Familienbeihilfe, Sprachkurs an der EF International School als Berufsausbildung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien vom betreffend Gewährung von Familienbeihilfe für das Kind MW entschieden:
Der Berufung wird stattgegeben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Im Zuge der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe sandte die Bw. die Kopie einer Bestätigung vom der EF GmbH, in welchem bestätigt wurde, dass die Tochter der Bw. vom bis das "EF Academic Year Abroad Program" an der EF International School of English in SD besuchen werde. Diese Ausbildung dauere ein akademisches Jahr (das seien ca. 9 Monate) und umfasse 24 Unterrichtseinheiten pro Woche. Dabei würden zwei Ausbildungsschwerpunkte gesetzt. Der Student werde einerseits im ersten Abschnitt durch intensiven Sprachunterricht, der sich aus Grammatikunterricht, Sprachlaborübungen, Konversationsübungen und Wortschatzerweiterung zusammensetze, auf die Ablegung international anerkannter Sprachprüfungen (z.B. TOEFL) vorbereitet. Andererseits inkludiere der Kurs ein Angebot verschiedenster Wahlfächer wie Verkauf & Marketing, Werbung, American Business English oder Medienkunde, die der Student als Fächerkombination, seinen zukünftigen beruflichen Interessen entsprechend, belegen könne. Während dieser 9 Monate würden die Teilnehmer laufend auf ihre Fortschritte hin geprüft. Bei erfolgreicher Absolvierung der Prüfungen (mindestens Note "C average") werde ein Abschlusszeugnis sowie ein Diplom in Form des "EF-Zertifikates für Internationale Studien" erworben. Um diese Zeugnisse zu erlangen, bestehe Anwesenheitspflicht. Die "EF International School of English, SD" sei von der Amerikanischen Behörde "ACCET" anerkannt. Für die Programmkosten müsste die Teilnehmerin selbst bereits vor Reiseantritt aufkommen und würde für diesen Betrag keinerlei Förderungen oder Ermäßigungen von der EF GmbH erhalten. Weiters gehe die Tochter der Bw. während ihres Sprachaufenthaltes keinerlei beruflichen Tätigkeit nach. Der Aufenthalt diene ausschließlich der Weiterbildung.
Das Finanzamt begründete den abweisenden Bescheid damit, dass gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz für volljährige Kinder nur dann ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn sie sich in Berufsausbildung befänden. Der Besuch des Institutes der EF GmbH in SD stelle jedoch keine Berufsausbildung im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle sondern lediglich eine allgemeine Weiterbildung dar, wobei auch der Abschluss dieser Schule allein für einen späteren Beruf in Österreich keine gesetzliche Anerkennung finden könne. Der Umstand, dass diese Ausbildung für ein nachfolgendes Studium oder in einer Berufstätigkeit allenfalls von Vorteil sei, könne einen Anspruch auf Familienbeihilfe nicht begründen.
Die Berufung begründete die Bw. damit, dass ihre Tochter nur vorübergehend in Amerika studiere. Der Lebensmittelpunkt und die Unterhaltspflicht blieben weiterhin bei der Bw. Um dieses Studium zu ermöglichen, hätte die Bw. einen Kredit aufgenommen. Für die zusätzlichen Kosten, etwa für Lehrmittel und Bücher, sei sie als Alleinerzieher sehr auf die Familienbeihilfe angewiesen. Die Tochter habe die fünfjährige Höhere Bundeslehranstalt für Tourismus und wirtschaftliche Berufe besucht und mit Matura abgeschlossen. Die Tochter wolle ihre Englischkenntnisse bei EF in SD vervollkommnen, zumal sie dort das American Business English lerne, was für ihre weiteres Studium in Österreich - Internationale Betriebswirtschaft - dringend benötigen werde. Beiliegend sende die Bw. eine neuerliche Bestätigung, aus der entnommen werden könne, dass MW nur zum Studieren nach Amerika fahre und dort keinerlei beruflicher Tätigkeit nachgehe. Ein Abschlusszeugnis könne vorgelegt werden. Die Bw. beantragte die Stattgabe der Berufung.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das Finanzamt damit, dass das wesentliche Merkmal einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs.1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz nicht nur allein die Vermittlung von Kenntnissen sei, sondern auch ein festgelegter Abschluss mittels einer gesetzlich anerkannten Prüfung (Diplom) erforderlich sei. Auf Grund dieser Abschlussprüfung müsse aber ein bereits angestrebtes Berufsziel ergriffen werden können bzw. müsse dieser Abschluss für die Aufnahme eines (weiteren) Studiums eine grundsätzliche Voraussetzung sein. Der Besuch des Institutes der EF GmbH in SD stelle jedoch mangels eines solchen gesetzlichen anzuerkennenden Abschlusses keine Berufsausbildung dar. Auch könne der in der Berufung angeführte Umstand, dass diese Ausbildung für das nachfolgende Studium einen wesentlichen Vorteil bringe, keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründen. Desgleichen könnten die entstehenden Kosten dieser Ausbildung mangels gesetzlicher Grundlagen nicht berücksichtigt werden.
Den Vorlageantrag begründete die Bw. damit, dass sie von ihrer Tochter erfahren hätte, dass zwei Studienkolleginnen aus Niederösterreich sehr wohl die Familienbeihilfe bekämen. Da sich die Ausbildung durch nichts unterscheide, frage sich die Bw., ob in Niederösterreich anderen Gesetze gelten. Zur Überprüfung gebe die Bw. auch die Namen der Betroffenen bekannt. Die Bw. habe bereits mit beiden Eltern Kontakt aufgenommen und es sei ihr versichert worden, dass diese die Familienbeihilfe erhielten. Die genaue Adresse könne sie noch bekannt geben.
Im Anschluss an einen Ergänzungsvorhalt der Finanzlandesdirektion übersandte die Bw. eine Kopie des Zertifikates des TOEFL-Testes, eine Inskriptionsbestätigung für das Wintersemesters 2001/2002 für das Studium der Internationalen Betriebswirtschaft, eine Kopie des Kurszertifikates sowie eine Kopie des Akademischen Zeugnisses über die Absolvierung des Englischkurses der "EF International Language Schools".
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, einen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Das Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 enthält keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter den Begriff aber jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung zu zählen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem bestimmten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird. (u.a. VwGH 87/13/0135, 87/14/003, 93/14/0100, 2000/14/0192). Ziel einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs.1 lit. b FLAG 1967 ist es die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Zudem muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein (VwGH 2000/14/0093).
Der Besuch von allgemeinen - nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichteten - Veranstaltungen, die dem Sammeln von Erfahrungen und/oder dem Aneignen eines bestimmten Wissensstandes dienen (z.B. Besuch einer Fahrschule, eines Schikurses od. dgl.), kann nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewertet werden. Für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs.1 lit. b FLAG 1967 ist jedoch nicht allein der Lehrinhalt, sondern auch die Art der Ausbildung und deren Rahmen bestimmend. Andernfalls müsste etwa auch dem Besuch von Schulen mit rein allgemeinbildendem Lehrinhalt die Qualität als Berufsausbildung aberkannt werden. Zur Berufsausbildung gehört aber zweifellos auch die allgemeinbildende Schulausbildung. EineBerufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 ist bei allgemeinbildenden Lehrinhalten auch dann gegeben, wenn die Ausbildung die überwiegende Zeit des Kindes in Anspruch nimmt, ein geregeltes Ausbildungsverfahren vorgesehen ist (etwa mit Anwesenheitspflicht) und die Ablegung von Prüfungen erforderlich ist.
Für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinn des leg. cit. ist jedoch auch mitentscheidend, ob der Besuch von Veranstaltungen erfolgt, die im allgemeinen auf Berufsausbildung ausgerichtet sind, mag eine Ausbildung auch stufenweise aufgebaut sein und mögen einzelne Stufen davon - aus dem Zusammenhang gelöst und für sich allein betrachtet - keine Berufsausbildung darstellen (VwGH 93/14/0100). Das von der Tochter der Bw. besuchte "EF Academic Year Abroad Program" stellt für sich betrachtet keine Berufsausbildung im oben dargelegten Sinne dar, weil das Kind dadurch in keinem selbständigen Beruf ausgebildet wurde. Auch die von der Bw. angeführten Kosten dieser Ausbildung stellen kein Kriterium für die Beurteilung als Berufsausbildung dar.
Die Tochter der Bw. hat diesem Sprachkurs nachfolgend ab dem Wintersemester 2001/2002 das Studium Internationale Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien begonnen. Eine der notwendigen Grundlagen zur erfolgreichen und kompetenten Abwicklung von internationalen Themenstellungen stellt die Beherrschung von Sprachen dar. In dieser Studienrichtung ist daher die Absolvierung von Lehrveranstaltungen über zumindest zwei Sprachen zwingend vorgeschrieben. Informationen des Studiendekanates zufolge setzen in der Studienrichtung Internationale Betriebswirtschaft viele Eingangslehrveranstaltungen Kenntnisse voraus, die den Studienenden erfahrungsgemäß häufig Schwierigkeiten bereiten. Unter anderem werden in den Lehrveranstaltungen des Institutes für Englische Sprache am Studienbeginn bereits bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten allgemeinsprachlicher Natur vorausgesetzt. Diese festgelegten Voraussetzungen sind in "grammatikalisch-strukturelle Kategorien", "Sprachfunktionen" sowie "thematische Bereiche und Denkkategorien" gegliedert und sind gleichermaßen in mündlichen und schriftlichen Ausdrucksformen sowie produktiv (Sprechen, Schreiben) und rezeptiv (Hören, Lesen) zu beherrschen. Die Einstiegslehrveranstaltungen im Studium haben nur die Zielsetzung, den Studierenden vom solcherart definierten Niveau zur Fachsprache des Lebensbereiches Wirtschaft hinzuführen.
Die Absolvierung des "EF Academic Year Abroad Programm" war zwar nicht zwingend notwendige Voraussetzung für die Fortführung der Berufsausbildung, aber es besteht nach Ansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz ein enger Zusammenhang zwischen der absolvierten Sprachausbildung und dem weiteren Ausbildungsgang (Studium) der Tochter, weil dadurch die bereits zu Studienbeginn vorausgesetzten Kenntnisse der englischen Sprache erworben bzw. z.T. gefestigt wurden. Zudem wurde durch diese kursmäßige Ausbildung der noch nicht berufstätigen Tochter der Bw. - ohne Bezugnahme auf die spezielle Tätigkeit an einem bestimmten Arbeitsplatz - Wissen vermittelt, welches auch für das künftige Berufsleben erforderlich ist.
Im Hinblick auf das im Anschluss betriebene Studium erscheint es nach den vorstehenden Ausführungen als gerechtfertigt, vom Besuch einer auf eine bestimmte Berufsausbildung ausgerichteten Veranstaltung auszugehen und es kommt der Sprachausbildung (als Bestandteil einer weiteren Gesamtausbildung) der Charakter einer Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes zu.
Der Berufung ist sohin stattzugeben.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Familienbeihilfe Berufsausbildung EF Academic Year Program nachfolgendes Studium Internationale Betriebswirtschaft |
Anmerkung | im Gegensatz zu GZ RV/0398-F/02 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at