Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 15.03.2004, RV/0241-S/02

Vertragsstrafe als vorweggenommene Vereinbarung über die Änderung des Kaufpreises

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0087 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land betreffend Grunderwerbsteuer entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Vertragspunkt V. des Kaufvertrages vom abgeschlossen zwischen dem Bw. als Verkäufer und der Käuferin lautet:

Die Käuferin verpflichtet sich, dem Verkäufer ein Entgelt von 2 % zuzüglich USt und allfälliger anteiliger Barauslagen, berechnet aus dem Kaufpreis der einzelnen Einheiten dieses Projektes zu bezahlen. Dieses Entgelt ist jeweils mit Verkauf der einzelnen Einheiten zur Zahlung fällig.Der umseits genannte Entgeltsbetrag von 2 % verringert sich auf 1,8 % für Einheiten, deren Verkauf innerhalb angemessener Frist nicht möglich ist, wobei als Verrechnungsmaßstab Vergleichswerte aus dem Bauvorhaben heranzuziehen sind.

Unabhängig davon verpflichtet sich die Käuferin, den Käufern der einzelnen Einheiten die Verpflichtung aufzuerlegen, dass die vertragliche Abwicklung des Verkaufes dem Verkäufer, bzw. seiner Anwaltskanzlei übertragen wird, wobei die einzelnen Käufer der Einheiten heifür ein ortsübliches Honorar von 3 % des Kaufpreises zuzüglich USt und Barauslagen zu bezahlen haben.

Für den Fall der gänzlichen oder auch nur teilweisen Nichteinhaltung dieser Verpflichtung, verpflichtet sich die Käuferin, an den Verkäufer eine vom Verschulden unabhängige und dem richterlichen Mäßigungsrecht nicht unterliegende Konventionalstrafe von S 450.000,00 zuzüglich 20 % Ust zu bezahlen, wobei auf diesen Betrag von der Käuferin im Sinne des 1. Absatzes dieses Vertragspunktes bezahlte Honorarbeträge anzurechnen sind.

Die Abgabenbehörde I. Instanz hat mit Bescheid vom gerichtet an die Käuferin die Grunderwerbsteuer gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig vom ausgewiesenen Kaufpreis festgesetzt.

Am wurde der Bericht über eine gemäß § 151 Abs. 3 BAO durchgeführte Prüfung der Aufzeichnungen bei der Käuferin erstellt. Die Prüfung hatte ergeben, dass die im Vertragspunkt V. angesprochenen Abverkäufe im Jahre 1994 durchgeführt worden waren und die Verträge nicht durch den Bw. erstellt worden sind.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde dem Bw. gegenüber als Gesamtschuldner die Grunderwerbsteuer in Höhe von S 94.094,00 festgesetzt, was unter Anrechnung des bereits vorläufig festgesetzten Betrages von S 75.194,00 eine Steuernachforderung in Höhe von S 18.900,00 ergab. Einbezogen in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer wurde die Konventionalstrafe in Höhe von S 450.000,00 zuzüglich USt, also insgesamt S 540.000,00. Die Vorschreibung erfolgte an den Bw., weil die Käuferin nicht mehr existent war.

Strittig ist, ob die Konventionalstrafe nach Vertragspunkt V. als Gegenleistung in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist und ob der Abgabenfestsetzung dem Bw. gegenüber, der mit dem angefochtenen Bescheid als Gesamtschuldner erstmals zur Abgabenentrichtung herangezogen worden ist, die eingetretene Verjährung entgegensteht.

Der UFS hat über die Berufung erwogen:

A) Zur Frage der Gegenleistung:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Der dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümliche Begriff der Gegenleistung nach § 5 GrEStG ist im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987 unter Rz 5 Abs. 1 zu § 5 referierte hg. Judikatur), wobei in der zitierten Gesetzesstelle nicht erschöpfend aufgelistet ist, was unter diesen Begriff subsumiert werden kann. Vielmehr bildet jede nur erdenkliche Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (Fellner, a.a.O. Rz 4 Abs. 3).

Gegenleistung ist alles, was der Erwerber einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (Fellner a.a.O. Rz 6 Abs. 2), wobei es darauf ankommt, ob die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Grundstück steht (Fellner a.a.O. Rz 9 Abs. 1, und ).

Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält; also jede nur denkbare Leistung, die vom Käufer für den Erwerb des Grundstückes versprochen wird, oder, mit anderen Worten, alles, was der Käufer einsetzen muss, das Grundstück zu erhalten. Maßgebend ist also nicht, was die Vertragsschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat ().

Dem Berufungsvorbringen ist beizupflichten, dass jene Teile der Gegenleistung nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, die von der Käuferin für andere Leistungen des Verkäufers erbracht werden, als für das Grundstück.

Wörtlich führt der VwGH im Erkenntnis vom , 91/16/0031 aus: "Gegenleistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Verkäufers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem UNMITTELBAREN Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder, wie auch gesagt wurde "inneren" Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen (, 0038)".

Das Berufungsvorbringen trifft aber nur auf die versprochene Leistung nach Absatz 2 des Vertragspunktes V. zu. Hier ist im Rahmen des Abverkaufs für eine Leistung des Verkäufers als Vertragserrichter dieser Abverkäufe, die dieser in seiner Profession als Rechtsanwalt erst in der Zukunft für die Kaufinteressenten zu erbringen gehabt hätte, ein "ortsübliches Honorar von 3 % des Kaufpreises zuzüglich USt und Barauslagen" zu bezahlen.

Anders verhält es sich mit den Leistungen der Absätze 1 und 3. Hier wird die Käuferin zu einer Leistung verpflichtet, für die die Abverkaufspreise lediglich eine Berechnungsmodalität darstellen. Die Verpflichtung der Käuferin tritt auch dann ein, wenn - siehe Absatz 1 zweiter Absatzteil - die Leistung der Vertragserrichtung gar nicht zum Tragen kommt. Dasselbe trifft auch auf die Leistungsverpflichtung nach Absatz 3 zu. Dass Absatz 1 und 3 inhaltlich verbunden sind, zeigt sich auch in der Anrechnungsanordnung des letzten Satzes des Absatz 3 des Vertragspunktes V. Aus dem Zusammenhang der Absätze 1 und 3 ergibt sich, dass diese Verpflichtung der Käuferin jedenfalls eintreten soll, lediglich aufschiebend bedingt durch die tatsächliche Erfüllung bzw. Nichterfüllung des Absatzes 2 durch die Käuferin.

Dass mit dem Vertragspunkt V. dem Bw. als Verkäufer ein "Vorteil" zufließen sollte ist schon im Vertragspunkt I. dokumentiert, wo es heißt, "der Vorteil, der dem Verkäufer mit dieser Vorgangsweise zufließen sollte, ergibt sich aus der im Punkt V) dieses Vertrages festgehaltenen Verpflichtung der Käuferin, dem Verkäufer die vertragliche Abwicklung des auf der Kaufliegenschaft von ihr zu errichtenden Projektes zu übertragen und hiefür dem Verkäufer das in Punkt V) angeführte Honorar zu bezahlen."

Gemäß § 1336 Abs. 1 ABGB ist eine Konventionalstrafe eine zwischen den vertragschließenden Teilen getroffene Übereinkunft, dass auf den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens anstatt des zu vergütenden Nachteiles ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle. Die Konventional(Vertrags)strafe ist ein pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung, Verzuges oder Schlechterfüllung tritt (vgl. Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts8, I S. 200).

Die Vertragsstrafe ist daher - im Zweifel - nicht mit einer Preisminderung gleichzusetzen, wenngleich sie allenfalls gegen das vertragliche Entgelt (den Kaufpreis) aufgerechnet werden kann ().

Eine Konventionalstrafe wäre der Gegenleistung nicht hinzuzurechnen (Vgl. Arnold/Arnold, Kommentar zum GrEStG 1987 Band I, RZ 5a zu § 5, sowie Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuergesetz9, RZ 3 zu § 11), soferne kein unmittelbarer tatsächlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstücks besteht.

Der OGH hat im Urteil vom , SZ 26/2 (zit. in Dittrich-Tades, ABGB35, § 1336, E 64) ausgesprochen, dass die zwischen dem Käufer und dem Verkäufer eines Hauses getroffene Vereinbarung, dass im Falle der Nichträumung (der nicht rechtzeitigen Räumung) einer Wohnung durch deren bisherigen Mieter vom Kaufpreis ein bestimmter Teil verfalle, einen bedingten Preisnachlass, aber keine Verpflichtung zur Zahlung einer Konventionalstrafe, darstelle.

Für die Interpretation einer Vertragsklausel ist der Rechtsfolgewillen maßgeblich, den die Parteien in dieser Klausel zum Ausdruck gebracht haben. Die eigene Qualifikation der Beteiligten hat demnach hinter diesen zum Ausdruck gebrachten Rechtsfolgewillen zurückzutreten, wenn er mit diesem nicht vereinbar ist. So kann in der vereinbarten "Vertragsstrafe" eine vorweggenommene Vereinbarung über eine Kaufpreisänderung enthalten sein (Vgl. Dorazil, GrEStG3 § 11 E 129 und Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuergesetz9, RZ 17c zu Vorbemerkungen zu § 1).

Eine derartige vorweggenommene Änderung des Kaufpreises für die Liegenschaft ist im Vertragspunkt I. ("der Vorteil, der dem Verkäufer mit dieser Vorgangsweise zufließen sollte, ergibt sich aus der im Punkt V) dieses Vertrages festgehaltenen Verpflichtung der Käuferin, ...") dokumentiert, dass dem Bw. durch die gewählte Vertragsgestaltung für den Erwerb und die Veräußerung an die Käuferin ein Vorteil zufließen sollte, der unmittelbar mit dem Grundstückstransfer zusammenhängt.

Im Vertragspunkt V. Absatz 1 wurde die Käuferin verpflichtet, den Bw. wirtschaftlich am "Erfolg" des auf der Kaufliegenschaft geplanten Projektes teilhaben zu lassen. Dass dies über die üblichen Honorarforderungen hinausgeht, ist daran ersichtlich, dass auch für den Fall dass die Abverkäufe nicht innerhalb angemessener Frist möglich sind, der Entgeltsbetrag - im um 0,2 Prozent verringerten Ausmaß - fällig wird.

Die eigentliche Regelung für die vertragliche Abwicklung der Abverkäufe ist im Absatz 2 des Vertragspunktes V. enthalten. Danach ist für die Leistung der Vertragserrichtung ein ortsübliches Honorar vereinbart. Üblicherweise werden die Kosten der Vertragserrichtung den Käufern überbunden. Dass daneben - wie im vorliegenden Fall - die Verkäuferin zusätzlich ein "Honorar" zahlen muss ist ungewöhnlich.

Dies zeigt aber, dass dieses "Honorar" in sehr engem Verhältnis zur Abwicklung des urprünglichen Ankaufes durch den Bw. und des Weiterverkaufes an die Käuferin des Grundstückes steht. Der Bw. hat sich zwar alle Kosten des Ankaufes der Liegenschaft ersetzen lassen, er hat damit aber noch keine "Entlohnung" für seine Tätigkeit gleichsam als "Treuhänder" erhalten. Denn der Bw. hat ja die Liegenschaft - wie aus Vertragspunkt I. 3. Absatz hervorgeht - von Anfang an mit der gleichzeitig gegebenen Zusage erworben, sie der nunmehrigen Käuferin ins Eigentum zu übertragen, sobald die Käuferin finanziell in der Lage ist, die Liegenschaft in ihr Eigentum zu erwerben.

Diese Entlohnung wurde auch nach der eigenen Darstellung (siehe Vertragspunkt I.) im Vertragspunkt V. vereinbart. Sollte Absatz 1 und 2 nicht zum Tragen kommen, dann ist mit Absatz 3 sichergestellt, dass diese "Entlohnung" durch die Konventionalstrafe jedenfalls erreicht wird. Diese zwar als Konventionalstrafe bezeichnete Vertragsklausel stellt jedoch nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt eine Änderung des mit Vertragspunkt V. Absatz 1 sichergestellten Vorteiles dar.

Damit ist der Absatz 3 des Vertragspunktes V. in Wirklichkeit eine vereinbarte Kaufpreisänderung mit dem Ziel, dass jedenfalls die Entlohnung (arg. "Vorteil") für die "treuhändige Tätigkeit" des Bw. im Zuge des Ankaufes des Liegenschaft sichergestellt sein sollte. Dies zeigt sich auch darin, dass nur die Beträge nach Absatz 1 und nicht auch die Beträge nach Absatz 2 auf die Leistung nach Absatz 3 angerechnet werden sollten.

Für diese Leitungen nach Absatz 2 und nur für diese treffen die Ausführungen der Berufung zu, dass jene Teile der Gegenleistung nicht in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, die von der Käuferin für andere Leistungen des Verkäufers erbracht werden, als für das Grundstück.

Nach dem Vertragsinhalt ist aber die Leistung der Käuferin nach Absatz 1 oder statt dieser die Leistung nach Absatz 3 jedenfalls zu erbringen. Damit erweist sich aber, dass mit dieser Vertragsgestaltung keine für die Bemessung der Grunderwerbsteuer irrelevante Vertragsstrafe vorliegt, sondern eine vorweggenommene Änderung des Kaufpreises der Liegenschaft.

Bei der vereinbarten Form der Konventionalstrafe handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Änderung der Gegenleistung der Käuferin für den Fall, dass sie beim Abverkauf die Vertragserrichtung und grundbücherliche Durchführung nicht (bzw. nur teilweise) durch den Verkäufer durchführen lässt.

Gemäß § 6 BewG werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, nicht berücksichtigt. Nach Abs. 2 leg.cit. gilt § 5 Abs.2 BewG für den Fall des Eintrittes der Bedingung entsprechend. § 5 Abs. 2 BewG ordnet für den Fall des Bedingungseintrittes an, dass die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern - zu denen die Grunderwerbsteuer gehört - nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen ist.

B) Zur Frage der Verjährung:

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Aus Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist ersichtlich, dass die Verjährungsfrist bei der Grunderwerbsteuer fünf Jahre beträgt. Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. d BAO in den Fällen des § 200 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt worden ist.

§ 200 Abs. 1 und 2 BAO lautet:

"Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig. Wenn die Ungewissheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt."

Nach ständiger hg. Judikatur sind vorläufige Bescheide als solche zu bezeichnen und ist diese Bezeichnung als Spruchbestandteil mit Berufung bekämpfbar. Fehlt einem Bescheid die Bezeichnung vorläufig, so ist er endgültig (vgl. dazu die bei Ritz, BAO-Kommentar2 unter Rz 7 Abs. 3 und 7 referierte hg. Judikatur). Der Bezeichnung eines Bescheides als vorläufig kommt somit wesentliche Bedeutung zu. Ist die Ungewissheit beseitigt, so ist die vorläufige Abgabenfestsetzung entweder durch eine endgültige zu ersetzen oder es ist der vorläufige Bescheid für endgültig zu erklären (Ritz a.a.O. Rz 11 Abs. 1 und 2).

Die Verjährung wird gemäß § 209 Abs 1 BAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, unterbricht jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung die Verjährung auch dann, wenn sich diese Handlung nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet hat. Lediglich die eindeutig nur gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Festsetzung kann dem durch sie nicht berührten Gesamtschuldner nicht schaden ( und , 88/16/0148).

Im gegenständlichen Fall war die Verjährung deswegen noch nicht eingetreten, weil die Ungewissheit - welche Gegenleistung von der Käuferin endgültig zu erbringen ist - erst im Jahre 1994 beseitigt wurde. Der im Jahre 1999 erlassene Bescheid ist somit innerhalb der Verjährungsfrist ergangen.

C) Zur Frage der Ermessensübung wegen Inanspruchnahme des Verkäufers:

Gemäß § 9 Z 4 GrEStG sind ua bei einem Kaufvertrag die am Erwerbsvorgang beteiligten Personen Steuerschuldner. Die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der Einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ( und , 95/16/0082).

Haften für eine Abgabenschuld zwei oder mehrere Gesamtschuldner, so wird sich die Behörde hiebei im Rahmen ihrer Ermessensübung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen werden können, wenn die Abgabenschuld vom (Haupt- )Schuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch eingebracht werden könnte. Ein Spielraum für eine Ermessensübung liegt aber nicht mehr vor, wenn die Finanzbehörde zunächst den oder die Erwerber eines Grundstückes herangezogen hat und hernach wegen offenbarer Uneinbringlichkeit der Forderung bei diesen Gesamtschuldnern die Steuer dem Verkäufer vorschreibt (, Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern II, dritter Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, RZ 20-23 zu § 9 GrEStG).

Dasselbe gilt auch, wenn die Käuferin - eine GmbH - durch die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen aufgelöst wurde. Diesfalls liegt ein Ermessensspielraum für die Behörde nicht mehr vor ().

Dieser Sachverhalt ist auch im vorliegenden Falle gegeben. Die Abgabenbehörde I. Instanz hat daher zurecht den Bw. als Verkäufer in Anspruch genommen.

Salzburg,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 200 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 9 Z 4 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
Schlagworte
Vertragsstrafe
Gegenleistung
Verjährung
Gesamtschuldner
Verweise









Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987, unter Rz 5, Abs. 1 zu § 5
Arnold/Arnold, Kommentar zum GrEStG 1987, Band I, Rz 5a zu § 5
Boruttau-Klein, Grunderwerbssteuergesetz 9, Rz 3 zu § 11
Dorazil, GrEStG 3, § 11, E 129

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