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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 12.12.2003, RV/0204-F/02

Gemeinschaftsrechtswidrige Eigenverbrauchsbesteuerung

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch RTG Rümmele Treuhand GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2000 entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die mit Bescheid vom festgesetzte Umsatzsteuer für das Jahr 2000 wich insofern von der erklärten ab, als die Abgabenbehörde 1. Instanz für die Hälfte der auf die Bewirtungskosten gem. § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 entfallenen Vorsteuerbeträge in Höhe von 344,59 € (4.741,61 S) keinen Vorsteuerabzug gewährte.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben.

Zur Begründung wurde vorgebracht, für Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden habe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. MWSt-RL grundsätzlich kein Ausschluss vom Vorsteuerabzug bestanden. Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1995 sei die einkommensteuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden auf 50% begrenzt worden. Umsatzsteuerlich hingegen sei die Abzugsfähigkeit der Vorsteuer grundsätzlich zur Gänze aufrecht geblieben. Für den einkommensteuerrechtlich nicht abzugsfähigen Teil (50%) der Aufwendungen, die im Inland erbracht worden seien, ergäbe sich jedoch ein Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG. Der Eigenverbrauch wirke sich für den Steuerpflichtigen schlussendlich als "indirekte" Einschränkung des Vorsteuerabzugs aus. Im Ergebnis könne der Steuerpflichtige lediglich einen Vorsteuerabzug im Ausmaß von 50% für alle Inlandsvorgänge geltend machen.

Inhaltlich stelle der Eigenverbrauchstatbestand gem. § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG iVm § 20 Abs. 1 Z 3 zweiter Satz EStG in bezug auf Bewirtungskosten zweifelsohne eine Einschränkung des Vorsteuerabzugs um die Hälfte dar. Die Regelung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG sei somit dann zulässig, wenn sie auf Art. 17 Abs. 6 der 6. MWSt-RL gestützt werden könne. Nach dieser Bestimmung könnten die Mitgliedsstaaten nur jene Ausschlüsse vom Vorsteuerabzug beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen waren. Der (teilweise) Ausschluss des Vorsteuerabzugs in Österreich für Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden, der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. MWSt-RL in Österreich nicht vorgesehen war und erst nach diesem Zeitpunkt mit dem Strukturverbesserungsgesetz 1995 eingeführt wurde, widerspreche somit eindeutig den Bestimmungen der 6. MWSt-RL.

Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug für Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden in Österreich könne auch nicht auf Art. 17 Abs. 6 erster Unterabsatz der 6. MWSt-RL gestützt werden. Gemäß Art. 17 Abs. 6 erster Unterabsatz der 6. MWSt-RL werde der Rat (erst) zukünftig entscheiden, dass diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie (explizit aufgezählt) Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen. Ein Vorgriff auf diese (zukünftige) Regelung sei gemeinschaftsrechtlich unzulässig.

Das Urteil des EuGH in den Rechtssachen "Ampafrance" und "Sanofi" bringe klar zum Ausdruck, dass ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug von Aufwendungen anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden nach dem derzeit geltenden Gemeinschaftsrecht allenfalls im Wege einer Ermächtigung des Rates iSd Art. 27 Abs. 1 der 6. MWSt-RL (dh. als Vorgriff auf die zukünftige Regelung) möglich sei. Begründet müsse eine derartige Sonderregelung jedoch mit einer Vereinfachung der Steuererhebung oder der Verhinderung der Steuerhinterziehung bzw. -umgehung in Österreich werden.

Die Vereinfachung der Steuererhebung als Begründung für die Ausweitung des Anwendungsbereiches des Ausschlusses vom Vorsteuerabzug für Aufwendungen anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden komme jedenfalls nicht in Betracht, da die Vornahme einer pauschalen Besteuerung gegenüber dem gänzlichen Vorsteuerabzug von Aufwendungen keinerlei Vereinfachungswirkungen zu entfalten vermöge. Sowohl die Nachweispflicht des Steuerpflichtigen als auch die Notwendigkeit der Nachweiskontrolle durch die Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Repräsentationsaufwendungen bleibe weiterhin bestehen. Die Maßnahme eigne sich daher auch nicht zur Verminderung der Gefahr einer Steuerhinterziehung und Steuerumgehung. Überdies werde in den Erläuterungen zu den maßgeblichen Bestimmungen (bzw. Änderungen dieser) vom Gesetzgeber weder im Einkommensteuerrecht noch im Umsatzsteuerrecht explizit die Gefahr der Steuerhinterziehung bzw. -umgehung erwähnt.

Der Vorsteuerausschluss widerspreche zudem dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die derzeit in der österreichischen Rechtsordnung geltende Nachweispflicht des Steuerpflichtigen könne durchaus als ein wirksames und geeignetes Mittel zur Verhinderung der Steuerhinterziehung bzw. -umgehung angesehen werden. Wie dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Z 3 EStG entnommen werden könne, werde die Nachweismöglichkeit der streng geschäftlichen Veranlassung durch den Steuerpflichtigen vom Gesetzgeber durchaus als eine wirksame Möglichkeit gesehen, um Aufwendungen, die streng geschäftlich veranlasst gewesen seien, von jenen, die dieses Kriterium nicht erfüllten, abzugrenzen. Somit bestätige der Gesetzgeber indirekt, dass er die Nachweismöglichkeit für ein durchaus geeignetes und wirksames Mittel halte, unternehmerisch und privat veranlasste Aufwendungen von einander zu trennen. Dem Steuerpflichtigen müsse daher die Möglichkeit zum gänzlichen Vorsteuerabzug eingeräumt werden, sofern er die objektiven Umstände einer streng geschäftlichen Veranlassung der Aufwendungen gegenüber der Abgabenbehörde nachweisen könne.

Beantragt wird, der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2000 Folge zu geben und die Eigenverbrauchsbesteuerung iZm der Geschäftsfreundebewirtung rückgängig zu machen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Feldkirch die Berufung als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom wurde die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt, wodurch die Berufung wiederum als unerledigt gilt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Außer Streit steht die geschäftliche Veranlassung der getätigten Aufwendungen. Strittig ist einzig die Rechtsfrage, ob die durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 mit eingeführte Nichtabzugsfähigkeit von 50% der Aufwendungen anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden zu einer gemeinschaftsrechtswidrigen Versteuerung eines Aufwandseigenverbrauches in dieser Höhe führt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG unterliegt der Umsatzsteuer der Eigenverbrauch im Inland. Eigenverbrauch liegt vor, soweit ein Unternehmer Ausgaben (Aufwendungen) tätigt, die Leistungen betreffen, die Zwecken des Unternehmens dienen, und nach § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder nach § 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 nicht abzugsfähig sind. Dies gilt nicht für Ausgaben (Aufwendungen), die Lieferungen und sonstige Leistungen betreffen, welche auf Grund des § 12 Abs. 2 nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, sowie für Geldzuwendungen.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG gelten Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder der §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG dürfen bei den einzelnen Einkünften Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben nicht abgezogen werden. Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, können derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden.

Gegenständlich sind zudem folgende Bestimmungen der 6. Richtlinie des Rates vom (77/388/EWG) zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - gemeinsames Mehrwertsteuersystem von Bedeutung:

Gem. Art. 17 Abs. 2 der 6. MWSt-RL ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer die für Vorleistungen geschuldete Mehrwertsteuer abzuziehen, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

Gemäß Art. 17 Abs. 6 der 6. MWSt-RL wird der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig festlegen, bei welchen Ausgaben die Vorsteuern nicht abzugsfähig sind. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügen und Repräsentationsaufwendungen. Solange diese Regelung vom Rat nicht vorgenommen wird, können die Mitgliedsstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind. Nach dem Inkrafttreten der 6. MWSt-RL ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich aber nicht möglich, weitere Tatbestände, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, vorzusehen.

Art. 27 der 6. MWSt-RL sieht jedoch eine Generalklausel vor, nach der der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen kann, von der 6. MWSt-RL abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, wenn sie die Vereinfachung der Steuereinhebung zum Ziel haben bzw. dazu dienen, Steuerhinterziehung oder -umgehung zu verhüten. Die Maßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung dürfen aber den Betrag der im Stadium des Endverbrauchs fälligen Steuer nur in unerheblichem Maße beeinflussen.

In Österreich sind Repräsentationsaufwendungen gem. § 12 Abs.2 Z 2 lit. a UStG iVm § 20 Abs. 1 Z 3 EStG grundsätzlich vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da sie einkommensteuerrechtlich überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben sind. Dieser Ausschluss vom Vorsteuerabzug bestand in Österreich bereits vor dem Inkrafttreten der 6. MWSt-RL am und steht daher mit dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 6 der 6. MWSt-RL nicht im Widerspruch.

Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden iSd § 20 Abs. 1 Z 3 EStG stellen jedoch eine Ausnahme von der grundsätzlichen umsatzsteuerlichen Behandlung von Repräsentationsaufwendungen dar, denn für diese Aufwendungen bzw. Ausgaben bestand im Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. MWSt-RL kein Ausschluss vom Vorsteuerabzug, soweit ein überwiegend betrieblich und beruflich veranlasster Werbeaufwand nachgewiesen werden konnte. § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 wurde erst mit Wirksamkeit zum durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 insofern geändert, als derartige Bewirtungsaufwendungen nur mehr zur Hälfte abzugsfähig sind. Nach den erläuternden Bemerkungen zu dieser Gesetzesänderung (SWK 1995, T 19) erscheint eine pauschale Berücksichtigung der gegebenen Repräsentationskomponente in Höhe der Hälfte der entsprechenden Ausgaben sachgerecht, auch wenn die Bewirtung von Geschäftsfreunden der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt. Die Absicht des Gesetzgebers war also zumindest nicht primär darauf gerichtet, die auf den bewirtenden Unternehmer entfallenden Kosten zu berücksichtigen. Der unter den normierten Bedingungen in Summe anzuerkennende Werbeaufwand anlässlich der Bewirtung eines Geschäftsfreundes sollte um eine Repräsentationskomponente gekürzt werden.

Umsatzsteuerrechtlich blieb die gänzliche Abzugsfähigkeit der Vorsteuern grundsätzlich bestehen. Für den einkommensteuerrechtlich nicht abzugsfähigen Teil der Aufwendungen, die im Inland erbracht wurden, ergibt sich jedoch gem. § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG ein Eigenverbrauch. Dieser wirkt sich schlussendlich als indirekte Einschränkung des Vorsteuerabzugs aus, weshalb zu prüfen ist, ob die Eigenverbrauchsbesteuerung als teilweiser Ausschluss vom Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 6 der 6. MWSt-RL gesehen werden muss, oder ob wegen der Trennung von Vorsteuerabzug und Eigenverbrauchsbesteuerung eine solche Maßnahme zulässig ist.

Die Eigenverbrauchsbesteuerung von (ertragsteuerlich nicht abzugsfähigen) Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden iSd § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG ist dem Gemeinschaftsrecht fremd, da § 1 Abs. 1 Z 2 UStG nicht unter Art. 6 Abs. 2 lit. b  der 6. MWSt-RL, welcher die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichstellt, subsumierbar ist. Der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 2 lit. b der 6. MWSt-RL erfasst lediglich Fälle der unentgeltlichen Dienstleistungen, die vom eigenen Unternehmen des Steuerpflichtigen für unternehmensfremde Zecke erbracht werden, nicht jedoch die private Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die von Dritten für das Unternehmen des Steuerpflichtigen bezogen werden. Für diese Auslegung spricht die explizite Erwähnung im Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 lit. b  der 6. MWSt-RL, der Steuerpflichtige (d.h. nicht ein Dritter) erbringe die Dienstleistung für außerbetriebliche Zwecke (siehe dazu FJ 2001,6ff).

Gem. Art. 17 Abs. 7 der 6. MWSt-RL ist jedoch ein Aufrechterhalten des dem Gemeinschaftsrecht unbekannten Tatbestandes des Eigenverbrauchs dann nicht gemeinschaftswidrig, wenn und soweit sich inhaltlich keine Abweichungen zum Gemeinschaftsrecht ergeben. Diesbezüglich führte der EuGH in der Rechtssache "Cookies World" Rs C-155/01 vom aus, im Aufwandstatbestand könnte eine auf Art. 17 Abs. 6 der 6. MWSt-RL beruhende und den Vorsteuerausschluss ergänzende Bestimmung gesehen werden. Beide Bestimmungen dienen der Gleichstellung des Unternehmers mit dem Endverbraucher. Sowohl der Ausschluss vom Vorsteuerabzug als auch der Eigenverbrauch im Zusammenhang mit den Bewirtungen führen zu einer steuerlichen Belastung des Unternehmers und somit zu einer Durchbrechung des Neutralitätsgrundsatzes, finden aber wohl darin seine Berechtigung, dass der Unternehmer nicht besser gestellt werden darf als der Letztverbraucher. Insofern bezwecken beide Bestimmungen das gleiche Ziel und führen im Ergebnis dazu, dass die Steuerverwaltung jenen Betrag erhebt, der auf den Letztverbrauch entfällt.

Die Ansicht, dass der Aufwandseigenverbrauch als Vorsteuerkorrekturtatbestand zu sehen ist, findet sich auch in der Literatur (Lohse/Peltner, 6. Mehrwertsteuerrichtlinie und Rechtsprechung des EuGH, bei Art. 17, S 6; Ruppe, UStG 1994, Tz 307 zu § 1; Kolacny-Mayer, Umsatzsteuergesetz 1994, Anmerkung 37 zu § 1).

Folgt man der Sichtweise, dass der Aufwandstatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994 als Tatbestand der Vorsteuerkorrektur auf Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie beruht, ist allerdings nach der genannten Bestimmung und insbesondere nach dem EuGH-Erkenntnis in der Rechtssache "Metropol" Rs C-409/99 vom zu prüfen, ob die österreichischen Finanzbehörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie () die Eigenverbrauchsbesteuerung im Zusammenhang mit den Bewirtungskosten tatsächlich anwandten. Nach dieser Entscheidung umfasst der Begriff innerstaatliche Rechtsvorschriften iSd Art. 17 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie eben nicht nur Rechtssetzungsakte im eigentlichen Sinn, sondern auch die Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken der Behörden der betroffenen Mitgliedsstaaten.

Nach der Verwaltungspraxis in Österreich wurden aber bei grundsätzlicher Anerkennung der Bewirtungskosten als unternehmerischer Werbeaufwand weder die Vorsteuer gekürzt noch ein Eigenverbrauch besteuert. Diesbezüglich gab es auch zumindest für den Bereich der Ertragsteuern eindeutige Aussagen des Bundesministeriums für Finanzen (, SWK 1996, A 303; , Ecolex 1996, 125). Nach diesen Ausführungen zählen Aufwendungen anlässlich der Geschäftsfreundebewirtung inklusive jener Kosten, die auf den bewirtenden Unternehmer bzw. auf dessen Angestellte entfallen, zu den Aufwendungen anlässlich der Geschäftsfreundebewirtung. Es hat demnach auch keine Aufteilung der Kosten zu erfolgen.

Da das Umsatzsteuergesetz in den einschlägigen Bestimmungen auf das Abzugsverbot des Einkommensteuergesetzes verweist, müssen diese Ausführungen wohl auch für den Bereich des Umsatzsteuergesetzes Bedeutung haben.

Die Einführung der umsatzsteuerlichen Belastung durch die Änderung des § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 durch das Bundesgesetzblatt Nr. 297/1995 kann somit nicht auf Art. 17 Abs. 6 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie gestützt werden.

Die Einschränkung des Vorsteuerabzuges hinsichtlich der Geschäftsfreundebewirtung steht auch im Widerspruch zu Art. 17 Abs 2 der 6. MwSt-Rl. Wie der EuGH in den verbundenen Rechtssachen "Ampafrance" Rs C-177/99 und "Sanofi" Rs C-181/99 vom festgestellt hat, ist ein vollständiger Ausschluss des Vorsteuerabzuges unzulässig, wenn dem Steuerpflichtigen nicht auch im Einzelfall der Nachweis der betrieblichen Veranlassung von Vorsteuern ermöglicht wird und bei dessen Gelingen die Vorsteuern zur Gänze abzugsfähig sind, da andernfalls die Neutralität dieser Steuer nicht gegeben wäre. Auch im gegenwärtigen Fall wird der Bw keine Möglichkeit eingeräumt, eine vollständige betriebliche Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen nachzuweisen.

Auf die Ausführungen der Bw zu einer Ermächtigung gem. Art. 27 Abs. 1 der 6. MWSt-RL bzw. zu einem Beschluss gem. Art. 17 Abs. 6 erster Unterabsatz der 6. MWSt-RL braucht nicht näher eingegangen werden, da weder eine Ermächtigung noch ein Beschluss iSd Bestimmungen ergangen sind.

Aufgrund der obigen Ausführungen war daher der Berufung Folge zu geben und die obig dargelegte Eigenverbrauchsbesteuerung rückgängig zu machen.

Beilage : 2 Berechnungsblätter

Feldkirch,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. c UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 17 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1
Schlagworte
Umsatzsteuer
Nichtabzugsfähigkeit
Bewirtungsaufwendungen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at