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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.01.2004, RV/1585-L/02

Richtlinienwidrigkeit der Eigenverbrauchsbesteuerung aus Bewirtungskosten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Otto Blaha, gegen den Bescheid des Finanzamtes Steyr betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2000 entschieden:

1. Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 wird gemäß § 276 Abs. 3 in Verbindung mit § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

2. Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2000 wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben betragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ATS
Gesamtbetrag der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen
5.927.651,95
430.779,27
Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstige Leistungen und Eigenverbauch
5.927.651,95
430.779,27
Davon sind zu versteuern mit
Bemessungsgrundlage
20% Normalsteuersatz
5.927.651,95
1.185.530,39
86,155.85
Summe Umsatzsteuer
1.185.530,39
86.155,85
Vorsteuer lt.BP
-229.540,61
-16.681,37
Vorsteuer lt.BE
-1.431,72
-104,04
Gesamtbetrag der Vorsteuer lt.BE
-230.972,33
-16.785,41
Zahllast (gerundet)
954.558,00
69.370,40

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw. ist als Baumeister tätig, und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Im Rahmen einer beim Bw. durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1998 bis 2002 - ABpNnr. - wurden u.a. folgende Feststellungen getroffen:

Tz 16. und Tz 25 Geschäftsessen:

Im Jahr 2000 wurde seitens des Unternehmers 100% der Geschäftsessen als Aufwand sowie auch ein auch ein 100%iger Vorsteuerabzug vorgenommen.

Die Aufwendungen fallen unter die 50%ige Kürzung (Werbewirksamkeit vorhanden, die Repräsentationskomponente ist untergeordnet). Die repräsantive Mitveranlassung darf daher nur ein geringes Ausmaß erreichen.

Daher wurde der Aufwand um 50% sowie die entsprechende Vorsteuer gekürzt:


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2000
Kosten bisher
22.348,16
Kosten lt. BP.
11.174,08
Differenz=Gewinnauswirkung
11.174,08
Vorsteuerkürzung
1.431,72

Mit Bescheid vom wurde das Verfahren gegen den Umsatz- und Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 wiederaufgenommen und mit gleichem Datum wurde mit Bescheid die Einkommensteuer mit S 1.669.650,00 und die Umsatzsteuer mit S 955.990,00 festgesetzt, wobei ein Gesamtbetrag der Vorsteuer in Höhe von - S 229.540,61 zum Ansatz kam.

Gegen den wiederaufgenommenen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000 wurde mit Schreiben vom Berufung mit folgender Begründung eingebracht:

"Von der Betriebsprüfung wurden die in der Bilanz mit 100% offengelegten Geschäftsessen zu 50% gekürzt und die Vorsteuer rückgerechnet.

Die Bestimmung gem. § 20 Abs 1 Z 3 EStG 1994, dass die Bewirtungsspesen nur zu 50% absetzbar sind, ist laut Europäischen Gerichtshof rechtswidrig."

Die Berufung wurde ohne Erlassen einer Berufungsvorentscheidung der zweiten Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Umsatzsteuer für das Jahr 2000:

Da nach dem aktenkundigen Vorbringen der Partei außer Streit ist, dass die Geschäftsessen der Werbung dienten und die betriebliche oder berufliche Veranlassung bei weitem überwog, stellt sich einzig die Rechtsfrage, ob die durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 per eingeführte Nichtabzugsfähigkeit von 50 % derartiger Bewirtungsaufwendungen zu einer EU-widrigen Versteuerung eines Aufwandseigenverbrauches in dieser Höhe führt. Die im gegenständlichen Verfahren durch die Betriebsprüfung durchgeführte sofortige Kürzung des Vorsteuerabzuges anstelle der Versteuerung eines Eigenverbrauches entspricht nach Rz 1926 der USt-Richtlinien der Verwaltungspraxis.

Im Folgenden werden die für die gegenständliche Entscheidung wesentlichen Rechtsgrundlagen dargestellt:

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben iSd. § 20 Abs. 1 Z 1 - 5 EStG 1988 darstellen, nicht als für das Unternehmen ausgeführt.

Nach § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994 unterliegt der Umsatzsteuer auch der Eigenverbrauch im Inland. Eigenverbrauch liegt vor, soweit ein Unternehmer Ausgaben tätigt, die Leistungen betreffen, die Zwecken des Unternehmens dienen, und nach § 20 Abs. 1 Z 1 - 5 EStG 1988 (u.a.) nicht abzugsfähig sind. Dies gilt nicht für Ausgaben, die Lieferungen oder sonstige Leistungen betreffen, welche aufgrund des § 12 Abs. 2 UStG 1994 nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, sowie für Geldzuwendungen.

§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 besagt, dass bei den Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden dürfen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen bei den Einkünften die Repräsentationsaufwendungen nicht abgezogen werden. Darunter fallen nach dieser Bestimmung auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden, außer der Steuerpflichtige weist nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die berufliche oder betriebliche Veranlassung weitaus überwiegt.

§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 wurde mit Wirksamkeit zum durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 insofern geändert, als derartige Bewirtungsaufwendungen nur mehr zur Hälfte abzugsfähig sind. Nach den erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesänderung (SWK 1995, T 19) erscheint eine pauschale Berücksichtigung der gegebenen Repräsentationskomponente in Höhe der Hälfte der entsprechenden Ausgaben sachgerecht, auch wenn die Bewirtung von Geschäftsfreunden der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt.

Die Absicht des Gesetzgebers war also zumindest nicht primär darauf gerichtet, die auf den bewirtenden Unternehmer entfallenden Kosten zu berücksichtigen. Der unter den normierten Bedingungen in Summe anzuerkennende Werbeaufwand anlässlich der Bewirtung eines Geschäftsfreundes sollte um eine Repräsentationskomponente gekürzt werden.

Die Bestimmungen des UStG 1994 wurden gleichlautend beibehalten. Dennoch ergibt sich aufgrund der Gesetzessystematik des UStG 1994 eine bis zur Änderung des § 20 EStG 1988 in der Verwaltungspraxis nicht durchgeführte Eigenverbrauchsbesteuerung. Liegen derartige nach EStG zur Hälfte abzugsfähige Aufwendungen vor, bleibt es nach § 12 UStG 1994 zunächst beim vollen Vorsteuerabzug, da keine überwiegend nicht abzugsfähigen Aufwendungen vorliegen. Allerdings greift dann hinsichtlich der ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen 50 % der Aufwendungen die Eigenverbrauchsbesteuerung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994.

Wie bereits angeführt führen die Umsatzsteuerrichtlinien in Rz 2926 hiezu aus, dass, wenn die Bewirtung durch einen Dritten erfolgt und somit im Zeitpunkt des Leistungsbezuges die 50 %ige Abzugsfähigkeit der Aufwendungen bereits feststeht, eine sofortige Aufteilung der Vorsteuer erfolgen und die 50 %ige Eigenverbrauchsbesteuerung im Nachhinein unterbleiben kann.

Im gegenständlichen Zusammenhang sind folgende Bestimmungen der 6. Richtlinie des Rates vom (77/388/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (idF: 6. Mehrwertsteuerrichtlinie) von Bedeutung:

Nach Art. 5 Abs. 6 ist die Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen für private oder unternehmensfremde Zwecke einer Lieferung gleichgestellt, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Umsatzsteuer berechtigt hat.

Art. 6 Abs. 2 lit. a stellt der Dienstleistung die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für unternehmensfremde Zwecke gleich, sofern dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat.

Nach lit. b dieser Bestimmung ist der Dienstleistung die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen für unternehmensfremde Zwecke gleichgestellt.

Die Mitgliedsstaaten können Abweichungen von diesen Bestimmungen vorsehen, soferne solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Nach Art. 17 Abs. 2 ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die für Vorleistungen geschuldete Mehrwertsteuer abzuziehen, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

Gemäß Art. 17 Abs. 6 legt der Rat fest, bei welchen Ausgaben die Vorsteuern nicht abzugsfähig sind. Auf jeden Fall werden vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen diejenigen Ausgaben, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügen und Repräsentationsaufwendungen. Bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung können die Mitgliedsstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die bei Inkrafttreten dieser Richtlinie auf bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruhen.

Da zur gegenständlichen Fragestellung keine Konsultationen nach Art. 17 Abs. 7 iVm. Art. 29 oder Befassungen der Kommission iSd. Art. 27 bekannt sind, unterbleibt die Darstellung dieser Bestimmungen.

Folgende Aussagen des EuGH sind für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage von Bedeutung (sinngemäße Wiedergabe):

Verbundene Rechtssachen "Ampafrance" Rs C-177/99 und "Sanofi" Rs C-181/99 vom :

Rz 34: Aus Art. 2 der ersten und Art. 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt sich der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer in der Unternehmerkette. Das in Art. 17 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug ist integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Denn eine Einschränkung des Vorsteuerabzuges würde sich auf die steuerliche Belastung auswirken und muss in allen Mitgliedsstaaten gleich wirken. Ausnahmen sind daher nur in den in der Richtlinie ausdrücklich genannten Fällen zulässig. Dazu zählen aufgrund des Art. 17 Abs. 6 iVm. Art. 27 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie auch alle Vorsteuerausschlüsse, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie in einem Mitgliedsstaat galten.

Rz 57 und 58: Die von Frankreich eingeführten Normen erlauben den Vorsteuerabzug selbst für Aufwendungen zu verwehren, deren streng geschäftlichen Charakter der Unternehmer nachweisen kann. Dadurch werden bestimmte Formen von Vorleistungen der Mehrwertsteuer unterworfen, was gegen den Grundsatz des Rechts auf Vorsteuerabzug verstößt, der die Neutralität der Mehrwertsteuer gewährleistet.

Rz 62: Vorsteuerausschlüsse (gilt nach dem Wortlaut der Entscheidung auch für "pauschale Beschränkungen des Vorsteuerabzuges") verstoßen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn der Steuerpflichtige keine Möglichkeit hat, nachzuweisen, dass keine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt und dadurch die Grundsätze und Ziele der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie übermäßig beeinträchtigt werden.

Rechtssache "Metropol" Rs C-409/99 vom

Rz 42: Das in Art. 17 f der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug ist integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug wirkt sich auf die Höhe der steuerlichen Belastung aus und muss in allen Mitgliedsstaaten in gleicher Weise gelten. Ausnahmen sind daher nur in den von der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig.

Rz 46: Eine nationale Regelung ist unzulässig, wenn sie nach dem Inkrafttreten der Mehrwertsteuerrichtlinie die bestehenden Ausschlusstatbestände erweitert.

Rz 48: Durch die in Art. 17 Abs. 6 normierte "stand-still"-Klausel sollten die Mitgliedsstaaten ermächtigt werden, bis zum Erlass einer gemeinschaftlichen Regelung, alle nationalen Regelungen zum Vorsteuerausschluss beizubehalten, "die ihre Behörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie tatsächlich anwandten".

Rz 49: Angesichts dieses besonderen Zweckes umfasst der Begriff "innerstaatliche Rechtsvorschrift" iSd Art. 17 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie nicht nur Rechtssetzungsakte im eigentlichen Sinn, sondern auch die Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken der Behörden der betroffenen Mitgliedsstaaten.

Rechtssache "Cookies World" Rs C-155/01 vom

Neben den Aussagen zur Unzulässigkeit einer Doppelbesteuerung eines wirtschaftlichen Vorganges enthält die Entscheidung noch weitere prinzipielle Aussagen, die für die gegenständlichen Fragestellungen von Bedeutung sind.

Rz 58 und 59: Art. 6 Abs. 2 Unterabsatz 2 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie ermöglicht den Mitgliedsstaaten als eng auszulegende Ausnahmebestimmung lediglich, von der Behandlung bestimmter Leistungen und Verwendungen als steuerbare Leistungen abzusehen. Art. 6 der 6. Richtlinie ermöglicht den Mitgliedsstaaten aber nicht, in Art. 6 Abs. 2 lit. a und lit. b nicht genannte Steuertatbestände einzuführen.

Rz 61 f: Die Einführung eines neuen Steuertatbestandes mit dem Ziel einen Vorsteuerausschluss, wie er bis zum Beitritt Österreichs galt, zumindest mittelbar aufrecht zu erhalten, kann nicht auf Art. 17 Abs. 6 und 7 gestützt werden.

Rz 64 f: Selbst wenn Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie unter den Umständen des Ausgangsverfahrens grundsätzlich anwendbar wäre, hätte Österreich richtlinienwidrig die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 erst nach dem Beitritt Österreichs am eingeführt und somit erst nach dem Inkrafttreten der 6. Richtlinie in Österreich die bestehenden Ausschlusstatbestände erweitert und sich damit vom Ziel der Richtlinie entfernt.

Auf der Grundlage dieser Bestimmungen und hiezu ergangenen Ausführungen des EuGH ist zunächst einmal festzuhalten, dass der Aufwandstatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c jedenfalls dann richtlinienwidrig ist, wenn darin ein eigener Besteuerungstatbestand erblickt wird, da die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie keinen derartigen Tatbestand vorsieht. So entschied auch der BFH am , V R 74/96 (Ur 1998, 464 f), dass die 6. Mehrwertsteuerrichtlinie keine dem Aufwandseigenverbrauch vergleichbare Bestimmung enthält und den Mitgliedsstaaten es grundsätzlich verwehrt sei, über die im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Steuertatbestände hinaus weitere Vorgänge der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Nach der EuGH-Entscheidung "Cookies World" könnte aber unter bestimmten Umständen des Ausgangsverfahrens im Aufwandstatbestand doch eine auf Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie beruhende und den Vorsteuerausschluss ergänzende Bestimmung gesehen werden. Beide Bestimmungen dienen der Gleichstellung des Unternehmers mit dem Endverbraucher. Sowohl der Ausschluss vom Vorsteuerabzug als auch der Eigenverbrauch im Zusammenhang mit den Bewirtungen führen zu einer steuerlichen Belastung des Unternehmers und somit zu einer Durchbrechung des Neutralitätsgrundsatzes, finden aber wohl darin seine Berechtigung, dass der Unternehmer nicht besser gestellt werden darf als der Letztverbraucher. Insofern bezwecken beide Bestimmungen das gleiche Ziel und führen im Ergebnis dazu, dass die Steuerverwaltung jenen Betrag erhebt, der auf den Letztverbrauch entfällt.

Die Ansicht, dass der Aufwandseigenverbrauch als Vorsteuerkorrekturtatbestand zu sehen ist, findet sich auch in der Literatur (Lohse/Peltner, 6. Mehrwertsteuerrichtlinie und Rechtsprechung des EuGH, bei Art. 17, S 6; Ruppe, UStG 1994, Tz 307 zu § 1; Kolacny-Mayer, Umsatzsteuergesetz 1994, Anmerkung 37 zu § 1).

Folgt man der Sichtweise, dass der Aufwandstatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994 als Tatbestand der Vorsteuerkorrektur auf Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie beruht, ist allerdings nach der genannten Bestimmung und insbesondere nach dem EuGH-Erkenntnis Metropol zu prüfen, ob die österreichischen Finanzbehörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie () die Eigenverbrauchsbesteuerung im Zusammenhang mit den Bewirtungskosten tatsächlich anwandten. Nach dieser Entscheidung umfasst der Begriff innerstaatliche Rechtsvorschriften iSd Art. 17 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie eben nicht nur Rechtssetzungsakte im eigentlichen Sinn, sondern auch die Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken der Behörden der betroffenen Mitgliedsstaaten.

Nach der Verwaltungspraxis in Österreich wurden aber bei grundsätzlicher Anerkennung der Bewirtungskosten als unternehmerischer Werbeaufwand weder die Vorsteuer gekürzt noch ein Eigenverbrauch besteuert. Diesbezüglich gab es auch zumindest für den Bereich der Ertragsteuern eindeutige Aussagen des Bundesministeriums für Finanzen (, SWK 1996, A 303; , Ecolex 1996, 125). Nach diesen Ausführungen zählen Aufwendungen anlässlich der Geschäftsfreundebewirtung inklusive jener Kosten, die auf den bewirtenden Unternehmer bzw. auf dessen Angestellte entfallen zu den Aufwendungen anlässlich der Geschäftsfreundebewirtung. Es hat demnach auch keine Aufteilung der Kosten zu erfolgen.

Da das Umsatzsteuergesetz in den einschlägigen Bestimmungen auf das Abzugsverbot des Einkommensteuergesetzes verweist, müssen diese Ausführungen wohl auch für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes Bedeutung haben.

Die Einführung der umsatzsteuerlichen Belastung durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 kann somit weder auf Art. 6 noch auf Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie gestützt werden.

Ergänzend hiezu wird festgehalten, dass nach Rz 62 der EuGH-Entscheidung Ampafrance und Sanofi grundsätzlich eine pauschale Beschränkung des Vorsteuerabzugs gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann, wenn dem Steuerpflichtigen keine Möglichkeit eingeräumt wird, nachzuweisen, dass eine Steuerhinterziehung oder -umgehung vorliegt.

Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates besteht auch keine Möglichkeit - unabhängig von der Änderung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 per - eine Besteuerung des tatsächlich auf den Unternehmer entfallenden Kostenteils vorzunehmen.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des Einkommensteuergesetzes fallen alle Aufwendungen, die anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden anfallen, grundsätzlich unter die Repräsentationsaufwendungen ("darunter fallen auch ..."). Dies können nur solche Aufwendungen sein, die grundsätzlich für das Unternehmen ausgeführt werden, aber aufgrund ihrer repräsentativen Mitveranlassung durch die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, soferne der Unternehmer nicht den Werbecharakter und die unternehmerische Veranlassung nachweist. Würden derartige Kosten nicht für das Unternehmen anfallen, wäre der Vorsteuerabzug aus diesen Kosten schon nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG ausgeschlossen.

Weist der Unternehmer den Werbecharakter und die unternehmerische Veranlassung nach, gehören alle Aufwendungen anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden zu den für das Unternehmen erfolgten Repräsentationsaufwendungen und eben nicht zu den für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Betrag. Alle Kosten, die anlässlich der Bewirtung eines Geschäftsfreundes anfallen, sind eben nach der Spezialbestimmung des § 20 Abs. 1 Z 3 zu beurteilen und nicht nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG.

Überdies gilt auch in diesem Zusammenhang, dass nach der Verwaltungspraxis zum Beitrittszeitpunkt bei Nachweis der Voraussetzungen für die Anerkennung des Bewirtungsaufwandes ein 100 %iger Vorsteuerabzug gewährt wurde.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die durch das Strukturanpassungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 297/1995 sich ergebende Besteuerung eines Eigenverbrauchs iHv. 50 % jener Kosten der Bewirtung, die der Werbung dienen und bei denen die betriebliche oder berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, richtlinienwidrig ist, da sie weder auf einen in der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Besteuerungstatbestand noch auf (im Sinn der Rechtsprechung des EuGH) innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruht, die zum Zeitpunkt des Beitritts Österreichs zur EU bestanden haben und auch angewendet wurden.

Die Vorsteuern in Höhe von S 1.431,72 sind daher anzuerkennen.

Der Gesamtbetrag der Vorsteuern berechnet sich somit wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuern lt. BP.
S 229.540,61
+ Vorsteuern Tz.21
S 1.431,72
Vorsteuern lt. BE
S 230.972,33

Aufgrund der Ausführungen war der Berufung diesbezüglich stattzugeben.

2. Einkommensteuer für das Jahr 2000:

Da der steuerliche Vertreter des Bw. mit Schreiben vom die Berufung betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 zurückgenommen hat, erklärt die Abgabenbehörde diese gemäß § 276 Abs. 3 in Verbindung mit § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos. Das Berufungsverfahren ist - in diesem Punkt - somit beendet.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 5 Abs. 6 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1
Art. 6 Abs. 2 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1
Art. 17 Abs. 2 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1
Schlagworte
Eigenverbrauch
Geschäftsessen
Vorsteuerausschluss

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at