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Berufungsentscheidung - Strafsachen (Senat), UFSF vom 30.06.2003, FSRV/0010-F/03

Keine Straffreiheit der Selbstanzeige bei vorheriger Verfolgungshandlung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0010-F/03-RS1
Im Falle einer Vorladung eines bisher seine diesbezüglichen Einkünfte dem Fiskus verheimlicht habenden Insolvenzspezialisten vor eine Finanzstrafbehörde, welche den Abgabepflichtigen einer pflichtwidrigen Abgabenverkürzung hinsichtlich eines bestimmten Zeitraumes verdächtigt, entfaltet eine nachträgliche Selbstanzeige insofern infolge der bereits gegebenen Verfolgungshandlung iSd § 14 Abs.3 FinStrG keine strafaufhebende Wirkung (§ 29 Abs.3 lit.a FinStrG).

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer Finanzstrafsenat Feldkirch 1 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat unter dem Vorsitz des HR Dr. Richard Tannert, im Beisein von HR Dr. Gerald Daniaux, Dr. Herbert Lenz und Dr. Alfons Ender als weitere Mitglieder sowie Veronika Pfefferkorn als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen F, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel, Dr. Rainer Welte, Mag. Clemens Achammer und Dr. Thomas Kaufmann, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Berufung des Beschuldigten gegen das Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Feldkirch als Organ des Finanzamtes Bregenz als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom , StrNr XXX nach der in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers Mag. Martin Mennel und des Amtsbeauftragten Dr. Walter Blenk am durchgeführten Berufungsverhandlung

zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Feldkirch als Organ des Finanzamtes Bregenz als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom , SNr XXX, wurde F für schuldig erkannt, als Abgabepflichtiger im Amtsbereich des Finanzamtes Bregenz in den Jahren 2001 und 2002 vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (ergänze: gemäß §§ 119 f BAO [Bundesabgabenordnung]), nämlich durch Nichterklären von Einkünften aus rechtsanwaltsähnlicher Tätigkeit sowie aus unselbständiger Tätigkeit für die Veranlagungsjahre 2000 und 2001, eine Verkürzung an Einkommensteuer in Höhe von insgesamt S 383.007,-- (umgerechnet € 27.834,20), nämlich betreffend 2000 an S 177.594,-- (umgerechnet € 12.901,17) und betreffend 2001 an S 205.483,-- (umgerechnet € 14.933,03) bewirkt zu haben, wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und hiemit das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Gemäß §§ 33 Abs. 5, 38 Abs. 1 und 2, sowie 21 Abs. 1 und 2 FinStrG wurde über ihn aus diesem Grunde eine Geldstrafe in Höhe von € 11.000,-- und gemäß § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen verhängt.

Die von F zu tragenden Verfahrenskosten wurden gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG mit 363,-- € bestimmt.

Dabei ging der Spruchsenat von folgendem Sachverhalt aus:

Auf Grund einer Mitteilung des deutschen Finanzamtes in Balingen (Finanzstrafakt Bl. 2ff) war dem Finanzamt Bregenz als Finanzstrafbehörde I. Instanz bekannt geworden, dass F für die Jahre 2000 und 2001 erhebliche Einkünfte im Zuge der Abwicklung des Insolvenzverfahrens betreffend die Firma M in A, Deutschland, lukriert hatte, worüber er auch Rechnungen gelegt hatte (Finanzstrafakt Bl. 3-14). Gemäß diesen Rechnungen sollten die Honorare auf sein Konto bei der Deutschen Bank in Konstanz, Konto-Nr. X, BLZ 69070032, überwiesen werden. Bei dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt Bregenz war der (ergänze: laut den Ermittlungen [Finanzstrafakt Bl. 19] in L wohnhafte) Beschuldigte jedoch steuerlich nicht registriert. Auch waren keine inländischen sozialversicherungsrechtlichen Verhältnisse zu eruieren.

Mit Schreiben vom wurde daher F durch die Strafsachenstelle des Finanzamtes Bregenz ein Vorhalt mit folgendem Wortlaut (Finanzstrafakt Bl. 20) übermittelt:

"Betrifft: Prüfung von Verdachtsgründen (§ 82 FinStrG)Sachverhalt: Nach den beim Finanzamt aufliegenden Unterlagen haben Sie für die Firma M in A, Deutschland, für den Zeitraum 2000 bzw. 2001 Dienstleistungen getätigt.Es besteht daher der Verdacht, dass Sie Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug unterliegen, der Abgabenbehörde nicht erklärt und dadurch unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungspflicht Abgaben in noch festzustellender Höhe verkürzt haben.Sie werden daher ersucht, am , 9.00 Uhrbeim Finanzamt Bregenz, Finanzstrafbehörde I. Instanz, 2. Stock, Zimmer-Nr. 211, persönlich vorzusprechen.Dieses Schreiben gilt als Verfolgungshandlung im Sinn des § 14 Abs. 3 FinStrG."

In der Folge langte bei der Strafsachenstelle des Finanzamtes Bregenz die Vollmachtsbekanntgabe der im gegenständlichen Finanzstraffall ausgewiesenen Verteidiger ein (Finanzstrafakt Bl. 21f).

Am wurde durch einen Vertreter dieser Kanzlei Akteneinsicht genommen und ihm dabei Kopien des Akteninhaltes überlassen.

Am fand in Abwesenheit des Beschuldigten eine Vorsprache eines Wirtschaftstreuhänders und eines Verteidigers bei der Finanzstrafbehörde statt (Aktenvermerk, Finanzstrafakt, Bl. 23), wobei der strafrelevante Sachverhalt offengelegt und eine Auflistung der Umsätze des Beschuldigten in den Jahren 1999 bis 2001 vorgelegt wurde (Finanzstrafakt, Bl. 24 bis 33).

Diese Auflistung ergab für die Jahre 1999 bis 2001 von F erzielte Umsätze und Fahrtkostenersätze von insgesamt DM 273.747,23, welche in Österreich zwar nicht umsatzsteuerbar, jedoch einkommensteuerpflichtig waren. Gleichzeitig wurden auch Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit im Rahmen einer Rechtsanwaltskanzlei in Deutschland einbekannt.

Vereinbarungsgemäß wurden am beim Finanzamt Bregenz vom Beschuldigten Einkommensteuererklärungen betreffend die Veranlagungsjahre 1999 bis 2001 eingereicht, die erklärungsgemäß zur Veranlagung kamen (siehe den diesbezüglichen Veranlagungsakt zu St.Nr. 015/5206). Die Abgabenbescheide erwuchsen in Rechtskraft, die geschuldeten Abgabenbeträge wurden zum Fälligkeitstag entrichtet (siehe die diesbezügliche Buchungsabfrage vom ).

Nach Ansicht des Erstsenates hat die Abgabenbehörde keine Kenntnis vom der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt. Der Beschuldigte habe willentlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen (ergänze: Anzeige-), Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dadurch, dass er die spruchgegenständlichen Tätigkeiten dem Finanzamt Bregenz nicht gemeldet hat, die genannte Abgabenverkürzung bewirkt. Dabei sei es F geradezu darauf angekommen, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

In seiner Beweiswürdigung verwies der Spruchsenat hinsichtlich der subjektiven Tatseite insbesondere auf den Umstand, dass der Beschuldigte, der in Ausbildung zum Rechtsanwalt stand, über drei Jahre hinweg Einkünfte in erheblicher Höhe, welche er auf selbständiger Basis lukrierte, sowohl gegenüber der deutschen Finanzbehörde (wo er zu Unrecht eine Antragsveranlagung für die unselbständigen Einkünfte beim Finanzamt München Zentral begehrte, die aber infolge des Ehegattensplittings keine Abgabennachforderung nach sich gezogen hat) als auch gegenüber dem zuständigen Finanzamt Bregenz verschwiegen habe. Der Beschuldigte sei nunmehr vollumfänglich geständig, und habe im Zuge der finanzstrafrechtlichen Vorerhebungen seine Einkünfte sofort, umfassend und vorbehaltlos offengelegt.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstsenat aus, dass F betreffend die Verkürzung der Einkommensteuer für die Jahre 2000 und 2001 eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe. Da es ihm darauf angekommen sei, sich mit der wiederholten Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, habe er überdies gewerbsmäßig im Sinne des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG gehandelt.

Zur Rechtsfrage, ob nicht etwa Offenlegungen des strafrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Finanzamt Bregenz als strafbefreiende Selbstanzeige zu qualifizieren wären, verwies der Erstsenat auf die Bestimmung des § 29 Abs. 3 lit. a FinStrG, wonach einer Selbstanzeige eine strafbefreiende Wirkung nicht zukommt, wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen gemäß § 14 Abs. 3 leg. cit wie im gegenständlichen Fall der Vorhalt der Strafsachenstelle des Finanzamtes vom gegen den Anzeiger gesetzt worden sind. Überdies sei betreffend 2000 und 2001 die Finanzstraftat des Beschuldigten teilweise entdeckt gewesen, was ihm durch dieses Schreiben und in der Folge auch durch die Akteneinsicht am auch bekannt geworden sei, weshalb der Selbstanzeige auch auf Grund der Bestimmung des § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG keine strafbefreiende Wirkung zukommen könne.

Bei der Strafbemessung bewertete der Spruchsenat als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis, die Schadensgutmachung und auch die tatkräftige Mithilfe bei der Feststellung des tatsächlichen Ausmaßes der Verkürzung, als erschwerend keinen Umstand, weshalb eine Geldstrafe in Höhe von € 11.000,--, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Wochen tat- und schuldangemessen sei.

Die Kostenentscheidung des Erstsenates stützt auf die bezogene Gesetzesstelle, wonach ein pauschaler Kostenbeitrag von 10% der verhängten Geldstrafe, höchstens jedoch ein Betrag von € 363,-- vorzuschreiben ist.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Beschuldigten vom , mit welcher der gegenständliche Schuldspruch aus Rechtsgründen angefochten wird und eine Verfahrenseinstellung, in eventu eine Herabsetzung der ausgesprochenen Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe beantragt wird. Insbesondere habe (ergänze: zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärungen) keine Tatentdeckung bestanden. Die Mitteilung des Finanzamtes Balingen habe konkrete Tätigkeiten des Beschuldigten in bezug auf die Firma M in Insolvenz betroffen, wobei in diesem Umfange auch konkrete Rechnungen dem Finanzamt Bregenz vorgelegt worden wären. Hinsichtlich dieser Rechnungen mag ein Verdacht der Abgabenverkürzung bestanden haben, hinsichtlich weiterer Einkünfte des Beschuldigten habe nicht einmal ein Anhaltspunkt bestanden. Wenn das Schreiben des Finanzamtes Bregenz vom als Verfolgungshandlung zu qualifizieren wäre, so jedenfalls nur hinsichtlich des von diesem Scheiben umfaßten Sachverhaltes, welcher konkret abgegrenzt gewesen wäre, sodass der Beschuldigte hinsichtlich der darüber hinaus gehenden Abgabenverkürzungen sehr wohl in der Lage gewesen sei, eine strafbefreiende Selbstanzeige zu erstatten. Auch hätte im Rahmen einer Strafbemessung wesentlich stärker berücksichtigt werden müssen, in welchem Ausmaß F vorbehaltlos den gesamten Sachverhalt offengelegt und sofort nach Vorschreibung sämtliche Abgaben bezahlt habe.

Der Berufung kommt jedoch keine Berechtigung zu:

In objektiver und subjektiver Hinsicht im Ergebnis unbestritten, bemängelt der Berufungswerber die aus seiner Sicht fälschlicherweise mangelnde Qualifizierung seiner eingereichten Abgabenerklärungen als strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG.

Gemäß dieser Gesetzesbestimmung wird derjenige, der sich eines Finanzvergehens - wie hier im gegenständlichen Fall F der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung gemäß §§ 33 Abs. 1 iVm 38 Abs. 1 lit. a FinStrG betreffend Einkommensteuer für die Veranlagungsjahre 2000 und 2001 - insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zur Handhabung der verletzten Vorschriften der zuständigen Behörde oder einer sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde darlegt. Das Finanzamt Bregenz ist sowohl die im gegenständlichen Fall zuständige Abgabebehörde als auch eine sachlich zuständige Finanzstrafbehörde.

War wie hier mit der Verfehlung des F eine Abgabenverkürzung verbunden, so tritt gemäß § 29 Abs. 2 FinStrG Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger geschuldet hat, den Abgabenvorschriften entsprechend entrichtet werden.

Tatsächlich hat der Berufungswerber diesen Vorgaben mit der Einreichung der Abgabenerklärungen am (siehe den Veranlagungsakt) und mittels Entrichtung der verkürzten Einkommensteuern am (Buchungsabfrage) entsprochen.

Gemäß § 29 Abs. 3 FinStrG tritt aber bei einer Selbstanzeige Straffreiheit unter anderem dann nicht ein, wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 leg. cit.) gegen den Anzeiger gesetzt waren, oder wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat bereits ganz oder zum Teil entdeckt, und dies dem Anzeiger bekannt war.

Zu Recht gibt der Berufungswerber in diesem Zusammenhang zu Bedenken, dass auf Grund des in den Akten beschriebenen Sachverhaltes keine Tatentdeckung bestanden haben kann.

Unter den Begriff einer Tat ist ein tatbestandsmäßiges, rechtswidriges, schuldhaftes und mit Strafe bedrohtes Verhalten zu verstehen. Entdeckt ist eine Tat erst dann, wenn sich ein Verdacht soweit verdichtet hat, dass bei vorläufiger Tatbeurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist. Ein wenn auch begründeter Anfangsverdacht alleine genügt nicht. Solange ein objektiv erfaßbares und tatsächlich wahrgenommenes Geschehen nicht zum Schluß auf ein im Finanzstrafgesetz vertyptes Vergehen nötigt, sondern noch andere Deutungsmöglichkeiten offen sind, ist die Tat noch nicht einmal teilweise entdeckt ().

Eine bloß unvollständige Entdeckung einer in ihren Grundzügen bereits entsprechend konkretisierten Tat hindert die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige (u.a. ). Von einem wenngleich auch nur teilweisen "Entdecken" wird daher mit anderen Worten nur dann gesprochen werden können, wenn der "Entdecker", also der Wahrnehmende des strafrelevanten Sachverhaltes, auf Grund der von ihm gemachten Beobachtungen einen Schuldspruch wegen eines Finanzvergehens auf Grund des ihm bekannt gewordenen Lebensachverhaltes wahrscheinlich hält, sollten diesem Verfahren nicht Verfolgungshindernisse entgegenstehen.

So gesehen war das Bekanntwerden der von F in einer Konkurssache erbrachter Leistungen im Zeitraum vom Dezember 1999 bis Mai 2001 noch kein Anlaß, ein Finanzvergehen als höchstwahrscheinlich anzunehmen. Die von dem deutschen Finanzamt übermittelten Rechnungskopien ergaben für das Jahr 2000 umgerechnet lediglich - ohne Fahrtkostenersatz - geltend gemachte Erlöse in Höhe von umgerechnet S 73.250,--, sodass sich aus diesem Betrage alleine keine Vorschreibung einer Einkommensteuer in Österreich ergeben hätte.

Ganz anders ist die Sachverhalts- bzw. Rechtsfrage zu lösen, ob die Finanzstrafbehörde Bregenz anläßlich der Verfassung ihres Vorhaltes vom gegen den Berufungswerber einen Verdacht hinsichtlich derjenigen Finanzvergehen gehegt hat, welche ihm nunmehr durch den Spruchsenat zum Vorwurf gemacht worden sind.

Ist diese Frage zu bejahen, erfüllt der gegenständliche Vorhalt offensichtlich die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 FinStrG, wonach als Verfolgungshandlung jede nach außen erkennbare Amtshandlung ua einer Finanzstrafbehörde zu werten ist, die sich gegen eine bestimmte Person als dem eines Finanzvergehen Verdächtigen richtet, und zwar auch dann, wenn die Finanzstrafbehörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig gewesen wäre, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder die Person, gegen die sie gerichtet war, davon keine Kenntnis erlangt hätte.

Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. dazu Fellner, Kommentar zum FinStrG, Tz 7c zu §§ 80 bis 84, fünfter Absatz, mit zahlreichen Judikaturverweisen).

Die dem Finanzamt bekanntgewordenen Tatsachen, dass ein steuerlich weder in Österreich noch in Deutschland erfaßter Insolvenzspezialist auf dem Markt umfangreiche Dienstleistungen angeboten hat, diese über viele Monate auch abgerechnet hat, dem Finanzamt bereits lediglich hinsichtlich eines Auftrages, nämlich betreffend die Abwicklung des Insolvenzverfahrens der Firma M die obgenannten Einnahmen angefallen sind, in Verbindung mit der offenkundig gezogenen Schlußfolgerung, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derartige Person nicht nur EINEN Auftrag, der zufälligerweise den Abgabenbehörden bekannt wird, zu bedienen pflegt, sondern - wie es sich auch tatsächlich erwiesen hat - seine Dienstleistung in einer Mehrzahl von Geschäftsfällen anzubieten pflegt, führen den Berufungssenat im Rahmen seiner Beweiswürdigung zu der Feststellung, dass die Strafsachenstelle des Finanzamtes Bregenz, sohin also die Finanzstrafbehörde Bregenz, anläßlich der Verfassung des Schriftsatzes vom , Finanzstrafakt, Bl. 20, mit ihrer Mitteilung an den Berufungswerber über den Vorwurf, dass er derartige in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Einkünfte der Abgabenbehörde nicht erklärt und dadurch unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Abgaben in noch festzustellender Höhe verkürzt habe, auch tatsächlich im Rahmen ihrer inneren Wissensaufnahme einen derartigen Verdacht erlangt hat, welcher den logischen Denkgesetzen nicht entgegensteht.

Offenkundig stellt daher der genannte Schriftsatz eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 14 Abs. 3 FinStrG dar, weshalb hinsichtlich des dort genannten Zeitraumes, nämlich die Jahre 2000 und 2001, eine nachfolgende Selbstanzeige keine strafaufhebende Wirkung mehr entfalten kann.

Gemäß § 33 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG ist im Falle einer gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung, wie dies im gegenständlichen Fall auch nicht bestritten wird, von einem Strafrahmen bis zum Dreifachen des Verkürzungsbetrages auszugehen. Innerhalb dieses Rahmens von € 83.502,60 (umgerechnet S 1.149.021,--) ist die tatsächliche Geldstrafe auszumessen, wobei der erstinstanzliche Senat als mildernd zu Recht die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers, sein Geständnis und seine Mitwirkung an der Aufklärung der Tat, sowie die unverzügliche Schadensgutmachung berücksichtigt hat. Als erschwerend ist der Umstand zu werten, dass das gegenständliche Finanzvergehen einen Zeitraum von zwei Jahren betroffen hat.

Eine derartige Konstellation ließe unter Bedachtnahme auf die vom Berufungswerber geschilderten persönlichen und wirtschaftlichen Umstände die Verhängung einer Geldstrafe im unteren Bereich zu, doch muß jedenfalls ein wesentlicher Aspekt im gegenständlichen Finanzstraffall Berücksichtigung finden: Der Berufungswerber hat seine Tat während der Ausbildung zu einem in der Öffentlichkeit angesehenen Berufsstand begangen, dem grundsätzlich Vertrauenswürdigkeit und in rechtlichen Angelegenheiten Vorbildwirkung zukommen soll. Er hat offenbar sein Honorar im Rahmen der Abwicklung von Insolvenzen, bei welchen bekanntermaßen häufig der Fiskus infolge Nichtbeachtung abgabenrechtlicher Pflichten zu den Hauptgeschädigten zu zählen ist, erhalten und hat also im Ergebnis gerade auch diejenigen Bestimmungen der Rechtsordnung verletzt, an deren Schutz er berufsbedingt zu arbeiten verhalten war. Aus generalpräventiven Gründen wäre daher trotz offenkundigem Wegfall der Spezialprävention und dem weitaus Überwiegen von gravierenden Milderungsgründen eine strenge Bestrafung vonnöten gewesen, um bei Bekanntwerden der Entscheidung des Berufungssenates Personen aus der vormaligen Geschäftswelt des Berufungswerbers nicht zur fälschlichen Ansicht zu verleiten, dass - wenn schon ein angehender Rechtsanwalt und Insolvenzspezialist keinen Anlaß für Steuerehrlichkeit sieht - sie selbst umso mehr ihre eigenen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht zu beachten bräuchten.

Die im gegenständlichen Fall ausgesprochene Geldstrafe von lediglich 13,17% des Strafrahmens ist daher jedenfalls tat- und schuldangemessen und keinesfalls reduzierungsfähig.

Gleiches gilt für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe, für deren Herabsetzung der Berufungssenat ebenfalls keinen Anlaß findet.

Auch die Kostenbestimmung des Erstsenates entspricht der Rechtslage und hat unverändert zu bleiben.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 FinStrG ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss -abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.

Zahlungsaufforderung

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG binnen eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und mittels eines gesondert zugehenden Erlagscheines auf das Postsparkassenkonto

des Finanzamtes Bregenz zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müssten.

Feldkirch,

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
gewerbsmäßige Abgabenhinterziehung
Verfolgungshandlung
Selbstanzeige

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at