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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 30.12.2003, RV/0415-L/03

Bürgschaft eines GmbH-Gesellschafters als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Wels betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber war im berufungsgegenständlichen Jahr Pensionist. In seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2002 beantragte er unter Kennzahl 735 den Betrag von 10.805,24 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen. Dieser Betrag setzte sich aus Pensionspfändungen, Haftungszahlungen und Alimente zusammen.

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom anerkannte das Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes, da diese weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen seien.

Die dagegen eingebrachte Berufung vom begründete der Abgabepflichtige folgendermaßen:

Im Steuerbuch 2002 sei angeführt, dass bestimmte Aufwendungen und Ausgaben als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen seien, wenn sie außergewöhnlich seien, zwangsläufig erwachsen würden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigten.

Letzteres sei dann der Fall, wenn der individuelle Selbstbehalt überschritten werde. Dieser Selbstbehalt betrage bei ihm 3.392,-- €.

Außergewöhnlich seien die geltend gemachten Belastungen nach seiner Ansicht, weil er als Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-Gesellschaft der Konkursfirma KP GesmbH & CO KG von allen Banken bei allen Kreditverträgen als Mitbürge angeführt worden sei und daher jetzt die entsprechenden Rückzahlungen (Sparkasse 440,-- €, 84 Monate, Oberbank 360,-- €, 60 Monate, Bank Austria 85,-- €, 84 Monate) zu leisten seien. Damit sei auch die Zwangsläufigkeit gegeben, weil die Banken nicht davon abzuhalten gewesen wären durch ihre Anwälte rechtliche Schritte (nicht gerade billig) einzuleiten und sofort Pfändungen bei der PVA ohne jede Verständigung vorgenommen hätten.

Er hoffe, dass diese Sachverhalte berücksichtigungswürdig seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und begründete dies damit, dass die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft, die zu Gunsten des Arbeitgebers eingegangen worden sei, keine außergewöhnliche Belastung darstelle. Gleiches gelte für eine Bürgschaft, die der Gesellschafter (Geschäftsführer) einer GmbH zu Gunsten der GmbH eingehe, um deren wirtschaftlichen Untergang abzuwenden sowie für eine Bürgschaftsübernahme durch einen Kommanditisten (Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) für die KG, wenn dies im Rahmen des Unternehmerwagnisses geschähe.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Abgabepflichtige die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Ergänzend führte er aus, dass diese Begründung seines Erachtens in keinem der angeführten Punkte zutreffe, weil

1. Keine Bürgschaft zu Gunsten des Arbeitgebers eingegangen worden sei, weil kein Dienstverhältnis existiert habe.

2. Es sei auch keine Bürgschaft eines Gesellschafters (Geschäftsführer) einer GmbH zu Gunsten der GmbH eingegangen worden.

3. Es sei keine Bürgschaft übernommen worden durch einen Kommanditisten (Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) für die KG.

Wie schon in der Berufung angeführt, sei er als Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH von allen Banken als Mitbürge angeführt worden und er sei daher nach Konkurseröffnung gepfändet worden.

Seiner Ansicht nach liege daher eine berücksichtigungswürdige außergewöhnliche Belastung vor.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Berufung vom Finanzamt der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. beeinträchtigt die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen selbst und eines Sanierungsgewinnes (§ 36) zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt in Abhängigkeit von der Höhe des Einkommens 6 - 12 % des Einkommens.

Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber Bürgschaftszahlungen zu leisten, weil er für Kredite der KP GmbH & CO KG die Bürgschaft übernommen hat. Unbestritten war er zum Zeitpunkt des Eingehens der Bürgschaften mit 60% Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH.

Zahlungen auf Grund einer Bürgschaft gelten nur dann als zwangsläufig erwachsen, wenn bereits das Eingehen der Bürgschaft zwangsläufig erfolgt ist (vgl. /0085). Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates ist beim vorliegenden Sachverhalt davon auszugehen, dass Aufwendungen eines Gesellschafters der Komplementär-GmbH auf Grund der Inanspruchnahme aus einer übernommenen Bürgschaft für einen der KG gewährten Bankkredit keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung finden können, weil der Gesellschafter in einem solchen Fall ein Wagnis übernimmt, das dem eines Unternehmers gleicht. § 34 EStG 1988 wurde nicht zu dem Zweck geschaffen, wirtschaftliche Misserfolge, die ja die verschiedensten Ursachen haben können, mit einer Ermäßigung bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen und in einem solchen Fall die Steuerlast auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Zudem ist die grundsätzliche Haftungsfreiheit in Bezug auf Schulden der GmbH, und auch bei der vorliegenden Konstruktion für Schulden der KG derart charakteristisch, dass nach den sittlichen Wertvorstellungen rechtlich denkender Menschen neben den gesetzlichen Ausnahmen auch in Notfällen weder den Gesellschafter noch den Geschäftsführer der GmbH eine moralische Verpflichtung treffen wird, für Gesellschaftsschulden einzustehen (vgl. zum ähnlich gelagerten Sachverhalt Zl. 93/14/0018).

Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber nicht behauptet, dass ihn im gegenständlichen Fall rechtliche oder sittliche Gründe zur Übernahme der Bürgschaften verpflichtet hätten.

Er führt in der Berufung aus, dass er "von allen Banken bei allen Kreditverträgen als Mitbürge angeführt worden sei" und daher jetzt die entsprechenden Rückzahlungen leisten müsse. Dies ist so auszulegen, dass er die Ansicht vertritt, dass er sich der Bürgschaftsübernahme aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen habe können. Nun vermag aber weder der Umstand, dass die Hingabe von Darlehen bzw. Krediten seitens der Gläubigerbanken regelmäßig von der Übernahme der persönlichen Haftung der Gesellschafter (im konkreten Fall des Gesellschafters der Komplementär-GmbH) für Gesellschaftsschulden der KG abhängig gemacht wurde noch der gegebenenfalls vorliegenden Umstand, dass der Berufungswerber keine andere Möglichkeit gehabt hätte, als durch seine Bürgschaft für die Gesellschaft eine Darlehens- bzw. Kreditgewährung zu erzielen", derartige tatsächliche Gründe iSd § 34 EStG 1988 darzutun.

Unter tatsächlichen Gründen sind nämlich nur solche, in der Person des Steuerpflichtigen gelegene Gründe zu verstehen, die ihn (wie etwa die Kosten auf Grund einer eigenen Erkrankung) unmittelbar betreffen (vgl. das oben zitierte Erkenntnis vom , Zl. 93/14/0018).

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die gegenständlichen Bürgschaftszahlungen keine außergewöhnliche Belastung darstellen, da das Eingehen der Bürgschaft nicht als zwangsläufig erwachsen anzusehen ist.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bürgschaft
außergewöhnliche Belastung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at