Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 31.10.2003, RV/1288-L/02

Dienstgeberbeitragspflicht von einem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BwIn., vertreten durch Mag. Hans Öhlinger, gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Kalenderjahre 1996 bis 1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Anlässlich einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung über die Zeit vom bis wurde - nach Beantwortung eines umfangreichen Fragenkataloges durch die Einschreiterin - festgestellt, dass die an den wesentlich (50 %) beteiligten Gf. bezahlten Vergütungen nicht in die Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Auf Grund dieser Feststellungen wurde mit Abgabenbescheid vom der auf die Geschäftsführerbezüge entfallende Dienstgeberbeitrag (S 112.050,--) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (S 11.952,--) nachgefordert.

Dagegen wurde durch den bevollmächtigten Vertreter berufen. Bei der Rechtsmittelwerberin sei es so, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer sowohl seine Einnahmen als auch seine Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen könne, zumindest so weit maßgeblich, dass er damit auf Fälle mit irgendeinem Unternehmer, der sein Unternehmen als Einzelunternehmen oder in der Rechtsform einer Personengesellschaft betreibe, vergleichbar wäre.

In der ausführlich begründeten abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt u.a. aus, dass der Gf. laut Werkvertrag vom berechtigt sei, für jedes Geschäftsjahr ein Entgelt (in jeweils von der Gesellschafterversammlung festzulegender Höhe) in Rechnung zu stellen. Bezogen auf den Jahresgewinn des Unternehmens habe der Gf. zB in den Jahren 1998 und 1999 (1998 Jahresgewinn der BwIn. S 311,00, 1999 Jahresgewinn S 1,260.967,00) eine vom Jahresgewinn oder Jahresverlust des Unternehmens ziemlich unabhängige jährliche Vergütung von S 640.000,00 im Jahre 1998 und S 650.000,00 im Jahre 1999 erhalten. Die Reisekosten des Gf. seien laut Vertrag durch die BwIn. getragen worden.

Durch den vom bevollmächtigten Vertreter eingebrachten Vorlageantrag, in dem auf die Feststellungen in der Berufungsvorentscheidung nicht eingegangen wurde, gilt das Rechtsmittel wiederum als unerledigt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit geltenden Fassung sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Abs. 3 des § 41 FLAG bestimmt, dass der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen ist. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG in den Dienstgeberbeitrag nach dem FLAG richteten, abgelehnt (vgl. und vom , B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom , G 109/00 und vom , G 110/00 abgewiesen.

Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Abfertigung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu insbesondere , 2001/14/0054, vom , 2001/15/0061 und vom , 2001/13/0197).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg. cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmensschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG sprechendes Unternehmerwagnis ist nach den VwGH-Erk. vom , 99/14/0136 und vom , 96/15/0094 nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Es kommt nicht auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft an. Daher weist weder das Unternehmerwagnis auf Grund der Beteiligung, die Haftung für Bankkredite der Gesellschaft noch der Vergleich des Alleingesellschafter-Geschäftsführers mit einem Einzelunternehmer auf das Unternehmerwagnis des Geschäftsführers hin. Vom Vorliegen eines Unternehmerrisikos kann nach dem VwGH-Erk. , 98/13/0014, dann gesprochen werden, wenn der Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann. Dabei kommt es, wie der VwGH in den Erkenntnissen vom , 99/14/0255 und vom , 2000/14/0061, erkannt hat, auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmensschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Hiezu ist festzustellen, dass der Gf. laut Lohnsteuerprüfungsbericht folgende Geschäftsführerbezüge ausbezahlt erhalten hat: 1996: S 360.000,00 1997: S 840.000,00 1998: S 640.000,00 und 1999: S 650.000,00. Laut den vorgelegten Konten Nr. 5901 "Geschäftsführerbezüge" erfolgte die Auszahlung in zwei bis 12 Teilbeträgen pro Kalenderjahr. Der Verlust laut Bilanz 1996 betrug S 149.806,00. Dass dem Gf. dennoch für dieses Jahr eine Geschäftsführervergütung ausbezahlt wurde, steht im Widerspruch zu Punkt IV des Werkvertrages vom , wonach dem Gf. im Falle der Erwirtschaftung eines Verlustes durch die Berufungswerberin kein Entgelt zustehen soll. Für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 ergab sich ein Bilanzgewinn in folgender Höhe: 1997: S 160.936,00, 1998: S 311,00 und 1999: S 1,260.967,00. Entsprechend § 1014 ABGB ist die GmbH verpflichtet, dem Geschäftsführer seine Barauslagen zu ersetzen (vgl. Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 2/100). Laut Werkvertrag vom , Punkt IV, hatte die Berufungswerberin die Reisekosten des Gf. zu tragen. Aus den Einkommensteuererklärungen des Gf. für die Kalenderjahre 1996 bis 1999 ist weiters ersichtlich, dass ihm bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit neben den Sozialversicherungsbeiträgen keine Ausgaben erwachsen sind.

Bei diesem Sachverhalt liegt nach den Erk. d. , vom , 2001/14/0052, vom , 2001/15/0057, vom , 2001/13/0056 und vom , 2002/15/0084 - 00086, kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis beim Geschäftsführer vor. Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage der Gesellschaft lassen noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit von der Tätigkeit des Geschäftsführers und damit auf ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis zu ( und vom , 2001/13/0103). Von solchen Schwankungen der Vergütungen könnte nur dann auf ein Risiko des Geschäftsführers geschlossen werden, wenn ein Zusammenhang zwischen diesen Schwankungen und wirtschaftlichen Parametern (insbesondere dem wirtschaftlichen Erfolg) der Gesellschaft besteht, was bei Gegenüberstellung der Bezüge mit dem Bilanzgewinn nicht der Fall ist. Vom Geschäftsführer frei verfügte Änderungen der Höhe seiner Bezüge haben mit einem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, nichts gemein (). Zu der Frage der Kostentragung im Vertretungsfall ist nach dem daran zu erinnern, dass es bei der Beurteilung der Frage nach einem Unternehmerwagnis auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Aus den Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen des Gf. ist zu schließen, dass Vertretungskosten im Prüfungszeitraum nicht angefallen sind.

Unbestritten ist, dass laut den Buchhaltungsunterlagen (Konto Geschäftsführerbezüge) die Geschäftsführervergütungen jährlich abgerechnet, wobei jährlich zwei bis zu zwölf Akontozahlungen geleistet wurden. Derartiges steht nach der Rechtsprechung des VwGH der Annahme einer "laufenden Entlohnung" nicht entgegen (vgl. Erk. , 2001/14/0167).

Der im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommende Steuertatbestand stellt nicht darauf ab, welchem Vertragstyp das Zivilrecht das konkrete Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers zuordnet (). Daher hat der am abgeschlossene Werkvertrag keine Bedeutung.

Auch kann bei den vom Geschäftsführer zu erfüllenden Aufgaben (Geschäftsführertätigkeit laut Firmenbuch seit ) die faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf in organisatorischer Hinsicht nicht bestritten werden. Nach dem VwGH-Erk. , 2001/13/0180 spricht nämlich die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für diese Eingliederung.

Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen Vergütungen des Gf. als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.

Die Berufung war als unbegründet abzuweisen.

Linz,

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gesellschafter-Geschäftsführer
Unternehmerwagnis
schwankende Bezüge
Werkvertrag

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at