Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.10.2003, FSRV/0133-W/03

Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen Abgabenhehlerei mit Alkohol

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0133-W/03-RS1
Wenn in einem Bescheid über die Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen Abgabenhehlerei als Straftatbestand lediglich § 37 FinStrG angegeben wird, ohne die Verschuldensform näher zu bezeichnen, ist dem Konkretisierungsgebot des § 83 Abs.2 FinStrG, wonach der Verdächtige unter Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung zu verständigen ist, nicht entsprochen.

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 5 in der Finanzstrafsache wegen Abgabenhehlerei gegen den Bf., vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer u. Mag. Kurt Schick , über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid vom 9.  Juli 2003, Zl. 100/91.708/2002-Str.IV/Kol des Hauptzollamtes Wien, dieses vertreten durch ORat Dr. Gerold Teibinger als Amtsbeauftragten, über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG

zu Recht erkannt:

Der bekämpfte Einleitungsbescheid wird gem. § 161 Abs.1 FinStrG aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 9.  Juli 2003, zugestellt am , hat das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) unter Zl. 100/91.708/2002-Str.IV/Kol., StrNr. 100/2002/00995-001, ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Hauptzollamtes Wien eingangsabgabepflichtige Waren, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen des Schmuggels begangen wurde, an sich brachte und somit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 FinStrG begangen habe. Konkret lautet der Spruch des Bescheides über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs.1 FinStrG:

" Gegen Herrn Bf., ( Personalien ), wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er im September 2002, im Bereiche des Hauptzollamtes Wien, eingangsabgabepflichtige Waren, hinsichtlich welcher Waren zuvor von noch auszuforschenden Personen das Finanzvergehen des Schmuggels begangen wurde, nämlich 1.002 Liter Alkoholgemisch, ergibt 348,43 Liter Alkohol zu 100 Vol % an sich brachte

und somit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 FinStrG begangen hat."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen Folgendes vorgebracht wurde :

Im Einleitungsbescheid werde vorgeworfen, dass der Bf. eine Abgabenhehlerei nach § 37 FinStrG begangen habe, ohne dass konkret bezeichnet oder erläutert werde, ob eine vorsätzliche oder fahrlässige Abgabenhehlerei zum Vorwurf gemacht werde. Weiters führt der Bf. aus, dass er die gegenständlichen Behälter von zwei ihm nicht näher bekannten Weinkunden bei ihm aus Gefälligkeit zwischenlagern ließ und diese wieder abgeholt werden sollten. Er habe keine Kenntnis gehabt, dass die Fässer Alkohol - von dem die Behörde tschechischen Ursprung vermutet - beinhaltet haben und sei auch den Umständen nach nicht verpflichtet gewesen, sich vom Inhalt der Fässer zu überzeugen. Er fühle sich daher weder für vorsätzliche noch fahrlässige Abgabenhehlerei schuldig.

Die Beschwerde wurde am dem unabhängigen Finanzsenat gem. § 156 Abs.3 FinStrG vorgelegt.

Über die Entscheidung wurde erwogen :

Anlässlich einer Routinekontrolle durch Organe des Zollamts Drasenhofen im landwirtschaftlichen Betriebsgebäude des Bf. am wurden in einem Nebenraum 12 Stück PVC Fässer mit Alkohol vorgefunden. Die Fässer waren im Maischebuch des Abfindungsbrenners nicht angeführt und auch nicht bezeichnet. Der Bf. erklärte, dass die Fässer nicht ihm gehören, wollte jedoch den Eigentümer nicht nennen.

Die Fässer wurden beschlagnahmt und zum Zollamt Drasenhofen verbracht. Aus jedem Fass wurde eine Probe gezogen und der Technischen Untersuchungsanstalt der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland übermittelt.

Laut Brennunterlagen des Bf. und seinen niederschriftlichen Aussagen vom wurde im Jahre 1998 zum letzten Mal gebrannt. Der Helm des Brenngeräts war ordnungsgemäß versiegelt.

In einer durch Organe des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz am mit dem Bf. aufgenommenen Niederschrift gab dieser an, die 12 Fässer mit Schnaps habe er nach einem erfolgten Weinverkauf ca. 3 Wochen später von zwei ausländisch sprechenden Männern zur Verwahrung übernommen, wobei er nicht wisse, warum sie den Alkohol bei ihm verwahren wollten.

Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gemäß § 37 Abs.1 lit.b FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich den Täter eines in lit.a bezeichneten Finanzvergehens nach der Tat dabei unterstützt, um eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher das Finanzvergehen begangen wurde, zu verheimlichen oder zu verhandeln.

Gemäß § 37 Abs.3 FinStrG ist zu bestrafen, wer eine der in Abs.1 bezeichneten Taten fahrlässig begeht.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 8 Abs. 2 FinStrG handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr gemäß § 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz nach der Anordnung des § 82 Abs. 3 FinStrG das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Die Finanzstrafbehörde I. Instanz erachtete aufgrund der Mitteilung des Zollamtes Drasenhofen vom , der dienstlichen Wahrnehmungen der Beamten des Zollamtes Drasenhofen, des Analysenberichts der Technischen Untersuchungsanstalt bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, der niederschriftlichen Verdächtigenverantwortung des Bf. vom sowie den sonstigen amtlichen Ermittlungsergebnissen einen Tatvorwurf betreffend Abgabenhehlerei als hinreichend begründet.

Von der Einleitung des Strafverfahrens ist der Verdächtige gemäß § 83 Abs.2 FinStrG unter Bekanntgabe der zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmungen unverzüglich zu verständigen.

Diesem gesetzlichen Konkretisierungsgebot wurde im angefochtenen Bescheid nicht entsprochen. § 37 FinStrG bringt in Abs.1 mit lit. a und lit. b zwei Tatbestände und stellt mit Abs.1 die vorsätzliche bzw. mit Abs.3 die fahrlässige Deliktsverwirklichung unter Strafe. Ist im bekämpften Bescheid mit dem Passus "an sich brachte" zumindest verbal noch auf die lit.a Bezug genommen, fehlt sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Bescheides eine Festlegung, in welcher Verschuldensform die Abgabenhehlerei angelastet wird. Sowohl im Spruch ist die Formulierung "... und somit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach

§  37 FinStrG begangen hat", ungenau, als auch die Begründung mangelhaft, in der darzulegen ist, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken ( vgl. z.B. Zl. 93/15/0071; Zl. 98/13/0120 ).

Die Rüge des Bf., die Straftat sei nicht konkret bezeichnet oder erläutert worden, erfolgte daher zu Recht.

Da der bekämpfte Bescheid schon den Delikttypus nicht eindeutig festlegt, war auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht einzugehen und spruchgemäß zu entscheiden..

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Abgabenhehlerei
Konkretisierungsgebot
Verschuldensform
Strafbestimmung
Verweise
Anmerkung
Konkretisierungsmängel im erstinstanzlichen Spruch können behoben werden und rechtfertigen allein nicht eine Kassation ( Bereichsredakteur ).

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at