Zahnsanierung als außergewöhnliche Belastung mit oder ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes, verschiedene Literatur als außergewöhnliche Belastung.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der
unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den
Bescheid des Finanzamtes Linz betreffend Einkommensteuer
(Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 1999 entschieden:
Die
Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der
angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß
§ 291
der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht
zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen
nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer
unterschrieben sein.
Gemäß
§ 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das
Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung
(Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu
erheben.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin beantragte im Zuge ihrer
Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das
Jahr 1999 die Anerkennung von Sonderausgaben und von
außergewöhnlichen Belastungen nach den §§ 34 und 35 EStG
1988 (Krankheitskosten sowie Freibeträge wegen Minderung der
Erwerbsfähigkeit). Im Einkommensteuerbescheid wurden die Sonderausgaben
anerkannt sowie folgende außergewöhnlichen Belastungen: Je ein
Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 wegen eigener Minderung der
Erwerbsfähigkeit von 60% und wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit der
Tochter von 40%, ein Pauschbetrag wegen Diätverpflegung von 6.600 S,
nachgewiesene Medikamentenkosten für die Tochter von 1.454,50 S,
nachgewiesene eigene Kosten für Heilbehandlungen in Höhe von
21.051 S. Nicht berücksichtigt wurden Fahrtkosten zu einer
Zahnbehandlung, da diese nicht in Zusammenhang mit der Behinderung standen und
den Selbstbehalt nach § 34 EStG 1988 nicht überstiegen, weiters
Aufwendungen für ein Pendelset, Bücher, Energiedrink und
Thermowäsche.
In einer gegen den Bescheid eingebrachten Berufung wurde
eingewendet, dass die Zahnbehandlung in direktem Zusammenhang mit der
Behinderung stünde. Außerdem wurde die Literatur als "Fachliteratur"
in Zusammenhang mit Heilversuchen erklärt. Ergänzend wurde die
Bestätigung einer Zahnärztin vorgelegt, dass die Berufungswerberin
seit 7 Jahren unter Migräneanfällen leide und daher eine Zahnsanierung
unbedingt nötig sei, sowie Teilkopien der Bücher. Neben dem Pendelset
handelte es sich um "Wege der Reinigung" von Rüdiger Dahlke, einen
Internet-Guide für Einsteiger und Fortgeschrittene und einen Duden,
deutsche Rechtschreibung.
In der Folge stellte die Abgabenbehörde eine Anfrage
an das örtlich zuständige Gesundheitsamt, welche Erkrankungen der
Berufungswerberin für die Feststellung der Minderung der
Erwerbsfähigkeit von Bedeutung waren. Hiezu wurde erklärt, dass die
Berufungswerberin unter schwerer Migräne bei chronischer Sinusitis und
Polyposis nasi mit Verlust des Geruchssinns leide.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung wurde unter
Aufrechterhaltung des bisherigen Vorbringens ein Antrag auf Entscheidung
über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gemäß
§ 34 Abs.1 EStG 1988 muss eine
Ausgabe, soll sie als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt
werden, folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. sie muss außergewöhnlich sein,
2. sie muss zwangsläufig erwachsen,
3. sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
wesentlich beeinträchtigen. Dies ist insofern der Fall, als die Belastung
den vom Einkommen des Steuerpflichtigen zu berechnenden Selbstbehalt
übersteigt (Absatz 4).
Absatz 6 dieser Gesetzesstelle bestimmt, welche
Aufwendungen ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden
können. Es sind dies unter anderem Mehraufwendungen aus dem Titel der
Behinderung, die nach der Verordnung des BM für Finanzen über
außergewöhnliche Belastungen (BGBl 1996/303 und BGBl II 1998/91) ohne
Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne
Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind. Im
Sinn dieser Verordnung gehören hiezu neben verschiedenen
Pauschbeträgen nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für
Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß.
Unbestrittenermaßen liegt im gegenständlichen
Fall eine amtliche Bescheinigung über eine Minderung der
Erwerbsfähigkeit der Berufungswerberin und somit eine Behinderung im Sinn
der Verordnung vor. Kosten der Heilbehandlung können daher ohne
Selbstbehalt berücksichtigt werden, soweit sie mit dieser Behinderung in
Zusammenhang stehen. Der Ansicht der Berufungswerberin, dass dieser Zusammenhang
auch bei ihren Zahnbehandlungskosten gegeben sei, kann jedoch nicht gefolgt
werden.
Die im Rahmen der Berufung vorgelegte ärztliche
Bestätigung enthält lediglich den Hinweis, dass die Berufungswerberin
unter Migräneanfällen leide und daher eine Zahnsanierung nötig
sei. Nach Auskunft des Gesundheitsamtes, von dem die Minderung der
Erwerbsfähigkeit festgestellt wurde, ist jedoch die schwere Migräne,
die offensichtlich mit von Bedeutung für diese Einstufung war, durch
chronische Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) und Polyposis
nasi (Polypenbildung im Nasenbereich) verursacht bzw. steht damit im
Zusammenhang. Zweifellos kann eine Zahnsanierung bei Vorliegen massiver
Probleme, die die Herstellung von Kronen und Implantaten notwendig macht, aus
vielerlei medizinischen Gründen notwendig sein, doch handelt es sich nach
diesen vorliegenden Unterlagen um keine Heilbehandlung für die
Gesundheitsprobleme, die für die Behinderung ursächlich sind. Ein
Abzug der Aufwendungen ist daher nur unter Berücksichtigung des
Selbstbehaltes nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 möglich. Dass dieser im
gegenständlichen Fall den Aufwand wesentlich überstiegen hat, ist
unbestritten.
Zu den weiters von der Berufungswerberin als "medizinische
Fachliteratur" bzw. "Heilversuche" bezeichneten Anschaffungen ist zu bemerken:
Das Studium von Literatur, die sich mit gesunder Lebensweise befasst und
Möglichkeiten für alternative Behandlungsmethoden aufzeigt, kann weder
als Heilbehandlung oder Heilversuch angesehen werden - allein der Wortsinn
deutet auf eine (ärztliche) Behandlung oder Betreuung hin - noch handelt es
sich bei diesen Gegenständen um Hilfsmittel im Sinn der oben zitierten
Verordnung, sind damit doch solche Wirtschaftsgüter gemeint, die auf Grund
ihrer spezifischen Beschaffenheit nur für den Behinderten geeignet sind
(Sehhilfen, Hörhilfen etc.). Darüber hinaus erfüllen diese
Anschaffungen auch im allgemeinen nicht die Voraussetzungen für eine
Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung. Zunächst
sind als "Belastungen" nur solche zu verstehen, die mit einem endgültigen
Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden sind. Soweit
dem Aufwand ein Gegenwert gegenübersteht, liegt keine Belastung vor. Dies
ist zweifellos bei der Anschaffung von Büchern, aber auch von der
Thermowäsche der Fall. Andererseits fehlt derartigen Anschaffungen auch das
Merkmal der Außergewöhnlichkeit, da es sich hiebei durchwegs um
Gegenstände handelt, deren Kauf nicht ungewöhnlich ist und durchaus
auch die normalen Grundbedürfnisse der Lebensführung befriedigt.
Letzteres trifft auch auf Nahrungsergänzungsmittel,
wie etwa Energiedrinks, zu. Auch diese können nicht grundsätzlich
Medikamenten und sonstigen Heilmitteln gleichgesetzt werden. Die Ausscheidung
dieser Anschaffung erfolgte ebenfalls zu Recht.
Der Ordnung halber wäre abschließend noch
festzuhalten, dass eine Überprüfung, ob etwa der "Internet-Guide"
Werbungskosten darstellen könnte, unterbleiben kann, da die Kosten das
Werbungskostenpauschale nicht übersteigen.
Linz,
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4 Außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 |
Schlagworte | außergewöhnliche Belastung Behinderung Zahnregulierung medizinische Literatur |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
CAAAB-59305