Nachträgliche Geltendmachung des Forschungsfreibetrages
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BW, vertreten durch die Herburger & Allgäuer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1999 entschieden:
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Der
angefochtene Bescheid wird abgeändert. | |
Die Körperschaftsteuer
wird für das Jahr 1999 festgesetzt mit |
€
1.749,96 |
Berechnung in
Schilling: | |
Einkünfte aus
Gewerbebetrieb | ATS 1.504.538,40 |
Verrechenbare Verluste der
Vorjahre (insgesamt ATS -1.961.580) | ATS -1.504.538,40 |
Einkommen |
0 |
Mindestkörperschaftsteuer
gem. § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 | ATS
24.080,00 |
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin erbringt Beratungs- und Technologieleistungen, insbesondere im Bereich der Entwicklung und Herstellung von Mikrochips im Logikbereich, und betreibt den Handel mit diesbezüglichen technischen Produkten. Am wurde vom BMfWuA eine Bescheinigung über den volkswirtschaftlichen Wert einer Erfindung der Berufungswerberin für das Jahr 1999 ausgestellt. Da der am ergangene Körperschaftsteuerbescheid 1999 bereits rechtskräftig war, stellte sie mit Schreiben vom den Antrag auf Wiederaufnahme des Körperschaftsteuerverfahrens 1999 und Berücksichtigung von 12% der im Zusammenhang mit diese Erfindung entstandenen Gesamtkosten (€ 502.363,34) als Forschungsfreibetrag (€ 60.283,60).
Das Finanzamt wies diesen Antrag zwar mit Bescheid vom ab, nahm aber das Körperschaftsteuerverfahren 1999 aufgrund einer weiteren Anregung der Berufungswerberin (die Luxustangente war angeblich falsch berechnet worden) mit Bescheid vom wieder auf und erlies einen neuen Körperschaftsteuerbescheid 1999 mit einer Festsetzung der Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von € 3.499,92.
Mit Schreiben vom erhob die Berufungswerberin gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1999 Berufung und begehrte die Festsetzung der Mindestkörperschaftsteuer mit € 1.749,96 (anstatt mit € 3.499,92) sowie die Berücksichtigung des Forschungsfreibetrages.
Das Finanzamt wies die Berufung mit folgender Begründung als unbegründet ab: Eine nachträgliche, d.h. nach Abgabe der Steuererklärung, außerbilanzmäßige Geltendmachung des Forschungsfreibetrages sei bei bilanzierenden Steuerpflichtigen in analoger Anwendung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 nur nach den Kriterien der Bilanzänderung möglich. Eine Bilanzänderung sei nur zulässig, wenn sie wirtschaftlich begründet sei und das Finanzamt zustimme. Wirtschaftlich begründet sei eine Bilanzänderung insbesondere dann nicht, wenn sie bloß zur Erlangung zunächst nicht erkannter steuerlicher Vorteile oder zum Ausgleich steuerlicher Nachteile diene. So habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 84/13/0075, ausgesprochen, dass die Zustimmung zu einer Bilanzänderung - bei unveränderter Sachlage- dann zu Recht versagt werden könne, wenn dadurch ausschließlich oder in erster Linie erst nach Einreichung der betreffenden Steuererklärungen erkannte Steuernachteile ausgeglichen werden sollten. Zudem habe die Berufungswerberin keine bereits im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärungen bekannt gewesenen wirtschaftlichen Gründe für diese Bilanzänderung aufzeigen können. Hinsichtlich der Mindestkörperschaftsteuer sei der Berufung bereits mit dem nach § 293 b BAO berichtigten Körperschaftsteuerbescheid 1999 Rechnung getragen worden.
Mit Schriftsatz vom stellte die Berufungswerberin den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin führte ihre steuerliche Vertretung u.a. aus, dass ein Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. Z 4 Abs. 4 EStG 1988 ausdrücklich auch außerbilanzmäßig geltend gemacht werden könne. Eine außerbilanzmäßige Geltendmachung sei im offenen Verfahren erfolgt. Das Gesetz normiere keine Frist zur außerbilanzmäßigen Geltendmachung des Forschungsfreibetrages, sodass dieser bis zur Rechtskraft des bezughabenden Bescheides geltend gemacht werden könne. Wenn das Gesetz ausdrücklich auch die außerbilanzmäßige Geltendmachung vorsehe, entbehre eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 einer Rechtsgrundlage. Vom Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke können angesichts der Klarheit des Gesetzestextes im gegenständlichen Zusammenhang nicht ausgegangen werden. Eine analoge Anwendung einer Gesetzesvorschrift sei jedenfalls Ergebnis eines Interpretationsprozesses. Einen klaren, eindeutigen und vom Gesetzgeber so gewollten positivierten Regelungsgehalt eines Gesetzes im Ergebnis in sein Gegenteil zu verkehren, könne nicht Ergebnis eines rechtmäßigen Interpretationsprozesses sein.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Forschungsfreibetrag: Nach § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 zählt zu den gesetzlich ausdrücklich aufgezählten Betriebsausgaben jedenfalls ein Forschungsfreibetrag für Aufwendungen zur Entwicklung oder Verbesserung volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen, ausgenommen Verwaltungs- oder Vertriebskosten sowie Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Forschungsaufwendungen). Der volkswirtschaftliche Wert der angestrebten oder abgeschlossenen Erfindung ist durch eine Bescheinigung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten nachzuweisen. Die Bescheinigung ist nicht erforderlich, wenn die Erfindung bereits patentrechtlich geschützt ist. Vor der Gesetzesnovelle BGBl. I 1999/106 betrug der Forschungsfreibetrag grundsätzlich bis zu 12 % der Forschungsaufwendungen. Ein erhöhter Forschungsfreibetrag bis zu 18 % konnte geltend gemacht werden, wenn die Erfindungen nicht anderen Personen zur wesentlichen Verwertung überlassen worden war.
Über die Geltendmachung des Forschungsfreibetrages enthielt § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 keine Vorschrift (anders die Vorgängerbestimmung des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1972, nach welcher der Forschungsfreibetrag in der Steuererklärung geltend zu machen war). Nach der herrschenden Lehre war der Forschungsfreibetrag, da eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung über den buchmäßigen Ausweis des Forschungsfreibetrages fehlte, außerbücherlich geltend zu machen; dies ergab sich auch aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vergleichbaren Problem beim Investitionsfreibetrag in der ursprünglichen Fassung (vgl. Verwaltungsgerichtshof , 2085/76, sowie Doralt, EStG³, § 4 Rz 306). In der derzeit geltenden Fassung des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 kann der Forschungsfreibetrag ausdrücklich auch außerbilanzmäßig geltend gemacht werden. Eine Einschränkung der Geltendmachung des Forschungsfreibetrages auf die Steuererklärung kann dem Gesetz nicht zu entnommen werden. Der Forschungsfreibetrag kann daher wie jede andere Betriebsausgabe auch nachträglich, d.h. nach Abgabe der Steuererklärung, bis zur Rechtskraft der Veranlagung möglich (so für die erstmalige Geltendmachung auch noch RdW 1992/2, und Heitzinger/Larndorfer, ÖStZ 1995, 279; nach Doralt, EStG³, § 4 Rz 311, ist bei der außerbilanzmäßigen Geltendmachung sogar die nachträgliche Änderung des Prozentsatzes möglich).
Die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 EStG 1988 über die Bilanzänderung finden nach Meinung des unabhängiger Finanzsenates jedenfalls bei der außerbilanzmäßigen Geltendmachung des Forschungsfreibetrages keine Anwendung (vgl. auch ). Eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 käme nur dann in Betracht, wenn die Bestimmung über den Forschungsfreibetrag diesbezüglich eine Rechtslücke, d.h. planwidrige Unvollständigkeit, aufwiese. Eine solche lückenhafte Normierung des § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden. Andernfalls wäre kaum verständlich, weshalb die außerbilanzmäßige Geltendmachung des Forschungsfreibetrages überhaupt zulässig ist (und nicht nur die bilanzmäßige). Lässt der Gesetzgeber die außerbilanzmäßige Geltendmachung aber zu, so geht es nicht an, dass über eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 2 EStG 1988 auf indirektem Wege die Auswirkung eine bilanzielle Geltendmachung herbeigeführt wird.
Mit der vorliegenden Bescheinigung des BMfWuA ist der volkswirtschaftliche Wert der Erfindungen im Verfahren vor der Berufungsbehörde nachgewiesen worden. Nach der vom Finanzamt nicht beanstandeten Berechnung betrugen die Aufwendungen für die in dieser Bescheinigung genannten Erfindungen € 502.363,34. Der davon errechnete Forschungsfreibetrag (12 %) in Höhe von € 60.283,00 ist somit als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Jahres 1999 zu berücksichtigen. Der Berufung war daher in diesem Punkt stattzugeben.
2. Mindestkörperschaftsteuer: Dieses Berufungsbegehren wurde bereits mit dem Berichtigungsbescheid vom berücksichtigt. Die Berufung war daher in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Forschungsfreibetrag |
Anmerkung | Abweichung zu EstR 2000, Rz 1325 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at