Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 29.09.2003, RV/0036-G/03

Liebhaberei bei fremdfinanzierter Rentenversicherung

Entscheidungstext

Bescheidaufhebung gem. § 289 Abs 1 BAODer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Karl Hammerl, gegen den Bescheid des Finanzamtes Leibnitz betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 entschieden: Der angefochtene Bescheid vom und die dazu am ergangene Berufungsvorentscheidung werden gem. § 289 Abs. 1 BAO aufgehoben und die Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz zur Durchführung bisher unterlassener Ermittlungen zurückverwiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der am geborene Berufungswerber (Bw.) ist hauptberuflich im Dienstverhältnis als Prokurist eines Unternehmens tätig. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 wies er neben seinen nichtselbständigen Einkünften auch negative Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 150.000,-- ATS aus. Aus den Beilagen zur Abgabenerklärung ging hervor, dass diese aus "sonstige(n) Werbungskosten" resultierten, welche ihm im Zusammenhang mit dem Erwerb eines fremdfinanzierten Rentenversicherungsmodelles erwachsen waren. Konkret war der Steuererklärung eine Honorarnote einer Vermögens- und Unternehmensberatungsfirma vom beigeschlossen, nach welcher der Bw. für eine Kreditvermittlung zur Anschaffung eines Rentenstammrechtes "lt. Angebot" pauschal Ats 150.000,-/Euro 10.900,93 zu bezahlen hatte. Weiters hatte der steuerliche Vertreter des Bw. im Auftrag des Vermögensberatungsunternehmens "Steuerlich-rechtliche Erläuterungen" zu dem vom Bw. erworbenen "V.-Vorsorgekonzept" ausgearbeitet, welche ebenfalls mit der Abgabenerklärung des Bw. an das Finanzamt (FA) übermittelt wurden.

Demnach hatte der Bw. durch eine Einmalzahlung in Höhe von ATS 1.999.999,89 (€ 145.345,66) einen lebenslangen unkündbaren Rentenversicherunganspruch erworben. Der Einmalerlag zuzüglich ATS 150.019,47 (€ 10.902,34) zur Abdeckung anfallender, rund 8%iger "Einmalnebenkosten" war nach diesen Unterlagen durch einen endfälligen Fremdwährungskredit über eine Bank finanziert worden. Das Kreditvolummen war je zur Hälfte in Form eines Yen-Kredites (Verzinsung "3-Mo-Libor zuzüglich 1,50% Aufschlag" = "derzeit 1,75%") bzw. eines Schweizer Franken(CHF)-Kredites (Verzinsung "3-Mo-Libor zuzüglich 1,50% Aufschlag" = "derzeit 3,75%") aufgebracht worden, deren Rückführung nach 20 Jahren erfolgen sollte. Zur Finanzierung der Kreditrückzahlung hatte der Bw., diesen Erläuterungen zufolge, zwei fondsgebundene Lebensversicherungen mit einer Laufzeit von je 15 Jahren abgeschlossen (sogen. "Tilgungsinstrumente"), aus welchen im Todesfall ATS 2.050.284,70 (€149.000,-) bzw. ATS 30.217,62,- (€ 2.196,-) fließen sollten. Mit dem aus diesen Lebensversicherungen lukrierten Guthaben sollte das Kreditobligo bereits nach 15 Jahren vorzeitig zurückbezahlt werden. Beginn der jährlich um 0,91% fallenden Rentenzahlung war nach den an das FA übermittelten Unterlagen binnen 4 Wochen ab Vertragsabschluss und Einzahlung des Einmalerlages. Die Rentenzahlung war demnach lebenslang garantiert und sollte im Ablebensfall des Bw. über einen Zeitraum von 23 Jahren ab Vertragsabschluss an dessen Rechtsnachfolger bzw. das finanzierende Kreditinstitut ausbezahlt werden ("Mindestgarantiezeit").

Bestandteil der "Steuerlich-rechtlichen Erläuterungen" waren weiters eine "Totalgewinnberechnung", nach welcher aus dem Modell nach 24 Jahren ein Gesamtüberschuss lukriert werden würde, sowie ein "Renditevergleich", welcher eine "Nach-Steuer-Rendite" von 4,75% einer "Vor-Steuer-Rendite" von 4,81% gegenüberstellte. Den Unterlagen war zu entnehmen, dass in diesen Berechnungen die Lebenserwartung des Bw. "lt. aktueller Versicherten-Sterbetabelle der Aktuarsvereinigung Österreichs" mit 83 Jahren angenommen und als Vervielfacher für die Berechnung des Kapitalwertes der Rente nach § 16 Abs 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) mit dem13-fachen Jahreswert der Rente des ersten Jahres kalkuliert wurde.

Im Einkommensteuerbescheid für 2001 berücksichtige das für die Veranlagung des Bw. zuständige Finanzamt (FA) die erklärten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht. Begründend führte es dazu aus, bei einem lt. Unterlagen erst nach 24 Jahren erzielbaren Totalgewinn sei nicht mehr von einer "übliche(n) Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes" auszugehen, wie sie den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises entspreche. Zudem berücksichtige die übermittelte Totalgewinnberechnung keine Kursdifferenzen. Es sei daher "eher damit zu rechnen, dass - durch Berücksichtigung von Kursdifferenzen- auch nach 24 Jahren noch kein Gesamtüberschuß erzielt werden kann." Die Rentenversicherung stelle daher "keine sonstigen Einkünfte dar".

In seiner innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist zeitgrecht eingebrachten Berufung legte der Bw., unter Hinweis auf die in einem aufgelisteten Kriterien für die Beurteilung fremdfinanzierter Rentenverischungsmodelle als steuerliche Einkunftsquelle, dar, dass das von ihm erworbene Vorsorgemodell alle Vorgaben erfülle. Die Berücksichtigung von Kursverlusten entspreche nicht "den bisher angewandten Grundsätzen bei bisher veranlagten Vorsorgemodellen". Die Rentenversicherung sei daher als Einkunftsquelle zu qualifizieren und die beantragten Werbungskosten somit abzugsfähig. Festzuhalten ist, dass der Bw. in der Berufung erstmals von einem 26jährigen Garantiezeitraum ausging.

Im Zuge des erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahrens reichte der Bw. Kopien folgender Unterlagen zum strittigen Rentenversicherungsmodell nach:

- eine "Beauftragung" des Vermögensberatungsunternehmens vom zur Vertretung "in allen finanziellen und rechtlichen Belangen";

- einen Antrag auf Abschluß der "V.-Vorsorge" (ohne AntragsNr.) vom selben Tag. Eine auf dem Antrag händisch vermerkte "Aufstellung" sowie ein als Beilage angeführtes (unterfertigtes) Finanzierungsansuchen schloss er allerdings nicht bei;

- eine "V.-Selbstauskunft" und einen "Haushaltsplan", beinhaltend eine Darstellung der finanziellen Situation des Bw. (verfügbares mtl. Einkommen, lfd. mtl. Ausgaben, Vermögen, lfd. zu bedienende Verbindlichkeiten), beides ebenfalls vom . Zu zwei in der Selbstauskunft angeführten Lebensversicherungen (Auszahlungswert in den Jahren 2003 bzw. 2010 lt. Angaben des Bw. insgesamt rd. 960.000,-, ATS) waren Polizzenkopien beigefügt;

- Krediturkunden zu den bezughabenden Yen- bzw. CHF-Krediten der X.-Bank mit den Kredit-Nr. XXXX bzw. XXXX + Beilagen. Allerdings bestanden die Krediturkunden jeweils lediglich aus einer Seite, welche auf eine - nicht übermittelte - Fortsetzung auf Seite 2 verweist. Ebenso fehlten in den - zumindest aus 4 Seiten bestehenden - Beilagen die Seiten 2 und 4. Weiters wurden eine in den Kreditunterlagen angeführte "separate Erklärung" über die Abtretung bzw.Verpfändung der neu abzuschließenden Tilgungsversicherungen bzw. des Guthabens auf dem Konto Nr. XXXX ("FW-Ansparkonto") dieser Bank nicht mitgeschickt;

- einen "Verbraucher-Girokontovertrag" zum oa. KtoNr. XXXX vom (einseitig);

- eine "Vertragsübersicht" zur Versicherung Nr. XXXX / Antrag XXXX vom betreffend die "Hauptversicherung" des Bw. (Rentenversicherung), in welcher eine 23jährige Rentengarantiezeit ausgewiesen ist (einseitig);

- einen zugehörigen Versicherungsschein zur selben VersicherungsNr., Bl. 1 - 6 ohne die darin angeführten, einen Bestandteil des Vertrages bildenden "Besondere(n) Vereinbarungen", "Allgemeinen Versicherungsbedingungen (GKL AVBA.0002)", "Tarifbestimmungen (GKL RS.0001)" und "weitere(n) Beilagen". Bl. 6 des Versicherungsscheines weist eine Rentengarantiezeit von 26 Jahren aus. Ein Ausstellungsdatum der Polizze ist nicht ersichtlich;

- ein Schreiben des Versicherungsunternehmens, bei welchem der "Hauptvertrag" abgeschlossen wurde, vom an das Vermögensberatungsunternehmen, mit welchem - unter Bezug auf eine "Nachricht vom " - in der Anlage die geänderte Polizze mit der Verlängerung der Rentengarantiezeit übermittelt wird. Der beigeschlossene Versicherungsschein unterscheidet sich vom oa. lediglich durch ein Blatt 7, in welchem darauf verwiesen wird, dass "gegen diese Ausfertigung des Versicherungsscheines...die Erstausfertigung gleicher Nummer außer Kraft (tritt)." Die angeführte Erstausfertigung des Versicherungsscheines findet sich nicht im Akt;

- die Seiten 2 und 4 eines Dokumentes vom mit der Überschrift "Fondsgebundene Lebensversicherung Nr. XXXX" beinhaltend im wesentlichen den Laufzeitbeginn des Vertrages (), die mtl. zu leistende Prämie (750,- €) und die im Erlebens - bzw. Ablebensfall Begünstigten. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Polizze zu einer der bezughabenden "Tilgungsversicherungen" handelt bzw. welcher sonstige Inhalt in diesem Vertrag vereinbart wurde, ist nicht ersichtlich, da die Seiten 1 und 3 fehlen;

- ein Angebot der XX -Versicherung vom  an den Bw. über eine fondsgebundene Er- und Ablebensversicherung ab  mit einer Laufzeit von 15 Jahren, getrennt ausgefertigt in ATS (S 1 - 3) und Euro (S 3 - 6). Ob und ggfs. zu welchen Bedingungen dieses Angebot vom Bw. tatsächlich angenommen wurde, ist mangels Vorlage der zugehörigen Polizze (samt allfälliger Beilagen) nicht ersichtlich;

- ein leeres Bestellformular der Aktuarsvereinigung Österreichs (AVÖ)/ XX GmbH betreffend die Bestellung von "Lizenzen für die Nutzung der Rechnungsgrundlagen AVÖ 1999" für die Pensionsversicherung + eine Kostenaufstellung über die zu entrichtenden Lizenzgebühren;

- eine zweite Ausfertigung der oa. "Steuerlich-rechtlichen Erläuterungen des V.-Vorsorgekonzeptes" incl. Prognoserechnung und Renditevergleich, nunmehr auf eine Garantielaufzeit von 26 Jahren berechnet. So wie bei Vorlage der ersten Version dieser Unterlagen fehlten neuerlich die darin angeführten Versicherungsangebote.

Die "Erläuterungen" gehen davon aus, dass die Erzielung eines Gesamtüberschusses beim vorliegenden Vorsorgemodell innerhalb eine "absehbaren Zeitraumes" erfolgt, da der Versicherungsvertrag über den "Garantiezeitraum" unkündbar sei und die Rentenzahlungen auch im Ablebensfall innerhalb der "Mindestgarantiezeit" erfolgen würden. In die steuerliche Beurteilung der Prognoserechung hätten nach Ansicht des Verfassers der Erläuterungen "nicht beurteilbare zukünftige Änderungen" innerhalb des Beurteilungszeitraumes,"( wie z.B. Änderungen der Gewinnbeteiligung oder der Kreditzinsen)" keinen Eingang zu finden.

Nach dem Inhalt dieser Prognoserechnung ergeben sich für den Bw. in den ersten 15 Jahren seines Rentenbezuges aufgrund der Steuerfreiheit der Rente nach § 29 Z.1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) i.V.m. § 16 Abs. 2 BewG einerseits und den zu bezahlenden Kreditzinsen anderseits (steuerlich) negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die jährlich zu entsprechenden Lohnsteuererstattungen führen. Ab dem 16. Jahr des Rentenbezuges entfallen nach den vorgelegten Berechnungen die Zinsenbelastungen aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung der beiden Fremdwährungskredite (offenbar bezahlt mit den Mitteln aus den nach 15 Jahren abgelaufenen "Tilgungsversicherungen"). Anderseits setzt mit Überschreiten des nach § 16 BewG kapitalisierten Rentenwertes gegen Ende des 15. Jahres die Steuerpflicht der Rentenzuflüsse ein. Ab dem 16. Jahr kommt es daher zu Einnahmenüberschüssen. Ein (steuerlicher) Gesamtüberschuss (von 397,37 €) ergibt sich nach diesen Unterlagen erstmals mit Ablauf des 24. Jahres. Mit Ende des 26jährigen Garantiezeitraumes beläuft sich der errechnete Gesamtüberschuss auf 17.006,33 €, zum angegebenen voraussichtlichen (statistischen) Ende der lebenslänglichen Rentenzahlung nach 31 Jahren wird ein (steuerlicher) Gesamtüberschuss von 64.864,01 € ausgewiesen.

Die Berechnungen gehen von betraglich gleichbleibenden Zinsenbelastungen in den Jahren 1 - 15 ("Durchschnittzins f. Prognose 2,63%") und von einer statistischen Lebenserwartung des Bw. von 83 Jahren aus. Die Jahresrente reduziert sich, analog den Werten im Versicherungsschein, auf Basis des für das Jahr 2002 errechneten Rentenbetrages jährlich (nach den "Erläuterungen" um 0,91% p.a. fallende Rente).

Der ebenfalls auf Basis der oa. Faktoren durchgeführte Renditevergleich ergibt in der abgeänderten Version, unter Zugrundelegung eines Auf-/Abzinsungssatzes von 3,5% und eines gleichbleibenden Steuersatzes von 41%, eine Rendite von 4,77% "vor Steuer" bzw. 4,71% "nach Steuer", wobei diesem Vergleich, entsprechend der angenommenen Lebenserwartung des Bw. von 83 Jahren, ein Zeitraum von 31 Jahren zugrunde gelegt wird.

Festzuhalten ist, dass die statistische Lebenserwartung des Bw. nach den Werten der Statistik Austria zum Zeitpunkt des Rentenbeginns bei rd. 76 Jahren lag, was einer Restlebenserwartung von 24 Jahren entspricht.

Nach dem Inhalt des vorliegenden Rentenversicherungsscheines setzt sich die Rentenzahlung aus zwei Teilbeträgen zusammen, einer lebenslänglichen, monatlichen Altersrente in garantierter, gleichbleibender Höhe und einer dem Grunde nach ebenfalls garantierten Überschussbeteiligung, deren Höhe allerdings nicht garantiert wird.

Dem Versicherungsschein nicht zu entnehmen ist, welche Leistung für den Todesfall garantiert wird. Nach der Leistungsübersicht im Versicherungsschein wird unterstellt, dass die versichterte Person innerhalb der Garantiezeit von 26 Jahren "zu den angegebene Terminen lebt". Weiters gehen aus dieser Urkunde der Ausschluss einer Rentenablöse nicht hervor und ebenso wenig die vereinbarten Kündigungs-/Vertragsauflösungsbedingungen.

Nach dem Inhalt der vorliegenden Kreditunterlagen werden die Zinssätze jeweils für sogen."Fixzinstranchen" festgelegt, wobei aus den vorhandenen Urkundsfragmenten weder die Dauer einer solche "Tranche" noch die bei Vertragsabschluss aktuelle Höhe des Zinssatzes abgeleitet werden kann.

Gemäß den Krediturkunden ist weiters ein 3%iger Aufschlag bei einer Kreditrückzahlung vor dem vereinbarten Endfälligkeitstermin, somit bei einer Rückzahlung vor Ablauf von 20 Jahren, vorgesehen. Dieser Aufschlag ist, ebenso wie eine "einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1 %" (Pkt. 3 der oa. Kreditverträge) und allfällige sonstige, aufgrund der unvollständigen Unterlagen nicht auszuschließende Nebenkosten, in den übermittelten Berechnungen nicht berücksichtigt.

Auf Basis der vorgelegten Unterlagen erging eine vorläufige Berufungsvorentscheidung (BVE), mit welcher das strittige Rentenversicherungsmodell als Einkunftsquelle anerkannt und entsprechend die erklärten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurden. Allerdings vertrat das FA den Standpunkt, aufgrund der nicht absehbaren Zinsentwicklung bei den Krediten und des Risikos von Währungsschwankungen sei die konkrete Abgabepflicht noch ungewiss und erfolge die Veranlagung daher "vorläufig". Weshalb es nunmehr die im Erstbescheid geäußerten Bedenken gegen das Vorliegen einer Einkunftsquelle nicht mehr teilte, führte das FA in der BVE nicht aus.

In seinem fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag verwehrte sich der Bw. gegen die Vorläufigkeit seines Einkommensteuerveranlagungsbescheides für 2001 mit dem Hinweis, dass künftige Zins- und Wechselkkursentwicklungen im vorhinein nie genau bekannt seien, was einer, nach den bezughabenden BMF-Erlässen erforderlichen, Glaubhaftmachung des erzielbaren Gesamtüberschusses zur Widerlegung der Liebhabereivermutung aber nicht entgegen stehe. Da derartige Rentenversicherungsmodelle bei anderen FÄ endgültig als Einkunftsquelle behandelt würden, sei im ggstl. Vorgehen des FA überdies eine Verletzung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu erblicken.

Das FA legte das Rechtsmittel ohne weitere Erhebungen und ohne Stellungnahme zum Berufungsvorbringen dem UFS zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 200 Abs. 1, 1. Satz der Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:

"Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist."

Nach herrschender Rechtsmeinung setzt die Annahme einer Wahrscheinlichkeit eine dichtere "Verdachtslage" als eine bloße Möglichkeit voraus. Die Wahrscheinlichkeit i.S. dieser Bestimmung wird von Lehre und Rechtsprechung überdies im Sinne einer vorübergehenden, nicht aber einer dauernden Ungewissheit interpretiert ().

In der bekämpften BVE begründete die Abgabenbehörde die Vorläufigkeit mit der Möglichkeit von Zinsänderungen und dem Währungsrisiko. Eine Darstellung, bei welchen Zins- und Wechselkurs-Konstellationen die vorerst bejahte Einkunftsquelleneigenschaft des Vorsorgemodelles verloren geht, fehlt allerdings im Akt. Ebenso wurden nach der Aktenlage keine Erhebungen dahingehend durchgeführt, ob bzw. ggfs. innerhalb welchen Zeitraumes in welchem Ausmaß nach den Erfahrungen der Vergangenheit solche Konstellationen realistischerweise zu erwarten sind.

Derartige Feststellungen wären aber erforderlich, um beurteilen zu können, ob die vom FA angenommenen Gründe für die Vorläufigkeit des Veranlagungsbescheides 2001 tatsächlich wahrscheinlich und nicht nur möglich sind. Zu berücksichtigen ist dabei, dass im ausserbetrieblichen Bereich Wechselkursänderungen, soweit sie die Höhe des rückzuzahlenden Kapitales beeinflussen, bei der Ermittlung der Einkünfte in der Regel keine Rolle spielen (vgl. VwGH 2000/14/0063 vom ).

Um einen vorläufig erlassenen Bescheid zu rechtfertigen, müßten aus den noch zu erhebenden Daten auch Anhaltspunkte dafür ableitbar sein, dass nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum tatsächlich mit hinreichender Sicherheit eine Aussage über die künftige Entwicklung der fraglichen Parameter getroffen werden kann und damit eine endgültige Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft des strittigen Rentenversicherungsmodelles möglich wird, dass also die vom FA angenommene Ungewissheit keine dauernde sondern eine vorübergehende ist.

Abgesehen von den für eine Beurteilung der Zulässigkeit eines vorläufigen Veranlagungsbescheides für das Jahr 2001 erforderlichen Feststellungen waren aus Sicht des UFS im bisherigen Verfahren aber auch keine hinreichenden Grundlagen für eine Entscheidung zugunsten des Vorliegens einer Einkunftsquelle in Bezug auf das vorliegende Rentenversicherungsmodell vorgelegen.

Die der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde liegenden, teilweise unvollständigen Beweismittel ermöglichen keine verlässliche Gesamteinschätzung, ob mit dem Modell tatsächlich den Erfordernissen der Liebhabereiverordnung, BGBl 1993/33 idF. der BGBl II  1997/358 und BGBl II 1999/15 (L-VO) entsprochen wird.

Für derartige Rentenversicherungsverträge sind folgende Bestimmungen der L-VO maßgeblich:

§ 1 Abs. 2 : "Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen 1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung im besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (....)und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen"....

Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein"...

§ 2 Abs. 4: "Bei Betätigungen gem. § 1 Abs 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen ...Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Tätigkeit solange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird."

Nach § 3 Abs. 2 ist als Gesamtüberschuß "der Gesamtbetrag der Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten abzüglich des Gesamtbetrages der Verluste zu verstehen."

Der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung eines innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbaren Gesamtüberschusses hat nach Lehre und Rechtsprechung durch eine möglichst realistische Prognoserechnung zu erfolgen, wobei die Einschätzung künftiger Entwicklungen naturgemäß eine gewisse Unsicherheit in sich birgt. In der Regel ist aus Erfahrungswerten der Vergangenheit (Beobachtungszeitraum) auf künftige Entwicklungen zu schließen. Eine Zeitspanne ist dann noch absehbar, wenn sie nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises als üblicher Rentabilitätszeitraum des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird (). Die Länge des absehbaren Zeitraumes hängt von der Art der Betätigung und den Besonderheiten der jeweiligen Verhältnisse ab. Ebenso wird die Dauer des erforderlichen Beobachtungszeitraumes, aufgrund dessen realistischerweise auf das erzielbare Gesamtergebnis geschlossen werden kann, nach den Umständen des Einzelfalles unterschiedlich sein.

Wie dargestellt waren die der Abgabenbehörde im erstinstanzlichen Verfahren zur Verfügung stehenden Unterlagen tw. unvollständig bzw. sogar gänzlich fehlend. So ermöglichten sie etwa keine Aussage über die Zulässigkeit einer Rentenablöse, über Möglichkeiten und Folgen einer vorzeitigen Vertragsauflösung oder über den Umfang der Leistungen bzw. allfällige Leistungseinschränkungen bei einem Todesfall des Bw. vor Ablauf des Garantiezeitraumes. Auf welchen Kalkulationgrundlagen die in der Leistungsübersicht zum Versicherungsschein ausgewiesene "Überschußbeteiligung" aufbaut (genannt wird "insbesondere die Lebenserwartung"), ist ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Art des/der Fonds, an welche die Rentenversicherung gebunden ist/sind. Damit fehlen aber ganz wesentliche Daten für ein Beurteilung, ob die in der Prognoserechnung angegebenen Einnahmen (bestehend aus Altersrente und Überschußbeteiligung unter Berücksichtigung einer 6,7%igen "Gesamtverzinsung") tatsächlich auf realistischen Annahmen beruhen. Selbst wenn die Höhe der Überschussbeteiligung nicht garantiert wird, muß doch deren grundsätzliche Berechnung überprüft werden, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob die darauf aufbauende Prognoserechnung als realistisch einzustufen ist.

Dies gilt in gleicher Weise für das in der Leistungsübersicht angeführte "derzeitige Kostenniveau".

Aus aktuellen Medienberichten ist bekannt, dass gerade bei derartigen Vorsorgemodellen, die anfallenden, v.a. administrativen Kosten/Spesen i.d.R. beträchtlich sind. In einer aktuellen Untersuchung des Vereines für Konsumenteninformation (VKI) wurden bei fondsgebundenen Lebensversicherungen tw. Kosten von 20%-25% festgestellt. Darüberhinaus sind auch Fremdwährungskredite häufig mit hohen - zum Teil versteckten - Spesen belastet (Zeitschrift Konsument 2/2003).

Für steuerliche Zwecke werden derartige Kosten zunächst daraufhin zu untersuchen sein, inwieweit es sich dabei um Aufwendungen handelt, die dem Vermögensstamm zuzurechnen sind bzw. um solche, die Werbungskosten i.S.d. § 16 EStG darstellen. Generell ist etwa der Begriff Schuldzinsen i.S.d. § 16 Abs. 1 Z. 1 EStG weit im Sinne von Geldbeschaffungskosten zu verstehen (vgl. Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Bd I, 5. Auflage § 16 Tz. 49 ff).

In den vorgelegten Berechnungen werden als Werbungskosten - abgesehen von der Einmalzahlung im Streitjahr (deren ausschließliche Verursachung durch die steuerlich relevanten Teile des Vorsorgepaketes ebenfalls nicht untersucht wurde) - nur die mit 2,63 % berechneten Zinsen für die beiden Fremdwährungskredite berücksichtigt. Aufgrund der unvollständigen Unterlagen kann keine Aussage über allfällig darüberhinaus anfallende, in die Prognoserechnung ebenfalls einzubeziehende Kosten getroffen werden.

Die vorgelegte Prognoserechnung ist somit hinsichtlich wesentlicher Basisdaten überprüfungs- bzw. ergänzungsbedürftig. Erst nach diesen Überprüfungen wird eine Beurteilung dahingehend möglich sein, ob tatsächlich ein Gesamtüberschuss in einem für diese Art der Betätigung absehbaren Zeitraum i.S. des § 2 Abs 4 L-VO erzielbar ist.

Nachdem derartige Veranlagungsprodukte erst seit einem relativ kurzen Zeitraum auf dem Markt angeboten werden, wird außerdem zu überprüfen sein, ob bereits hinreichende Erfahrungswerte vorhanden sind, welche eine zuverlässige Beurteilung für die Zukunft ermöglichen, ob also ein geeigneter Beobachtungszeitraum vorliegt. Das FA wird daher nach dem Ergebnis der erforderlichen Erhebungen im fortgesetzten Verfahren auch zu entscheiden haben, ob ein neuer Erstbescheid endgültig oder wiederum vorläufig zu ergehen hat.

Graz,

Die Referentin

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 29 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
fremdfinanziertes Rentenversicherungsmodell
Fremdwährungskredit
Voluptuarverdacht
Aufhebung nach § 289 Abs.1 BAO

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at