rückrechnung vom gesamten Kassenbestand auf den Tageslosungsbetrag kann aber nur insoweit gelingen, als auch der jeweilige Kassenanstand des Vortages bekannt ist. Ausgewiesene Kassenstände sind den vorgelegten Kassenbüchern (Kassenbericht) aber nur ausnahmsweise (z.B. am Monatsende) zu entnehmen.

Beispiel:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
213.537,49
Kassastand lt. Kassenbericht
12.000,00
Zzgl. Geschäftsführerbezug lt. Kassenbericht
17.432,00
Zzgl. Lohn/Gehalt lt. Kassenbericht
-233.783,49
Kassastand
9.186,00
Tageslosung lt. Losungsbogen

Ohne bekannten (im Beispiel rechnerisch ermittelten) Kassenstand vom könnte am Folgetag bloß ein Gesamtkassastand i.H.v. S 242.969,49 (=233.783,49+9.186,-), nicht aber der Tageslosungsbetrag ermittelt werden.

Die Notwendigkeit der Kenntnis des Kassenstandes des Vortages zur Ermittlung der jeweiligen Tageslosung spricht dafür, dass entsprechende Aufzeichnungen vorhanden gewesen sein müssen oder aber der Losungsbetrag nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelt werden konnte. Dies gilt ebenso für die Tage, an denen infolge hohen Barbestandes bloß Teile des Kassenstandes in den Betrieb mitgenommen wurden. Darüberhinaus wurden bei den Losungsbeträgen allenfalls auftretende Groschenbeträge nach Angaben der Bw. auf volle öS. gerundet.

Eine nachvollziehbare Darstellung der Bargeschäfte der Bw .i.S.d. § 131 Abs. 1 Z 2 BAO lag solcherart nicht vor und führte für sich allein genommen schon zu einem formellen Mangel der Buchführung, die die Konsequenz des § 163 BAO (keine Vermutung ordnungsmäßiger Buchführung) nach sich zog. Auf das Erk. des bei ähnlichem Sachverhalt wird verwiesen.

Endziffern, Doppellosungen

Eine Analyse der vorliegenden Doppellosungen (Tage mit gleich hohen Losungen) ergab, für die Bw. 1994 10 Doppellosungen (249 Öffnungstage), 1995 11 Doppellosungen (231 Öffnungstage)und 1996 10 Doppellosungen (230 Öffnungstage) sowie eine Dreifachlosung. Diese Werte liegen mit 4,02%-4,76% der Öffnungstage des Betriebes im oberen Mittelwertbereich gemäß einer Simulation des Bp.-Arbeitskreises Gastronomie (vgl. Erich Huber; Plausibilitätsverbrobung von Losungsbeträgen unter besonderer Berücksichtigung der Gastronomie, SWK 2001 23/24 S 593ff Pkt. 4.3f) und wären isoliert betrachtet noch kein Grund für die Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung etwa durch frei erfundene Tageslosungen.

Ein umso stärkeres Indiz für die Annahme von Manipulationen ergibt aber die Analyse der Endziffern der vorgelegten Tageslosungen. Dabei ergaben sich signifikante Abweichungen der Endziffern von den statistischen Erwartungswerten. Während der Erwartungswert der Endziffern 0, 1...bis...9 (=rechte Ziffer der Losungsbeträge) gleich hoch ist und für jede Ziffer 10% beträgt, finden sich in den über 700 ausgewiesenen Tageslosungsbeträgen (dreijähriger Prüfungszeitraum) der Bw. lediglich vier Losungsbeträge die auf '0' enden. Der Erwartungswert läge bei rund 70 Losungsbeträgen (=10%) wohingegen die 4 ausgewiesenen Losungsbeträge mit Endziffer '0' nur rund 0,56% der Grundgesamtheit darstellen.

Die theoretischen Überlegungen bestätigten sich bei Auswertung der oben angeführten Simulationsmodelle.

So ergaben 'Simulationen über alle mögliche Kombinationen aus PreisEndZiffern bei Beobachtungen von über 1.000 Elementen pro Simulation stets nahezu Gleichverteilung zwischen den Bereichen. Alle übrigen Parameter, die in die Beurteilung der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Mehrfachlosungen mit einzubeziehen sind (Menge, Vereilung der Gäste, Konsumationsverhalten) haben keinen Einfluss auf die Endziffernverteilung (vgl. Erich Huber a.a.O. SWK 2001 Heft 23/24 S 599 Pkt. 6).

Der im Rahmen der Berufungsverhandlung von Seiten der Bw. vertretene Meinung, statistische Unwahrscheinlichkeiten wie Doppellosungen könnten und würden durchaus auch in Vergleichsbetrieben gehäuft vorkommen ist hiebei entgegenzuhalten, dass die Endziffernkontrolle sich auf den gesamten Prüfungszeitraum, somit über 700 Tageslosungsbeträge erstreckt und eine statistische Schwankung der vorliegenden Art bei der hohen Losungsanzahl äußerst unwahrscheinlich ist.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass mehrere Ungenauigkeiten/Unwägbarkeiten Eingang in die Buchhaltung der Bw. fanden und der daher die Ordnungsmäßigkeit abzusprechen ist. Die vorliegenden Buchführungsmängel veranlassten die Betriebsprüfung, die Umsätze des Prüfungszeitraumes im Schätzungsweg gem. § 184 Abs. 3 BAO um 5% der erklärten Umsätze pro Jahr zu erhöhen und diesen Betrag den Gesellschaftern als verdeckte Ausschüttung zuzurechnen. Der prozentuell vergleichsweise geringe Zuschätzungsbetrag erscheint dem UFS in Anbetracht der vorliegenden Mängel gerechtfertigt.

Die Berufung ist daher abzuweisen.

Wien,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Trennung der Entgelte
Bargeschäfte
Mehrfachlosungen
Endziffern
verdeckte Ausschüttung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at