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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 22.01.2004, RV/1570-W/03

Zweckmäßigkeit der Pfändungen von Klienten- und Subhonoraren

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/13/0049 eingebracht. Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat 10 am über die Berufung des Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien, vertreten durch Mag. Friedrich Uhl, betreffend Pfändung und Überweisung einer Geldforderung nach in Wien durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt die Pfändung und Überweisung von gegenüber Herrn G., Herrn B., Frau Dr. B., der F-GmbH sowie der M-GmbH bestehenden Forderungen zur Hereinbringung eines damals in Höhe von € 39.257,04 (derzeit in Höhe von € 45.957,14) aushaftenden Abgabenrückstandes.

Am gab das Finanzamt auf Grund einer telefonischen Anfrage des Bw., weshalb Forderungspfändungen durchgeführt worden wären, die Zusage, die Pfändung im Falle der Barzahlung eines Betrages von € 20.000,00 einzustellen.

Mit gleichem Datum brachte daraufhin der Bw. schriftlich vor, seine Zahlungswilligkeit damit dokumentieren zu wollen, dass er in einen Hausbriefkasten eines Wiener Finanzamtes, das verkehrstechnisch günstiger läge als das für die Abgabeneinhebung zuständige Finanzamt, in einem verschlossenen Kuvert einen 5-Euro-Schein einwerfen und der Finanzprokuratur allfällige Amtshaftungsansprüche gegen die Republik, das Land Oberösterreich und die Stadt Linz als Träger der Jugend- und Gesundheitsfürsorge in geschätzter Höhe von € 200.000,00 zur Abtretung anbieten werde. Darüber hinaus würden weitere Dokumentationen seiner Zahlungswilligkeit "in ihm geeignet scheinender Form zu gegebener Zeit" erfolgen.

Mit Schreiben vom teilte die Finanzprokuratur dem Finanzamt mit, dass weder Amtshaftungsansprüche des Bw. gegen die Republik Österreich aktenkundig wären noch mangels Kenntnis des Sachverhaltes beurteilt werden könnte, ob und wieweit Ansprüche gegen das Land Oberösterreich und die Stadt Linz zu Recht bestehen würden.

Mit Eingabe vom forderte der Bw. das Finanzamt auf, bekanntzugeben, welche wahrheitsgemäße Antwort er unter dem Aspekt "Vermeidung der Schädigung fremder Gläubigerrechte" zu geben hätte, wenn er von der Mandantschaft gefragt werde, ob zur Kontrolle der Einhaltung der Pfändung die Wahrscheinlichkeit von Betriebsprüfungen, Revisionen und Nachschauen steigen würde. Weiters begehrte er eine behördliche Darlegung, wie er sich unter demselben Aspekt gegenüber Klienten, die noch nicht von der Honorarpfändung betroffen wären, von dieser aber von Klienten erfahren hätten und wissen wollen, was dies für sie bedeute, bzw. gegenüber Klienten, die noch nichts wüssten, verhalten sollte. Da er keinerlei Buchhaltung mache und die Dienstleistung "elektronische UVA" nicht anbiete, würde es möglicherweise bei Klienten, die selbst die Buchhaltung machen würden, unabhängig von der Tatsache der Honorarpfändung zu einem Wechsel in der steuerlichen Vertretung kommen. Schließlich wandte der Bw. ein, dass allfällige Subunternehmer in Hinkunft direkt an Mandantschaften fakturieren müssten, da diese zusätzlich zum allgemeinen Risiko der Bezahlung von Honoraren einkalkulieren müssten, dass Honorare gepfändet werden würden, weshalb Subhonorare damit nicht mehr gesichert bezahlt werden könnten.

In Beantwortung dieser Anfrage teilte das Finanzamt dem Bw. mit Schreiben vom mit, dass die Pfändung von Klientenhonoraren kein alleiniges Kriterium für eine abgabenbehördliche Überprüfung wäre. Da die Anfrage jedoch keinen auskunftspflichtigen Sachverhalt im Wirkungsbereich des Finanzamtes darstellen würde, wurde er auf seine standesrechtliche Berufsvertretung verwiesen. Betreffend den vorgebrachten Amtshaftungsanspruch und die in Aussicht gestellte Zession des Schadenersatzanspruches zur Abdeckung der Abgabenverbindlichkeiten wurde der Bw. um Darstellung des rechtserzeugenden Sachverhaltes und der bisher gesetzten Schritte ersucht.

In Beantwortung der angefragten Ableitung der Amtshaftungsansprüche führte der Bw. mit Schreiben vom ausführlich seine seit der Kindheit bestehenden gesundheitlichen Probleme ins Treffen, ohne jedoch tatsächlich gesetzte konkrete Maßnahmen zur Geltendmachung dieser behaupteten Ansprüche erkennen zu lassen.

In der am eingebrachten Berufung beantragte der Bw. die ersatzlose Aufhebung der Bescheide, die Entscheidung über die Berufung durch den Berufungssenat und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung. "Vorläufig kursorisch" wurde begründend ausgeführt, dass die Pfändung keiner gesetzeskonformen Ermessensübung entsprechen würde, da sie objektiv gesehen die Ertragskraft der Einkommensquelle und damit die Einbringlichkeit der Abgaben schmälern würde. Die Beantragung der aufschiebenden Wirkung wurde damit begründet, dass der Abgabepflichtige nicht mit allen Wirkungen einer potenziell rechtswidrigen Entscheidung belastet werden dürfe, wozu auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zur Aufhebung des "§ 245 BAO" (gemeint wohl § 254 BAO) verwiesen werde.

In der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung brachte der Bw. ergänzend vor, dass die gegenüber der Republik Österreich bestehenden Amtshaftungsansprüche gegenüber der Abgabenbehörde bereits ausreichend konkretisiert worden wären. Beim gegenständlichen Berufungsverfahren stelle sich zudem die Frage, ob Forderungspfändungen des Finanzamtes, aus denen die Höhe der Abgabenschuld hervorgehe, gegenüber Klienten zweckmäßig wären, zumal einem Mandanten telefonisch konkretere Auskünfte über die Dauer des Zahlungsverzuges erteilt worden wären. Weiters wandte der Bw. ein, dass die für die Einstellung der Pfändungen geforderte Bezahlung von € 20.000,00 eine Gläubigerbevorzugung darstellen würde.

Darüber hinaus begehrte der Bw. zu erfahren, wie die Subhonorare der Mitbetreuer in der Folge zu entrichten wären bzw. wie Angestellte bezahlt werden sollten, hätte er welche. Auch stelle sich die Zweckmäßigkeit der Forderungspfändung deswegen, weil er nicht wüsste, ob er überhaupt noch Klienten aufnehmen könne oder sich strafbar mache, wenn er diesen nicht mitteilen würde, dass gegen ihn Exekution geführt werde. Außerdem wäre durch die Pfändungen das Vertrauensverhältnis mit den Klienten gestört, da diese bezweifeln würden, dass ihre Anliegen entsprechend dem Berufsstand vertreten werden.

Weiters erachtete der Bw. die späte Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz als unzweckmäßig.

Auf Befragen des Vorsitzenden führte er aus, dass der Anlass für das Telefonat vom mit der Einbringungsstelle des Finanzamtes auf Grund eines Anrufes eines Klienten erfolgt wäre, welcher ihm in der Folge den entsprechenden Pfändungsbescheid im FAX-Wege übermittelt hätte. An ihn wären die betreffenden Bescheide erst am zugestellt worden. Dazu merkte der Bw. an, dass er es als befremdend und unzweckmäßig empfunden habe, dass zuerst seine Mandanten von den Forderungspfändungen erfahren hätten. Abschließend beantragte er, der Berufung stattzugeben.

Der Vertreter des Finanzamtes wandte ein, dass die Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Pfändung der Beurteilung der Abgabenbehörde obliegt, und ersuchte, die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Der Senat hat erwogen:

Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Zwar ist gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ein Rechtsmittel gegen Bescheide, welche dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen, unstatthaft, doch ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel, soweit damit die gegen den Drittschuldner gemäß § 65 AbgEO erlassenen Bescheide bekämpft werden, zulässig ().

Den gegenständlichen Pfändungsbescheiden liegt ein Rückstandsausweis vom zu Grunde, der vollstreckbare Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von € 38.865,34 ausweist.

Da weder ein Zahlungserleichterungsansuchen gemäß § 212 BAO noch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO eingebracht wurde, bestand auch keine Hemmung der Einbringung gemäß § 230 BAO, die die Durchführung der bekämpften Vollstreckungsmaßnahmen unzulässig gemacht hätte. Die Abgabenbehörde erster Instanz hatte sohin das Recht, zu versuchen, die Abgabenrückstände mittels Pfändung abzudecken. Das Finanzamt war aber nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, alle ihm im Rahmen des Gesetzes zustehenden Mittel zur Hereinbringung des Abgabenrückstandes auszuschöpfen.

Über die gesetzliche Anordnung des § 230 BAO hinaus kann aus den maßgebenden Rechtsvorschriften ein Rechtsanspruch auf Unterlassung von Vollstreckungshandlungen lediglich aus den Gründen der §§ 12 bis 14 und 16 AbgEO abgeleitet werden.

Gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO können gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, dass die Vollstreckbarkeit eingetreten ist, oder wenn er behauptet, dass das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er gemäß § 13 Abs. 1 AbgEO seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt geltend zu machen.

Gegen die Vollstreckung kann gemäß § 14 Abs. 1 AbgEO auch von einer dritten Person Widerspruch erhoben werden, wenn dieselbe an einem durch die Vollstreckung betroffenen Gegenstand oder an einem Teil eines solchen ein Recht behauptet, welches die Vornahme der Vollstreckung unzulässig machen würde.

Außer in den in den §§ 12 bis 14 AbgEO angeführten Fällen ist gemäß § 16 Abs. 1 AbgEO die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte auf Antrag oder von Amts wegen einzustellen,

1. wenn der ihr zu Grunde liegende Exekutionstitel durch rechtskräftige Entscheidung aufgehoben wurde;

2. wenn die Vollstreckung auf Sachen oder Forderungen geführt wird, die nach den geltenden Vorschriften der Vollstreckung überhaupt oder einer abgesonderten Vollstreckung entzogen sind;

3. wenn die Vollstreckung gegen eine Gemeinde oder eine als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt für unzulässig erklärt wurde;

4. wenn die Vollstreckung aus anderen Gründen durch rechtskräftige Entscheidung für unzulässig erklärt wurde;

5. wenn das Finanzamt auf den Vollzug der bewilligten Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat oder wenn es von der Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens abgestanden ist;

6. wenn sich nicht erwarten lässt, dass die Fortsetzung oder Durchführung der Vollstreckung einen die Kosten dieser Vollstreckung übersteigenden Ertrag ergeben wird;

7. wenn die erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit rechtskräftig aufgehoben wurde.

Da das Vorbringen des Bw. jedoch ausschließlich darauf gerichtet ist, dass die vorgenommenen Pfändungen von Klientenhonoraren die Ertragskraft der Einkunftsquelle infolge eines möglichen Verlustes von Klienten sowie Subvertretern schmälern würde, kann es der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, da damit weder eine Aussage über die Rechtmäßigkeit der Pfändungen getroffen wurde noch Einwendungen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen vorgebracht wurden.

Die vorgebrachten Zweckmäßigkeitsgründe betreffen das berufliche Fortkommen des Bw., sind daher für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren zwar grundsätzlich nicht unbeachtlich, da bei der Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen auch darauf zu achten ist, ob diese auch zur Hereinbringung des Abgabenrückstandes zweckmäßig sind. Im gegenständlichen Fall waren diese aber dennoch nicht relevant, da bereits zuvor versuchte Sachpfändungen erfolglos verliefen, weshalb für die Ermessensübung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit kein Raum blieb. Auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Abgabenpflichtige keinen Rechtsanspruch darauf, welche von mehreren zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen die Abgabenbehörde ergreift ().

Auch die angebotenen Forderungsabtretungen sowie die am eingezahlten € 5,00 waren nicht geeignet, eine Einstellung der Vollstreckung zu erwirken, da die diesbezügliche Zusage des Finanzamtes nur unter der Bedingung der Bezahlung eines Betrages von € 20.000,00 gegeben wurde. Da laut Auskunft der Finanzprokuratur aber weder Amtshaftungsansprüche des Bw. gegen die Republik Österreich aktenkundig waren noch mangels Kenntnis des Sachverhaltes beurteilt werden konnte, ob und wieweit Ansprüche gegen das Land Oberösterreich und die Stadt Linz zu Recht bestehen, und der Bw. auch der Aufforderung des Finanzamtes vom um Darstellung des rechtserzeugenden Sachverhaltes sowie der bisher gesetzten Schritte nicht nachkam, waren damit die dem Bw. zur Einstellung der Vollstreckung erteilten Auflagen nicht erfüllt, zumal seit der Zahlung der wohl nicht als ernsthaftes Tilgungsangebot zu deutenden € 5,00 keine weitere Abstattung des Abgabenrückstandes erfolgt war.

Da den gegenständlichen Forderungspfändungen ein rechtsgültiger Rückstandsausweis zu Grunde lag, die Einbringung der Abgaben nicht gehemmt war und auch kein gesetzlich anerkannter Einstellungsgrund vorlag, wurden die Bescheide betreffend Pfändung und Überweisung von Geldforderungen zu Recht erlassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pfändung
Geldforderung
Forderungsabtretung
Klientenhonorar
Hemmung
Aufschiebung
Einstellung
Vollstreckung
unzulässig
Verzicht
Ermessen
Zweckmäßigkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
MAAAB-58911