Zusatz oder Nachtrag im Gebührenrecht
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0075 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/0750-L/02-RS1 | Ein Zusatz oder Nachtrag iSd § 21 GebG setzt Parteienidentität voraus. Diese ist nicht mehr gegeben, wenn eine Vertragspartei im Wege der Einzelrechtsnachfolge (Vertragsübernahme) "ausgewechselt" wird. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der
unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch
Dr. Wolfram Wutzel, gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom
betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Die
Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß
§ 291
der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht
zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen
nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer
unterschrieben sein.
Gemäß
§ 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das
Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung
(Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu
erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. schloss am (Ergänzung bzw.
Richtigstellung vom 6. Oktober) als Mieterin mit der Fa. N-GmbH einen
Mietvertrag über eine Liegenschaft samt den darauf errichteten
Betriebsgebäuden.
In einem Beiblatt zur Gebührenanzeige ist
Folgendes festgehalten:
"Der Mietvertrag vom samt
Ergänzung bzw. Richtigstellung vom wurde zwischen den
Vertragsparteien zur grundlegenden Novierung des zuvor bereits bestehenden
Mietvertrages vom , angezeigt beim Finanzamt für Gebühren und
Verkehrsteuern Linz am zu Erf.Nr. ...., abgeschlossen. Die Fa. N-GmbH
war zuvor in diesen Mietvertrag zufolge des käuflichen Erwerbes des
Bestandobjektes von dem ursprünglichen Vermieter eingetreten.(Anm.:
Kaufverträge vom und ).
Mit dem nunmehr
angezeigten Mietvertrag vom samt Ergänzung bzw. Richtigstellung
wurde die Bezeichnung bzw. Beschreibung des Mietgegenstandes aktualisiert bzw.
den jetzigen Bezeichnungen angepasst, ebenso wurden die einzelnen Konditionen
des bereits bestehenden Mietvertrages entsprechend abgeändert. Wesentlich
für die Gebührenbemessung ist, dass der vereinbarte Mietzins von
ursprünglich S .... auf nunmehr S .... angehoben wurde.
Bei der
Gebührenbemessung ist demnach als Bemessungsgrundlage lediglich die
Differenz zwischen dem ursprünglich bereits vereinbarten Nettomietzins und
dem jetzt neu festgesetzten monatlichen Nettomietzins heranzuziehen. Dieser als
Bemessungsgrundlage heranzuziehende Differenzbetrag beträgt S ....
zuzüglich 20 % USt, insgesamt sohin S .... . Die Vertragsteile beantragen
sohin ausdrücklich, die Gebührenbemessung auf Grundlage dieses
monatlichen Mehrbetrages von insgesamt S ..... vorzunehmen".
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die
Gebühr gemäß
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG vom nunmehr
vereinbarten Mietzins vorläufig fest. § 21 GebG ist, wie aus der
Bescheidbegründung hervorgeht, nicht anzuwenden, da auf der Vermieterseite
keine Identität (Mietvertrag vom und )
besteht.
Dagegen richtet sich die Berufung mit folgender
Begründung:
Die Bw. hatte ursprünglich mit der früheren
außerbücherlichen Eigentümerin des Bestandobjektes einen
Mietvertrag geschlossen. In weiterer Folge habe die nunmehrige Vermieterin das
gesamte Bestandobjekt käuflich erworben. In den Kaufverträgen war
vereinbart, dass die Vermieterin in den Bestandvertrag vom
vollinhaltlich eintritt. Es sei daher davon auszugehen, dass vor Errichtung der
jetzt streitgegenständlichen Urkunde zwischen der Bw. als Bestandnehmerin
und der Bestandgeberin eine Vertragsübernahme im Sinne eines
vollständigen Parteiwechsels stattgefunden habe. Die Vermieterin sei
vollständig anstelle der früheren Eigentümerin in den Mietvertrag
vom eingetreten.
Nach diesem Volleintritt sei zwischen der Bw.
und der Bestandgeberin die jetzt streitgegenständliche Urkunde unterfertigt
worden. Dabei handle es sich im Sinne des § 21 GebG um einen Zusatz bzw.
Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde, die nur im Umfang der
Änderung des Mietzinses der Gebühr unterliege.
Das Finanzamt wies die Berufung mit
Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Die hier maßgebende Bestimmung des § 21 GebG
lautet:
Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits
ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten
ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte
Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz
oder Nachtrag im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung
als selbständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Von
einem Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits voll ausgefertigten Urkunde kann nur
dann gesprochen werden, wenn die Parteien, die den Zusatz oder Nachtrag
vereinbart haben, dieselben sind wie die, welche laut der ursprünglichen
Urkunde die Parteien des Rechtsgeschäftes waren. Voraussetzung für die
Anwendbarkeit des § 21 GebG ist somit die Identität der
Vertragsparteien. Diese geforderte Identität ist dann nicht mehr gegeben,
wenn einer der Vertragsteile (abgesehen vom Fall der Gesamtrechtsnachfolge)
"ausgewechselt" wurde.
Im Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen der
Vermieterin als Käuferin und der vormaligen (außerbücherlichen)
Grundstückseigentümerin als Verkäuferin ist in Punkt IV.,
5. Absatz festgehalten, dass der Mietvertrag vom der
Verkäuferin und der Käuferin genau bekannt ist und die Käuferin
an Stelle der Verkäuferin in diesen Mietvertrag eintritt.
Aus
diesem Grund begehrt die Bw., die Gebühr vom beurkundeten
Unterschiedsbetrag der Mietzinse festzusetzen.
Dazu ist zu sagen: Bei Übertragung eines
Schuldverhältnisses als Gesamtheit wechselseitiger Rechte und Pflichten
liegt eine so genannte Vertragsübernahme vor. Die im Gesetz nicht
ausdrücklich geregelte Vertragsübernahme bewirkt, dass durch einen
einheitlichen Akt nicht nur die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und
Pflichten übertragen werden, sondern dass der Vertragsübernehmer an
die Stelle einer aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei tritt und
deren gesamte vertragliche Rechtsstellung einnimmt, insbesondere also auch eine
Übertragung der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte, wie etwa Anfechtungs-
und Kündigungsrechte. Dieser Umstand ändert allerdings nichts daran,
dass eine Auswechselung eines der Vertragspartner stattgefunden hat. Ein
Einzelrechtsnachfolger kann daher keinen im Sinn des § 21 GebG
begünstigten Zusatz oder Nachtrag abschließen, sondern nur eine
Neubeurkundung, welche (hier) nach § 33 TP 5 Abs. 1 GebG zu beurteilen
ist.
Über die Berufung ist somit spruchgemäß zu
entscheiden.
Linz,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Zusatz Nachtrag Vertragsübernahme |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAB-59301