Abkommensrechtliche Zuteilung der Einkünfte eines wesentlich beteiligten Verwaltungsrates
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0277-F/02-RS1 | Unter Art. 16 DBA-Schweiz sind nur Einkünfte zu subsumieren, die für die überwachende Funktion als Aufsichtsrat gezahlt werden. Es ist darauf abzustellen, ob die Befugnisse auf die Überwachung der Geschäftsführung beschränkt sind; dies ist nicht der Fall, wenn die Befugnisse auch unmittelbare Leitungs- oder Mitwirkungsaufgaben einschließen. Einkünfte aus der geschäftsführenden Tätigkeit für eine nach schweizerischem Recht errichtete AG fallen daher nicht unter Art. 16 DBA-Schweiz. |
RV/0277-F/02-RS2 | Die Begriffe "selbständige Tätigkeit" in Art. 14 DBA-Schweiz und "unselbständige Arbeit" in Art. 15 DBA-Schweiz sind nach der jeweiligen innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des DBA-Abschlusses im Jahr 1974 zu interpretieren. Zu diesem Zeitpunkt zählten Einkünfte eines Gesellschafter-Geschäftsführers nach österreichischem Besteuerungsrecht nicht zu den selbständigen, sondern zu den nichtselbständigen Einkünften. Abkommensrechtlich kommt deshalb die Zuteilungsregel für unselbständige Arbeit im Sinne des Art. 15 DBA Schweiz zur Anwendung, die das Besteuerungsrecht nach der Grenzgängerregelung des Abs. 4 dem Ansässigkeitsstaat zuweist. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des BA, vertreten durch die RTG Dr. Rümmele Treuhand GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird der angefochtene Bescheid im Umfang der Berufungsvorentscheidung abgeändert.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe wird auf die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der im Inland ansässige Berufungsführer ist Verwaltungsratspräsident und wesentlich beteiligter Gesellschafter der V-AG mit Sitz in der Schweiz. Neben inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb erklärte er für das Jahr 2000 unter Vorlage eines von der V-AG ausgestellten Lohnausweises als Grenzgänger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 504.815,00 S. Das im Lohnausweis mit 22.102,80 CHF ausgewiesene Verwaltungsratshonorar wurde als in Österreich gemäß Art. 16 DBA-Schweiz nicht steuerpflichtig erklärt.
Demgegenüber ist das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid 2000, hinweisend darauf, dass sich die Aufteilung der Besteuerungsrechte bei Dienstnehmern von Kapitalgesellschaften ungeachtet einer allfälligen Beteiligung stets nach Art. 15 DBA-Schweiz (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) richte, auch hinsichtlich des Verwaltungsratshonorars von einem innerstaatlichen Besteuerungsanspruch ausgegangen und wertete die bezogenen Einkünfte nach innerstaatlichem Recht der Begründung zufolge - obgleich als nichtselbständige Einkünfte ausgewiesen - als solche aus selbständiger Arbeit, weshalb auch die Begünstigungen des § 67 und des § 68 EStG 1988 keine Anwendung fanden.
Gegen die Einbeziehung der Verwaltungsratshonorare in die Steuerbemessungsgrundlage wandte sich die steuerliche Vertretung mit Berufung und nach Ergehen einer in der strittigen Frage abweislichen, den Bescheid jedoch dahingehend abändernden Berufungsvorentscheidung, dass die Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit ausgewiesen wurden und zudem der Verkehrsabsetzbetrag unberücksichtigt blieb, mit Vorlageantrag. Verwaltungsratshonorare unterlägen nach Art. 16 DBA-Schweiz dem Besteuerungsrecht des Sitzstaates der Gesellschaft, wobei der Begriff "Verwaltungsrat" ausschließlich nach dem Schweizerischen Obligationenrecht auszulegen sei. Eine Beschränkung des Anwendungsbereiches von Art. 16 DBA-Schweiz entsprechend der Auslegung des Finanzamtes auf überwachende Funktionen sei weder dem Abkommenswortlaut noch einem der beiden OECD-Kommentare zu den Musterabkommen 1963 bzw. 1977 zu entnehmen. Wenn nach der österreichischen Verwaltungspraxis eine derartige Beschränkung vorgenommen werde, könne sich diese nur auf den dem österreichischen Recht eigenen Begriff des Aufsichtsrates beziehen. Es sei zwar zutreffend, dass nach dem Schweizerischen Obligationenrecht der Verwaltungsrat ua. ein geschäftsführendes Organ sei und das Gesetz die Möglichkeit vorsehe, dass der Verwaltungsrat die Geschäftsführung an Dritte übertrage, es verbleibe aber die Funktion der Oberleitung auch in diesem Fall ausschließlich beim Verwaltungsrat. Würde daher der Auffassung des Finanzamtes gefolgt, verbliebe im Rahmen des DBA-Schweiz kein Anwendungsbereich für die Bestimmung über Verwaltungsratsvergütungen, was dem Gesetzgeber aber nicht zugesonnen werden könne.
Zudem ergebe sich auch dann, wenn die Verwaltungsratshonorare nicht unter Art. 16 DBA-Schweiz subsumiert würden, kein inländischer Besteuerungsanspruch, da in diesem Fall nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/13/0172, vorrangig die Zuteilungsregelung des Art. 14 DBA-Schweiz zur Anwendung komme. Eine Subsumtion unter Art. 15 DBA-Schweiz käme nur im Falle einer Domizilgesellschaft in Betracht. Da gegenständlich aber eine operativ tätige Gesellschaft vorliege und die gesamte Tätigkeit des Berufungsführers als Verwaltungsrat dieser festen Einrichtung zuzurechnen sei, habe diesbezüglich die Schweiz das ausschließliche Besteuerungsrecht.
Auf Vorhalt der Abgabenbehörde zweiter Instanz legte die steuerliche Vertretung mit Schriftsatz vom die Statuten der V-AG, einen Beschluss des Verwaltungsrates vom über die ausschließliche Betrauung des Berufungsführers mit der Geschäftsführung sowie eine Quellensteuerbescheinigung betreffend die Verwaltungsratsentschädigungen vor. Unter einem wurde für den Fall der Einbeziehung der Verwaltungsratsvergütungen in die Steuerbemessungsgrundlage die Anrechnung der Quellensteuer in Höhe von 5.525,70 CHF beantragt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist gegenständlich einzig, ob hinsichtlich der Verwaltungsratshonorare das Besteuerungsrecht Österreich oder der Schweiz zukommt, konkret, ob entsprechend der Auffassung der steuerlichen Vertretung des Berufungsführers, die abkommensrechtliche Zuteilungsregel des Art. 16 bzw. des Art. 14 DBA-Schweiz zur Anwendung gelangt, oder, wie vom Finanzamt vertreten, jene des Art. 15 DBA-Schweiz.
Nach Art. 16 DBA-Schweiz vom , BGBl. Nr. 64/1975, dürfen Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- und Verwaltungsrates einer Gesellschaft bezieht, die in dem anderen Vertragsstaat ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, in dem anderen Staat besteuert werden.
Art. 14 DBA-Schweiz weist das Besteuerungsrecht von Einkünften aus selbständiger Arbeit dem Tätigkeitsstaat zu, sofern der selbständig Tätige dort regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt.
Ebenso fällt das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus Aktivbezügen herrühren nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Grenzgänger bleiben jedoch im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig (Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz). Der Tätigkeitsstaat besitzt ein 3%iges Quellenbesteuerungsrecht, das im Ansässigkeitsstaat eine Anrechnungsverpflichtung auslöst.
Mit der Frage, ob die Bezüge eines Verwaltungsratspräsidenten einer nach schweizerischem Recht errichteten Aktiengesellschaft unter die Zuteilungsregel des Art. 16 DBA-Schweiz fallen, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 92/13/0172, auseinandergesetzt. Er ist dabei zur Auffassung gelangt, dass die Zuteilungsregel des Art. 16 DBA-Schweiz die Einkünfte aus der geschäftsführenden Tätigkeit für eine Aktiengesellschaft nicht betreffe. Daran ändere nichts, dass Art. 712 des Schweizerischen Obligationenrechtes den Ausdruck des Verwaltungsrates für den Fall verwende, dass mehrere Personen mit der Verwaltung betraut würden. Dem Abkommen sei nämlich nicht zu entnehmen, dass die im Art. 16 verwendeten Begriffe abweichend vom Begriffsinhalt des OECD-Musterabkommens zu verstehen wären.
Begründend wird dazu unter Anführung des entsprechenden Fachschrifttums ausgeführt, dass bei der Interpretation von Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten sei, dass Vertragsparteien, insoweit sie den Text des OECD-Musterabkommens in ein Doppelbesteuerungsabkommen übernehmen, der einzelnen Vorschrift des bilateralen Vertrages den Inhalt der korrespondierenden Vorschrift des OECD-Musterabkommens beimessen; dadurch erlange der bei Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens bestehende Kommentar des OECD-Steuerausschusses zum übernommenen Musterabkommen für die Auslegung des Abkommens besondere Bedeutung. Der Kommentar zu Art. 16 des Musterabkommens 1963 spreche nur von Mitgliedern des Aufsichtsrates einer Gesellschaft, also von jenem Organ, dem Kontrollfunktion zukomme. Zur deutschen Übersetzung des Art. 16 des OECD-Musterabkommens (1963) sei einhellig die Auffassung vertreten worden, dass diese Zuteilungsregel nur Einkünfte erfasse, die für die überwachende Funktion als Aufsichtsrat gezahlt würden. Es sei darauf abzustellen, ob die Befugnisse auf die Überwachung der Geschäftsführung beschränkt seien; dies sei nicht der Fall, wenn die Befugnisse auch unmittelbare Leitungs- oder Mitwirkungsaufgaben umfassten.
Vor diesem Hintergrund war für den Berufungsführer mit den auf Beiser () gestützten Einwendungen der steuerlichen Vertretung, der Begriff "Verwaltungsrat" sei ausschließlich nach dem Schweizerischen Obligationenrecht auszulegen, somit nichts zu gewinnen, hat doch der Verwaltungsgerichtshof nicht auf das Schweizerische Obligationenrecht, sondern einzig auf die aus dem Abkommen selbst zu gewinnenden Argumente für die Interpretation der Bestimmung des Art. 16 DBA-Schweiz abgestellt (zustimmend Lang, SWI 1996, 427 ff). Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Rahmen des Art. 16 DBA-Schweiz kein Anwendungsbereich für die Bestimmung über Verwaltungsratsvergütungen verbliebe, wenn der Auffassung gefolgt würde, dass die Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben einer Subsumtion unter Art. 16 DBA-Schweiz entgegenstünde, zumal auch das innerstaatliche Recht den Begriff des "Verwaltungsrates" im Sinne eines Kontrollorganes kennt (vgl. ua. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 22 Tz 25.3; Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 22 Tz 119) und auch bei einer nach schweizerischem Recht errichteten Kapitalgesellschaft im Gesellschaftsvertrag ein Beirat mit überwachender Funktion eingerichtet werden kann (vgl. EAS 1989, SWI 2002, 194).
Ausschlaggebend für die Frage, ob die gegenständlichen Vergütungen unter Art. 16 DBA zu subsumieren sind, ist nach den oben wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr, ob die Befugnisse des Berufungsführers auch unmittelbare Leitungs- oder Mitwirkungsaufgaben umfassen. Daran aber kann gegenständlich kein Zweifel bestehen, ist er doch unbestrittenerweise als Geschäftsführer der V-AG tätig und wurde ihm dem vorgelegten Verwaltungsratsbeschluss vom zufolge die gesamte Geschäftsführung übertragen.
Nichts zu gewinnen war in diesem Zusammenhang mit den erstmals im zweitinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einwendungen, der Berufungsführer habe die Funktion als geschäftsführender Angestellter und getrennt davon jene als überwachender Verwaltungsrat ausgeübt, ändert dies doch nichts daran, dass dem Berufungsführer als Person somit nicht nur Kontrollaufgaben, sondern auch die unmittelbaren Geschäftsführungsaufgaben obliegen. Eine solcherart in einer Hand vereinte Geschäftsführung und Vertretung einerseits sowie deren Kontrolle andererseits läuft aber sowohl dem im innerstaatlichen Recht normierten Prinzip der Organtrennung - Aufsichtsratsmitglieder können nach der Unvereinbarkeitsregelung des § 90 AktG nicht zugleich Vorstandsmitglieder sein und dürfen auch nicht als Angestellte die Geschäfte der Gesellschaft führen - als auch dem für die Abkommensinterpretation maßgeblichen Verständnis eines Aufsichtsrates als reines Kontrollorgan (vgl. ) zuwider. Das im Berufungsfall eingewendete "Funktionssplitting" kann sohin nach Überzeugung des unabhängigen Finanzsenates auch für die Frage der anzuwendenden Zuteilungsregel nicht von Bedeutung sein und kann sohin eine Subsumtion der in Rede stehenden Bezüge unter die Zuteilungsregel des Art. 16 DBA-Schweiz durch eine solche formale Trennung der Funktionen - ungeachtet der behaupteten unterschiedlichen abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Bezüge - nicht erwirkt werden.
Nicht zu folgen vermochte der unabhängige Finanzsenat auch dem unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/13/0172, gestellten Eventualantrag der steuerlichen Vertretung, die strittigen Einkünfte unter Art. 14 DBA-Schweiz zu subsumieren.
Abgesehen davon, dass dem vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Fall von einer Domizilgesellschaft an einen nicht wesentlich beteiligten Verwaltungsrat gewährte Vergütungen zu Grunde lagen, führt der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis aus, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als geschäftsführendes Organ von der belangten Behörde als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifiziert worden seien, diese Einstufung weder bekämpft worden sei noch sich auch aus der Aktenlage ein Hinweis ergeben hätte, der diese Beurteilung als rechtswidrig hätte erscheinen lassen und für derartige Einkünfte die Zuteilungsregel des Art. 14, allenfalls jene des Art. 21 DBA-Schweiz in Betracht komme. Eine rechtliche Würdigung dahingehend, dass die Bezüge eines an einer nach schweizerischem Recht errichteten Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligten Verwaltungsrates generell bzw. vorrangig unter Art. 14 DBA-Schweiz zu subsumieren wären, kann daraus nicht abgeleitet werden.
Nachdem das gegenständliche "Funktionssplitting" aus den oben aufgezeigten Gründen ohne steuerliche Relevanz ist, sind die im von der V-AG ausgestellten Lohnausweis enthaltenen Verwaltungsratshonorare nach Überzeugung des unabhängigen Finanzsenates der Tätigkeit des Berufungsführers als geschäftsführendes Organ der V-AG und nicht für eine isoliert zu betrachtende Tätigkeit als Kontroll- bzw. Überwachungsorgan, das einem Aufsichtsrat vergleichbar wäre, zuzurechnen. Bestätigung findet dies auch insofern, als der Berufungsführer einem Aktenvermerk vom zufolge gegenüber dem Finanzamt telefonisch erklärte, dass das Verwaltungsratshonorar für die von ihm operativ wahrgenommene Geschäftsführung gewährt worden sei.
Sind die Einkünfte aber der Tätigkeit als wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführers zuzuordnen, kommt nicht die Zuteilungsregel des Art. 14 DBA-Schweiz, sondern jene des Art. 15 über Einkünfte aus unselbständiger Arbeit zur Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Begriffe "selbständige Tätigkeit" in Art. 14 DBA-Schweiz und "unselbständige Arbeit" in Art. 15 DBA-Schweiz nach der jeweiligen innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Schweiz im Jahr 1974 zu interpretieren (vgl. und das dort angeführte Erkenntnis vom , 96/14/0084). Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Schweiz im Jahr 1974 (BGBl. Nr. 64/1975) das Geschäftsführerentgelt eines Gesellschafters ungeachtet der Höhe seiner Beteiligung an der GmbH grundsätzlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu subsumieren gewesen sei. Die aufgrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1666, 2223, 2224/79, erfolgte Novellierung des § 22 EStG 1972, wonach zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit stets die Gehälter und Vergütungen jeder Art gerechnet werden, die der an der Kapitalgesellschaft zu mehr als 25% beteiligte Gesellschafter erhält, sei erst mit (BGBl. Nr. 620/1981) in Kraft getreten. Somit hätten im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Schweiz Einkünfte eines Gesellschafter-Geschäftsführers nach österreichischem Besteuerungsrecht nicht zu den selbständigen, sondern zu den nichtselbständigen Einkünften gezählt. Es komme daher abkommensrechtlich auch nicht die Zuteilungsnorm für selbständige Tätigkeit im Sinne des Art. 14 DBA-Schweiz, sondern jene für unselbständige Arbeit im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz zur Anwendung.
Dies entspricht im Übrigen auch der Auslegung, auf die sich die Finanzbehörden der beiden Vertragsstaaten im Rahmen eines Verständigungsverfahrens geeinigt haben (AÖF Nr. 153/1992; vgl. auch SWI 1995, 408).
Fallen die Einkünfte somit aber unter die Bestimmung des Art. 15 DBA-Schweiz, hat Österreich, nachdem unbestritten ist, dass der Berufungsführer im Streitjahr Grenzgänger im Sinne des DBA-Schweiz gewesen ist, nach der Spezialbestimmung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht bezüglich der strittigen Einkünfte.
In welcher Weise ein Staat, dem eine Steuerquelle durch ein Doppelbesteuerungsabkommen zugeteilt wird, diese ausschöpfen kann, richtet sich wiederum ausschließlich nach innerstaatlichem Recht (vgl. ). Die Beurteilung der Bezüge des Berufungsführers als Einkünfte aus selbständiger Arbeit wurde im Berufungsverfahren nicht bekämpft. Auch ergeben sich aus der Aktenlage keine Hinweise, die diese Beurteilung als rechtswidrig erscheinen ließen.
Da sich die rechtliche Beurteilung durch das Finanzamt im Ergebnis sohin als zutreffend darstellt und gegen die Ermittlung der Höhe der Einkünfte keine Einwendungen vorgebracht wurden, war die Berufung als unbegründet abzuweisen. Gleichzeitig war der Bescheid im Umfang der Berufungsvorentscheidung abzuändern. Die im Schreiben vom beantragte Berücksichtigung einer Quellensteuer in Höhe von 5.525,70 CHF kam nicht in Betracht. Art. 23 DBA-Schweiz sieht, abgesehen von hier nicht zur Anwendung kommenden Ausnahmen, grundsätzlich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt vor, dh. der Ansässigkeitsstaat nimmt Einkünfte, die im anderen Staat besteuert werden dürfen, von der Besteuerung aus und zieht sie lediglich für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes heran. Bezüglich von Einkünften aus unselbständiger Arbeit im Sinne des Art. 15 DBA-Schweiz steht nach der Grenzgängerregelung des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz dem Tätigkeitsstaat das Recht zu, eine 3%ige Quellensteuer zu erheben, die im Ansässigkeitsstaat anzurechnen ist. Dies ist im gegenständlichen Fall wie aus der Aktenlage hervorgeht auch erfolgt. Der nunmehr im Anrechnungsweg geltend gemachte Steuerbetrag resultiert demgegenüber aus einer vom Kantonalen Steueramt St. Gallen vorgenommenen 25%igen Abzugsbesteuerung. Abgesehen davon, dass diese Steuer am und somit erst im Laufe des gegenständlichen Berufungsverfahrens vorgeschrieben wurde, stellt sich eine derartige Besteuerung in der Schweiz nach obigen Ausführungen als nicht vertragskonform dar und löst in Österreich mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage keine Anrechnungsverpflichtung aus.
Feldkirch,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | Art. 14 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 15 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 16 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 |
Schlagworte | Verwaltungsrat Geschäftsführer Aufsichtsrat Zuteilungsregel Abzugssteuer Gesellschafter-Geschäftsführer Grenzgänger |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at