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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSL vom 16.12.2003, FSRV/0065-L/03

Selbstanzeige

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied HR Dr. Isolde Zellinger des Finanzstrafsenates Linz 2 in der Finanzstrafsache gegen den Bf., vertreten durch die Dkfm. Martin WT und SteuerberatungsgesmbH, wegen Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Perg über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird wie folgt abgeändert: Gegen den Bescheidadressaten wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er als Abgabepflichtiger im Bereich des Finanzamtes Perg vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer für die Monate Mai, Oktober und November 2001 in Höhe von 259.866,00 S (entspricht 18.885,20 €), für die Monate Jänner, März, April, Mai, August, Oktober und November 2002 in Höhe von 68.768,25 € sowie für die Monate Februar und Juni 2003 in Höhe von 9.093,85 € bewirkt und dies nicht nur für möglich sondern für gewiss gehalten hat und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen hat.

Soweit der Inhalt des angefochtenen Bescheides über diesen Spruch hinausgeht, wird er aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Perg als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 47-2003/00029-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Perg vorsätzlich als Abgabepflichtiger unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht für die Jahre 2001 bis laufend Umsätze und Einnahmen aus Gewerbebetrieb nicht oder in zu niedriger Höhe erklärt und somit eine Abgabenverkürzung in noch zu bestimmender Höhe (Umsatzsteuer und Einkommensteuer) bewirkt und hiermit ein Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Bf. habe mit Schreiben vom Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG wegen bisheriger Nichtentrichtung von Selbstbemessungsabgaben bzw. Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen getätigt. Damit habe er aber nicht dargetan, dass er Einkünfte hinsichtlich der Einkommensteuererklärung nicht berücksichtigt hätte. Vielmehr sei zugleich die Einkommensteuererklärung 2001 eingereicht worden. Nur dadurch, dass zwei Firmen (Auftraggeber des Bf.) eine Betriebsprüfung gehabt hätten, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass entweder Verfolgungshandlungen gesetzt worden seien oder die Tat bereits entdeckt worden sei.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind.

Gemäß Abs. 3 leg. zit. ist von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn a) die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann, b) die Tat kein Finanzvergehen bildet, c) der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Rechtfertigungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe vorliegen, d) Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder e) die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen würde.

Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Beschwerdeführer genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzstrafvergehens in Frage kommt. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Vermutungen allein reichen für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus (z.B. ).

Nicht jedoch ist es in diesem Verfahrensstadium schon Aufgabe der Finanzstrafbehörde, das Vorliegen eines Finanzvergehens konkret nachzuweisen, weil diese Aufgabe dem Untersuchungsverfahren zukommt.

Der Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Bf. wurde bereits mit Strafverfügung vom wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich Umsatzsteuervorauszahlungen für das Jahr 1999 in Höhe von 8.563,89 € und Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich der Steuererklärungen für 1996, 1997 und 2000 bestraft. In der Begründung zu diesem Bescheid hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz unter anderem ausgeführt, dass der Bf. seit Mitte 2000 insgesamt drei Selbstanzeigen eingebracht habe, wobei jener bezüglich der strafgegenständlichen Umsatzsteuervorauszahlungen jedoch mangels Entrichtung keine strafbefreiende Wirkung zukomme.

Mit Schreiben vom hat der Bf. beim Finanzamt Perg erneut Selbstanzeige erstattet, weil er Umsatzsteuervorauszahlungen nicht entrichtet und auch die geschuldeten Beträge nicht bekannt gegeben habe. Gleichzeitig wurden die Umsatzsteuervoranmeldungen für Jänner 2001 bis Juni 2003 übermittelt, woraus ersichtlich ist, dass sich in den im Spruch angeführten Voranmeldungszeiträumen Zahllasten ergeben haben, während in den restlichen Monaten kleinere Überschüsse ausgewiesen wurden. Außerdem wurde am die Einkommensteuererklärung für 2001 mit einer ausgewiesenen Zahllast von 18.122,79 € (entsprechend den Voranmeldungen) eingereicht.

Am wurde das gegenständliche Strafverfahren eingeleitet, weil aufgrund der Selbstanzeige vom unter anderem der Verdacht bestehe, der Beschuldigte habe Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Aufgrund der Selbstanzeige steht fest, dass der Bf. von ihm geschuldete Umsatzsteuervorauszahlungen zeitgerecht weder entrichtet noch bekannt gegeben hat. Hinsichtlich Tatzeiträume und Höhe der verkürzten Abgaben ist der Sachverhalt in dem vom Bf. bekannt gegebenen Umfang unstrittig. Da der Bf. einschlägig vorbestraft ist und somit auf seine abgabenrechtlichen Pflichten jedenfalls bereits aufmerksam gemacht wurde, besteht auch in subjektiver Hinsicht der dringende Verdacht auf eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. Der Bf. hat jedoch die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2001 rechtzeitig eingereicht, sodass der Bf. zwar keine bzw. zu niedrige Vorauszahlungen entrichtet, jedoch nicht die Jahresumsatzsteuer hinterzogen hat.

Nach § 29 FinStrG wird jedoch der, der sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zur Handhabung der verletzten Abgabenvorschrift zuständigen Behörde oder einer sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde darlegt (Abs. 1). War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände offen gelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet, den Abgabenvorschriften entsprechend entrichtet werden (Abs. 2).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof laufend entschieden, eine Selbstanzeige, deren strafbefreiende Wirkung nicht einwandfrei feststeht, hindert nicht die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (, vom , 93/15/0098, vom , 93/15/0155, und andere). Genügende Verdachtsgründe im Sinne des § 82 Abs. 1 FinStrG liegen nämlich schon dann vor, wenn nicht wirklich sicher ist, dass ein im Abs. 3 lit. a bis e angeführter Grund für eine Abstandnahme von der Einleitung des Strafverfahrens vorliegt.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des § 29 FinStrG eng zu interpretieren sind. Es müssen alle in § 29 geforderten Voraussetzungen für den Eintritt dieses Strafaufhebungsgrundes gegeben sein. Allfällige Mängel einer Selbstanzeige - aus welchen Gründen immer und ohne, dass insoweit ein Verschulden Voraussetzung wäre - gehen zu Lasten des Täters.

Der Bf. hat gleichzeitig mit seiner Selbstanzeige hinsichtlich des sich ergebenden Rückstandes um Zahlungserleichterung ersucht. Eine Zahlungserleichterung ist grundsätzlich möglich, doch wurde das Ansuchen des Bf. letztinstanzlich vom UFS Linz am abgewiesen. Im Falle eines Abweisungsbescheides geht aber die Straffreiheit verloren, wenn die Fälligkeit der Abgabenschuld bereits vor Erstattung der Selbstanzeige eingetreten ist (Reger/Hacker/Kneidinger Band 1, Seite 503).

Die zur Bezahlung der geschuldeten Abgaben eingeräumte Nachfrist bis ist überdies ungenützt verstrichen. Die der Einleitung des Strafverfahrens zugrunde liegenden Abgaben sind in der Rückstandsaufgliederung vom damit als offen enthalten.

Die Einwendung der Beschwerde, es liege eine strafbefreiende Selbstanzeige vor, wird somit im weiteren Verfahren zu würdigen sein, ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand aber nicht geeignet, den erhobenen Verdacht zu entkräften.

Die Einleitung des Strafverfahrens erfolgte daher grundsätzlich zu Recht, weil trotz erstatteter Selbstanzeige der dringende Verdacht auf eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG besteht. Allerdings war der Spruch des Einleitungsbescheides zu modifizieren und zu präzisieren.

Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügende Verdachtsgründe im Sinne des § 82 Abs. 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, geht es im Übrigen nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse eines noch abzuführenden Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob nach der bisher bestehenden Aktenlage ein Verdacht vorliegt. Die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat oder ob allenfalls ein Strafaufhebungsgrund vorliegt, ist dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens vorbehalten. In diesem Rahmen wird der Beschwerdeführer auch noch Gelegenheit erhalten, sich umfassend in einer Beschuldigtenvernehmung oder mündlichen Verhandlung zu rechtfertigen. Zum jetzigen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung sämtlicher der Finanzstrafbehörde vorliegenden Information besteht jedoch der grundsätzliche Verdacht auf ein Finanzvergehen im Sinne des Spruches der Entscheidung zu Recht.

Der Begründung des Bescheides ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die Finanzstrafbehörde I. Instanz den Beschuldigten auch einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG verdächtigt, weil er in seiner Selbstanzeige nicht sämtliche Umsätze und Einkünfte wahrheitsgemäß offengelegt habe. Wie sich aufgrund ergänzender Erhebungen ergeben habe, seien vom Bf. lediglich Honorare einbekannt worden, welche er von zwei gerade in Prüfung befindlichen Firmen erhalten habe.

Allerdings besteht nach Ansicht der entscheidenden Behörde alleine mit dieser Begründung nach der derzeitigen Aktenlage kein ausreichender Verdacht, der Bf. hätte weitere, nicht erklärte Umsätze und Erlöse hinterzogen. Unbestritten liegt der Verdacht nahe, dass die Selbstanzeige des Bf. durch die Betriebsprüfungen veranlasst wurde, allerdings handelt es sich um bloße Vermutungen, die durch keine Tatsachen gestützt werden können, wenn die Finanzstrafbehörde daraus weiter schließt, der Bf. müsse auch noch für andere Firmen tätig gewesen sein. Sollte sich jedoch der ausgesprochene Verdacht durch konkrete Anhaltspunkte in der Zukunft erhärten, wären sodann die zutreffenden strafrechtlichen Konsequenzen zu ziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Selbstanzeige mangels Entrichtung nicht strafbefreiend

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAB-59297