Nachsicht von Haftungsschulden wegen persönlicher und sachlicher Unbilligkeit
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze | |
RV/0623-L/02-RS1 | Kommt es wegen der Vermögenslosigkeit des Bw. und vorrangigen Pfändungen des Einkommens auf das Existenzminimum zu keinen Auswirkungen der Abgabeneinhebung auf die Einkommens- und Vermögenslage, liegt keine persönliche Unbilligkeit der Einhebung vor. |
RV/0623-L/02-RS2 | Ein für die primärschuldnerische GmbH rechtskräftig bestätigter Zwangsausgleich steht der Geltendmachung der Haftung für die die Ausgleichsquote übersteigenden rückständigen Gesellschaftsabgaben beim GmbH-Vertreter (§§ 224, 9, 80 BAO) nicht entgegen. Es handelt sich dabei also um eine ganz allgemein eintretende Auswirkung der Rechtslage. Die Einhebung von in der Zwangsausgleichquote nicht Deckung gefundenen rückständigen Gesellschaftsabgaben beim Haftungspflichtigen begründet keine sachliche Unbilligkeit, die eine Nachsicht dieser Haftungsschulden (§ 236 BAO) rechtfertigen könnte. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat
hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau
betreffend Nachsicht gemäß
§ 236 BAO vom
entschieden:
Die
Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt
unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß
§ 291
der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht
zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen
nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer
unterschrieben sein.
Gemäß
§ 292 BAO steht der Amtspartei
(§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung
innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Bw. (geb. 1955) übernahm ab Juni 1984 als
geschäftsführender Gesellschafter die Leitung der im selben Jahr
gegründeten Elektroinstallationsfirma F-GmbH. Bereits Ende der 80er Jahre
tauchten im Unternehmen auf Grund erlittener Forderungsausfälle erste
finanzielle Schwierigkeiten auf, die sich infolge einer schweren Herzerkrankung
des Bw. und dadurch nur mehr eingeschränkt möglicher
Akquisitionstätigkeit in den Folgejahren immer mehr verstärkten. Aus
genannten Gründen kam es bei der F-GmbH im Zeitraum 1989 bis 1997
wiederholt zu Verletzungen abgabenrechtlicher Erklärungs- und
Entrichtungspflichten insbesondere im Zusammenhang mit Selbstbemessungsabgaben,
für die der Bw. als Verantwortlicher insgesamt viermal nach §§ 49
Abs. 1 lit. a und 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Straflistennummern A/1990, B/1991,
C/1993 und D/1998) finanzstrafrechtlich abgestraft wurde.
Am musste für die F-GmbH beim
Landesgericht R Konkursantrag gestellt werden. Aus Anlass dieses
Insolvenzverfahrens (Zahl ab/1998) nahm die Abgabenbehörde den Bw. mit
Haftungsbescheid vom , nachdem ein vorangegangenes Schreiben
zur Erbringung eines entsprechenden Entlastungsbeweises bzw. Bekanntgabe der
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unbeantwortet
geblieben war, als Haftungspflichtigen für bei der F-GmbH
rückständige Umsatzsteuern 6-12/1997 und 1-3/1998 iHv.
189.257,00 S bzw. 57.037,00 S sowie Lohnsteuern 1/1995 bis 12/1997 von
111.199,00 S (gesamt 357.493,00 S) in Anspruch. Die Fälligkeit
dieser Haftungsschuld ist ein Monat nach Bescheidzustellung eingetreten. Der in
der Folge gegen diesen Haftungsbescheid erhobenen Berufung, mit der schuldhafte
Pflichtverletzungen des Bw. unter Hinweis auf eine nach vorhanden gewesenen
Gesellschaftsmitteln anteilig erfolgte Gläubigerbefriedigung in Abrede
gestellt wurden, war letztlich kein Erfolg beschieden, da sie verspätet
eingebracht worden war und mit Berufungsentscheidung vom
(Zahl RV ef/1998) daher als unzulässig zurückgewiesen wurde. Damit ist
der bekämpfte Haftungsbescheid in Rechtskraft erwachsen.
Das Konkursverfahren über die F-GmbH wurde mit
Beschluss vom nach rechtskräftig bestätigtem
Zwangsausgleich aufgehoben und das Unternehmen unter neuerlicher
Geschäftsführung des Bw. fortgeführt. Durch die
ausgeschüttete 20%-ige Zwangsausgleichsquote kam es zur teilweisen Tilgung
der rückständigen Gesellschaftsabgaben und gleichzeitig damit auch zu
einer Verminderung der Haftungsschuld des Bw. auf 285.994,40 S. Diese
Haftungsschuld hat sich durch Guthabensumbuchungen (10.500,00 S und
4.902,00 S) vom persönlichen Abgabenkonto des Bw. (St.Nr. vw) auf das
Abgabenkonto der Gesellschaft (St.Nr. xy) und sonstige Zahlungen bzw.
Gutschriften (10.000,00 S und 2.000,00 S) auf das Steuerkonto xy
nachfolgend noch weiter reduziert und haftet laut Finanzamtsstellungnahme vom
gegenwärtig noch mit einem Betrag v.
258.592,00 S (18.792,61 €) aus. Im Gefolge des
Zwangsausgleichsabschlusses bei der F-GmbH wurde für das Haftungsverfahren
des Bw. am ein Wiederaufnahmeantrag gestellt und
beantragt, den rechtskräftigen Haftungsbescheid ersatzlos aufzuheben, weil
es nach vereinbarungsgemäßer Ausgleichsquotenzahlung und
Restschuldbefreiung der Primärschuldnerin auch für die verbliebene
Haftungsschuld des Bw. zur Restschuldbefreiung gekommen wäre. Dieser
Wiederaufnahmeantrag blieb auf Grund abweisender Berufungsentscheidung vom
(Zahl RV gh/1999) ebenfalls erfolglos.
Mit Eingabe vom beantragte der
steuerliche Vertreter für die damals noch mit 263.494,00 S offene
Haftungsschuld Nachsicht gemäß
§ 236 BAO und bis zur
Antragserledigung auch Stundung nach § 212 BAO und brachte
antragsbegründend wie folgt vor: Die
Geschäftsführungstätigkeit des Bw. für die F-GmbH werde
derzeit unentgeltlich ausgeführt, um sämtliche Gesellschaftsmittel zur
Erfüllung des Zwangsausgleiches verfügbar zu haben. Der Antragswerber
besitze zwar ein Grundstück in St. J, dieses stehe aber nur im
Hälfteeigentum und sei außerdem in voller Höhe des
Verkehrswertes hypothekarisch zu Gunsten von Banken belastet. Der
Liegenschaftsverkauf würde somit einer Vermögensverschleuderung
gleichkommen, da die haftungsgegenständlichen Abgaben selbst dadurch nicht
bedient werden könnten, und es sich bei der genannten Liegenschaft
außerdem um das die Existenzgrundlage des Bw. darstellende
Betriebsgrundstück handle. Abgesehen davon erweise sich die
Veräußerung eines Hälfteanteiles im wirtschaftlichen Verkehr
regelmäßig als äußerst schwierig und im Anlassfall
überdies als völlig aussichtslos. Eine zusätzliche
hypothekarische Belastung dieser Liegenschaft komme auch nicht mehr in Betracht,
weil bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Persönlich
unbillig erweise sich die Einhebung der Haftungsschulden im Anlassfall deshalb,
weil sie für den Bw. besondere finanzielle Schwierigkeiten, ja eine
wirtschaftliche Notlage und außergewöhnlich belastende Wirkungen, zur
Folge hätte, und dadurch dessen Existenz gefährdet wäre. Durch
eine Nachsichtsbewilligung würde die persönliche Insolvenzgefahr des
Bw. hingegen beseitigt werden.
Mit Bescheid vom wurde dem
Nachsichtsgesuch keine Folge gegeben. Nach den entsprechenden
Entscheidungsgründen hat die Erstbehörde das Vorliegen einer
tatbestandsmäßigen Unbilligkeit im Berufungsfall zwar bejaht, im
Rahmen ihrer Ermessensentscheidung aber befunden, dass anlassgegenständlich
den für eine Abgabeneinhebung sprechenden
Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang gegenüber den im Bereich
des Antragswerbers gelegenen persönlichen Unbilligkeitsgründen zu
geben wäre. In Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit
für die F-GmbH habe der Bw. nämlich andere Gläubiger
gegenüber dem Abgabengläubiger bevorzugt befriedigt und dadurch
abgabenrechtliche Pflichten schuldhaft verletzt. Abgesehen davon diene das
Nachsichtsverfahren nicht der Nachholung von Versäumnissen im
Haftungsverfahren des Bw.. Gleichzeitig mit diesem Abweisungsbescheid wurde auch
das vorgelegene Stundungsgesuch wegen Zeitablaufes abschlägig erledigt.
Der Nachsichtantragsabweisungsbescheid wurde mit Berufung
vom in weiterer Folge rechtzeitig bekämpft und
rechtsmittelbegründend Folgendes vorgebracht: Gegen die Verwertung des
Grundvermögens des Bw. spreche ergänzend auch, dass eine solche im
Falle eines Liegenschaftshälftebesitzes nur mit erheblichen Abschlägen
vom Verkehrswert möglich wäre. Anderes Vermögen besitze der Bw.
aber nicht. An laufenden Einnahmen beziehe der Einschreiter derzeit eine
monatliche Bruttogeschäftsführervergütung von der F-GmbH iHv.
12.000,00 S und monatliche Mieteinnahmen von der F-GmbH iHv.
3.000,00 S vor Steuern. Diesen Einnahmen stünden mtl.
Rückzahlungsverpflichtungen aus Bankbürgschaften von 13.271,00 S
gegenüber, weshalb der Bw. seinen Lebensunterhalt aus dem geringen
Differenzbetrag und dem Einkommen der Ehegattin bestreiten müsse. Eine
Bezugserhöhung komme wegen des abgeschlossenen Zwangsausgleiches aus
wirtschaftlichen Gründen ebenso nicht Betracht. Zufolge der dargestellten
Einkommens- und Vermögenslage könne der Bw. den drohenden
Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Abgabengläubiger somit
keinesfalls nachkommen. Es werde deshalb ersucht, dem Nachsichtsbegehren
stattzugeben, und dabei zu berücksichtigen, dass steuerschädliche
Verhaltensweisen eines Nachsichtswerbers einer Nachsichtsgewährung zwar
abträglich sein können, vorliegend aber wegen tatsächlich nicht
vorhanden gewesener Gesellschaftsmittel kein Verschulden des Bw. an der
Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben bestünde. Zum
Nachweis dieses Vorbringens wurden dem Rechtsmittelschriftsatz eine Aufstellung
über den Liegenschaftsbesitz des Bw. samt Darstellung der darauf zu Gunsten
der R-Bank St. J hypothekarisch besicherten Pfandrechte sowie ein Schreiben der
R-Bank vom angeschlossen. Daraus geht hervor, dass der
Bw. damals auf Grund von privat wie auch für die F-GmbH aufgenommen
Krediten, für die er wegen bestehender Bürgschaftsverträge bzw.
der Zustimmung der Bank zum Zwangsausgleich aber ebenfalls zur Abdeckung
verpflichtet ist, Schulden und mtl. Rückzahlungsverpflichtungen von gesamt
2.281.051,00 S bzw. 13.271,00 S hatte (Kredite Kontonummer E (Saldo
614.002,00 S, mtl. Rate 3.200,00 S), Kontonummer F (Saldo
237.567,00 S, mtl. Rate 1.250,00 S), Kontonummer G (Saldo
103.157,00 S, mtl. Rate 600,00 S), Kontonummer H (Saldo
302.563,00 S, mtl. Rate 1.600,00 S), Kontonummer I (Saldo
258.046,00 S, mtl. Rate 1.350,00 S), Kontonummer J (Saldo
293.039,00 S, mtl. Rate 1.500,00 S) und Kontonummer K (Saldo
472.677,00 S, mtl. Rate 3.771,00 S). Laut vorgelegter
Liegenschaftsaufstellung ist der Bw. Hälfteeigentümer der EZ
"Betriebsgrundstück" im Gesamtausmaß von 798 m² und der EZ
"Wald" im Gesamtausmaß von 11.108 m². Auf erstgenannter Liegenschaft
waren im November 1999 Pfandrechte zu Gunsten der R-Bank St. J in
Gesamthöhe von 2.037.000,00 S (im Einzelnen Hypotheken über
260.000,00 S, 200.000,00 S, 560.000,00 S, 380.000,00 S und
637.000,00 S) und auf zweitgenannter solche in Gesamthöhe von
962.000,00 S (im Einzelnen Hypotheken über 325.000,00 S und
637.000,00 S) intabuliert. Für die Hypothek über
637.000,00 S bestand dabei eine Simultanhaftung auf beiden
Liegenschaften.
Die Berufung gegen den Nachsichtantragsabweisungsbescheid
wurde in der Folge unmittelbar an die Finanzlandesdirektion für O.Ö.
als damals zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung
vorgelegt. Mit dem Abgabenrechtsmittelreformgesetz (BGBl. I 2002/97) wurde
mit Wirksamkeit der unabhängige Finanzsenat als
neue Abgabenbehörde zweiter Instanz installiert. Da obige Berufung zu
diesem Zeitpunkt noch unerledigt war, ist danach die Entscheidungskompetenz
für sie am auf den UFS übergegangen. Im Zuge
der Berufungserledigung hat sich durch eine Grundbuchsabfrage bestätigt,
dass der Bw. gemeinsam mit seiner Ehegattin zwar je Hälfteeigentümer
der EZ "Betriebsgrundstück" und EZ "Wald" ist, diese Liegenschaften aber
durch hohe Hypotheken schwer belastet sind. Mit Abfragedatum sind in der EZ "Betriebsgrundstück" insgesamt fünf
Höchstbetragspfandrechte zu Gunsten der R-Bank St. J iHv.
260.000,00 S, 200.000,00 S, 560.000,00 S 380.000,00 S und
637.000,00 S, weiters Pfandrechte zu Gunsten der R-Bank B. iHv.
5.900,00 € (81.186,00 S) und ein Pfandrecht zu Gunsten der
Republik Österreich iHv. 562,51 € (7.733,00 S) eingetragen,
sodass hierfür gegenwärtig eine Gesamtbelastung von
154.497,00 € (2.125.919,00 S) festzustellen ist. Auf der
Liegenschaft EZ "Wald" sind für denselben Zeitpunkt Pfandrechte v.
325.000,00 S und 637.000,00 S (Simultanhaftung mit EZ
"Betriebsgrundstück") zu Gunsten der R-Bank St. J und v.
5.900,00 € bzw. 562,51 € (je ebenfalls Simultanhaftung mit
EZ "Betriebsgrundstück") zu Gunsten der R-Bank B. und der Republik
Österreich ausgewiesen. Die Gesamtbelastung dieser Liegenschaft liegt somit
derzeit bei 76.373,00 € (1.050.919,00 S). Auf Grund einer
Firmenbuchabfrage war außerdem festzustellen, dass die Fa. F-GmbH
mittlerweile nach Abweisung des weiteren Konkursantrages (Beschluss vom
, Zahl cd/2002) seit
aufgelöst und seit gelöscht ist. Zufolge
dieser Erhebungsergebnisse wurde das Finanzamt anlässlich der
Aktenanforderung daher ersucht, der erkennenden Behörde derzeitige
Beschäftigung und Sorgepflichten des Bw. und ferner die geschätzten
Verkehrswerte der Liegenschaften EZ "Betriebsgrundstück" und EZ "Wald"
bekannt zu geben. Am wurde dazu mitgeteilt, dass der Bw.
noch für die 1985 geborene Tochter J.F. sorgepflichtig und seit
Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitspension der SVA iHv.
von 614,00 € netto monatlich sei. Die Verkehrswerte wurden betreffend
EZ "Wald" anhand do. Kaufpreissammlung schätzungsweise mit rd.
21.000,00 € und betreffend EZ "Betriebsgrundstück" anhand
Aktenlage des Bewertungsaktes überschlagsmäßig mit rd.
200.000,00 € beziffert. Berücksichtigt man Lage dieser
Liegenschaften, das zu Gunsten des Bw. lediglich bestehende Hälfteeigentum,
weiters die zu Gunsten anderer Gläubiger eingetragenen Pfandrechte und die
dazu gegenwärtig tatsächlich höher aushaftenden oben bezifferten
Bankverbindlichkeiten, so ist nach Gegenüberstellung mit den grob
geschätzten Liegenschaftsverkehrswerten selbst bei Bedachtnahme auf die
bestehenden Simultanpfänder realistisch betrachtet nicht davon auszugehen,
dass die aushaftende Haftungsschuld gegebenenfalls aus entsprechenden
Verwertungserlösen befriedigt werden kann. Dieses zwar im zivilrechtlichen
Hälfteeigentum des Bw. stehende Liegenschaftsvermögen stellt nach
vorliegender Aktenlage somit keinen für die Einbringlichmachung der
Haftungsschuld des Bw. tauglichen Vermögenswert dar.
Mit
Ergänzungsvorhalt vom wurde der Bw. unter Bekanntgabe
der vorstehenden Ermittlungsergebnisse aufgefordert, seine aktuellen
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse anher mitzuteilen und
entsprechend nachzuweisen. Gleichfalls sollten auch Nettoeinkommen der Ehegattin
und bekannt gegeben werden, ob die ausgewiesene Vertretervollmacht noch aufrecht
ist, wie hoch der Rückkaufswert der aktenkundig bei der B-Versicherung AG
(Pol.Nr. ij) und R-Versicherung AG (Pol.Nr. kl, mn, op) abgeschlossenen
Lebensversicherungen ist, welchen Verwendungszweck die ehemals betrieblich
genutzten Räumlichkeiten derzeit hätten, und ob derzeit
Möglichkeiten zur Aufbringung finanzieller Mittel für die
Abgabentilgung bestünden. Unter Hinweis auf die dokumentierte
äußerst angespannte Finanzlage des Bw. wurde dieser
abschließend noch ersucht, darzulegen, in wie weit danach eine Nachsicht
der Haftungsschuld überhaupt zu einer Entspannung bzw. Sanierung beitragen
könnte. In Reaktion auf diesen Vorhalt teilte der Bw. am telefonisch mit, er sei infolge seiner Pensionierung bereits seit
längerem steuerlich unvertreten und wisse überhaupt nicht, worum es
vorliegend eigentlich ginge, da er bis zum Erhalt des Vorhaltschreibens davon
ausgegangen wäre, dass infolge Zwangsausgleiches und Restschuldbefreiung
der F-GmbH auch seine persönliche Haftungsschuld erloschen sei. Nach
Aufklärung, dass Gegenstand dieses Berufungsverfahrens nicht der
Haftungsbescheid selbst, sondern das für die Haftungsschuld gestellte
Nachsichtsgesuch, und dafür ein aktueller Einkommens- und
Vermögensstatus des Bw. erforderlich sei, gab der Bw. mit Eingabe vom
sodann Folgendes bekannt: Die
Geschäftstätigkeit der zuletzt als Ein-Mann-Betrieb geführten
F-GmbH sei im Laufe des Jahres 2002 wegen seiner schweren Herzerkrankung
sukzessive und mit Konkursabweisung im September 2002 endgültig eingestellt
worden. Seither stehe das Geschäftslokal leer, es wäre in den
vergangenen Monaten aber vom älteren Sohn in künftiger
Vermietungsabsicht renoviert worden. Es sei nämlich geplant, die
Liegenschaften EZ "Betriebsgrundstück" und EZ "Wald" gegen Übernahme
der Hypotheken und entsprechenden Rückzahlungsverpflichtungen zur
Gänze an den älteren Sohn zu übereignen, und eingehende
Mieteinnahmen zur Abdeckung der Kreditrückzahlungsverpflichtungen
heranzuziehen. Mit dieser Transaktion bzw. der Kreditumschuldung seien seit
geraumer Zeit Bankenmakler beauftragt, die bei den involvierten Kreditinstituten
teilweise Schulderlässe und günstige Umschuldungskonditionen
ausverhandeln sollen. Vom Ergebnis dieser Verhandlungen und Finden eines
geeigneten Mieters hänge es ab, ob die geschilderten Pläne realisiert
werden können. Sollte dies nicht der Fall sein, müsse das Haus
zwangsläufig versteigert werden. Die grundbücherlich sichergestellten
Schulden wären im Übrigen hauptsächlich durch den Betrieb der
F-GmbH veranlasst. Soweit es die damals eingeräumt gewesenen Kontenrahmen
zugelassen und die Banken Geldmittel zur Verfügung gestellt hätten,
wären diese Mittel stets zur Forderungsbefriedigung laufender
Exekutionsverfahren verwendet worden. Davon wären nicht nur andere, sondern
gleichermaßen auch der Abgabengläubiger betroffen gewesen. Der
Vorwurf ungleichmäßiger Gläubigerbefriedigung und damit
schuldhafter Pflichtverletzungen könne angesichts dessen daher nicht
nachvollzogen werden. Außerdem sei der Einschreiter bislang davon
ausgegangen, dass es auch hinsichtlich seiner in der Zwangsausgleichsquote nicht
Deckung gefundenen Haftungsschulden zur Restschuldbefreiung gekommen wäre.
Wenn dies laut Mitteilung der Berufungsbehörde aber nicht der Fall sei, und
damit der Großteil der Haftungsschulden weiterhin aushafte, frage es sich,
weshalb er seine Gesundheit im Bemühen um Aufbringung der
Zwangsausgleichsquote völlig ruiniert habe. Im Übrigen könne er
diese Abgaben auf Grund gegebener Finanzlage sowieso nie mehr bezahlen.
Außer den beiden hypothekarisch massiv belasteten Liegenschaften (laut
Beilage /E), einem rd. 14 Jahre alten PKW und der ebenfalls bis zu einem
Leistungsbetrag von 320.556,00 S an die R-Bank St. J verpfändeten
Lebensversicherung bei der B-Versicherung AG (laut Beilage /C) besitze er
nämlich kein weiteres Vermögen mehr. An laufenden Einkünften
werde auf Grund des attestierten schweren Herzleidens (lt. Beilage) derzeit eine
monatliche Erwerbsunfähigkeitspension von der SVA und eine monatliche Rente
von der LVA in laut Beilagen /A und /B angeführter Höhe bezogen. Die
ebenfalls chronisch kranke Ehegattin erhalte laut Beilage /D einen
Pensionsvorschuss von täglich 9,33 €. Außer den
Verbindlichkeiten bei der R-Bank St. J bestünden noch ebenfalls
grundbücherlich sichergestellte Kreditverbindlichkeiten gegenüber der
R-Bank B. in derzeitiger Höhe von 6.700,00 € sowie Schulden
gegenüber dem früheren steuerlichen Vertreter und der GKK iHv.
4.900,00 € und 7.526,96 € (laut Beilage /F). Die mtl.
Fixkosten für den Wohnbedarf beliefen sich auf rd. 402,00 € und
würden derzeit je zu einem Viertel vom Einschreiter, seiner Ehegattin, dem
älteren Sohn und der Tochter J.F. getragen. Aus Anlass dieser
Vorhaltsbeantwortung legte der Bw. erneut eine Aufstellung der bei der R-Bank
St. J bestehenden Kreditkonten samt Saldenständen zum und einer Darstellung, inwieweit diese Verbindlichkeiten durch
grundbücherliche Sicherstellung, Bürgschaften und Verpfändung
sonstiger Forderungen (Spareinlagen, Lebensversicherung) besichert seien, vor
(Beilage/E). Daraus ergibt sich, dass beim genannten Kreditinstitut derzeit acht
Kreditkonten bestehen, wovon zwei (Kontonummer J und K) dem Bw. persönlich
und sechs (Kontonummer E, F, G, H, I und L) der ehemaligen F-GmbH, für die
der Bw. aber ebenfalls rückzahlungspflichtig ist, zuzuordnen sind. Diese
Kredite haften nach vorliegender Aufstellung derzeit mit 49.881,00 €
(Kontonummer E), 19.104,00 € (Kontonummer F), 8.255,00 €
(Kontonummer G), 22.448,00 € (Kontonummer H), 20.671,00 €
(Kontonummer I), 38.061,00 € (Kontonummer J), 34.872,00 €
(Kontonummer K) und ein vom ursprünglichen Berufungsschriftsatz noch nicht
mitumfasster Betriebskredit (Kontonummer L) mit 15.124,00 €, insgesamt
also mit 208.416,00 € (2.867.8667,00 S), aus. Die mtl.
Rückzahlungsraten hierfür betrügen laut Parteivorbringen derzeit
zwischen 1.235,00 € und 1.450,00 €, werden nach Angabe des
Bw. aber wegen der tristen Finanzlage seit etwa einem Jahr nicht mehr
getätigt, weshalb sich die entsprechenden Saldenstände vergleichsweise
zu November 1999 jeweils beträchtlich erhöht haben. Außer diesen
Bankverbindlichkeiten hat der Bw. noch Schulden bei der GKK (Beilage /F) in
aktuell ermittelter Höhe von rd. 6.300,00 €, für die derzeit
monatlich 100,00 € abgestattet werden. Weiters bestehen noch die
bereits genannten Schulden und Kreditverbindlichkeiten gegenüber dem
steuerlichen Vertreter und der R-Bank B. im Gesamtausmaß von
11.600,00 €, für die laut Parteivorbringen zurzeit ebenfalls
keine Rückzahlungen geleistet werden. Zum Nachweis der laufenden Pensions-
und Renteneinkünfte wurden im Vorhaltsverfahren vorerst Bescheide der SVA
vom und der LVA vom (Beilagen
/A und B) vorgelegt. Da anhand dieser Unterlagen Rückschlüsse auf das
aktuelle Monatseinkommen des Bw. unmöglich waren, wurde am nochmals telefonisch die Bekanntgabe des derzeitigen Monatseinkommens
urgiert. Auf Grund dabei gemachter Angaben steht fest, dass der Bw. zurzeit eine
mtl. Erwerbsunfähigkeitspension der SVA iHv. 621,17 € netto zzgl.
Sonderzahlungen und eine Rente von der LVA iHv. 65,35 € netto bezieht.
Sein monatliches Nettoeinkommen beträgt somit 686,52 €. Zur mit
Vorhaltsbeantwortung ebenfalls unbeantwortet gebliebenen Frage, wie hoch der
Rückkaufswert der drei Lebensversicherungen bei der R-Versicherung AG
(Pol.Nr. kl, Pol.Nr. mn und Pol.Nr. op) gegenwärtig sei, steht auf Grund
dazu anlässlich des geführten Telefonates gemachter Mitteilung fest,
dass es sich dabei nicht um Lebens-, sondern um Kreditrestschutzversicherungen
zu Gunsten der R-Bank St. J für den Ablebensfall des Bw. handelt. Durch
ergänzende Erhebung wurde darüber hinaus noch erhoben, dass der
Nachsichtswerber für niemanden mehr sorgepflichtig ist, da auch sein
letztgeborenes Kind (Tochter J. F. geb. 1985) mittlerweile auf Grund eigener
Einkünfte selbsterhaltungspflichtig ist. Schließlich war anhand der
vorgelegten Verwaltungsakten auch noch festzustellen, dass der Bw. mit
Pensionsantritt im Juni 2002 eine Erklärung zur Abtretung seiner
Pensionsansprüche zu Gunsten der Republik Österreich zwecks Tilgung
rückständiger Abgaben unterfertigt hat. Das aus diesem Anlass an die
SVA ergangene Finanzamtsgesuch um Überweisung von Pensionszahlungen des Bw.
wurde mit Schreiben der SVA vom mit der Begründung
abschlägig beantwortet, dass für den Pensionsanspruch des Bw. bereits
eine vorrangige Forderungspfändung iHv. 2.314,87 € s.A. bestehe,
hierfür aber wegen des damals unter dem monatlichen Existenzminimum
gelegenen Pensionsbezuges (614,00 € netto mtl.) keine Beträge
einbehalten würden. Zurzeit verfügt der Bw. über monatliche
Nettopensions- und Renteneinkünfte von gesamt 686,52 € zzgl.
Sonderzahlungen und hat keine Sorgepflichten. Auf Grund § 291a Abs. 1
Exekutionsordnung iVm. der geltenden Existenzminimum-Verordnung 2003
(BGBl. II 2003/125) beträgt der monatlich unpfändbare Freibetrag
bei solcher Sachlage 661,10 €. Damit ist festzustellen, dass der Bw.
derzeit über ein in etwa dem gesetzlichen Existenzminimum entsprechendes
Monatseinkommen verfügt. Da für den Pensionsanspruch gegenüber
der SVA laut Ermittlungsergebnissen bereits eine dem Abgabengläubiger
vorrangige Forderungspfändung in vorgenannter Höhe besteht, ist
angesichts dieser Faktenlage weder im gegebenen Zeitpunkt noch in naher Zukunft
eine Einbringlichmachung der noch offenen Haftungsschuld durch Zugriff auf das
laufende Monatseinkommen ebenso nicht möglich. Die aushaftende
Haftungsschuld von 18.792,61 € (258.592,00 S) ist im
gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt auf Grund vorstehender
Ermittlungsergebnisse somit als uneinbringlich zu qualifizieren.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gemäß
§ 236 Abs.1 BAO können
fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder
zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage
des Falles unbillig wäre. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung findet Absatz 1 auf
bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. Da
§ 77 Abs. 2 BAO bestimmt, dass die für die Abgabepflichtigen
getroffenen Anordnungen, soweit nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß
auch für die kraft abgabenrechtlichen Vorschriften persönlich für
eine Abgabe Haftende gelten, sind (potenziell oder bereits in Anspruch
genommene) Haftungspflichtige ebenfalls nach § 236 BAO antragslegitimiert
(vgl. Ritz, BAO-Kommentar § 236 Tz. 3; ). Bei Gesamtschuldverhältnissen, wie sie etwa zwischen einer
juristischen Person (GmbH) und deren mit Haftungsbescheid in Anspruch genommenen
Vertreter (Geschäftsführer) bestehen, müssen die Voraussetzungen
für eine Nachsicht gemäß
§ 236 BAO bei allen
Gesamtschuldnern vorliegen, da die Nachsichtsbewilligung hinsichtlich
sämtlicher Gesamtschuldner das Erlöschen der nachsichtsbetroffenen
Abgaben zur Folge hat. In solchem Fall hat der Nachsichtswerber somit schon im
Antrag zu behaupten, dass die Abgabeneinhebung nach Lage des Falles bei allen
Gesamtschuldnern unbillig ist, andernfalls er eine Abweisung seines
Nachsichtgesuches zu gewärtigen hat ( bzw.
0182). Im entscheidungsgegenständlichen Fall hat der Bw. ein solches
Vorbringen im Nachsichtsverfahren nicht erstattet. Dem vorliegenden
Nachsichtsgesuch war dieser Umstand allein dessen ungeachtet aber nicht
abträglich, weil es für die F-GmbH mit Abschluss des Zwangsausgleiches
Ende 1998/Anfang 1999 und entsprechender Quotenzahlung auf Grund § 156
ff. KO zur Restschuldbefreiung gekommen und damit im
Nachsichtantragstellungszeitpunkt am ein die vorgenannte
Behauptungspflicht auslösendes Gesamtschuldverhältnis zwischen der
F-GmbH und dem Nachsichtswerber überhaupt nicht mehr vorgelegen
ist.
Nach dem Wortlaut des § 236 BAO ist die
Unbilligkeit der Abgabeneinhebung
tatbestandsmäßige Voraussetzung für eine
Nachsichtsgewährung. Nur wenn das Vorliegen einer Unbilligkeit im konkreten
Einzelfall bejaht wird, kann es in einem weiteren Verfahrensschritt
überhaupt zu einer Ermessensentscheidung (vgl. ..." die Abgabenbehörde
kann nachsehen"...), im Rahmen derer über das Nachsichtsgesuch nach
Billigkeit und Zweckmäßigkeit (§ 20 BAO) zu entscheiden
wäre, kommen. Lässt ein konkret vorliegender Sachverhalt schon die
Annahme einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht zu, dann ist das
Nachsichtsgesuch wegen Fehlens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen
bereits aus Rechtsgründen abzuweisen, für eine Ermessensentscheidung
bleibt diesfalls kein Raum (; ). Die Unbilligkeitder Abgabeneinhebung
(bzw. der Einhebung einer
Haftungsschuld) kann nach Lage des Falles eine
persönliche, in der
wirtschaftlichen Situation des Nachsichtswerbers begründete, und/oder eine
sachliche, in anderen als
persönlichen Umständen begründete, sein und muss stets in den
Besonderheiten des Einzelfalles begründet liegen (;;). Nach
ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist von
persönlicher
Unbilligkeit immer dann
auszugehen, wenn die Einhebung der Abgabe (Haftungsschuld) in keinem
wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die
sich aus der Einziehung für den Abgabepflichtigen (Haftungspflichtigen)
oder den Steuergegenstand ergäben. Zwischen der Abgabeneinhebung (Einhebung
der Haftungsschuld) und den im subjektiven Bereich des Abgabepflichtigen
(Haftungspflichtigen) entstehenden Nachteilen muss somit ein wirtschaftliches
Missverhältnis vorliegen (), es also zu einer
anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu
einem atypischen Vermögenseingriff kommen (;
; ). Damit macht ein
auf diesen Unbilligkeitsgrund gestütztes Antragsvorbringen aber unabdingbar
eine Auseinandersetzung mit der persönlichen Situation des Antragswerbers,
insbesondere mit dessen wirtschaftlicher Lage, erforderlich. Würde
esdanach
durchdie Abgabeneinziehung (Einziehung der Haftungsschuld) beim Antragswerber
bzw. bei dessen Familie zu einer Gefährdung des Nahrungsstandes bzw. zur
Existenzgefährdung kommen, dann ist jedenfalls von persönlicher
Unbilligkeit auszugehen (VwGH v., 96/13/0086; ). Im Übrigen liegt ein solches wirtschaftliches
Missverhältnis aber auch schon dann vor, wenn die Abgabenabstattung
(Abstattung der Haftungsschuld) für den Nachsichtswerber mit
außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre.
Allein die Notwendigkeit, für die Abgabenabstattung (Abstattung der
Haftungsschuld) vorhandene Vermögenswerte (z.B. Grundvermögen)
einzusetzen, macht dabei die Abgabeneinhebung (Einhebung der Haftungsschuld)
aber noch nicht unbillig, da der Nachsichtswerber grundsätzlich
verpflichtet ist, alle vorhandenen Mittel zur Abgabenentrichtung (Entrichtung
der Haftungsschuld) einzusetzen, und er dazu gegebenenfalls auch vorhandene
Vermögenssubstanz anzugreifen hat (). Das
Vorliegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Auswirkungen ist im
gegebenen Zusammenhang aber etwa dann zu bejahen, wenn die Abgabenschuld
(Haftungsschuld) trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung oder
gar Verschleuderung vorhandener Vermögenswerte beglichen werden könnte
(; ; ).
Tritt im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom
Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis ein, und ist die
Abgabeneinhebung (Einhebung der Haftungsschuld) nicht bloße Auswirkung
bzw. Folge des ordnungsgemäßen Vollzuges einer generellen
Abgabennorm, so kann dies Anlassfall für eine Abgabennachsicht (Nachsicht
der Haftungsschuld) auf Grund
sachlicher
Unbilligkeit sein (; ; ). § 236 BAO eröffnet somit die Möglichkeit, eine in
Folge der besonderen Umstände des Einzelfalles eingetretene, besonders
harte Auswirkung der Abgabenvorschriften, die der Gesetzgeber, wäre sie
voraussehbar gewesen, vermieden hätte, im Nachsichtsweg zu
mildern.
Nachsichtsbewilligungen stellen antragsgebundene
Verwaltungsakte dar. Da die Partei im vom Antragsprinzip geprägten
Verfahren eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft (), hat somit der Nachsichtswerber das Vorliegen all jener
Umstände, auf die die Nachsicht gestützt werden kann, von sich aus
einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels darzutun ( ). Bei ihm liegt also das Hauptgewicht
der antragsbegründenden Behauptungs- und Beweislast, die Behörde hat
im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht dagegen nur die tatsächlich
geltend gemachten Nachsichtsgründe auf ihre Tauglichkeit für eine
Antragsgewährung zu prüfen und ist damit insbesondere nicht
verpflichtet, allenfalls bekannte, jedoch unbehauptet gebliebene
Nachsichtsgründe von sich aus aufzugreifen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar,
§ 236 Tz. 1).
Berufungsgegenständlich wurde vom mittlerweile nicht
mehr bevollmächtigten steuerlichen Vertreter am ein
Nachsichtsgesuch für dem Bw. mit Haftungsbescheid vom
gemäß
§§ 9, 80 und 224 BAO im Umfang von 357.493,00 S
vorgeschriebene, gemäß
§ 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO binnen
Monatsfrist fällig gewordene, im Antragstellungszeitpunkt jedoch auf Grund
inzwischen entrichteter Zwangsausgleichsquote und sonstiger schuldtilgender
Gutschriften nur mehr im Gesamtbetrag von 263.494,00 S aushaftend gewesene
Selbstbemessungsabgaben der ehemaligen Fa. F-GmbH gestellt. Gestützt wurde
dieser Nachsichtsantrag vorerst nur auf das Vorliegen einer persönlichen
Unbilligkeit der Einhebung der Haftungsschuld, da dieser Antrag mit Einkommens-
(wegen wirtschaftlich begründetem Verzicht auf den
Geschäftsführerbezug) und Vermögenslosigkeit des Bw. (wegen voll
ausgeschöpfter hypothekarischer Belastung der im Hälfteeigentum des
Bw. stehenden Betriebsliegenschaft) begründet und weiters vorgebracht
wurde, dass eine Liegenschaftsverwertung anlassgegenständlich deshalb einer
Vermögensverschleuderung gleichkäme, weil es auf Grund der Höhe
der darauf zu Gunsten anderer Gläubiger sichergestellten Pfandrechte
ohnedies zu keiner Bedienung der rückständigen Haftungsschuld kommen
würde, und die Betriebsliegenschaft außerdem die Existenzgrundlage
des Antragstellers darstelle.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom hat
das belangte Finanzamt dieses Nachsichtsgesuch ungeachtet der Bejahung einer
vorliegenden persönlichen Unbilligkeit abgewiesen, weil es im Zuge der
Ermessensübung zur Ansicht gelangte, dass das aktenmäßig
dokumentierte steuerliche Verhalten des Bw. in Ausübung seiner
Geschäftsführertätigkeit für die F-GmbH, nämlich
wiederholte Verletzungen von abgabenrechtlichen Erklärungs- und
Entrichtungspflichten und damit insbesondere verbunden gewesene
ungleichmäßige Befriedigung des Abgabengläubigers, eine
Abgabennachsicht aus Zweckmäßigkeitsgründen und trotz der im
Einbringungsfall beim Bw. zu gewärtigenden Nachteile nicht
rechfertige.
In der dagegen eingebrachten Berufung vom
wurde das Antragsvorbringen auf Grund inzwischen veränderter
Einkommenssituation des Bw. modifiziert bzw. auch ergänzt und vorgebracht,
dass der Antragswerber nunmehr zwar über ein monatliches Gesamteinkommen
von 15.000,00 S vor Steuern (aus Geschäftsführungstätigkeit
und Liegenschaftsvermietung für bzw. an die F-GmbH) verfüge, dem
gegenüber aber monatliche Kreditrückzahlungsverpflichtungen v.
13.271,00 S stünden, weshalb dem Bw. zum Leben tatsächlich nur
der daraus resultierende geringe Restbetrag verbleibe. Abgesehen davon erweise
sich eine Einbringung der Haftungsschuld gegenständlich auch deshalb als
unbillig, weil im Fall der Verwertung der nur im Hälfteeigentum des Bw.
stehenden Liegenschaft mit erheblichen Erlösabschlägen gerechnet
werden müsse. Schlussendlich wurde Bezug nehmend auf die erstinstanzlichen
Entscheidungsgründe noch releviert, dass zum Zeitpunkt der dem Bw.
angelasteten Pflichtverletzungen Gesellschaftsmittel bei der F-GmbH nicht mehr
vorhanden gewesen wären, und eine Entrichtung der fälligen
Gesellschaftsabgaben deshalb überhaupt nicht mehr möglich gewesen
wäre. In Ergänzung zum bisher allein auf persönliche
Unbilligkeitsgründe gestützten Antragsvorbringen wurden mit diesem
Vorbringen auch Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der
vorgeschriebenen Haftungsschuld erhoben und damit Gründe aufgezeigt, die
die Haftungsschuldeinhebung jedenfalls nach Ansicht des Einschreiters auch als
sachlich unbillig erscheinen ließen.
Da sich die Rechtsmittelbehörde zufolge des ua. auf
persönliche Unbilligkeit gestützten Parteivorbringens zwingend mit der
wirtschaftlichen Situation des Nachsichtswerbers auseinander zu setzen und sie
dabei von der Sachlage im Berufungsentscheidungszeitpunkt auszugehen hatte
(Ritz, BAO-Kommentar, § 289 Tz. 11; ), wurde
der Bw. im abgeführten Rechtsmittelverfahren wegen der bereits längere
Zeit zurückliegenden Nachsichtantragsstellung bzw. Berufungseinbringung zur
Aktualisierung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse
aufgefordert. Dabei hat sich auf Grund des zum Teil neuerlich ergänzten
Parteivorbringens nunmehr nachgewiesenermaßen ergeben, dass der
Rechtsmittelwerber schwer herzleidend ist und deshalb seit Beendigung der
Geschäftstätigkeit der F-GmbH (Mitte 2002) eine
Erwerbsunfähigkeitspension von der SVA von derzeit 621,17 € netto
monatlich bezieht. Weiters erhält er aus selbem Grund von der LVA eine
monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung von 65,35 €. Von diesem
mtl. Gesamteinkommen von 686,52 € hat der Bw. 100,00 € als
monatliche Rate für bei der GKK derzeit noch mit rund 6.300,00 €
aushaftende Beitragsrückstände abzustatten, mit weiteren rd.
100,00 € monatlich anteilig zum Wohnungsaufwand beizutragen und aus
dem Rest im wesentlichen seinen eigenen Unterhalt zu bestreiten, da seine
Ehegattin eigene, wenn auch geringe Einkünfte von rd. 310,00 €
monatlich bezieht, und die ehelichen Kinder lt. Erhebungsergebnissen ebenfalls
bereits selbsterhaltungsfähig sind. An Vermögen besitzt der
Rechtsmittelwerber gemeinsam mit seiner Ehegattin eine Hälfte der
Liegenschaft EZ " Wald" und der Liegenschaft EZ
"Betriebsgrundstück", wobei letztere seit je her als Wohnsitz
dient und bis zur Beendigung der F-GmbH Mitte 2002 zum Teil auch betrieblich
genutzt war. Der betrieblich genutzt gewesene Liegenschaftsanteil steht seit der
Firmenauflösung leer, wurde jedoch in den letzten Monaten vom älteren
Sohn des Einschreiters adaptiert und soll in Zukunft von diesem vermietet
werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die mit den kreditgebenden
Banken seit einiger Zeit aufgenommenen Umschuldungsverhandlungen Erfolg haben,
und danach eine Übereignung der Liegenschaften EZ
"Betriebsgrundstück" und EZ "Wald" samt
grundbücherlich sichergestellten Pfandrechten vom Bw. und seiner Ehegattin
an den älteren Sohn stattfinden kann. Derzeit stehen die genannten
Liegenschaften jedoch nachweislich noch im Hälfteeigentum des Bw., sind auf
Grund der Ermittlungsergebnisse (Grundbuchsauszüge, Bankbestätigungen,
Parteivorbringen, überschlagsmäßige Verkehrswertschätzung
des Finanzamtes) jedoch jeweils bis zum geschätzten erzielbaren
Verwertungserlös durch zu Gunsten der R-Bank St. J, der R-Bank B. und der
Republik Österreich sichergestellte Pfandrechte massiv belastet. Die auf
der EZ "Betriebsgrundstück" intabulierten Hypotheken betragen
insgesamt 154.497,00 €, jene auf der EZ "Wald" insgesamt
76.373,00 €, wobei für Pfandrechte im Umfang von
52.755,00 € laut Grundbuchsstand eine Simultanhaftung auf beiden
Liegenschaften besteht. Dem überwiegenden Teil dieser Pfandrechte liegen
Bankkredite bei der R-Bank St. J und der R-Bank B. zugrunde, die der Bw.
entweder persönlich oder im Rahmen der
Geschäftsführungstätigkeit bei der F-GmbH für diese
aufgenommen hat und wofür er nach vorliegenden Erhebungsergebnissen
vorrangig rückzahlungspflichtig ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkt
beläuft sich der Rückstand aus den bei der R-Bank St. J in Anspruch
genommenen acht Krediten auf insgesamt 208.416,00 € und jener aus
einem Kredit bei der R-Bank B. auf 6.700,00 €. Diese Saldenstände
haben sich seit Berufungseinbringung im November 1999 massiv erhöht und
sind auch weiterhin im Ansteigen begriffen, da wegen der sehr beengten
Einkommensverhältnisse des Bw. für sämtliche genannten
Kreditverbindlichkeiten seit rund einem Jahr überhaupt keine
Rückzahlungen mehr geleistet werden. Ausgehend von den vorstehenden
Erhebungsergebnissen und unter Berücksichtigung, dass der Bw. nur
Hälfteeigentümer der genannten Liegenschaften, diese aber im
wesentlichen bis zum Gesamtwert zu Gunsten anderer Gläubiger belastet sind,
kommt die erkennende Behörde somit zum Schluss, dass die
Einbringungsmöglichkeit der nachsichtsbetroffenen Haftungsschulden durch
exekutiven Zugriff auf diese Liegenschaften nach gegenwärtigem
Ermittlungsstand als negativ zu beurteilen ist. Zum selben Ergebnis gelangt der
unabhängige Finanzsenat im Übrigen aber auch bei Beurteilung der
sonstigen Vermögens- und der Einkommensverhältnisse des
Nachsichtswerbers. In dem der Bw. außer dem hoch belasteten
Liegenschaftsvermögen im wesentlichen nämlich nur noch eine ebenfalls
an die R-Bank St. J zedierte und damit einem Zugriff durch den
Abgabengläubiger entzogene Lebensversicherung bei der B-Versicherung AG
sowie drei ebenfalls nicht verwertbare, auf seinen Ablebensfall zu Gunsten der
R-Bank St. J abgeschlossene Risikolebensversicherungen
(Kreditrestschutzversicherungen) bei der R-Versicherung AG besitzt, weiters aber
vermögenslos ist, und auch Zugriff auf sein laufendes mtl. Nettoeinkommen
von 686,52 € nicht möglich ist, weil dieses in etwa dem nach
§ 291a Abs. 1Exekutionsordnung iVm. der geltenden
Existenzminimum-Verordnung 2003 ermittelten mtl. unpfändbaren Freibetrag
von 661,10 € (mtl. Existenzminimum bei Bezügen inklusive
Sonderzahlungen und keinen Sorgepflichten) entspricht und hinsichtlich des
SVA-Pensionsbezuges außerdem bereits eine vorrangige
Forderungspfändung zu Gunsten eines anderen Gläubiger besteht, ist
eine Einbringlichmachung der Haftungsschuld auch im Lichte dieser
Verfahrensergebnisse nach derzeitigen Stand ausgeschlossen. Damit ist dem Bw.
auf Grund der erhobenen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse
zwar im Sinne seines Antrags- und Berufungsvorbringens recht zu geben, dass er
sich sowohl in finanzieller als auch wegen seiner schweren Erkrankung in
persönlicher Hinsicht in einer Notlage befindet. Seiner Berufung
können diese verifizierten Umstände aber dennoch nicht zum Erfolg
verhelfen, weil im Berufungsfall eine persönliche Unbilligkeit, die aber
Voraussetzung für eine nach § 236 BAO weiters zu treffende
Ermessensentscheidung wäre, aus nachstehenden Gründen dessen
ungeachtet nicht vorliegt. Wie bereits eingangs ausgeführt, liegt eine
tatbestandsmäßige persönliche Unbilligkeit nämlich nur
dann vor, wenn es beim Bw. bzw. bei den von ihm zu unterhaltenden Personen
gerade durch die Einziehung der
Haftungsschuld zu einer Existenzgefährdung kommen würde oder die
Abgabenabstattung für ihn mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten
(so insbesondere einer Vermögensverschleuderung) verbunden wäre. Kann
es auf Grund der im abgeführten Verfahren festgestellten Uneinbringlichkeit
der Haftungsschuld, weil vorhandenes Liegenschaftsvermögen des Bw. in
wertmäßiger Höhe grundbücherlich zu Gunsten anderer
Gläubiger belastet ist, vorhandene, einen Wert darstellende Forderungen
(Lebensversicherung) ebenfalls an andere Gläubiger zediert sind, und weil
die mtl. Einkünfte des Bw. im Übrigen etwa dem mtl. unpfändbaren
Existenzminimum entsprechen und dafür außerdem bereits eine
vorrangige Forderungspfändung zu Gunsten eines anderen Gläubigers
besteht, aber überhaupt zu keinen Auswirkungen der Einhebung der
Haftungsschuld auf die Einkommens- und Vermögenslage des Bw. kommen, dann
liegt auch keine persönliche Unbilligkeit
der Einhebung der Haftungsschuld vor (;
; ; ; ;). Wenn im Erstantrag außerdem
behauptet wird, mit einer Nachsicht der Haftungsschuld würde die
persönliche Insolvenzgefahr des Bw. beseitigt sein, damit also der
Nachsichtsgewährung vom Einschreiter ein wirksamer Sanierungseffekt
zugeschrieben wird, so ist kann dieser Parteimeinung seitens der
Berufungsbehörde schon deshalb nicht beigetreten werden, weil der Bw. zum
gegenwärtigen Zeitpunkt außer der Haftungsschuld noch weitere
Verbindlichkeiten in Gesamthöhe von rd. 226.300,00 € hat. Bei
solcher Sachlage vermag die erkennende Behörde trotz Bejahung der
wirtschaftlichen Notlage des Bw. aber mit besten Willen nicht zu erkennen,
inwieweit im konkreten Fall eine Nachsicht von Haftungsschulden iHv.
18.792,61 €, wäre deren Einhebung nach den Einkommens- und
Vermögensverhältnissen des Bw. überhaupt möglich, zu einer
Verbesserung oder gar Sanierung der schon auf Grund sonstiger hoher
Verbindlichkeiten indizierten schlechten wirtschaftlichen Lage führen und
dadurch eine Existenzgefährdung bzw. außergewöhnliche
wirtschaftliche Auswirkung beim Bw. beseitigt werden könnte (; ; ). Zum erst im Verlauf des zweitinstanzlichen Verfahrens als weiteren
persönlichen Unbilligkeitsgrund geltend gemachten schlechten
Gesundheitszustand des Bw. ist Folgendes anzumerken: Grundsätzlich kommen
als Unbilligkeitsgründe (§ 236 BAO) für die Einbringung von
Steuerrückständen nur Umstände in Betracht, die die Einhebung
betreffen. Krankheit oder andere persönliche Schicksale können mit der
Einbringung einer Abgabenschuld aber nur insoweit erfolgreich in Zusammenhang
gebracht werden, als die Entrichtung der Haftungsschuld durch sie erschwert
wird. Eine solche Belastung ist regelmäßig nur bei schlechter
wirtschaftlicher Lage des Nachsichtswerbers anzunehmen, die maßgeblich
durch Krankheit oder andere persönliche Schicksale mitverursacht ist (; ). Laut
Ermittlungsergebnissen hat das schwere Herzleiden des Bw. seine
gegenwärtige triste finanzielle Situation zweifellos mitbedingt. Auf Grund
seiner Erkrankung ist der Bw. auch gezwungen, sich in relativ jungen Jahren mit
einer sehr niedrigen mtl. Erwerbsunfähigkeitspension durchzubringen, die
Abstattung der vorgeschriebenen Haftungsschuld gegebenenfalls ohne Zweifel
erschweren würde. Würde somit berufungsgegenständlich eine
Einkommens- und Vermögenssituation vorliegen, die eine Einbringlichmachung
der Haftungsschuld grundsätzlich zuließe, dann wäre in der
Krankheit des Bw. wohl ein tauglicher persönlicher Unbilligkeitsgrund zu
erblicken, der im Falle einer auch positiven Ermessensübung eine Nachsicht
der grundsätzlich einbringlichen Haftungsschuld rechtfertigen könnte.
Anlassgegenständlich bedarf es dieses Unbilligkeitsgrundes für eine
Nachsicht der Haftungsschuld aber schon deswegen nicht, weil es wegen
festgestellter Uneinbringlichkeit der Haftungsschuld zum gegenwärtigen
Zeitpunkt und auch in absehbarer Zukunft ohnedies zu keiner Einziehung dieser
Abgabenschuld kommen kann.
Im Zuge des Vorhalteverfahrens hat der Bw. erstmals auch
vorgebracht, dass er und seine Ehegattin beabsichtigten, die beiden schwer
belasteten Liegenschaften gegen Schuldenübernahme dem älteren Sohn zu
übereignen. Dieser würde dann versuchen, das inzwischen renovierte
Betriebsgrundstück zu vermieten und aus diesen Einnahmen die Bankschulden
zu tilgen. Entsprechende Verhandlungen mit den betroffenen Kreditinstituten
liefen bereits, es sei aber ungewiss, ob es tatsächlich zur
Eigentumsübertragung und Umschuldung auf den Sohn komme. Dies hänge
zum einen nämlich davon, welche Bedingungen und Konditionen von den Banken
gestellt und gemacht würden, und zum anderen davon ab, ob sich
überhaupt ein Mieter findet, weil die Mieteinnahmen zwingende
Voraussetzung für eine Schuldentilgungsmöglichkeit des Sohnes seien.
Im Falle des Gelingens dieses Vorhabens wäre der Bw. im wesentlichen
entschuldet, es bestünde dann abgesehen von den Verbindlichkeiten
gegenüber der GKK und dem früheren steuerlichen Vertreter nur mehr die
nachsichtsbetroffene Haftungsschuld. Mit diesem Berufungsvorbringen zeigt der
Bw. schon deshalb keine tauglichen persönlichen Unbilligkeitsgründe
auf, weil sich die Rechtsmittelbehörde im Rahmen dieser Entscheidung wie
bereits ausgeführt zwar umfassend mit den derzeitigen Einkommens- und
Vermögensverhältnissen des Einschreiters und deren voraussehbarer,
abschätzbarer Entwicklung in näherer Zukunft (), nicht aber mit Zukunftsplänen des Bw. auseinander zu setzen
hat, deren Realisierung zum gegebenen Zeitpunkt noch völlig ungewiss ist,
weil sie von zahlreichen derzeit nicht einschätzbaren Faktoren
abhängt. Schon aus diesen Erwägungen heraus konnte über die
vorliegende Nachsichtsberufung daher nur nach gegenwärtigem Faktenstand und
nicht auf Grund nicht verifizierter, zukünftig allenfalls eintretender
Sachverhaltsänderungen entschieden werden. Resümierend ist daher
festzuhalten, dass auf Grund oben dargestellter rechtlicher Erwägungen
berufungsgegenständlich eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung
der Haftungsschuld trotz erhärteter wirtschaftlicher Notlage und schwerer
Krankheit des Bw. nicht vorliegt.
Ebenso wenig ist die Einhebung der Haftungsschuld aus
nachstehenden Gründen aber auch sachlich unbillig. Im Zuge des
zweitinstanzlichen Vorhalteverfahrens hat der Bw. moniert, dass es nur bei der
F-GmbH nach abgeschlossenem Zwangsausgleich und Entrichtung der Quote zur
Restschuldbefreiung, hinsichtlich seiner persönlichen Haftungsschuld jedoch
lediglich in Höhe der Quotenzahlung zu einer Schuldtilgung gekommen
wäre. Außerdem wäre die für seine Haftungsinanspruchnahme
maßgeblich gewesene schuldhafte Vertreterpflichtverletzung gar nicht
vorgelegen, weil er sämtliche Gesellschaftsgläubiger
einschließlich dem Abgabengläubiger aus den tatsächlich
vorhanden gewesenen Gesellschaftsmitteln gleichmäßig befriedigt
hätte. Insoweit der Einschreiter mit diesem Vorbringen eine sachlich
begründete Unbilligkeit der Haftungsschuldeinhebung geltend machen will,
verkennt er die Rechtslage aber grundlegend. Wie bereits erwähnt stellt der
Unbilligkeitstatbestand des § 236 BAO auf die Einhebung ab, wobei
Unbilligkeit nur dann vorliegt, wenn sie in den Besonderheiten des Einzelfalles
begründet ist. Eine derartige Unbilligkeit des Einzelfalles ist
insbesondere aber dann nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der
allgemeinen Rechtslage vorliegt, also die vermeintliche Unbilligkeit für
den davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst folgt (; , 89/15/0119). Dem § 156 Konkursordnung folgend wird
der Gemeinschuldner von Verbindlichkeiten durch rechtkräftig
bestätigten Zwangsausgleich befreit, seinen Gläubigern den Ausfall,
den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Zur Frage einer allenfalls
bestehenden Akzessorietät zwischen Primär- und Haftungsschuld nach
Abschluss eines (Zwangs)Ausgleiches für den Primärschuldner hat der
Verwaltungsgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung vom , 96/15/0049
ausgesprochen, dass die Haftung nur insofern akzessorisch (Anm.: zur
Primärschuld) ist, als sie das Bestehen des Abgabenanspruchs zur Zeit der
Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhaltes voraussetzt. Ob
ein Erlöschen der Primärschuld auch dem Haftungspflichtigen zugute
kommt, ist laut zit. Erkenntnis hingegen nach dem Zweck der den
Schulderlöschensgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen.
Da § 151 KO aber anordnet, dass die
Rechte der Konkursgläubiger gegen
Bürgen oder Mitschuldner des Gemeinschuldners sowie
gegen Rückgriffsverpflichtete durch den
Zwangsausgleich ohne ausdrückliche Zustimmung der Berechtigten
nichtbeschränkt werden dürfen,
stellt der Zwangsausgleich des Primärschuldners somit (abgesehen von der
auch dem Haftungspflichtigen zugute kommenden Schuldtilgung auf Grund
Quotenzahlung) keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar.
Der rechtkräftig bestätigte Zwangsausgleich des Primärschuldners
(z.B. GmbH) steht der Geltendmachung der Haftung (z.B. gegenüber dem
GmbH-Vertreter nach §§ 9, 80 BAO) für die die
Zwangsausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden daher nicht entgegen.
Ein in Anspruch genommener Haftungspflichtiger kann die durch den
Zwangsausgleich bewirkte Restschuldbefreiung des Primärschuldners demnach
nicht für sich in Anspruch nehmen. Angesichts dieser Rechtslage erhellt
aber, dass es sich bei der nach Zwangsausgleichsquotenzahlung existent
gebliebenen Haftungsrestschuld des Bw. um ein vom Gesetzgeber durchaus
beabsichtigtes Ergebnis, also um eine Auswirkung genereller Normen handelt, die
ganz allgemein eintreten und somit jeden Haftungspflichtigen in der Lage des Bw.
gleichermaßen treffen. Damit ist die Einhebung der nach
Zwangsausgleichsquotenzahlung verbliebenen Haftungsrestschuld aber auch nicht
sachlich unbillig, weil der Fortbestand der Haftungsschuld trotz
Restschuldbefreiung des Primärschuldner wie dargelegt eben nicht in den
Besonderheiten des konkreten Berufungsfalles, sondern in generellen Normen
begründet liegt.
Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der
Haftungsschuld liegt aber auch nicht deshalb vor, wenn der Bw. im
Nachsichtsverfahren einwendet, ohnedies alle Gläubiger der F-GmbH aus den
vorhanden gewesenen Mitteln gleichmäßig befriedigt und somit die
Nichtentrichtung der Gesellschaftsabgaben nicht schuldhaft begangen zu haben.
Mit diesem Vorbringen macht der Bw. in Wahrheit nämlich Einwendungen gegen
die Rechtmäßigkeit des gegen ihn erlassenen Haftungsbescheides, die
im Nachsichtsverfahren aber nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden
können ( bzw. 0166; ). Bei der Nachsicht gemäß
§ 236 BAO handelt es sich
nämlich um eine Maßnahme der
Einhebung, die nicht dazu angetan ist,
Versäumnisse des Haftungsschuldners im Haftungsverfahren
(Festsetzungsverfahren) zu sanieren,
bzw. die Rechtskraft erlassener Abgaben (Haftungs-) bescheide zu durchbrechen.
Wenn der Bw. also den vor Erlassung des Haftungsbescheides an ihn zwecks
Stellungnahme zur geplanten Haftungsinanspruchnahme ergangenen Vorhalt
unbeantwortet gelassen und er nach Erlassung des Haftungsbescheides in weiterer
Folge auch die dagegen gerichtete Berufung verspätet eingebracht hat, so
hat er es sich somit selbst zuzuschreiben, dass seine Einwendungen gegen die
Richtigkeit des Haftungsbescheides im Haftungsverfahren nicht
überprüft werden konnten. Im gegenständlichen auf die Einhebung
der Haftungsschuld abstellenden Nachsichtsverfahren können diese
Versäumnisse jedoch, wie auch die Erstbehörde richtig festgestellt
hat, nicht erfolgreich nachgeholt werden.
Da aus dargestellten Gründen
berufungsgegenständlich somit weder eine persönliche noch sachliche
Unbilligkeit der Einhebung der Haftungsschuld vorliegt und es damit schon an der
Tatbestandsmäßigkeit im Sinne des § 236 BAO fehlt, hat aus
Anlass dieser Entscheidung eine Ermessensentscheidung über das
Nachsichtsgesuch daher wie eingangs ausgeführt nicht mehr zu erfolgen. Das
Nachsichtsgesuch war vielmehr schon aus Rechtsgründen abzuweisen und der
vorliegenden Berufung deshalb spruchgemäß keine Folge zu geben.
Abschließend sei, dies jedoch ohne Entscheidungsrelevanz, festgehalten,
dass es berufungsgegenständlich selbst im Falle der Bejahung eines
vorliegenden Unbilligkeitsgrundes nicht zu einer stattgebenden
Berufungsentscheidung gekommen wäre. Einer positiven Ermessensübung
stünde nämlich jedenfalls entgegen, dass der Bw. in Ausübung
seiner Geschäftsführerfunktion für die F-GmbH abgabenrechtliche
Erklärungs- und Entrichtungspflichten insbesondere im Zusammenhang mit
Selbstbemessungsabgaben nachgewiesenermaßen mehrfach schuldhaft verletzt
hat und er deshalb vor allem auch im Hinblick auf die haftungs- und
nachsichtantragsbetroffenen Lohnsteuern 1/1995 bis 12/1997 finanzstrafrechtlich
abgestraft wurde (; ).
Außerdem wurde der Abgabengläubiger wider die Behauptungen des B.
vergleichsweise zu anderen Gläubigern der F-GmbH zweifellos schlechter
gestellt, was daraus erhellt, dass laut vorliegenden Ermittlungsergebnissen
insbesondere die Forderungen der kreditgebenden Banken sehr früh durch
entsprechende Sicherheiten (Hypotheken, Zession von Lebensversicherung und
Spareinlagen) abgesichert worden sind und deshalb Verwertungsmöglichkeiten
zur Einbringung der Haftungsschuld nunmehr fehlen. Weiters kann im gegebenen
Zusammenhang auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Bw. selbst
derzeit aus seinem an der Existenzminimumsgrenze liegenden Monatseinkommen noch
Raten im Umfang von rd. 15 % dieses Einkommens an die GKK zur Abtragung des do.
Beitragsrückstandes entrichtet, er für die Abstattung der
Haftungsschuld in der Vergangenheit jedoch nicht einmal Tilgungsvorschläge
unterbreitet hat. Abschließend bleibt festzuhalten, dass auch eine
gleichmäßige Befriedigung sämtlicher Gläubiger der F-GmbH
entgegen dem Parteivorbringen nicht stattgefunden hat, da es sich bei den auf
das Steuerkonto der F-GmbH vor Konkurseröffnung 1998 wiederholt geleisteten
Zahlungen nicht um solche zur anteiligen Abdeckung von damals laufend
fällig gewordenen Selbstbemessungsabgaben, sondern in Absprache mit der
Einbringungsstelle des Finanzamtes um saldowirksame, also
rückstandsvermindernde Pauschalzahlungen zur Hintanhaltung weiterer
Exekutionsmaßnahmen gehandelt hat.
Linz,
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 77 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Abgabennachsicht Nachsicht für Haftungsschulden persönliche Unbilligkeit wirtschaftliche Notlage Krankheit Existenzminimum Einwendungen gegen den Haftungsbescheid sachliche Unbilligkeit Zwangsausgleich des Primärschuldners Akzessorietät keine Restschuldbefreiung beim Haftungsschuldner Nachsicht von Haftungsschulden Zwangsausgleich beim Primärschuldner |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at