Bürgschaft eines GmbH-Gesellschafters als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der
unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den
Bescheid des Finanzamtes Wels betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2002
entschieden:
Die
Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der
angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß
§ 291
der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht
zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen
nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die
Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich
bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer
unterschrieben sein.
Gemäß
§ 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das
Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung
(Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu
erheben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber war im berufungsgegenständlichen
Jahr Pensionist. In seiner Erklärung zur
Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2002 beantragte er unter
Kennzahl 735 den Betrag von 10.805,24 € als
außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen.
Dieser Betrag setzte sich aus Pensionspfändungen, Haftungszahlungen und
Alimente zusammen.
Im Einkommensteuerbescheid
für das Jahr 2002 vom anerkannte das Finanzamt die
geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung
im Sinne des Einkommensteuergesetzes, da diese weder aus tatsächlichen,
rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen
seien.
Die dagegen eingebrachte
Berufung vom
begründete der Abgabepflichtige folgendermaßen:
Im Steuerbuch 2002 sei angeführt, dass bestimmte
Aufwendungen und Ausgaben als außergewöhnliche Belastung zu
berücksichtigen seien, wenn sie außergewöhnlich seien,
zwangsläufig erwachsen würden und die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigten.
Letzteres sei dann der Fall, wenn der individuelle
Selbstbehalt überschritten werde. Dieser Selbstbehalt betrage bei ihm
3.392,-- €.
Außergewöhnlich seien die geltend gemachten
Belastungen nach seiner Ansicht, weil er als Mehrheitsgesellschafter der
Komplementär-Gesellschaft der Konkursfirma KP GesmbH & CO KG von allen
Banken bei allen Kreditverträgen als Mitbürge angeführt worden
sei und daher jetzt die entsprechenden Rückzahlungen (Sparkasse
440,-- €, 84 Monate, Oberbank 360,-- €, 60 Monate,
Bank Austria 85,-- €, 84 Monate) zu leisten seien. Damit sei auch
die Zwangsläufigkeit gegeben, weil die Banken nicht davon abzuhalten
gewesen wären durch ihre Anwälte rechtliche Schritte (nicht gerade
billig) einzuleiten und sofort Pfändungen bei der PVA ohne jede
Verständigung vorgenommen hätten.
Er hoffe, dass diese Sachverhalte
berücksichtigungswürdig seien.
Mit
Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und
begründete dies damit, dass die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft,
die zu Gunsten des Arbeitgebers eingegangen worden sei, keine
außergewöhnliche Belastung darstelle. Gleiches gelte für eine
Bürgschaft, die der Gesellschafter (Geschäftsführer) einer GmbH
zu Gunsten der GmbH eingehe, um deren wirtschaftlichen Untergang abzuwenden
sowie für eine Bürgschaftsübernahme durch einen Kommanditisten
(Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) für die KG, wenn
dies im Rahmen des Unternehmerwagnisses geschähe.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Abgabepflichtige die Berufung der
Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Ergänzend führte er aus, dass diese
Begründung seines Erachtens in keinem der angeführten Punkte zutreffe,
weil
1. Keine
Bürgschaft zu Gunsten des Arbeitgebers eingegangen worden sei, weil kein
Dienstverhältnis existiert habe.
2. Es sei
auch keine Bürgschaft eines Gesellschafters (Geschäftsführer)
einer GmbH zu Gunsten der GmbH eingegangen worden.
3. Es sei
keine Bürgschaft übernommen worden durch einen Kommanditisten
(Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) für die
KG.
Wie schon in der Berufung angeführt, sei er als
Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH von allen Banken als
Mitbürge angeführt worden und er sei daher nach Konkurseröffnung
gepfändet worden.
Seiner Ansicht nach liege daher eine
berücksichtigungswürdige außergewöhnliche Belastung
vor.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung vom Finanzamt der Abgabenbehörde
zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gemäß
§ 34 Abs. 1 EStG 1988 sind
bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt
Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18)
außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende
Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs.
2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs.
3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten
noch Sonderausgaben sein.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Belastung
außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl
der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher
Vermögensverhältnisse erwächst.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. erwächst die
Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus
tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen
kann.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. beeinträchtigt die
Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich, soweit sie
einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (Abs. 5) vor Abzug der
außergewöhnlichen Belastungen selbst und eines Sanierungsgewinnes
(§ 36) zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt
beträgt in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens 6 -
12 % des Einkommens.
Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber
Bürgschaftszahlungen zu leisten, weil er für Kredite der KP GmbH &
CO KG die Bürgschaft übernommen hat. Unbestritten war er zum Zeitpunkt
des Eingehens der Bürgschaften mit 60% Mehrheitsgesellschafter der
Komplementär-GmbH.
Zahlungen auf Grund einer Bürgschaft gelten nur dann
als zwangsläufig erwachsen, wenn bereits das Eingehen der Bürgschaft
zwangsläufig erfolgt ist (vgl. /0085).
Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates ist beim vorliegenden
Sachverhalt davon auszugehen, dass Aufwendungen eines Gesellschafters der
Komplementär-GmbH auf Grund der Inanspruchnahme aus einer übernommenen
Bürgschaft für einen der KG gewährten Bankkredit keine
Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden
können, weil der Gesellschafter in einem solchen Fall ein Wagnis
übernimmt, das dem eines Unternehmers gleicht. § 34 EStG 1988
wurde nicht zu dem Zweck geschaffen, wirtschaftliche Misserfolge, die ja die
verschiedensten Ursachen haben können, mit einer Ermäßigung bei
der Einkommensteuer zu berücksichtigen und in einem solchen Fall die
Steuerlast auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Zudem ist die
grundsätzliche Haftungsfreiheit in Bezug auf Schulden der GmbH, und auch
bei der vorliegenden Konstruktion für Schulden der KG derart
charakteristisch, dass nach den sittlichen Wertvorstellungen rechtlich denkender
Menschen neben den gesetzlichen Ausnahmen auch in Notfällen weder den
Gesellschafter noch den Geschäftsführer der GmbH eine moralische
Verpflichtung treffen wird, für Gesellschaftsschulden einzustehen (vgl. zum
ähnlich gelagerten Sachverhalt
Zl. 93/14/0018).
Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass der
Berufungswerber nicht behauptet, dass ihn im gegenständlichen Fall
rechtliche oder sittliche Gründe zur Übernahme der Bürgschaften
verpflichtet hätten.
Er führt in der Berufung aus, dass er "von allen
Banken bei allen Kreditverträgen als Mitbürge angeführt worden
sei" und daher jetzt die entsprechenden Rückzahlungen leisten müsse.
Dies ist so auszulegen, dass er die Ansicht vertritt,
dass er sich der Bürgschaftsübernahme
aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen habe können. Nun
vermag aber weder der Umstand, dass die Hingabe von Darlehen bzw. Krediten
seitens der Gläubigerbanken regelmäßig von der Übernahme
der persönlichen Haftung der Gesellschafter (im konkreten Fall des
Gesellschafters der Komplementär-GmbH) für Gesellschaftsschulden der
KG abhängig gemacht wurde noch der gegebenenfalls vorliegenden Umstand,
dass der Berufungswerber keine andere Möglichkeit gehabt hätte, als
durch seine Bürgschaft für die Gesellschaft eine Darlehens- bzw.
Kreditgewährung zu erzielen", derartige tatsächliche Gründe iSd
§ 34 EStG 1988 darzutun.
Unter tatsächlichen Gründen sind nämlich nur
solche, in der Person des Steuerpflichtigen gelegene Gründe zu verstehen,
die ihn (wie etwa die Kosten auf Grund einer eigenen Erkrankung) unmittelbar
betreffen (vgl. das oben zitierte Erkenntnis vom ,
Zl. 93/14/0018).
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die
gegenständlichen Bürgschaftszahlungen keine
außergewöhnliche Belastung darstellen, da das Eingehen der
Bürgschaft nicht als zwangsläufig erwachsen anzusehen ist.
Die Berufung war daher als unbegründet
abzuweisen.
Linz,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Bürgschaft außergewöhnliche Belastung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at