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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.12.2003, RV/1783-W/03

Verlust des Wahlrechts des Geschenknehmers bei der Ermittlung der Gebäude-AfA

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/13/0040 eingebracht. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/1783-W/03-RS1
Bei unentgeltlichem Erwerb eines Bestandobjekts wird der Abgabepflichtige mit der Geltend­machung der AfA vom Einheitswert seines Rechts auf Antrag gemäß § 16 Abs.1 Z.8 lit. b EStG 1988, die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltllichen Erwerbes anzusetzen, verlustig.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat am über die Berufung der Bw., vertreten durch A, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9.,18.,19. Bezirk und Klosterneuburg in Wien, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 nach in Wien durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Am wurde der Vertrag über die Schenkung der bebauten, für Vermietungszwecke benutzten Liegenschaft T 7 in Wien an die Bw. abgeschlossen.

Mit der beim Finanzamt am eingelangten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 wurden an Werbungskosten u.a. eine AfA in Höhe von € 1.141,32 sowie Teilabsetzbeträge aus den Jahren 1994 (8/10 für Instandhaltung - € 14,964,47), 1995 (7/10 für Instandhaltung - € 6.785,95), 1996 (6/10 für Instandhaltung - € 1.971,13), 1997 (5/10 für Instandhaltung - € 4.432,10), 1998 (4/15 für Herstellung i.S. §§ 3-5 - € 225,28) und 2000 (2/10 für Instandsetzung - € 3.270,27) geltend gemacht.

Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 versagte das Finanzamt den oben angeführten Teilabsetzbeträgen die Anerkennung des Werbungskostencharakters mit der Begründung, dass im Fall der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung eines Gebäudes unter Lebenden die verteilten Absetzungen für Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Herstellungsaufwendungen gemäß § 28 Abs.2 EStG 1988 nicht übergehen, und berichtigte den Überschuss von Amts wegen.

Gegen den oben genannten Bescheid wurde in der beim Finanzamt am eingelangten Berufung unter Bezugnahme auf die der Berufung beigelegte berichtigte Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 samt Gutachten des Sachverständigen F über den Verkehrswert des Mietwohngebäudes T 7 zum Stichtag vorgebracht, dass durch das Sachverständigengutachten eine neue AfA für das Haus T 7 berechnet worden sei, weshalb es zu einer Änderung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung laut beiliegender korrigierter Steuererklärung komme.

Gegen die Berufung wurde in der Berufungsvorentscheidung unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0062, ins Treffen geführt, dass im Falle eines unentgeltlichen Gebäudeerwerbs gem. § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b EStG 1988 entweder die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes oder der zuletzt festgestellte Einheitswert als AfA - Basis anzusetzen sei. Das heiße, es bestehe zwischen den AfA-Bemessungsgrundlagen ein einmaliges Wahlrecht, die einmal gewählte AfA-Grundlage sei daher beizubehalten. Ein späterer Wechsel sei nicht möglich. Da die AfA lt. der Beilage zur Einkommensteuererklärung vom Einheitswert berechnet worden sei (€ 15.705,- = 1,5% von € 1,047.000), sei das Wahlrecht somit konsumiert. Da eine (nochmalige) Aus-übung des Wahlrechtes im Zuge des Berufungsverfahrens nicht möglich sei, sei die AfA weiterhin mit 1,5% vom Einheitswert, d.h. mit € 15.705 anzusetzen.

Mit Schreiben vom wurde dem Sinn nach die Vorlage der Berufung gemäß § 276 Abs.1 BAO sowie die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt.

In der Berufungsverhandlung vom verlas der Referent die Mitteilung des Finanzamts vom , keinen Vertreter zur Verhandlung zu entsenden, und trug den Sachverhalt vor. Ergänzend brachte der steuerliche Vertreter vor, dass zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung (nach Abberufung durch das Finanzamt) keine Wahlmöglichkeit bestanden habe, da nur ein Beiblatt der Hausverwaltung mit der AfA basierend auf den Einheitswert vorgelegen sei. Erst nach Eingang des Steuerbescheides und kurz vor Ablauf der Berufungsfrist sei ein Gutachten übermittelt worden. Erst zu diesem Zeitpunkt habe das Wahlrecht ausgeübt werden können. Da dies das erste Jahr der Veranlagung gewesen sei, habe es auch keinen Wechsel im AfA-Ansatz gegeben. In eventu bestehe die Möglichkeit, dass die Berufung auch als Wiederaufnahme auf Antrag gem. § 303 BAO zu werten sei, da eine neue Tatsache (Gutachten) zu Tage getreten sei. Der steuerliche Vertreter sei der Meinung, dass der § 16 EStG 1988 verhindern solle, dass zwischen verschiedenen Möglichkeiten auch nach mehreren Jahren gewechselt werde, aber nicht bei der erstmaligen Veranlagung.

Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0062 merkte der steuerliche Vertreter an, dass dieses einen Wechsel der AfA-Bemessung nach bereits vier veranlagten Jahren betreffe, der Ansicht des steuerlichen Vertreters nach dem § 16 EStG entspreche, aber nicht bei der erstmaligen Veranlagung, da hier kein Wechsel stattgefunden habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Für den Fall, dass ein nicht zu einem Betriebsvermögen gehörendes Gebäude unentgeltlich erworben wird, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1988, dass der gesamte Einheitswert für den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem unentgeltlichen Erwerb zugrunde zu legen ist. Auf Antrag sind auch die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes (§ 6 Z 9) anzusetzen.

Hat der Abgabepflichtige das ihm in § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. b EStG 1988 eingeräumte Recht, zwischen dem Einheitswert zum letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt oder fiktive Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des Erwerbes zu wählen, einmal konsumiert, so steht ihm nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein neuerliches Wahlrecht zu (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0062, und , 88/13/0217).

Die Tatsache, dass nach Doralt, EStG Kommentar, Band I, 4. Auflage, Tz 107 zu § 6, Seite 66, die fiktiven Anschaffungskosten jene Kosten sind, die der Erwerber aufwenden hätte müssen, um das Wirtschaftsgut zu erwerben, und der Wortlaut des § 6 Z 9 lit. b EStG 1988 mit jenem des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. b leg. cit. übereinstimmt, schließt die Möglichkeit der Fortführung von Zehntel- und Fünfzehntelbeträgen des Rechtsvorgängers als Werbungskosten generell aus, wenn der Rechtsnachfolger die AfA für das erworbene Gebäude von den fiktiven Anschaffungskosten berechnet. Berechnet der Rechtsnachfolger die AfA nicht für irgendein, sondern für ein von Todes wegen erworbenes Gebäude vom Einheitswert, so kann er die Zehntelabsetzungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 bzw. die restlichen Teilbeträge gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. weiter geltend machen.

Vor diesem Hintergrund stand der Anerkennung der AfA in Höhe von 1,5% des durch ein Sachverständigengutachten ermittelten Verkehrswerts entgegen, dass mit der am beim Finanzamt eingelangten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 an Werbungskosten u.a. die vom Einheitswert ermittelte AfA sowie die dem Rechtsvorgänger in den Vorjahren zugeordneten Zehntelbeträge von Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen samt einem Fünfzehntelbetrag von Herstellungskosten geltend gemacht worden waren. Abgesehen davon, dass die Bw. die Liegenschaft im Schenkungsweg erworben hatte und für diesen Fall aus den Absätzen 2 und 3 des § 28 EStG 1988 abzuleiten war, dass die Zehntelbeträge bzw. Fünfzehntelbeträgen, die bei der Übertragung des Gebäudes auf eine andere Person noch nicht geltend gemacht worden waren, verloren gehen, (weshalb das Finanzamt keine andere Möglichkeit hatte als diesen mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 geltend gemachten Teilbeträgen den Werbungskostencharakter zu versagen), wurde mit der Geltendmachung der AfA und der Fortführung von Zehntel- und Fünfzehntelbeträgen in der beim Finanzamt am eingebrachten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 klar und deutlich zum Ausdruck gebracht: die AfA ist vom Einheitswert bemessen worden.

Da die steuerlich vertretene Bw. das ihr in der lit. b der letztzitierten einkommensteuergesetzlichen Bestimmung eingeräumte Wahlrecht (Einheitswert zum letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt oder fiktive Anschaffungskosten zum Zeitpunkt des Erwerbes) einmal konsumiert hatte, indem sie die AfA vom Einheitswert berechnet und den in Höhe von € 1.141,32 ermittelten Betrag dem Finanzamt in der beim Finanzamt am eingelangten Überschussrechnung angezeigt hatte, stand ihr in analoger Anwendung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/13/0217, kein neuerliches Wahlrecht zu. Mit der Entscheidung der Bw. für den Einheitswert als AfA-Bemessungsgrundlage war nur dieser Betrag - und nicht die zu einem späteren Zeitpunkt auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens ermittelten fiktiven Anschaffungskosten - für die weitere Abschreibung des betreffenden Gebäudes maßgebend.

Den Ausführungen des steuerlichen Vertreters in der Berufungsverhandlung war zu erwidern, dass die Bw. das in Rede stehende Wahlrecht ab dem Zeitpunkt der Schenkung der in Rede stehenden Liegenschaft gehabt hatte und somit ihren Willen, die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten zu berechnen, mit der beim Finanzamt am eingebrachten Einkommensteuererklärung anzeigen hätte können.

Der Anmerkung des steuerlichen Vertreters zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0062, wonach dieses einen Wechsel der AfA-Bemessung nach bereits vier veranlagten Jahren betreffe und nicht im Fall der erstmaligen Veranlagung anzuwenden sei, "da hier kein Wechsel stattgefunden habe", war entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis mit seinem Verweis auf das Erkenntnis vom , 88/13/0217, verdeutlicht, dass der Bestand des in Rede stehenden Wahlrechts in der Regel von der Tatsache, ob der Abgabepflichtige sein Wahlrecht ausgeübt hatte, abhängig ist. Insofern vermochte der vom steuerlichen Vertreter in der Berufungsverhandlung thematisierte zeitliche Faktor den mit der Berufung angestrebten Wechsel der Bemessungsgrundlage für die AfA nicht zu begründen.

Gegen die Möglichkeit der Wertung der Berufung als Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs.1 lit. b BAO sprach, dass Tatsachen im Sinne des § 303 BAO nach Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände sind; also Sachver-haltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (vgl. Ritz, BAO², Tz 7 zu § 303, Seite 727, und die dortigen Hinweise auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/16/0158; , 93/16/0096; , 91/14/0018, 0042; , 95/15/0108). Da eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs.1 lit. b BAO auf Grund des neu hervorgekommenen Sachverständigengutachtens die Folgen der Konsumation des Wahlrechts nicht beseitigen und somit eine Änderung des angefochtenen Bescheides in seinem Spruch nicht bewirken kann, war das Gutachten nicht als Tatsache im Sinne des § 303 BAO zu werten. Ist die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO auf Antrag vom Vorliegen neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel abhängig, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, wäre die Bewilligung einer Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs 1 lit. b BAO auch aufgrund des der Bw. zuzurechnenden Verschuldens ihres Vertreters, die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten nicht in der beim Finanzamt am eingelangten Überschussrechnung geltend gemacht zu haben, unzulässig.

Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 war daher gemäß § 289 Abs. 2 BAO als unbegründet abzuweisen.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wahlrecht
Einheitswert
Verkehrswert
fiktive Anschaffungskosten
Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag
AfA-Bemessungsgrundlage
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at