Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.09.2003, RV/2624-W/02

Persönliche Wahlkampfkosten eines Landtagskandidaten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2624-W/02-RS1
Aufwendungen eines Landtagskandidaten für seinen persönlichen Wahlkampf sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Bewerber ernsthaft mit seiner Wahl rechnen konnte, auch wenn es letztlich nicht zum Erwerb eines Mandates kommt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch LBG, gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte.

In seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 machte er in der Rubrik "Werbungskosten, die Ihr Arbeitgeber nicht berücksichtigt konnte" "Spesen als AK-Funktionär bzw. polit. Funktionär (laut Beilagen)" in Höhe von S 59.556,-- geltend.

Diese Spesen setzen sich wie folgt zusammen:


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B
ATS 26.796,--
Bezirksblatt (Inserat)
ATS 17.035,20
Directmailing 25.10.
ATS 1.324,80
Directmailing 02.11.
ATS 206,--
Directmailing 08.11.
ATS 1.177,60
Directmailing 20.11.
ATS 322,--
Directmailing 13.12.
ATS 1.145,20
Libro 03.11.
ATS 249,50
P Fotos 21.11.
ATS 62,40
Postbedienstete 30.11.
ATS 477,--
Brotstadl (Sackerl an jeden Haushalt) 1.12.
ATS 2.000,--
div. Eintrittskarten
ATS 400,--
Jacke (mit SPÖ-Logo)
Schal (mit SPÖ-Logo) zusammen
ATS 387,--
Summe
ATS 51.683,--
Kilometergeld (lt. Beilage)
ATS 5.473,--
Diäten (lt. Beilage)
ATS 600,--
Telefon
ATS 1.800,--
59.556,--

Die Fahrtaufwendungen wurden in einer Beilage detailliert dargestellt.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. zur Einkommensteuer für das Jahr 2000 veranlagt. Hierbei wurden - abgesehen von Gewerbschaftstätigkeiten - keine den Werbungskostenpauschbetrag übersteigenden Werbungskosten anerkannt. Als Begründung führt das Finanzamt Oberwart aus: "Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen und müssen im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen. Ihre Aufwendungen konnten somit nicht anerkannt werden."

Einem Aktenvermerk auf Blatt 6 des Finanzamtsaktes lässt sich entnehmen, dass laut telefonischer Rücksprache mit dem Bw. es sich um Kosten für die Kandidatur zum burgenländischen Landtag, nicht aber um Werbungskosten aus der Tätigkeit bei der Arbeiterkammer gehandelt habe. Die Werbungskosten betrügen daher "0 S" wie telefonisch besprochen.

Mit Schreiben vom erhob der Bw. durch seine steuerliche Vertreterin gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 Berufung mit dem Antrag, die beantragten Werbungskosten zu gewähren. Im Einzelnen wurde ausgeführt:

"Der Klient hat Werbungskosten (Spesen laut vorgelegter Aufstellung) für die angestrebte Tätigkeit als politischer Funktionär (Landtagsabgeordneter) geltend gemacht.

Da er die ernste und feste Absicht hatte, über die Vorzugsstimmen diese Funktion zu erreichen und somit sich eine Einkunftsquelle schaffen wollte, steht unseres Erachtens eindeutig ein abzugsfähiger Werbungskostenaufwand zu. Ohne die ernste Schaffung einer Einkunftsquelle hätte der Klient weder die Kosten noch Strapazen auf sich genommen, die laut vorgelegter Belege aus diesem Bestreben eindeutig erwachsen sind.

Wir verweisen dabei auch auf die Einkommensteuerrichtlinien (4037), Lohnsteuerrichtlinien (232) bzw. das Erkenntnis des bzw. ."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Oberwart die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 als unbegründet ab. "Da die Aufwendungen für die Kandidatur zum Landtag (= Absichtserklärung des Steuerpflichtigen) in keinem klar erkennbaren Zusammenhang zum Dienstverhältnis stehen," sei die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wie sich dem Finanzamtsakt auf Blatt 13 entnehmen lässt, beruft sich das Finanzamt auf Rz. 232 der LStR 1999, wonach eine bloße Absichtserklärung für vergebliche Werbungskosten nicht ausreiche.

Mit Schreiben vom beantragte der Bw. durch seine steuerliche Vertreterin die Entscheidung über die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 durch die Abgabenbehörde II. Instanz treffen zu lassen.

Gemäß Rz. 232 der Lohnsteuerrichtlinien stehe es dem Abzug von Werbungskosten nicht entgegen, wenn es letztendlich nicht zum Zufluss von Einnahmen gekommen sei. Voraussetzung sei lediglich, dass die vergeblichen Ausgaben bzw. Aufwendungen in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis bzw. der Erzielung von Einnahmen stünden. Die ernsthafte Absicht zur Einkünfteerzielung müsste klar erwiesen sein.

In Rz. 223, 224 werde allgemein normiert, dass Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben seien, die beruflich veranlasst sind, wobei eine berufliche Veranlassung gegeben ist, wenn die Aufwendungen oder Ausgaben objektiv im Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit stehen und subjektiv zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen geleistet werden oder den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen und nicht unter das Abzugsverbot des § 20 EStG fallen.

Wie bekannt, habe sich der Klient für die Kandidatur zum Landtag entschieden, wobei von vornherein klar vorgegeben bzw. die Erlangung des Landtagsmandates insofern festgestanden sei, "wenn es ihm gelingen würde aufgrund seiner Namensliste eine bestimmte Anzahl von Stimmen zu erreichen."

Der Bw. habe alles getan, um die Möglichkeit (die Erzielung von zukünftigen Einkünften) zu realisieren und habe entsprechende Ausgaben, die belegmäßig nachgewiesen worden sein, getätigt.

In seinem Erkenntnis vom , 92/15/0016 habe der VwGH eindeutig erklärt, dass die Voraussetzung einer Berücksichtigung von Werbungskosten dann gegeben sei, wenn die ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung als klar erwiesen angesehen werden könne. Auch Quantschnigg/Schuch seien der Ansicht, dass es kein Wesensmerkmal der Werbungskosten sein könne, dass den betreffenden Aufwendungen ein Gegenwert gegenüberstehe, sondern, dass die Aufwendungen in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit einer Einkunftsart stünden. "Sie müssen der Aufnahme oder der Fortsetzung einer Tätigkeit dienen. Auch Aufwendungen für eine erfolgslose Arbeitsplatzvermittlung sind beispielsweise anzuerkennen."

Der VwGH habe am , 2846/78, eindeutig festgestellt, dass Vorbereitungshandlungen Betriebsausgaben seien, auch wenn es in der Folge zu keiner gewerblichen Tätigkeit komme. Diese Aufwendungen des Vorbereitungszeitraumes wären nur dann steuerlich nicht zu beachten, wenn erkennbar sei, dass die Ziele des Steuerpflichtigen gar nicht auf die Eröffnung eines Gewerbebetriebes als Einkunftsquelle gerichtet gewesen seien.

"Es widerspräche uE jeglicher wirtschaftlicher bzw. finanzieller Logik, wenn ein Pflichtiger Ausgaben in dieser Größenordnung auf sich nehmen würde, wenn keine ernste Absicht auf die Erlangung der betreffenden Einkunftsquelle gegeben wäre".

Im Erkenntnis vom , 3371/79, habe der VwGH ausdrücklich ausgesprochen, dass ein Pflichtiger, der erkennbare Handlungen setze, um gewerblich tätig zu werden, die im Zuge dieser Handlungen getätigten Aufwendungen geltend machen könne, auch wenn sie sich als verloren herausstellen, weil die ins Auge gefasste Tätigkeit nicht zustande gekommen sei.

Einem Vermerk des Finanzamtes auf dem Vorlageantrag lässt sich folgende Anmerkung entnehmen: "Keine Namensliste, sondern Parteiliste SPÖ, an nicht wählbarer Stelle!"

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Oberwart die Berufung der damals als Abgabenbehörde II. Instanz zuständig gewesenen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vor.

Gemäß § 323 Abs. 10 BAO ist für die Entscheidung noch offene Berufung des Bw. seit der Unabhängige Finanzsenat zuständig.

Aus der Internet-Homepage des Amtes der Burgenländischen Landesregierung (www.wahlen.bgld.gv.at/landtag) sowie der Internet-Homepage der Bezirksparteiorganisation X der Sozialdemokratischen Partei Burgenland (www.X.spoe.at) wird festgestellt:

Der Bw. schien im Landeswahlvorschlag der SPÖ an vorderer Stelle sowie im Kreiswahlvorschlag für den Wahlkreis Y (politischer Bezirk X) der SPÖ an zweiter Stelle auf.

Die SPÖ erreichte bei der Landtagswahl 2000 46,55% der Stimmen, was gegenüber der Landtagswahl 1996 einem Zuwachs von 2,1 Prozentpunkten entspricht. Insgesamt wurden an die SPÖ - wie bei der Wahl 1996 - 17 Mandate vergeben.

Im Wahlkreis Y (X) erreichte die SPÖ bei der Landtagswahl 2000 ein Mandat; die ÖVP das zweite in diesem Wahlkreis zu vergebende Mandat. Gegenüber der Landtagswahl 1996 gewann - Mandatsverteilung damals ebenfalls jeweils 1 Mandat SPÖ, 1 Mandat ÖVP - die SPÖ ca. 5% hinzu; die ÖVP verlor ca. 1%.

Gemäß § 32 Abs. 2 der Burgenländischen Landtagswahlordnung 1995, BGBl. Nr. 4/1996 kann jeder wahlberechtigte Wahlwerber jener Partei, die er wählt, bis zu 3 Vorzugsstimmen geben.

Die Zahl der Wahlpunkte ist durch Zusammenzählen der Listenpunkte und der Vorzugspunkte zu ermitteln. Hiebei erhält der auf dem Stimmzettel an erster Stelle angeführte Wahlwerber je Stimmzettel doppelte so viele Listenpunkte wie Mandate im betreffenden Wahlkreis zu vergeben sind. Der auf den Stimmzettel an zweiter Stelle angeführte Wahlwerber erhält einen Punkt weniger, der an dritter Stelle angeführte erhält zwei Punkte weniger und so fort. Für jede Vorzugsstimme erhält der Wahlwerber 20 Vorzugspunkte (§ 65 Abs. 6 Burgenländische Landtagswahlordnung 1995).

Gemäß § 77 Abs. 1 Burgenländische Landtagswahlordnung 1995 ist die um eins verringernde Anzahl der Mandate, die auf eine gewählte Partei entfallen, den Wahlwerbern dieser Partei in der Reihenfolge der von ihnen erreichten Wahlpunktezahlen zuzuweisen. Zu diesem Zweck ermittelt die Kreiswahlbehörde aufgrund der Feststellungen der Gemeinde- und Sprengelwahlbehörden (§ 65 Abs. 6) und der Stimmzettel aus den ihr gemäß § 72 Abs. 3 übermittelten Wahlkuverts die Gesamtsumme der Vorzugsstimmen und Wahlpunkte die auf jeden der auf dem Stimmzettel angeführten Wahlwerber entfallen sind. Das Ergebnis dieser Ermittlung ist einem Vorzugsstimmenprotokoll festzuhalten.

Das restliche der Partei zufallende Mandat ist das Vorzugsstimmenmandat. Es erhält der Wahlwerber, der noch kein Mandat nach Abs. 1 zugewiesen wurde und dessen Vorzugsstimmenzahl erstens größer ist als die der anderen Bewerber seiner Partei, deren kein Mandat nach Abs. 1 zugewiesen wurde und mindestens so groß ist wie 15 v.H. der für seine Partei im Wahlkreis abgegebenen gültigen Stimmen. Ansonsten ist das restliche Mandat dem Wahlwerber mit der jeweiligen Partei mit der größten Wahlpunktezahl zuzuweisen, dem noch kein Mandat nach § 77 Abs. 1 zugewiesen wurde.

Bei der burgenländischen Landtagswahl 2000 entfielen auf den zweitgereihten Bw. 2.400 Vorzugsstimmen; auf die Erstgereihte im Wahlkreis 6 6.133 Stimmen, auf den Drittgereihten 3.364 Stimmen. Die Erstgereihte ist Vorsitzende der SPÖ Bezirksorganisation X, der Drittgereihte ihr Stellvertreter. Der zweitgereihte Bw. ist Bildungsreferent der SPÖ X.

Der Bw. wurde somit nicht in den burgenländischen Landtag als Mitglied gewählt.

Am wurde am Finanzamt Oberwart mit den Parteien des zweitinstanzlichen Verfahrens die Sach- und Rechtslage erörtert (§ 279 Abs. 3 BAO).

Hierbei führte der Bw. ergänzend aus, dass die SPÖ im Wahlkreis Y (X) bei der Wahl 1996 insgesamt zwei Mandate, und zwar eines über die Landeswahlliste und eines über die Regionalwahlkreisliste erzielt hat.

Für die Landtagswahl 2000 sei daher ebenfalls zu erwarten gewesen, dass an Kandidaten der SPÖ aus X zwei Mandate gehen würden.

In der Bezirksorganisation X seien Vorwahlen durchgeführt worden, wobei die Vorsitzende der Bezirksorganisation 33 Stimmen, der Bw. 29 Stimmen und der dann auf dem Stimmzettel drittgereihte stellvertretende Vorsitzende 23 Stimmen erhalten habe.

Der Bw. sei daher auf der Liste der Zweitgereihte gewesen und habe sich realistische Chancen, bei entsprechendem Wahlkampfengagement auch in den Landtag einziehen zu können, erwarten dürfen. Wäre die Landtagswahl wie die Vorwahl ausgegangen, hätte der Bw. das zweite der SPÖ zustehende Mandat errungen.

Bei der Landtagswahl sei der Bw. dann allerdings vom Drittgereihten bei der Vorzugsstimmenanzahl überholt worden, sodass er nicht zum Zug gekommen sei.

Die Vorsitzende der SPÖ X und Erstgereihte sei in weitere Folge Landesrätin geworden und aus dem Landtag ausgeschieden, nachgerückt sei auf Grund der Gesamtstimmenverhältnisse allerdings ein Kandidat aus Mattersburg.

Auch die Verteilung des Mandates der Landesliste basiere auf den Vorzugsstimmen im Bezirk.

Auf Grund der sich nunmehr darstellen Sachlage vertrat auch das Finanzamt die Auffassung, dass seitens des Bw. ernsthaft ein politisches Amt mit entsprechenden Erfolgsaussichten angestrebt wurde und dem Grunde nach Werbungskosten gegeben seien.

Zu den Aufwendungen im Einzelnen erläuterte der Bw. das es sich bei B um eine Layoutfirma gehandelt habe, die für ihn zahlreiche Unterlagen entworfen habe. Bei Libro habe er Kuverts und Kopierpapier bezogen.

Das Finanzamt äußerte auch gegen die Aufwendungen der Höhe nach keine Einwände.

Über Vorhalt des Referenten räumte der Bw. ein, dass es sich bei Schal und Jacke um allgemeine Wahlkampfartikel der SPÖ-Burgenland ohne konkreten Hinweis auf seine Kandidatur gehandelt habe.

Gegen die Ansicht des Referenten, der Erwerb von Jacke und Schal seien Aufwendungen, die auch zahlreiche ehrenamtliche Funktionäre treffen, und daher aus den Werbungskosten auszuscheiden wären, wurde kein Einwand erhoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bw., der bislang über keine Einkünfte aus einer politischen Funktion verfügt, wurde bei parteiinternen Vorwahlen der SPÖ Bezirksorganisation X an die zweite Stelle der Liste für die Landtagswahl 2000 gereiht.

Die SPÖ erreichte im Wahlkreis Y bei der Landtagswahl 1996 insgesamt zwei Mandate, eines auf der Landes-, eines auf der Regionalliste.

Hätte der Bw. bei der Landtagswahl wie bei der parteiinternen Vorwahl ebenfalls die zweitmeisten Stimmen der SPÖ-Wähler im Wahlkreis Y erhalten, wäre er zum Abgeordneten zum burgenländischen Landtag gewählt worden und hätte aus dieser politischen Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt.

Der Bw. führte im Rahmen der Wahlbewegung auch einen persönlichen Vorzugsstimmenwahlkampf. Hierfür sind ihm die in der Beilage zur Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 - siehe oben - dargestellten Aufwendungen erwachsen. Die ebenfalls für den Wahlkampf erworbenen Kleidungsstücke mit SPÖ-Logo (Jacke, Schal) wurden auch von ehrenamtlichen Funktionären und sonstigen wahlkämpfenden Mitgliedern erworben.

Da der Listendrittgereihte mehr Vorzugsstimmen bei der Landtagswahl als der Bw. erhielt, zog dieser und nicht der Bw. in den Landtag ein. Auch das durch den Wechsel der Listenführerin in die burgenländische Landesregierung freigewordene Mandat erhielt nicht der Bw., sondern ein anderer Kandidat eines anderen Bezirkes mit einem höheren Vorzugsstimmenanteil als der Bw.

Der Unabhängige Finanzsenat gelangt zu diesen Feststellungen auf Grund der Aktenlage, von ihm durchgeführter Erhebungen sowie der Ausführungen des Bw. bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage am .

Diese getroffenen Feststellungen sind nach dem Ergebnissen des "Erörterungstermines" auch zwischen den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens unstrittig.

Rechtlich folgt hieraus:

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seinem Erkenntnis vom , 93/15/0113, unter anderem ausgeführt: "Aufwendungen, die mit den Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang stehen, sind keine Werbungskosten (siehe Werner/Schuch, Kommentar zur Lohnsteuer, EStG 1988, Rz. 40 zu § 16 mit Rechtsprechungshinweis). Die eben genannten Autoren verlangen bei nichtselbständiger Arbeit überdies, dass die Kosten mit einem bereits ausgeübten Beruf in Zusammenhang stehen (a.a.O. Rz. 46 zu § 16). Dem ist jedenfalls für Fälle, in denen die Ausübung des künftigen Berufes - weil von dem künftigen Wahlakt abhängig - noch ungewiss ist, beizupflichten".

Eine nähere Begründung für diese Auffassung wird vom VwGH - der in diesem Fall in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGH gebildeten Senat entschieden hat - nicht gegeben. Der Beschwerdepunkt, zu welchem der Gerichtshof diese Ausführungen getätigt hat, betraf Schreibarbeiten der Ehegattin in Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Funktionär des ÖAAB und der ÖVP.

Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988), II B Kommentar Tz. 5 zu § 20 EStG 1988, "Wahlkampfkosten, Wahlspenden" schreiben.

"Persönlich getragene Wahlkampfkosten eines Bewerbers um ein Amt in gesetzgebenden Körperschaften oder im Europaparlament sind nicht abzugsfähig. Dies gilt gleichermaßen für den erfolglosen Bewerber, der später steuerpflichtige Einkünfte als Abgeordneter bezieht, wie für den erfolgslosen Bewerber (BFH , BStBl. 1988, II 433 und 435)."

Die Autoren lassen allerdings unerwähnt, dass in § 22 Nr. 4 Satz 3 dEStG ausdrücklich normiert ist, dass Wahlkampfkosten "zur Erlangung eines Mandats im Bundestag, im europäischen Parlament oder im Parlament eines Landes nicht als Werbungskosten abgezogen werden dürfen", und eine vergleichbare gesetzliche Bestimmung in Österreich fehlt. So sind nach deutscher Lehre und Rechtsprechung Aufwendungen für die Wahl in ein kommunales Spitzenamt, das mit steuerpflichtigen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit verbunden ist, als Werbungskosten abzugsfähig (siehe Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Auflage, § 9 Anm. 750 "Wahlkampfkosten"; Jansen, ebendort § 22 Anm. 302).

Neuber, Werbungskosten politischer Funktionäre, ÖStZ 1993, 339 (344 f) hat zu der österreichischen Rechtslage zu "vorbereitenden Werbungskosten", die anfallen, noch ehe Bezüge aus der angestrebten politischen Funktion zufließen, ausgeführt, dass diese Aufwendungen steuerlich anzuerkennen sind, wenn die ernsthafte Absicht zur Erzielung von Einkünften klar erwiesen ist. Nach Neuber sei dies in "Wahlkampfzeiten" dann der Fall, wenn der Betreffende auf der Liste der wahlwerbenden Partei an einer Stelle eingereiht wird, bei der mit Erringung eines Mandates zu rechnen ist. "Dazu zählen gerade sogenannte Kampfmandate, die oft nur noch mit hohem persönlichen Einsatz (idR verbunden mit Werbungskosten) erringbar sind." Neuber schränkt allerdings ein, dass dann, wenn die Kampfmandatare keinen Erfolg haben, "infolge ausbleibender Einkünfte wohl Voluptuarüberlegungen Platz greifen müssen."

Eine ausführliche Darstellung der deutschen Lehre und Rechtsprechung enthält Stübe, Die einkommenssteuerliche Behandlung von Wahlkampfkosten anlässlich der Kandidatur für ein politisches Amt, Finanz-Rundschau 1994, 385. Dessen Ausführungen sind - abgesehen von der in Österreich fehlenden Normierung eines gesetzlichen Abzugsverbotes für bestimmte Wahlkampfkosten - grundsätzlich auch auf die österreichische Rechtslage übertragbar.

Stübe schreibt unter anderem:

"Nach früherer Ansicht des BFH wurde ein politisches Amt im allgemeinen aus persönlichen bzw. und staatsbürgerlichen Gründen abgestrebt; es spiegle eine Teilnahme am öffentlichen Leben wider. Eine geschäftliche und eine berufliche Tätigkeit liege nicht vor. Demzufolge ordnete man alle mit der Wahl zusammenhängenden Vorgänge einkommensteuerrechtlich grundsätzlich dem Bereich der (privaten) Lebenshaltung zu... Eine solche pauschalierte Betrachtung der Wahlkampfaufwendungen ist jedoch nicht sachgerecht, vielmehr eine Differenzierung zwischen haupt- und ehrenamtlicher Tätigkeit innerhalb der Wahlkampfkosten erforderlich. Eine steuerlich irrelevante Liebhaberei ist nur dann gegeben, wenn die Tätigkeit auf eine größere Zahl von Jahren gesehen nicht der Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse dient und die Absicht fehlt, auf Dauer gesehen nachhaltige Überschüsse zu erzielen.... Aus Gründen der Gleichbehandlung muss (auch) ein Steuerpflichtiger, der hauptberufliches Amt nur durch eine Wahl erreichen kann, die Aufwendungen für die Erlangung seines Amtes steuerlich geltend machen können.... Handelt es sich bei dem mit der Wahl angestrebten Amt um eine hauptberufliche Tätigkeit, so erzielt der Amtsträger steuerpflichtige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit... Die Aufwendungen anlässlich der Wahl sind deshalb durch eine steuerbare Tätigkeit veranlasst, eine steuerliche Berücksichtigung daher möglich. Ob der Bewerber tatsächlich gewählt wird und Einnahmen erzielt, ist unerheblich; auch erfolglose Wahlkampfkosten sind absetzbar (vorweg entstandene, vergebliche Betriebsausgaben/Werbungskosten). Die Wahl und die spätere Tätigkeit in dem gewählten Amt müssen ernsthaft angestrebt werden. Ein Wahlerfolg darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein und der Bewerber nicht in Wirklichkeit andere Zwecke verfolgen.... Zu den Wahlkampfkosten zählen alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Kandidatur stehen... Erstattet der Steuerpflichtige seiner Partei die für seinen persönlichen Wahlkampf entstandenen Kosten, so liegt eine berufliche Veranlassung vor und ein Werbungskostenabzug ist zulässig. Beruht die Zahlung des Steuerpflichtigen jedoch auf einem allgemeinen für alle Parteimitglieder bildenden Umlagebeschluss des Landesverbandes bzw. Kreisverbandes, so stellen die Zahlung (erhöhte) Mitgliedsbeiträge und keine Werbungskosten dar..."

Der Unabhängige Finanzsenat vermag die in dem Erkenntnis des , zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung nicht zu teilen, dass in Fällen, in denen die Ausübung des künftigen Berufes nur deshalb, weil von dem künftigen Wahlakt abhängig, noch ungewiss ist, keine vorbereitenden Werbungskosten anfallen könnten. Auch beispielsweise der Erfolg von Vorstellungsgesprächen von Bewerbern um einen Arbeitsplatz - Aufwendungen hierfür sind unstrittigerweise abzugsfähig - hängt letztlich vom Auswahlakt des zur Entscheidung über die Besetzung des Arbeitsplatzes berufenen Organes ab. Hier ist es ebenso wie bei einem Wahlakt keineswegs gewiss oder auch nur wahrscheinlich, dass der Bewerber die Stelle erhalten wird.

Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich hingegen der Auffassung des Bundesfinanzhofes in seinem Urteil vom , IV R 198/71, BStBl. II 1974, 407 an, wonach entscheidend für die Beurteilung des Werbungskostenabzuges ist, dass es nicht angehe, einen Abgabepflichtigen, der ein politisches Amt, das hauptberuflich ausgeübt wird und nur durch eine Wahl erreicht werden könne, anders zu behandeln, als einen Abgabepflichtigen, dessen (andere) Aufwendungen für die Erlangung eines Arbeitsplatzes als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Die politische Bedeutung, wie das vom Abgabenpflichtigen angestrebte Amt durch die nach demokratischen Grundsätzen durchgeführte Wahl hat, dürfe einer Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern nicht abträglich sein.

Diese Rechtsprechung wird vom BFH auch fortgesetzt (z.B. BFH , IV R 15/95, BStBl. II 1996, 431).

Im gegenständlichen Fall würde die vom Bw. angestrebte Tätigkeit im Falle seiner Wahl zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen. Es handelt sich hiebei um eine (haupt)berufliche Tätigkeit und nicht um die Ausübung eines mit steuerpflichtigen Einkünften nicht in Zusammenhang stehenden Ehrenamtes.

Grundsätzlich können die vom Bw. geltend gemachten Aufwendungen durch eine steuerbare Tätigkeit veranlasst sein; ob der Bw. tatsächlich gewählt wird und Einnahmen erzielt, ist unerheblich, auch erfolglose Wahlkampfkosten sind absetzbar (siehe Stübe, a.a.O., 368, m.w.N.).

Da diese Einnahmen vor Einnahmenerzielung anfallen, ist die Rechtsfrage nach Anerkennung der Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten von der Liebhabereifrage (Voluptuarfrage) zu unterscheiden (vgl. Wiesner/Atzmüller/Graber/Leitner/Wanke, EStG 1988, LiebhabereiV 1993, Anm 3 a.E.).

Wird ernsthaft die Eröffnung eines Betriebes oder die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit angestrebt, können bereits vor Eröffnung bzw. Aufnahme anfallende Aufwendungen Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten vorliegen, wobei die zielstrebige Vorbereitung erkennbar sein muss (vgl. Wiesner/Atzmüller/Graber/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 4 Anm 57). Dass die angestrebte Tätigkeit als Landtagsabgeordneter auch bei Erreichen dieses Ziels zu einem Werbungskostenüberschuss geführt hätte und daher eine Liebhabereiprüfung vorzunehmen gewesen wäre (vgl. Wiesner/Atzmüller/Graber/Leitner/Wanke, a. a. O.), ist angesichts der amtsbekannten Höhe der Einnahmen eines Landtagsabgeordneten äußerst unwahrscheinlich.

Auf Grund der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen steht fest, dass der Bw. ernsthaft damit rechnen konnte, in den burgenländischen Landtag gewählt zu werden. Dass es letztlich nicht dazu gekommen ist, lag an der vom Vorwahlergebnis abweichenden Entscheidung der Wähler.

Die dem Bw. in Zusammenhang mit seinem Wahlkampf erwachsenen Aufwendungen sind daher als vorweggenommene - vergebliche - Werbungskosten abzugsfähig.

Nur jene geltend gemachten Aufwendungen sind unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG 1988 zu subsumieren, die auch von anderen Wahlkämpfern der SPÖ zu tragen waren. Dies betrifft SPÖ-Jacke und SPÖ-Schal. Ebenso wie etwa der allgemeine Mitgliedsbeitrag zu einer Partei auch für einen Politiker nicht abzugsfähig ist, obwohl die Entrichtung des Mitgliedsbeitrages in der Regel mit eine Grundvoraussetzung zur Aufstellung bei einer Wahl durch diese Partei sein wird, weil diese Aufwendungen ihre Wurzel in der Mitgliedschaft haben, so gilt dies auch für Bekleidungsstücke mit Parteilogo, die nicht nur von den Kandidaten, sondern auch von einer Vielzahl an Wahlhelfern - häufig aus eigener Tasche finanziert - erworben werden.

Es sind daher dem Bw. Werbungskosten im Umfang von 59.169 S (Gesamtkosten 59.556 S abzüglich 387 S für Jacke und Schal) erwachsen, die steuerlich zu berücksichtigen sind.

Der Berufung war daher teilweise Folge zu geben.

Beilage: 2 BerechnungsblätterWien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wahlkampfkosten
Kandidatur
Wahlkampf
Landtag
vorweggenommene Werbungskosten
Verweise
Anmerkung
In diesem Sinne Stübe, Die einkommenssteuerliche Behandlung von Wahlkampfkosten anlässlich der Kandidatur für ein politisches Amt, Finanz-Rundschau 1994, 385 (m. w. N.) und Neuber, Werbungskosten politischer Funktionäre, ÖStZ 1993, 339. Anderer Ansicht , und Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer (EStG 1988), II B Kommentar Tz. 5 zu § 20 EStG 1988, "Wahlkampfkosten, Wahlspenden".

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at