Strittig ist die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages, weil den Umsatzsteuerzahllasten angeblich uneinbringliche Forderungen zu Grunde liegen
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer Finanzstrafsenat Graz als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Richard Tannert, das sonstige hauptberufliche Mitglied OR Dr. Andrea Ornig sowie die Laienbeisitzer Dir. Alfred Genschar und Dr. Peter Florian als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen den R wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des beim Finanzamt Graz-Stadt eingerichteten Spruchsenates I als Organ des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 2001/00550-001, nach der am in Anwesenheit des Beschuldigten, des Amtsbeauftragten OR Dr. Erwin Ganglbauer, sowie der Schriftführerin Eveline Wünscher fortgesetzten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
I. Der Berufung des Beschuldigten wird teilweise Folge gegeben, das erstinstanzliche Erkenntnis aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
I.1. R ist schuldig, er hat im Amtsbereich des Finanzamtes Graz-Stadt vorsätzlich als steuerlich verantwortlicher Geschäftsführer der Fa. I GmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe der dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen an Umsatzsteuervorauszahlungen betreffend die Monate Februar, April, Juni, Juli, August, Oktober, November 2000 in Höhe von insgesamt S 215.448,-- und betreffend die Monate Jänner, Februar, März, Mai, Juli, September und Oktober 2001 in Höhe von insgesamt S 74.657,--bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs.2 lit.a FinStrG begangen.
Aus diesem Grunde wird über ihn gemäß § 33 Abs.5 iVm § 21 Abs.1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe von
€ 4.000,--
(in Worten: Euro viertausend)
und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von
zwölf Tagen
verhängt.
Die Verfahrenkosten werden gemäß § 185 Abs.1 lit.a FinStrG mit
€ 363,--
(in Worten: Euro dreihundertsechzigunddrei)
festgesetzt.
I.2. Das überdies gegen R zu StrNr. 2002/00248-001 eingeleitete Finanzstrafverfahren, er habe auch betreffend die Voranmeldungszeiträume März, Mai, September, Dezember 2000, April, Juni, August und November 2001 Hinterziehungen an Umsatzsteuervorauszahlungen begangen, wird gemäß §§ 136, 157, 82 Abs.3 lit.c 1. Alt. FinStrG eingestellt.
II. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer vom Finanzamt Graz-Stadt bei der I GmbH gemäß § 151 Abs. 3 BAO über den Zeitraum Februar 2000 bis Februar 2002 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung wurde festgestellt, dass im Prüfungszeitraum trotz aufrechten Geschäftsbetriebes weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Zahllasten entrichtet worden waren (Niederschrift vom ).
Mit den Bescheiden vom setzte das Finanzamt Graz-Stadt am Abgabenkonto der I GmbH die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Februar bis Dezember 2000 mit 15.657,22 € und für die Voranmeldungszeiträume Jänner bis November 2001 mit 11.774,96 € fest.
Mit Erkenntnis des Spruchsenates I als Organ des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde R schuldig erkannt, im Finanzamtsbereich als steuerlich verantwortlicher Geschäftsführer der I GmbH vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für den Zeitraum Februar bis Dezember 2000 in der Höhe von 15.657,22 € und für den Zeitraum Jänner bis November 2001 in der Höhe von 11.774,96 € bewirkt und dies nicht nur möglich, sondern für gewiss gehalten und hiermit Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben.
Über R wurde daher eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000,-- € und für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt.
Begründend wurde ausgeführt, R sei bereits im Jahr 1998 wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG bestraft worden. Er habe im Zuge der Beschuldigteneinvernahme vom ein Geständnis abgelegt, wobei er die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. die Nichtentrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen in den Voranmeldungszeiträumen Februar 2000 bis November 2001 mit hohen Außenständen der GmbH begründet habe. Er habe vor der Prüfung eine Selbstanzeige erstattet, doch sei die Entrichtung der Umsatzsteuer auf Grund der schlechten finanziellen Situation nicht möglich gewesen (2 Millionen S Bankverbindlichkeiten und ca. 1 Million S an nicht bezahlten Ausgangsrechnungen). Die erstmals in der mündlichen Verhandlung von R vorgebrachte Behauptung, die den Umsatzsteuerzahllasten zu Grunde liegenden Forderungen seien uneinbringlich gewesen, sei für das Finanzstrafverfahren nicht von Relevanz. Bei der Strafbemessung sei als mildernd das Geständnis des R, als erschwerend die Vorstrafe und der lange Deliktszeitraum zu werten.
Gegen das Erkenntnis erhob R in der Eingabe vom "Einspruch". Der strafbestimmende Wertbetrag sei nicht korrekt, weil vom Betriebsprüfungsorgan die Vorsteuern nicht vollständig berücksichtigt sowie alle Rechnungen (u.a. auch stornierte bzw. Zahlungsausfälle) zur Berechnung der Umsatzsteuer herangezogen worden seien. Auf Grund der derzeitigen finanziellen Situation (Nettoeinkommen 1.201,63 €, Schulden ca. 250.000,00 €) könne der Berufungswerber keinen Steuerberater mit der Verfassung der Berufung beauftragen, er beantrage entsprechend der niedrigeren Steuerschuld eine Reduzierung der Strafe.
In der Folge wurde der Prüfer SM vom Berufungssenat beauftragt, die Einwendungen des R gegen die Höhe der ursprünglich festgestellten Zahllasten mittels Erhebungen nach § 99 Abs. 2 FinStrG zu überprüfen.
Die Zahllasten bzw. Gutschriften in den einzelnen verfahrensgegenständlichen Voranmeldungszeiträumen wurden von SM unter Berücksichtigung des Vorbringens des R auf Grund der von diesem vorgelegten Unterlagen wie folgt ermittelt (Beträge in S):
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02/00 | 29.110,-- |
03/00 | -1.408,-- |
04/00 | 14.370,-- |
05/00 | -9.873,-- |
06/00 | 5.810,-- |
07/00 | 34.843,-- |
08/00 | 993,-- |
09/00 | -6.266,-- |
10/00 | 135.629,-- |
11/00 | 2.330,-- |
12/00 | -48.925,-- |
01/01 | 37.664,-- |
02/01 | 5.511,-- |
03/01 | 11.974,-- |
04/01 | -2.430,-- |
05/01 | 8.820,-- |
06/01 | -14.318,-- |
07/01 | 7.501,-- |
08/01 | -2.989,-- |
09/01 | 493,-- |
10/01 | 2.694,-- |
11/01 | -22.460,-- |
In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat am gab R, zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, an, er sei seit Ende Juli arbeitslos und erhalte pro Tag ein Arbeitslosengeld in der Höhe von 12,97 €. Er habe ca. 300.000,-- € Schulden und kein Vermögen. Die GmbH habe ihre Tätigkeit im Juli 2002 eingestellt. Ein Projekt in Südostasien habe sich zerschlagen. Er werde in Hinkunft keiner selbständigen Tätigkeit mehr nachgehen, weshalb spezialpräventive Aspekte bei der Strafbemessung nicht ins Gewicht fielen.
Der Amtsbeauftragte brachte vor, im Zuge einer Umsatzsteuerprüfung über die Monate April bis Dezember 2002 sei festgestellt worden, dass der Berufungswerber wiederum keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht habe und seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen daher wieder nicht nachgekommen sei. Eine Schadensgutmachung sei bis dato nicht erfolgt. Da R in der EDV-Branche tätig sei und in dieser selbständige Tätigkeiten üblich seien, beantrage er aus spezialpräventiven Überlegungen, die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Über die Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Den Einwendungen des Berufungswerbers gegen die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages wurde durch eine Überprüfung seitens des Berufungssenates Rechnung getragen. Für die Voranmeldungszeiträume März, Mai, September und Dezember 2000 sowie April, Juni, August und November 2001 war das eingeleitete Finanzstrafverfahren einzustellen, weil - so die ergänzenden Erhebungen - in diesen Monaten keine Zahllast, sondern ein Vorsteuerguthaben angefallen ist.
Der strafbestimmende Wertbetrag für die Voranmeldungszeiträume Februar, April, Juni, Juli, August, Oktober und November 2000 beträgt insgesamt S 223.085,-- (umgerechnet € 16.212,--).
Da die Finanzstrafbehörde erster Instanz R für den Zeitraum Februar bis Dezember 2000 insgesamt nur einen strafbestimmenden Wertbetrag von € 15.675,22 (S 215.448,--) zur Last gelegt hat, ist - da lediglich der Beschuldigte ein Rechtsmittel erhoben hat - auf Grund des in § 161 Abs. 3 FinStrG festgelegten Verböserungsverbotes der niedrigere Betrag im Zweifel zugunsten für den Beschuldigten als finanzstrafrechtlich relevant anzusehen.
Der strafbestimmende Wertbetrag für die strafrelevant verbleibenden Voranmeldungszeiträume Jänner, Februar, März, Mai, Juli, September und Oktober 2001 reduziert sich nach den Ermittlungen des SM auf S 74.657,-- (€ 5.425,54).
Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestandes (im vorliegenden Fall Wissentlichkeit) wurde von R nicht bestritten und ist auf Grund der Vorstrafe, der Selbstanzeige und des Geständnisses des Beschuldigten erwiesen.
Zur Höhe der Geldstrafe ist auszuführen:
Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Abgabenhinterziehung wird nach § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des Verkürzungsbetrages geahndet.
Im vorliegenden Fall beträgt der Verkürzungsbetrag € 21.082,76 (umgerechnet S 290.105,--), die vom Gesetzgeber angedrohte mögliche Höchststrafe somit € 42.165,52 (umgerechnet S 580.210,--).
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist die Schuld des Täters die Grundlage für die Bemessung der Strafe. Gemäß Abs. 2 sind bei Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
Bei Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen (Abs. 3).
Auf Grund der Aktenlage sind bei der Strafbemessung als mildernd das Geständnis des Beschuldigten und die schlechte Wirtschaftslage des Unternehmens, die R offenkundig zu seinem deliktischen Verhalten verleitet hat, zu berücksichtigen, als erschwerend sind hingegen die Vorstrafe und die Vielzahl der deliktischen Angriffe über einen längeren Zeitraum zu bewerten.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei der Strafbemessung sowohl spezial- als auch generalpräventive Überlegungen anzustellen ().
Die Bedenken des Amtsbeauftragten, der Berufungswerber könne angesichts seines Alters in der Zukunft in der EDV-Branche neuerlich eine unternehmerische Tätigkeit entfalten, sind nicht von der Hand zu weisen. Andererseits soll bei Bekanntwerden der Entscheidung in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, die Nichtabfuhr von Umsatzsteuer bzw. die Nichtbeachtung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen stelle im Fall finanzieller Schwierigkeiten eines Unternehmens eine vernachlässigbare Größe dar. Es geht nicht an, dass Unternehmer in wirtschaftlich schwieriger Lage die Nichtabfuhr von Umsatzsteuer als eine vergleichsweise einfache Möglichkeit der (vorübergehenden) Kreditbeschaffung betrachten.
Der Berufungssenat ist daher der Ansicht, dass angesichts der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten die von der Finanzstrafbehörde erster Instanz verhängte Geldstrafe von 5.000,-- € im Hinblick auf die Verminderung des strafbestimmenden Wertbetrages mit nunmehr 4.000,-- € auszumessen und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwölf Tage herabzusetzen ist. Angesichts der möglichen Höchststrafe wurde die Strafe daher ohnedies im untersten Bereich ausgemessen, so beträgt die Geldstrafe nunmehr lediglich 9,48 % des - wie oben dargestellt - vom Gesetzgeber im gegenständlichen Fall angedrohten Strafrahmens.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht dem Beschuldigten aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt. Zahlungsaufforderung
Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG binnen eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und mittels eines gesondert zugehenden Erlagscheines auf das Postsparkassenkonto des Finanzamtes Graz-Stadt zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. der Wertersatzstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe/n vollzogen werden müssten.
Graz,
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 5 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | strafbestimmender Wertbetrag Umsatzsteuerzahllasten Abgabenhinterziehung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at