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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 05.02.2004, RV/0810-G/02

Übergabe einer Liegenschaft unter einer Auflage


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Miterledigte GZ:
RV/0813-G/02


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0810-G/02-RS1
Die Übergeberin überträgt das Eigentumsrecht an einer Liegenschaft, die bereits mit einem außerbücherlichen Wohnungsrecht der Tochter belastet ist, an Sohn und Schwiegertochter. Der Übergeberin wird im Übergabsvertrag auch ein Wohnungsrecht eingeräumt. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 wird zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht nur das der Übergeberin eingeräumte Wohnungsrecht, sondern auch Leistungen an Dritte, somit auch das von den Übernehmern übernommene Wohnungsrecht der Tochter der Übergeberin herangezogen. Der Wert der Auflage ist höher als der EW der Liegenschaft, somit unterliegt der Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Maximilian Hofmaninger, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom überträgt Frau M.M. die Liegenschaft, die in ihrem Alleineigentum steht, an ihren Sohn und ihre Schwiegertochter, Herrn F.M. und Frau A.M., je zur Hälfte. Als Gegenleistung wurde der Übergeberin von den Übernehmern ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnungsrecht an einem Teil der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses zuzügl. Übernahme der Betriebskosten und der Kosten für die Beheizung sowie im Fall der Pflegebedürftigkeit der Übergeberin eine Reallast eingeräumt. Im Pkt. VI. 2. Absatz des Übergabsvertrages wurde festgehalten, dass die Übernehmer in Kenntnis sind, dass die Übergeberin mit dem noch zu verbüchernden Dienstbarkeitsvertrag ihrer Tochter M.R. und deren Kindern das Wohnungsrecht an der im Obergeschoss des Hauses befindlichen Wohnung eingeräumt hat. Der Einheitswert der Liegenschaft wurde vom zuständigen Lagefinanzamt mit S 211.000,00 festgesetzt.

Für diesen Rechtsvorgang schrieb das Finanzamt den Übernehmern die Grunderwerbsteuer vor. Die Bemessungsgrundlage wurde je aus der Hälfte der Summe der amtlichen Werte des von den Übernehmern der Übergeberin eingeräumten Wohnungsrechtes und des von den Übernehmern übernommenen, von der Übergeberin bereits ihrer Tochter eingeräumten Wohnungsrechtes, beide kapitalisiert nach § 16 BewG, ermittelt. Die gesamte Gegenleistung ergab einen Betrag von S 579.000,00.

Gegen diese Bescheide wurde von den Übernehmern, in der Folge Berufungswerber genannt, insoferne Berufung eingebracht, dass auch das Wohnungsrecht der M.R. in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen wurde. In der Berufung wurde vorgebracht, dass die Übergeberin mit Dienstbarkeitsvertrag vom Frau M.R. ein Wohnungsrecht an der ihr gehörigen Liegenschaft eingeräumt, und Frau M.R. dafür eine Schenkungssteuer vorgeschrieben wurde. Mit dem Übergabsvertrag vom habe die Übergeberin diese Liegenschaft mit der bereits begründeten Belastung des Wohnungsrechtes an die Berufungswerber übergeben. Die Einräumung des Wohnungsrechts an M.R. stelle demnach keine Gegenleistung von den Berufungswerbern an die Übergeberin bzw. an Frau M.R. für den Erwerb der Liegenschaft dar.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab.

Daraufhin stellten die Berufungswerber - ohne weitere Begründung - den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden iSd Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 von der Besteuerung ausgenommen. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit dem Begriff "Schenkungen unter einer Auflage" schon mehrfach beschäftigt (vgl. , , 478/56, , , , , , und ) und hierbei ausgeführt, dass eine Schenkung dann nicht von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen ist, wenn der unter Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften ermittelte Wert der Auflage höher ist als der ebenfalls nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Wert des Grundstückes, wobei als Wert des Grundstückes iS der Bestimmung des § 6 Abs. 1 GrEStG der zuletzt festgestellte Einheitswert zu verstehen ist. Der Wert der Auflage ist nach den Bestimmungen des BewG 1955 zu ermitteln.

Übersteigt demnach der Wert der Auflage den Wert des übereigneten Grundstückes, so ergibt sich, dass auch eine Schenkung nach bürgerlichem Recht der Grunderwerbsteuer unterliegt. Unter einer Auflage ist nicht nur eine Gegenleistung im Sinne des Privatrechtes, sondern auch jede dem Beschenkten überhaupt auferlegte Leistung zu verstehen (vgl. Slg. 660/F und ).

Der Wert dieser Auflage ist nach der angeführten Judikatur als Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG anzusehen und somit der Grunderwerbsteuer zu unterziehen (vgl. auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 20 f zu § 5 GrEStG).

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

§ 5 GrEStG enthält keine Bestimmung des Begriffes der Gegenleistung, sondern lediglich eine Aufzählung dessen, was als Gegenleistung angesehen wird; die Aufzählung ist nicht erschöpfend. Bei der Feststellung, was als Gegenleistung anzusehen ist, sind die wirtschaftlichen Merkmale des Erwerbsvorganges zu berücksichtigen (vgl. z.B. Arnold/Arnold, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 I, § 5 Tz 4 mwN).

"Übernommene sonstige Leistungen" iS dieser Bestimmung sind auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, die aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (vgl. und ), die sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken (vgl. mwN).

Im vorliegenden Fall hat die Übergeberin ihrer Tochter das Wohnungsrecht an der im Obergeschoss befindlichen Wohnung des Hauses eingeräumt und ihrem Sohn und der Schwiegertochter das Eigentumsrecht an der Liegenschaft mit der bereits vorhandenen Belastung des Wohnungsrechtes für die Tochter übertragen. Daneben wurde auch ein Wohnungsrecht für die Übergeberin an einem Teil der im Erdgeschoss befindlichen Räumlichkeiten eingeräumt. Nachdem Gegenleistung iSd Grunderwerbsteuerrechtes alles ist, was der Erwerber für das Grundstück aufwenden muss, um es zu erhalten und unter dem Begriff "sonstige Leistung" alle nur erdenklichen Leistungen zu verstehen sind, zählen alle Leistungen, die die Übernehmer der Übergeberin oder für diese an Dritte leisten, um die Liegenschaft erwerben zu können und in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft stehen, zu diesen sonstigen Leistungen, somit nicht nur der Wert des für die Übergeberin eingeräumten Wohnungsrechtes, sondern auch der des Wohnungsrechtes für Frau M.R., mit dem die Liegenschaft im Zeitpunkt der Übergabe bereits belastet war. Da der Wert der Auflage höher ist als der Einheitswert der Liegenschaft unterliegt das vorliegende Rechtsgeschäft der Grunderwerbsteuer.

Dass Frau M.R. für die Einräumung des Wohnungsrechtes Schenkungssteuer vorgeschrieben wurde, ändert nichts daran, dass die Berufungswerber diese Leistung für die Übergeberin erbringen und die Übergeberin nach Übertragung des Eigentumsrechtes an die Berufungswerber von dieser Verpflichtung befreit ist, sich die Übernahme dieser Leistung durch die Berufungswerber also im Vermögen der Übergeberin auswirkt (vgl. dazu auch und ).

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Berufung wie im Spruch zu entscheiden.

Graz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Schenkung unter einer Auflage
Gegenleistung
Wohnrecht
Leistung an Dritte

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at