zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 02.10.2003, RV/4649-W/02

Kein Vertreterpauschale für einen im Außendienst tätigen "Senior Consultant"

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/4649-W/02-RS1
Vorrangiges Ziel der Vertretertätigkeit iSd zu § 17 Abs 6 EStG 1988 ergangenen V, BGBl Nr 32/1993, § 1 Z 9, ist die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen. Steht hingegen die Projektdurchführung (Beratungstätigkeit) von wenigen Großkunden durch einen Manager im Vordergrund, kann das Werbungskostenpauschale trotz überwiegender Außendiensttätigkeit nicht zuerkannt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk in Wien betreffend Einkommensteuer 2001 (Arbeitnehmerveranlagung) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw beantragte in der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2001 u.a. Werbungskosten gem. § 17 EStG (Werbungskostenpauschale). Beigelegt ist eine Bestätigung des Arbeitgebers, wonach der Bw im Unternehmen ausschließlich als Außendienstmitarbeiter zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften sowie zur Kundenbetreuung tätig sei. Im Jahr 2001 sei diese Tätigkeit ohne Unterbrechung ausgeübt worden.

Auf Ersuchen des Finanzamts (FA) übermittelte der Arbeitgeber des Bw dessen Tätigkeitsprofil bzw. Arbeitsplatzbeschreibung. Demnach war der Bw. im Streitjahr "Senior Consultant" und im "Management Consulting" tätig. Er absolvierte an der Technischen Universität Wien das Studium "Maschinenbau Betriebswissenschaften". Er führte verschiedene Projekte durch, z. B. "Entwurf, Konzeption und Finanzierungsmodell für neue Dienstleistungsprodukte im Bereich neue Medien" oder "Prozessdesign für ein Bieterkonsortium eines Road Pricing Systems" etc.

Von 1999 - 2000 war der Bw. "Assistant" der Geschäftsleitung und Projektleiter.

Das FA versagte dem beantragten Pauschalbetrag im Einkommensteuerbescheid 2001 mit der Begründung die Anerkennung, a. G. der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers könne eine überwiegende Außenmitarbeitertätigkeit nicht erkannt werden.

Der Bw. brachte in der Berufung vor, er sei im Streitjahr bei der Fa. SBS als Senior Consultant im Bereich Management Consulting angestellt gewesen. Als "Management Berater" habe er für externe Kunden Dienstleistungen beim Kunden erbracht. Diese Dienstleistung habe sowohl die Akquisition wie auch die Projektdurchführung im Bereich Organisationsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung umfasst. Ein maßgeblicher Teil der Leistung werde in der Erarbeitung von Ergebnissen in Workshops und Arbeitsmeetings beim Kunden erbracht, wobei in den meisten Fällen vom Kunden sogar Projektbüros für die Arbeit in dessen Büroräumlichkeiten bereitgestellt würden.

Die Tätigkeit sei überwiegend beim Kunden im Außendienst durchgeführt worden.

Das FA erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte darin aus, Voraussetzung für das Pauschale sei die Ausübung ausschließlicher Vertretertätigkeit. Von der Gesamtarbeitszeit müsse mehr als die Hälfte mit Außendiensttätigkeit verbracht werden, was aus der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers nicht erkennbar sei.

Im Vorlageantrag wurde Art und Umfang der erbrachten Leistungen näher dargestellt. Es handelt sich um 8 (Groß)kunden, die der Bw. betreute, d. h. Angebote legte und im Fall der Auftragserteilung das jeweilige Projekt betreute und durchführte. Das Auftragsvolumen bewegt sich zwischen € 15.000,-- und € 500.000,--. Es handelt sich um komplexe Leistungen, z. B. "Einführung eines Managementsystems" oder "Beratungsleistung im Zuge der Normenumstellung auf ... (Deltaanalyse, Prozessanalyse und Projektleitung)" etc. In allen 8 Fällen wurde ein Angebot gelegt, in 4 wurde der Auftrag erteilt.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 17 Abs. 6 EStG 1988 normiert: "Zur Ermittlung von Werbungskosten können vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden."

§ 1 Z 9 der VO BGBl Nr 32/1993 setzt für Vertreter folgendes Werbungskostenpauschale fest: "5 v. H. der Bemessungsgrundlage, höchstens 30.000 S jährlich. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Der Bw. beantragt das Vertreterpauschale. Nach dem Vorbringen des Bw. und der Arbeitsplatzbeschreibung des Arbeitgebers steht fest, dass der Bw. bei der Fa. SBS als Senior Consultant im Mangement Consulting tätig war. Die Fa. SBS ist laut veröffentlichter Firmendaten weltweiter Komplettanbieter für Lösungen und Dienstleistungen der Informations- und Kommunikationstechnologie. Eines der Einsatzgebiete ist im Management Consulting gegeben. Führungskräfte für den Konzern sollen dort generiert werden. Ganzheitliche Lösungen in komplexen Aufgabenstellungen sollen gefunden werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Kunden zu steigern.

Es handelt sich um eine Position im Management. U. a. ist ein Universitätsabschluss erforderlich. Der Bw. hat einen Universitätsabschluss an der TU Wien in Maschinenbau Betriebswissenschaften. Von 1999 bis 2000 war er "Assistant" der Geschäftsleitung und Projektleiter. Die Tätigkeit eines Senior Consultant ist also eine anspruchsvolle, gehobene Tätigkeit.

Der Bw. betreute im Streitjahr 8 externe Kunden in komplexen Aufgabenstellungen, legte Angebote und war als Berater vor Ort tätig. In den meisten Fällen wurden von den Kunden Projektbüros für die Arbeit zur Verfügung gestellt. Den größten Teil seiner Arbeitszeit verbrachte der Bw. mit Projektarbeit bei den Kunden, wobei es sich um sehr wenige Kunden handelte. Es wurde nämlich in 4 Fällen der Auftrag erteilt, sodass davon auszugehen ist, dass der Bw. bei diesen Projektarbeit durchführte. Diese Arbeitsleistung (Projektdurchführung, Kundenbetreuung) umfasste über 1000 Stunden. Die Projektdurchführung im Büro des Arbeitgebers (bzw. Homeoffice) umfasste ca. 455 Stunden. Demgegenüber umfasste die Akquisitionstätigkeit bei den 8 Kunden ca. 200 Stunden und im Büro (Homeoffice) ca. 150 Stunden.

Die Zeitangaben wurden vom Bw. erstellt. Weiters brachte er selbst auch explizit vor, seine Tätigkeit umfasse die Projektdurchführung im Bereich Organisationsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Bw. einen Großteil seiner "Außendiensttätigkeit" in den Büros seiner wenigen (4) Kunden zur Kundenbetreuung - Projektdurchführung in den Bereichen Organisationsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung - verbrachte. Die Akquisition und Auftragserlangung tritt dagegen zeitmäßig klar in den Hintergrund. Die Projektdurchführung umfasste insgesamt über 1400 Stunden, während die Akquisition (und Auftragserlangung) nur 350 Stunden umfasste.

Aus diesem Sachverhalt ergibt sich, dass dem Bw. das beantragte Werbungskostenpauschale nicht zuerkannt werden kann, da es sich um keine Vertretertätigkeit i. S. d. VO Nr. 32/1993 handelt.

Vorrangiges Ziel der Vertretertätigkeit ist die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen, d. h. Akquisition (Erlangung und Abschluss) von Aufträgen. Nach den Lohnsteuerrichtlinien des BMF 1999, Rz. 406 (Durchführungserlass, veröffentlicht AÖFV. Nr. 200/1998), zählt "Eine andere Außendiensttätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, ... nicht als Vertretertätigkeit. ...".

Ein Vertreter i. S. der zit. VO hat typischerweise einen großen potentiellen Kundenkreis. Er versucht, zahlreiche Geschäftsabschlüsse herbeizuführen. Dies bedingt zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche und Telefonate etc. Als Nebenprodukt ist auch die Kundenbetreuung zu nennen, denn die Zufriedenheit der Kunden führt möglicherweise zu Vertragsverlängerungen und weiteren Abschlüssen. Kundenbetreuung als Nebenprodukt ist unschädlich.

Diese Art der Vertretertätigkeit bedingt aber auch zahlreiche kleinere Aufwendungen wie Einladungen der potentiellen Kunden, Telefongespräche von unterwegs etc., die durch das Werbungskostenpauschale abgegolten werden sollen. Auch die Ausführungen in den Lohnsteuerrichtlinien aaO.: " Vertreter sind Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. ..." widersprechen dieser Auffassung keineswegs, ist der Satz doch nur im Zusammenhang mit obigem Satz zu verstehen, wonach eben die Auftragserlangung im Vordergrund stehen muss. Der UFS ist zwar an Erlässe des BMF nicht gebunden, legt die zitierten Ausführungen jedoch seiner Entscheidung zu Grunde, da sie logisch und nachvollziehbar sind und sowohl den Intentionen des Verordnungsgebers als auch den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen.

Eine gänzlich andere Art der Außendiensttätigkeit wie die soeben beschriebene führt der Bw. aus. Bei ihm steht die Projektdurchführung bei komplexen Lösungen im Vordergrund. Sie fällt nicht nur als Nebenprodukt an. Der Bw. hat nur wenige Kunden. Es handelt sich um Managementtätigkeit vor Ort und nicht um Vertretertätigkeit. Auch die Einrichtung eines Büros vor Ort ist nicht typisch für einen Vertreter i. S. d. VO. Der Bw. verbringt die meiste Zeit für Projektdurchführung in den erwähnten Bereichen. Die Akquisition ist bei ihm nur untergeordnet. Daher ist das vorrangige Ziel des Bw. nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen, sondern die Beratungstätigkeit i.Z.m. der Projektdurchführung. Der Bw. ist zwar überwiegend im Außendienst tätig, jedoch nicht als Vertreter.

Auch die mit der VO pauschal abzudeckenden typischen Werbungskosten eines Vertreters (s.o.) liegen beim Bw. nicht vor, sodass auch nach dem Sinn der VO das Werbungskostenpauschale nicht zusteht.

Wien,

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten - Angehörige bestimmter Berufsgruppen, BGBl. Nr. 32/1993
Schlagworte
Vertreterpauschale
Außendiensttätigkeit
Werbungskosten
Projektdurchführung
Verweise
LStR 1999, Rz 406

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at