Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 05.02.2004, RV/0395-I/03

Vorliegen einer gemischten Schenkung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0395-I/03-RS1
Finanzierten die Eltern der Tochter den Ankauf einer Eigentumswohnung zur Gänze als "mittelbare Grundstücksschenkung" und räumte die Tochter im Kaufvertrag den Eltern am Kaufobjekt ein lebenslanges Fruchtgenussrecht ein, dann lässt das nahe Angehörigenverhältnis und das vorliegende krasse Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen (Kaufpreis: 93.000 €, versicherungsmathematischer Wert des Fruchtgenussrechtes:24.030 €) den Schluss zu, dass nach dem Parteiwillen ein Teil der Leistung in Schenkungsabsicht hingegeben wurde. War aber das einheitliche Rechtsgeschäft als eine gemischte Schenkung zu beurteilen, dann fällt dieses unter die Schenkungssteuer (für den entgeltlichen Teil gilt § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG). Der gegenständlichen Vorschreibung der Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 9 GebG steht die Abgrenzungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG entgegen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Bernhard Wörgötter, gegen den Bescheid vom des Finanzamtes Innsbruck betreffend Rechtsgebühr entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom verkaufte die Firma V. S. B. V. ihre 57/930 Anteile an der Liegenschaft in EZ X GB Y, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Top W 14, an Mag. D. W. um einen Kaufpreis von 93.000 €. Laut Vertragspunkt 8 räumte die Käuferin ihren Eltern A und B., auf deren Lebenszeit das bücherliche Fruchtgenussrecht am Kaufobjekt ein. Weiters wurde hinsichtlich der Liegenschaftsanteile in Vertragspunkt 9 ein zu verbücherndes Belastungs -und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Eltern vereinbart.

Als Ergebnis einer Vorhaltbeantwortung wurde hinsichtlich der Bezahlung des Kaufpreises festgestellt, dass dieser vom gemeinsamen Konto der beiden Fruchtgenussberechtigten auf das Treuhandkonto eines Rechtsanwaltes überwiesen worden war. Mit dem Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Bw. gemäß § 33 TP 9 GebG Rechtsgebühr von einer Bemessungsgrundlage von 93.000 € vor. Begründend wurde ausgeführt, die Einräumung des Fruchtgenussrechtes für die Eltern sei entgeltlich erfolgt und unterliege daher der Gebühr. Eine Schenkungssteuer falle nicht an.

In der Berufung gegen diesen Rechtsgebührenbescheid wurde vorgebracht, im gegenständlichen Fall sei das Geld von den Eltern der Berufungswerberin direkt auf das Treuhandkonto des Rechtsanwaltes zum Kauf der gegenständlichen Wohnung überwiesen worden. Da die Bw. zu keiner Zeit über das Geld oder ein Guthaben, sondern erst über die gegenständliche Wohnung (und das eingeschränkt) verfügen habe können, handle es sich steuerrechtlich bei dem gegenständlichen Rechtsgeschäft um eine Wohnungsschenkung. Nachdem die Wohnung uno actu mit einem Fruchtgenussrecht und mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot geschenkt worden sei, liege das wirtschaftliche Eigentum (§ 20 BAO) bei den Geschenkgebern. Die rechtliche Konstruktion entspreche wirtschaftlich einer Schenkung auf den Todesfall, bei der Schenkungssteuer erst mit Eintritt der Bedingung entstehe. Im konkreten Fall sei daher keine Steuer zu bezahlen.

In eventu wurde noch vorgebracht, dass auch die Auffassung akzeptiert werden würde, dass von einer gemischten Schenkung ausgegangen und vom Wert des Fruchtgenussrechtes von 15.703.20 € Grunderwerbsteuer und von der Wertdifferenz von 16.396,80 € (= dreifacher Einheitswert minus Wert des Fruchtgenussrechtes) Schenkungssteuer vorgeschrieben werde.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung abgewiesen sinngemäß mit der Begründung, eine entgeltliche Dienstbarkeitseinräumung liege dann vor, wenn nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden solle. Laut Berufungsausführungen sei der Kaufpreis vom gemeinsamen Konto der Eltern auf das Treuhandkonto des Rechtsanwaltes überwiesen worden. Nach § 8 des Kaufvertrages räumte die Käuferin ihren Eltern das Fruchtgenussrecht am Kaufobjekt ein. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte die Leistung der Eltern in Form der Geldschenkung durch die Einräumung des Fruchtgenussrechtes vergolten werden. Dieses Verhältnis lasse den Schluss zu, dass die Geldschenkung als Gegenleistung dafür anzusehen sei, dass das Fruchtgenussrecht an der gegenständlichen Wohnung eingeräumt worden sei. Die Geldschenkung der Eltern in Höhe von 93.000 € sei deshalb als Wert der Gegenleistung für die entgeltliche Erwerbung des Titels der Dienstbarkeit anzusehen. Der Annahme einer mittelbaren Grundstückschenkung stehe entgegen, dass im vorliegenden Fall eine Geldzuwendung nach der Übergabe der Liegenschaft zur Tilgung des Kaufpreises erbracht worden sei, weshalb nach nicht eine mittelbare Grundstücksschenkung sondern eine Geldschenkung vorliege.

Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung replizierend wurde noch vorgebracht, dass im vorliegenden Fall die Geldzuwendung keineswegs nach der Übergabe der Liegenschaft zur Tilgung des Kaufpreises erbracht worden sei, da von vornherein festgestanden sei, dass die Eltern (Geschenkgeber) die Finanzierung dieser bestimmten Wohnung übernehmen und dazu den Kaufpreis direkt auf das Treuhandkonto des Rechtsanwaltes zum Kauf der gegenständlichen Wohnung überweisen würden. Die Bw. habe nie über das Geld verfügen können. Beim gegenständlichen Rechtsgeschäft handle es sich daher um eine Wohnungsschenkung. Wäre die Geldschenkung für das Fruchtgenussrecht, würde das Äquivalent für die Einräumung des Eigentums fehlen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemand der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 von Hundert vom Wert des bedungenen Entgelts.

Voraussetzung der Gebührenpflicht nach dieser Tarifstelle ist somit, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch ein entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch die andere "vergolten" werden soll (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht, 12. Auflage, I 106; ).

Getrennt abgeschlossene Verträge sind dann als Einheit aufzufassen, wenn die Beteiligten trotz mehrerer (in einer oder mehreren Urkunden enthaltenen) getrennter Verträge eine einheitliche Regelung beabsichtigten und wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. mit weiteren Hinweisen).

Im Berufungsfall wurden mit der Vertragsurkunde vom mehrere Rechtsgeschäfte abgeschlossen: Einerseits wurde damit der Kauf der Liegenschaftsanteile, mit denen das Wohnungseigentum an einer Eigentumswohnung verbunden ist, durch die Bw. beurkundet; gleichzeitig und wie in der Berufung ausgeführt gleichsam uno actu räumte die Käuferin ihren Eltern ein lebenslanges Fruchtgenussrecht an dem Kaufobjekt ein, abgesichert durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot. Wie sich erst auf Grund eines Bedenkenvorhaltes des Finanzamtes herausstellte, wurde der gesamte Kaufpreis von den Eltern durch Überweisung von deren Konto auf ein Konto des Rechtsanwaltes finanziert.

Der Kaufvertrag wurde von den Vertragsparteien des Grundstückskaufes am unterfertigt und am , und wurden die Unterschriften notariell beglaubigt. Nach Punkt 4 des Kaufvertrages wurde der Kaufpreis binnen einem Monat nach beiderseitiger beglaubigter Unterfertigung des Kaufvertrages zur Zahlung fällig. Am und damit innerhalb der Fälligkeitsfrist unterfertigten die Eheleute Dr. A und Dr. B. diese Vertragsurkunde und noch am gleichen Tag wurden ihre Unterschriften notariell beglaubigt. Außer Zweifel blieb, dass die Überweisung des Kaufpreises durch die Eltern innerhalb der Fälligkeitsfrist erfolgt ist. Der erkennbare enge sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen der Bezahlung des Kaufpreises durch die Eltern, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob es sich dabei um eine Geldschenkung oder um eine mittelbare Grundstücksschenkung handelte, und der Dienstbarkeitseinräumung an diese rechtfertigt die begründete Sachverhaltsannahme, dass diesbezüglich zwischen den Eltern und der Bw. der einvernehmliche Wille darauf gerichtet war, dass die Schenkung und die Fruchtgenusseinräumung in einer Wechselwirkung zueinander stehen, sich gegenseitig bedingen und die eine Leistung durch die andere Leistung letztlich "vergolten" wird. Die Bw. selbst hat im Schreiben vom diesen Kausalzusammenhang bestätigt und damit außer Streit gestellt, wenn sie darin ausführt, es handle sich um eine Wohnungsschenkung, "wobei die Gegenleistung im Einräumen des Fruchtgenussrechtes besteht". Des weiteren blieben die Richtigkeit der diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung ("Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte die Leistung der Eltern in Form der Geldschenkung durch die Einräumung des Fruchtgenussrechtes vergolten werden. Dieses Verhältnis lässt daher den Schluss zu, dass die Geldschenkung als Gegenleistung dafür anzusehen war, dass das Fruchtgenussrecht an der gegenständlichen Wohnung eingeräumt wurde") im Vorlageantrag unwidersprochen. An Sachverhalt war daher unter Beachtung des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges unbedenklich davon auszugehen, dass nach dem Willen der Vertragsparteien (Bw. und deren Eltern) die Leistung der Eltern im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch die Einräumung der Dienstbarkeit "vergolten" werden sollte, weshalb also das gebührenrechtliche Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit bei der Dienstbarkeitseinräumung vorliegt (vgl. , ).

Was das Berufungsvorbringen anlangt, die rechtliche Konstruktion entspreche wirtschaftlich einer Schenkung auf den Todesfall, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass eine Schenkung auf den Todesfall die Errichtung eines Notariatsaktes zur Voraussetzung hat. Da im Berufungsfall die Errichtung eines Notariatsaktes weder behauptet geschweige denn nachgewiesen wurde, liegt mangels Notariatsaktes keine wirksame Schenkung auf den Todesfall vor. Überdies liegt im Streitfall laut Berufungseinwand die Schenkung in der Finanzierung des Grundstückskaufpreises als mittelbare Grundstücksschenkung, wobei das Grundstück nach dem Kaufvertrag vom Verkäufer tatsächlich an die Bw. übergeben worden war. Laut Aufsandungserklärung wird das Eigentumsrecht der Mag. D. W. ob der gekauften Miteigentumsanteile einverleibt. Die Schenkung auf den Todesfall hat hingegen Vertragscharakter und begründet lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Beschenkten gegen den Schenker. Demzufolge kann im vorliegenden Fall, in dem der Verkäufer der Erwerberin den Kaufgegenstand übergeben, diese das Eigentum an dem Liegenschaftsanteil erlangt und die Übergeberin den Eltern in Verfügung über den Liegenschaftsanteil ein Fruchtgenussrecht eingeräumt hat, keinesfalls eine Schenkung auf den Todesfall gesehen werden.

Überdies wendet die Bw. mit dem Vorbringen, beim gegenständlichen Rechtsgeschäft wäre die Einräumung des Fruchtgenussrechtes seitens der Bw. die geringere Leistung als die Zuwendung ihrer Eltern gewesen, das Vorliegen einer gemischten Schenkung ein und machte damit bezogen auf die vom Finanzamt angesetzte Rechtsgebühr implizit geltend, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 3 GebG der erfolgten Vorschreibung der Rechtsgebühr entgegenstehe. Mit diesem Einwand hat sich das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung in keiner Weise auseinandergesetzt.

Nach § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte von der Gebührenpflicht ausgenommen, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Wertpapiersteuer), Versicherungssteuergesetz oder Beförderungssteuergesetz fallen. Im Hinblick auf die Abgrenzungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG können Schenkungssteuer und Rechtsgebühr nicht von demselben Rechtsvorgang erhoben werden. Ist Gegenstand eines gemischten Vertrages ein Recht und ist für den Vorgang im § 33 GebG eine Rechtsgebühr ( im Streitfall: § 33 TP 9 GebG ) vorgesehen, so ist der Rechtsvorgang einheitlich zu betrachten: Wenn das Rechtsgeschäft als- wenn auch gemischte- Schenkung zu beurteilen ist, ist im Hinblick auf § 15 Abs. 3 GebG Schenkungssteuer allein vorzuschreiben. Bei einer gemischten Schenkung kann der Inhalt des Geschäftes für Zwecke der Bemessung einer Rechtsgebühr nicht in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgespalten und vom unentgeltlichen Teil die Schenkungssteuer, von dem entgeltlichen eine Rechtsgebühr eingehoben werden. Überwiegt jedoch beim gemischten Vertrag die Entgeltlichkeit, so kann allein Rechtsgebühr zur Vorschreibung gelangen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, Rz 71 zu § 15 GebG).

Eine gemischte Schenkung kann nur angenommen werden, wenn nach dem Parteiwillen ein Teil der Leistung unentgeltlich hingegeben werden sollte. Erforderlich ist somit, dass sich die Vertragspartner des doppelten Charakters der Leistung bewusst gewesen sind, beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich oder schlüssig zum Ausdruck gebracht haben ( vgl. , ). Eine gemischte Schenkung ist somit nur dann anzunehmen, wenn die Parteien bereits bei Vertragsabschluss ausdrücklich oder schlüssig erklären, dass ein Teil der zu erbringenden Leistungen als geschenkt anzusehen ist. Eine solche teilweise Schenkungsabsicht kann allerdings aus den Umständen des Einzelfalles, worunter auch das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses der beiderseitigen Leistungen fällt, erschlossen werden. Für sich allein reicht dieser Umstand für die Annahme einer gemischten Schenkung nicht aus. Ein solches offenbares Missverhältnis liegt dann vor, wenn sich nach der Lage des Falles für den einen Teil auf jeden Fall eine Vermögenseinbuße, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung ergibt. Bei aleatorischen Verträgen (im Streitfall wurde den Eltern ein lebenslanges Fruchtgenussrecht eingeräumt) kann eine Schenkung nur dann angenommen werden, wenn nach der Sachlage für den einen Teil auf jeden Fall eine Bereicherung, für den anderen Teil auf jeden Fall eine Vermögensminderung eintreten muss und diese Folgen von den Vertragsteilen gewollt sind ( 1869 (F)). Die Feststellung, ob und in welchem Ausmaß ein solches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt, ist nicht auf Grund der steuerlichen Vorschriften des Bewertungsgesetzes, sondern auf Grund eines Vergleiches der Verkehrswerte bzw. der gemeinen Werte zu treffen. Dabei kann der Gesamtbetrag wiederkehrender Leistungen, die von der Lebensdauer einer Person abhängen, mit einer auch nur annähernden Verlässlichkeit nur nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik errechnet werden (siehe nochmals Fellner, Rz 75 und 76 zu § 15 GebG).

Das Vorliegen einer gemischten Schenkung entscheidet sich daher im Berufungsfall danach, ob die Leistung der Eltern und die Gegenleistung der Bw. in einem derart offenbaren krassen Missverhältnis stehen, dass aus der bestehenden Wertdifferenz und aus den Umständen des Einzelfalles die für die Annnahme einer gemischten Schenkung erforderliche teilweise Schenkungsabsicht begründet erschlossen werden darf.

Bei dieser Beurteilung ist an Sachverhalt davon auszugehen, dass die Eltern der Berufungswerberin den vollen Kaufpreis für die Anschaffung der Eigentumswohnung im Betrag von 93.000 € auf das Treuhandkonto eines Rechtsanwaltes überwiesen haben. Gleichzeitig räumte in Punkt 8 des Kaufvertrages die Tochter den Eltern am Kaufobjekt ein lebenslanges Fruchtgenussrecht ein. In Beantwortung einer diesbezüglichen Anfrage des Finanzamtes wurde im Schreiben vom erklärt, dass es sich steuerrechtlich um eine Wohnungsschenkung handle, wobei die Gegenleistung im Einräumen des Fruchtgenussrechtes bestehe. Haben im Gegenstandsfall die Eltern den vollen Kaufpreis bezahlt und sollte es sich dabei nach Aussage der Bw. um eine Wohnungsschenkung handeln, während die Tochter den Eltern als Gegenleistung hiefür das lebenslange Fruchtgenussrecht am Kaufobjekt einräumte, dann schließt unter Beachtung des engen Verwandtschaftsverhältnisses Eltern - Tochter diese von der Tochter erbrachte "Gegenleistung" wohl nur dann die Annahme einer teilweisen Schenkungsabsicht aus, wenn die objektiven Wertverhältnisse von Leistung und Gegenleistung am Tage des Vertragsabschlusses nicht in einem erkennbaren krassen Missverhältnisses zueinander standen. Wenn auch grundsätzlich das Prinzip der subjektiven Äquivalenz gilt und kraft der Parteienautonomie es den vertragsschließenden Parteien freisteht, eine Zuwendung und die Gegenleistung als gleichwertig anzusehen (), lässt doch insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen ein krasses Missverhältnis die Annahme als berechtigt erscheinen, dass bei Vertragsabschluss der Parteiwille davon ausging, dass ein Teil der zu erbringenden Leistungen als Geschenk anzusehen und damit eine gemischte Schenkung anzunehmen ist. Wie oben bereits erwähnt, sind bei der Feststellung, ob und in welchem Ausmaß ein solches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt, nicht die Steuerwerte heranzuziehen, sondern die gemeinen Werte von Leistung und Gegenleistung zu vergleichen. Dabei ist der Wert eines Fruchtgenussrechtes unter Zugrundelegung der zu erwartenden Erträgnisse und der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzusetzenden Lebenserwartung des Berechtigten zu ermitteln (). Der Verkehrswert der von den Eltern erbrachten Leistung ergibt sich aus dem bezahlten Kaufpreis von 93.000 €. Bei der Ermittlung des Wertes des Fruchtgenussrechtes war vom Lebensalter der Eltern (beide Jahrgang 1938) und von der Größe der Eigentumswohnung auszugehen. Ausgehend von dem von der Bw. angesetzten monatlichen Wert des Fruchtgenussrechtes, dessen sachliche Angemessenheit vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogen wurde, ergibt sich nach den Grundsätzen der Versicherungsmathematik ein Wert des Fruchtgenussrechtes von 24.030 €. Bei einem solchen offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung (siehe Fellner, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 51b zu § 3 ErbStG) kann wohl unbedenklich darauf geschlossen werden, dass den Vertragsparteien am Tage des Vertragsabschlusses diese Wertdifferenz klar erkennbar war und diese Folgen von den Vertragsparteien gewollt wurde. Die nach der Lage des Falles bei den Eltern auf jeden Fall eintretende Vermögenseinbuße war augenscheinlich unter Beachtung des nahen Angehörigenverhältnisses beabsichtigt, ansonsten hätten die Eltern wohl nicht den ganzen Kaufpreis, sondern nur einen dem Wert des Fruchtgenussrechtes in etwa entsprechenden Anteil des Kaufpreises im Schenkungswege getragen. Der zu erschließende Parteiwille war daher im vorliegenden Fall darauf gerichtet, dass die Eltern den Ankauf der ganzen Wohnung schenkungsweise finanzierten, die Tochter ihnen dafür als teilweise Gegenleistung ein Fruchtgenussrecht daran einräumte, während die erkennbare Wertdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung als Geschenk angesehen wurde. Wurde somit bei diesem einheitlichen Rechtsgeschäft ("Wohnungsschenkung" gegen Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) nach dem Parteiwillen von den Eltern ein Teil der Leistung an die Tochter unentgeltlich hingegeben, dann kann eine gemischte Schenkung angenommen werden. War aber dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen darin zu folgen, dass das in Frage stehende Rechtsgeschäft als gemischte Schenkung zu beurteilen ist, dann fällt dieses als einheitliches Rechtsgeschäft unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (bei einer Grundstücksübertragung unter zusätzlicher Beachtung der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987). Die gegenständliche Festsetzung der Rechtsgebühr erfolgte damit rechtswidrig, stand doch dieser die Abgrenzungsvorschrift des § 15 Abs. 3 GebG entgegen. Demzufolge war wie im Spruch ausgeführt der Berufung stattzugeben und der bekämpften Rechtsgebührenbescheid aufzuheben.

Innsbruck,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
gemischte Schenkung
Dienstbarkeitseinräumung
Schenkungsabsicht
Verweise



Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 71, 75, 76 zu § 15 GebG
Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 51b zu § 3 ErbStG

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