Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.02.2004, RV/1570-W/02

Nachweis der Fahrtkosten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1570-W/02-RS1
Ein Fahrtenbuch bildet nur dann einen tauglichen Nachweis der Fahrtkosten, wenn es fortlaufend und übersichtlich geführt wird, das Datum der beruflichen Fahrten, Ort, Zeit und Kilometerstand jeweils am Beginn und Ende der Fahrt, Zweck jeder einzelnen beruflichen Fahrt und die Anzahl der gefahrenen Kilometer, aufgegliedert in beruflich und privat gefahrene Kilometer enthält. Das wesentliche Merkmal einer fortlaufenden Führung auch im Sinne zeitnaher und unmittelbarer Fahrtenaufschreibungen muss aus der Gesamtheit der Umstände erweislich sein. Bei widersprüchlichen Angaben des Stpf. kommt der früheren Erklärung ein größerer Wahrheitsgehalt zu.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 vom und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 vom des Finanzamtes Mödling entschieden:

Spruch

1. Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 wird teilweise stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

2. Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgaben beträgt in EURO:


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Einkommensteuerbescheid 1997
EURO
Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG
17.365,25
Einkommensteuer - Anrechenbare Lohnsteuer Festgesetzte Einkommensteuer - bisher vorgeschriebene Vorauszahlung Gutschrift
3.073,26 1.795,21 1.278,05 1.497,06 219,01

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw. genannt) erklärte in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1995 und 1997 folgende Einkünfte:

1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als geschäftsführender Gemeinderat der Ortgemeinde P. (1995: ATS 188.760,-- und 1997: ATS 190.746,--) und als Angestellter der X-GmbH, deren Gesellschafter und handelsrechtlicher Geschäftsführer und er war (1995: ATS 49.778,--, 1997: ATS 140.000,--).

2. Weiters erklärte der Bw. in geringem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Einnahmen 1995: ATS 1.136,-- , 1997: ATS 0,--) und

3. er bezog 1995 sonstige Einkünfte in Form von Funktionsgebühren (für die Teilnahme an Kommissionen) von ATS 16.008,50 sowie Arbeitslosengeld für 210 Tage in Höhe von ATS 111.259,--.

Der Bw. wurde vom Finanzamt Mödling für die Veranlagung des Jahres 1995 aufgefordert, entsprechend seiner Verpflichtung gemäß § 44 Abs. 4 EStG die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung über die Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorzulegen und die geltend gemachten Werbungskosten von ATS 88.944,30 in einer Aufstellung aufzugliedern und belegmäßig nachzuweisen.

Dem Antrag auf einmonatige Fristverlängerung wurde vom Finanzamt stattgegeben. In der Folge wurden vom steuerlichen Vertreter auf Grundlage der Angaben und Unterlagen des Bw. eine berichtigte Steuererklärungen und eine einseitige Beilage mit einer Einnahmen-Ausgabenrechnung und einer Aufgliederung der Werbungskostenposten, eingereicht. Nachdem entgegen dem Verlangen des Finanzamtes kein einziger belegmäßiger Nachweis (für die erklärten Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen) vorgelegt wurde, wiederholte das Finanzamt das Nachweisverlangen und wies darauf hin, dass Aufwendungen, die vom Bw. nur behauptet aber nicht nachgewiesen werden, nicht berücksichtigt werden könnten.

Die Vorhalte und Nachweisverlangen des Finanzamtes blieben unbeantwortet.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 vom wurden vom Finanzamt von den erklärten Betriebsausgaben, Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen folgende Beträge nicht anerkannt:


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Erklärung Bw.
Veranlagung FA
1. Einkünfte aus Gw
Einnahmen
1.136,00
1.136,00
Fachliteratur
6.249,00
0,00
Telefonkosten (10%)
1.176,83
0,00
Beratungskosten
6.040,00
0,00
Gebühren
712,00
712,00
Gewinn/Verlust
-13.041,83
424,00
2. Einkünfte aus n.s.A Werbungskosten
Verbrauchsmaterial
885,90
0,00
Werbeaufwand
27.578,80
0,00
Telefonkosten (40%)
4.707,31
3.530,49
Betriebskosten (Miete f. AZ)
12.000,--
12.000,--
Bürobedarf
1.904,80
1.904,80
Mitgliedsbeiträge
1.200,--
1.200,--
Fraktionsabgabe
34.332,00
34.332,00
Werbungskosten
82.608,82
52.967,29
3. Außergewöhnliche Belastung
Zahnarzt Kind
4.360,00
0,00
Nachhilfe Kind
5.830,00
0,00

In einer ergänzenden Bescheidbegründung wurden dem Bw. die Abweichungen von seiner Steuererklärung mitgeteilt. Die Ausgaben für Fachliteratur und Beratung seien nicht anerkannt worden, weil kein Nachweis über ihr Vorliegen erbracht worden sei. Die Telefonkosten seien entsprechend der rechtskräftigen Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom für das Veranlagungsjahr 1994 auf Grund identischer Sachlage bei den Betriebsausgaben ausgeschieden und bei den Werbungskosten auf 30% reduziert worden. Die als Werbeaufwand bezeichneten Ausgaben für Gasthauskonsumationen (auch schon durch die rechtskräftige Berufungsentscheidung vom abschlägig behandelt) und Kosten für Verbrauchsmaterial hätten ebenfalls mangels eines Nachweises nicht berücksichtigt werden können. Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen sei, hätten schon deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil sie den Selbstbehalt in Höhe von ATS 14.954,00 nicht überstiegen hätten.

Das Arbeitslosengeld sei bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) zu berücksichtigen gewesen.

Der Bw. erhob durch seinen steuerlichen Vertreter gegen den Einkommensteuerbescheid für 1995 mit Schreiben vom binnen offener Frist Berufung. Dies deshalb, weil folgende Ausgaben nicht anerkannt worden seien (in ATS): Fachliteratur 2.249,--, Telefon 11.768,30, Beratungsaufwand 1.680,--, Gebühren 202, --, Mitgliedsbeiträge 1.200,--, Betriebskosten 12.000,--, Bürobedarf 1.904,80, Werbeaufwand 27.578,80, Verbrauchsmaterial S 885,90, Zahnarzt 4.360,--, Nachhilfe 5.830,--. Der Bw. ersuche in diesem Umfang der Berufung stattzugeben.

Die Einkommensteuererklärung für 1996, eingereicht am und die Einkommensteuererklärung für 1997, eingereicht am enthielten im Wesentlichen die gleichen Abzugsposten. Der Verfahrensverlauf glich vielfach dem Vorjahr (keine Belegvorlage, berichtigte Erklärungen, unbeachtetes Vorhalteverfahren und Nachweisverlangen, Berufung).

Zur Klärung der Sachlage für die Berufungserledigung wurde vom Finanzamt für die Jahre 1994 bis 1997 im September 1999 eine abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt. Die Betriebsprüfung traf die Feststellung, dass die jährlich geltenden gemachten "Betriebskosten" von ATS 12.000,-- steuerlich nicht abzugsfähig seien, weil es sich hierbei um die Anmietung eines im gemeinsamen Wohnverbandes befindlichen Arbeitszimmers von der Ehegattin des Bw. handle. Auch diese Feststellung war bereits Gegenstand der vorgenannten Berufungsentscheidung für das Jahr 1994.

Im Zuge der Betriebsprüfung konnten nur folgende Rechnungsbelege für das Jahr 1995 festgestellt werden:


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Betrag in ATS
Zahlungsgrund
1.680,--
Honorar/Steuerberatung
1.200,--
Mitgliedsbeitrag f. pol. Partei
1.904,80
Büromaterial, Billets
510,--
Blumen
375,90
Pokal, Film
2.249,--
Fachbücher
18.170,60
Gasthausrechnungen

Anmerkungen auf den Rechnungsbelegen oder Auskünfte über den betrieblichen oder beruflichen Verwendungszweck der Ausgaben seien nicht erfolgt.

Auf Grund der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung wurde für das Veranlagungsjahr 1995 am eine abweisende Berufungsvorentscheidung erlassen und der angefochtene Bescheid insoweit zum Nachteils des Bw. abgeändert, als die Mietkosten für das Arbeitszimmer aus den Werbungskosten ausgeschieden wurden. Weiters wurde die Einkommensteuer für das Jahr 1997 unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung mit Bescheid vom veranlagt. Hierbei wurden im Wesentlichen die Mietkosten für das Arbeitszimmer, der unbelegte Werbeaufwand und Diäten von insgesamt ATS 22.948,88 von den erklärten Werbungskosten (ATS 69.711,88) ausgeschieden.

Der Bw. erhob mit Schreiben vom gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend die Einkommensteuer 1995 und gegen den Einkommensteuerbescheid für 1997 fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung. Darin erhob er erstmals die Behauptung, das Kilometergelder bei den Werbungskosten nicht anerkannt worden seien, obwohl ein Fahrtenbuch vorgelegt worden sei.

Im bisherigen Veranlagungsverfahren für die Jahre 1995, 1996 und 1997 wurden aber Fahrtkosten weder erklärt, noch in den Berufungen (1995 und 1996) oder bei der Abgabenprüfung behauptet und folglich auch keine Fahrtenbucher vorgelegt.

In einem scheinbar nicht enden wollenden Ermittlungsbemühen forderte das Finanzamt mit Vorhalt vom den Bw. auf, im Zusammenhang mit seiner Berufung vom , Fahrtenbücher, Zulassungsschein und Belege über die tatsächlichen Kfz-Kosten vorzulegen. Dieses Vorhaltsverlangen wurde mit Schreiben vom urgiert. Der Bw. ersuchte für die Vorlage der Fahrtenbücher und Kfz-Belege um Fristverlängerung bis . Mit Schreiben vom und wurden schließlich am Computer erstellte Fahrtenaufschreibungen für die Jahre 1995, 1996 und 1997 dem Finanzamt übermittelt.

In den Fahrtenbüchern sind das Datum, Abfahrtszeit und Ankunftszeit der Fahrten, der Abfahrtsort und Ankunftsort, die Streckenlänge und der Reisezweck angeführt. Es wurden Fahrten mit dem eigenen Pkw, die durch die politische Funktion als amtsführender Gemeinderat veranlasst worden seien, aufgelistet. Die Fahrtenaufzeichnungen enthalten keine Angaben über die Kilometerstände und geben auch keine Auskunft über die übrige Verwendung des Pkw. Privatfahrten sind ebensowenig ausgewiesen wie Fahrten zur Arbeitsstätte der X-GmbH, in Perchtoldsdorf. Der größte Teil der aufgezählten Fahrten betrifft zudem die Wegstrecke zwischen der Wohnung in P. und dem Gemeindeamt (2380 Marktplatz). Der Bw. weist in den Auflistungen für 1995 367 Fahrten mit einer Gesamtkilometerleistung von 8.048 km, für 1996 344 Fahrten mit insgesamt 8.193 km und 1997 376 Fahrten mit 6.049 Gesamtkilometer aus und beantragte nunmehr hierfür das amtliche Kilometergeld als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Vom Finanzamt wurde das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend die Einkommensteuer für 1995 und die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 1997 mit Vorlagebericht vom der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt. Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 1996 wurde mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Das Betriebsprüfungsorgan wies in der Stellungnahme zu der Berufung vom darauf hin, dass Kfz-Belege, insbesondere die Servicerechnungen, in denen der Kilometerstand ausgewiesen sei, nicht vorgelegt worden wären. Es sei vom Bw. somit nicht einmal der Nachweis erbracht worden, ob überhaupt eine den Fahrtenaufschreibungen entsprechende Gesamtfahrleistung erbracht wurde. Seitens der BP wären dem Bw. und dessen steuerlichen Vertreter ausreichend Zeit gegeben worden, um die angeforderten Unterlagen der Abgabenbehörde vorzulegen. Außerdem würden die Aufstellungen überwiegend Fahrten zum Arbeitsplatz des Bw. enthalten, die als privat veranlasste Kosten keinesfalls zu berücksichtigen seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Verfahrensrechtliche Grundlagen

Gemäß § 260 BAO hat der Unabhängige Finanzsenat (UFS) als Abgabenbehörde zweiter Instanz durch Berufungssenate über Berufungen der Finanzämter zu entscheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist. Die Entscheidung über Berufungen obliegt namens des Berufungssenates dem Referenten, außer die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat wird beantragt oder vom Referenten verlangt (§ 282 BAO). Die Mitglieder des UFS sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden (§ 271 BAO), unabsetzbar (§ 6 Abs. 3 UFSG) und unversetzbar (§ 16 Abs. 4 UFSG).

Der UFS ist berechtigt den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen (§ 289 Abs. 2 BAO).

Der steuerliche Vertreter hat gegen die Berufungsvorentscheidung betreffend die Einkommensteuer 1995 an Stelle eines Vorlageantrages das Rechtsmittel der Berufung erhoben. Im Hinblick auf die geringen Formanforderungen an den Vorlageantrag, genügt es, wenn durch das Schreiben zum Ausdruck kommt, dass der Bw mit dem Bescheid nicht einverstanden ist und eine Entscheidung durch die Berufungsbehörde will. Dieser Parteiwille ist hinreichend erkennbar, sodass lediglich eine nicht schädliche Falschbezeichnung vorliegt. Es wurde daher ein zulässiger Vorlageantrag eingebracht.

2. Fahrtkosten

Fahrtkosten in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit sind in der tatsächlich angefallenen Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Bei den nichtselbständigen Einkünften sind die Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag und ein allfälliges Pendlerpauschale abgegolten.

Der Nachweis der Fahrtkosten hat grundsätzlich mit einem Fahrtenbuch zu erfolgen. Die Führung eines Fahrtenbuches kann entfallen, wenn durch andere Aufzeichnungen (z.B. Reisekostenabrechnung gegenüber dem Arbeitgeber) eine verlässliche Beurteilung möglich ist. Ein Fahrtenbuch bildet nur dann einen tauglichen Nachweis der Fahrtkosten, wenn es fortlaufend und übersichtlich geführt wird, das Datum der beruflichen Fahrten, Ort, Zeit und Kilometerstand jeweils am Beginn und Ende der Fahrt, Zweck jeder einzelnen beruflichen Fahrt und die Anzahl der gefahrenen Kilometer, aufgegliedert in beruflich und privat gefahrene Kilometer enthält.

Die Fahrtenaufschreibungen des Bw. entsprechen diesen Anforderungen nicht. Das für die Richtigkeit von Aufschreibungen wesentliche Merkmal einer fortlaufenden Führung, auch im Sinne einer zeitnahen und unmittelbaren Reiseaufzeichnung, muss aus der Gesamtheit der Umstände erweislich sein. Der Bw. hat Fahrtkosten in den Einkommensteuererklärungen für 1995, 1996 und 1997 nicht geltend gemacht. In den Erklärungsbeilagen, in denen die Werbungskosten aufgeschlüsselt wurden, waren keine Fahrtkosten angeführt. Es erscheint nicht glaubwürdig, dass über Jahre hinweg auf die Geltendmachung der beruflichen Fahrtkosten vom Bw. und dessen steuerlichen Vertreter schlicht vergessen wurde, obwohl vom Bw. mit großem Aufwand laufend ein Fahrtenbuch geführt worden sei und das nunmehr begehrte Kilometergeld mit Abstand den höchsten Werbungskostenbetrag bilden würde. Spätestens im Zeitpunkt der Zustellung des Einkommensteuerbescheides 1995 vom oder des Einkommensteuerbescheides 1996 vom hätte der Bw. auch als Steuerrechtslaie aus dem Bescheid oder dessen finanziellen Auswirkungen erkennen müssen, dass in den Bescheiden seine beruflichen Fahrtkosten nicht enthalten sind. Völlig unglaubwürdig ist daher, wenn selbst noch bei der Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 und auch während der Abgabenprüfung um vieles gestritten wurde, aber auf die betraglich wesentlichsten und im Nachweis aufwändigsten Werbungskosten der Bw. und sein steuerlicher Vertreter immer wieder vergessen hätte.

Das ausschnittsweise dargelegte Verhalten des Bw. legt vielmehr den Schluss nahe, dass erst nachträglich im Laufe der Auseinandersetzung mit dem Finanzamt die Idee aufkam, Fahrtkosten zu reklamieren. Aus der Gesamtheit der Umstände muss nach allgemeiner Lebenserfahrung und den Denkgesetzen der Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Fahrtenaufschreibungen nicht fortlaufend geführt wurden, sondern erst nachträglich erstellt wurden. Nur damit ist erklärbar, dass erst im Zuge der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997 vom in Widerspruch zu den bisherigen Erklärungen, die Behauptung beruflich veranlasster Fahrtkosten erhoben wurde und wahrheitswidrig angegeben wurde, dass Fahrtenbücher bereits vorgelegt worden seien. In Wahrheit konnten die Fahrtenbücher erst nach zweimaligem Vorhaltsverlangen und Fristverlängerungsansuchen dem Finanzamt vorgelegt werden. Weder für den Widerspruch zu den bisherigen Erklärungen (keine beruflichen Fahrtkosten) noch für die Ursache der geraumen Verzögerung beim Vorlegen der Fahrtenbücher, wurde eine plausible Begründung vorgebracht.

Bei widersprüchlichen Angaben des Steuerpflichtigen kommt der früheren Erklärung größerer Wahrheitsgehalt als der Späteren zu. Die Beweiswürdigung führt daher nicht nur zum dem Ergebnis, dass die Fahrtenbücher nachträglich erstellt wurden, sondern auch zu der Schlussfolgerung, dass die ersten Angaben über die Werbungskosten in den Abgabenerklärungen 1995 bis 1997 (Werbungskostenaufgliederung ohne berufliche Fahrtkosten) die höhere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.

Der Umstand, dass die Aufschreibungen zudem nicht die Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches erfüllen, weil die Anfangs- und Endkilometerstände und die Privatfahrten nicht ausgewiesen wurden, ist nach der ständigen Verwaltungspraxis und Rechtsprechung des UFS und VwGH von essentieller Bedeutung. Im gegenständlichen Fall kommt diesen Umständen ebenso wie das unbeantwortete Nachweisverlangen, die Gesamtkilometerleistung eines Jahres durch Kfz-Unterlagen (z.B. Kfz-Prüfbericht, Kfz-Servicebelege usw.) nachzuweisen, eine abrundende Bestätigung der Richtigkeit der Beweiswürdigung zu.

In den angefochtenen Bescheiden waren daher keine Fahrtkosten zu berücksichtigen.

3. Übrige Werbungskosten, Betriebsausgaben und außergewöhnliche Belastungen im Veranlagungsjahr 1995

Der Einwand, dass Gebühren (ATS 202,--) Mitgliedsbeiträge (ATS 1.200,--) und Bürobedarf (ATS 1.904,80) vom Finanzamt nicht berücksichtigt worden sei, trifft - wie aus oben angeführter Tabelle ersichtlich ist - nicht zu.

Die als Betriebskosten an die Ehegattin geleisteten Zahlungen für die Miete eines im gemeinsamen Hausverband gelegenen Arbeitszimmers wurden vom Finanzamt zu Recht wegen fremdunüblicher Vertrags- und Leistungsgestaltung zwischen nahen Angehörigen und ab Veranlagung 1996 zudem wegen des Abzugsverbotes gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 EStG i.d.F. des Strukturanpassungsgesetzes 1996 nicht anerkannt. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/0104-06/0797 und auf die Ausführungen in der ergänzenden Begründung des Einkommensteuerbescheides für 1996 hingewiesen.

Entsprechend der abgaberechtlichen Mitwirkungs- und Nachweisverpflichtung des Bw. sind Werbungskosten, Betriebsausgaben und Außergewöhnliche Belastungen nur im erwiesenen Umfang von der Abgabenbehörde zu berücksichtigen. Der Bw. ist den Vorhalts- und Nachweisverlangen des Finanzamtes ohne Begründung nicht nachgekommen.

Auch im Rahmen der Betriebsprüfung wurden betreffend jener Abzugsposten, bei denen das Finanzamt von der Abgabenerklärung abgewichen ist, lediglich Rechnungsbelege über Steuerberatungskosten (ATS 1.680,--), über Ausgaben für Pokal/Film (ATS 375,90), für Fachbücher (ATS 2.249,--) für Blumen (ATS 510,--) und diverse Gasthausrechnungen (ATS 18.170,60) festgestellt.

Da ein Nachweis für die Steuerberatungskosten, Fachbücher, Pokalausgaben vorliegt und die berufliche oder betriebliche Veranlassung offenkundig ist, sind diese Ausgaben zu berücksichtigen und die Werbungskosten um gesamt ATS 4.304,90 anzuheben.

Die Ausgaben für Gasthauskonsumationen sowie für Blumen sind unter Hinweis auf die Berufungsentscheidung für das Vorjahr vom mangels Nachweises einer betrieblichen oder beruflichen Veranlassung gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG nicht abzugsfähig.

Ausgaben für Zahnarzt oder Schulnachhilfe wurden zum einen nicht nachgewiesen und würden zum anderen den gesetzlichen Selbstbehalt nicht übersteigen.

4. Zusammenfassung

Der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 1995 war teilweise stattzugeben und folgende Werbungskosten zu berücksichtigen:


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Werbungskosten 1995
ATS
Fraktionsabgabe
34.332,00
Mitgliedsbeitrag pol. Partei
1.200,00
Bürobedarf
1.904,80
Telefonkosten (geschätzt 30%)
3.430,49
Werbungskosten lt. BVE
40.967,29
+ Werbungskosten lt. Pkt. 3.
4.304,90
Werbungskosten lt. BE
45.272,19

Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für 1997 war unbegründet und daher keine Folge zu geben.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Kilometergeld
Fahrtenbuch
fortlaufende Führung
widersprechende Erklärungen
Nachweisverlangen
Kilometerstände
Privatfahren
freie Beweiswürdigung
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2008, 15

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at