Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.09.2003, RV/1958-W/02

Keine Familienbeihilfe für eine von ihrem Gatten getrennt lebende, nicht österreichische Staatsbürgerin ohne inländisches Dienstverhältnis

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1958-W/02-RS1
Eine nicht österreichische Staatsbürgerin verliert den Familienbeihilfenanspruch, wenn sie kein Dienstverhältnis im Bundesgebiet hat (§ 3 Abs 1 FLAG) und sich von ihrem Gatten (österreichischer Staatsbürger) trennt, sohin mit diesem und den aus dieser Ehe hervorgegangenen Kindern, selbst wenn diese österreichische Staatsbürger sind (), nicht mehr in einem gemeinsamen Haushalt lebt (, , 99/14/0312; §§ 3 Abs 3 iVm 2 a Abs 1 FLAG). Abgesehen davon stand der Familienbeihilfenanspruch auch deshalb nicht zu, da sich die Bw. mit ihren Kindern innerhalb der ansonst anspruchsbegründenden 5 Jahresfrist des § 3 Abs 2 FLAG (bei ständigem Aufenthalt im Bundesgebiet) unbestrittenermaßen nicht ständig hier aufhielt (). Im Fall der Unterbrechung beginnt diese Frist neu zu laufen (Ritz, BAO-Kommentar § 108 Kz 8).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Karl Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler, gegen den Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt betreffend Antrag vom auf Familienbeihilfe für die Kinder M. und K. entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Am langte beim Finanzamt ein Antrag der Bw. auf Familienbeihilfe für die Kinder M. (österr. Staatsbürgerschaft), geboren in Bratislava (Vater R. Kö., österr. Staatsbürger), K. (österr. Staatsbürgerschaft), geboren am in Bratislava (Vater R. Kö.) und J. König, geboren (Vater Jozef S., slowakischer Staatsbürger). Die Bw. selbst ist slowakische Staatsbürgerin und hat lt. Heiratsurkunde R. Kö. am geheiratet.

Nach dem im Akt befindlichen Meldezettel der Bw. hat sie sich am in der Unterkunft ihres Ehegatten, R. Kö. in der HG 139/8, Wien als Hauptwohnsitz angemeldet und den bisherigen Hauptwohnsitz, eine Adresse in der Slowakei, unter dem Vermerk wie oben (w. o.) durchgestrichen. Am hat sie sich von der Wiener Adresse abgemeldet und in KS als Hauptwohnsitz angemeldet. Ebenso meldete Sie per ihre Kinder M., K und J. in KS an, deren bisheriger Wohnsitz lt. Meldezettel ebenso in der HG war.

Am fragte das Finanzamt vorhaltlich, ob die Bw. von ihrem Gatten getrennt lebe, wenn ja, seit wann und ob sie eine Arbeitserlaubnis hätte. Auch wurde um die bereits oben angeführten Meldezettel ersucht wie um den Nachweis, dass die Bw. in der Slowakei keinen Wohnsitz mehr habe; desweiteren wurde um die Kindergartenbestätigung von M. und die Schulbestätigung von J. ersucht.

Die Bw. teilte dem Finanzamt am mit, dass sie seit einem Jahr von ihrem Gatten R. Kö getrennt lebe und derzeit keine Beschäftigungsbewilligung besitze. Die Hauptschule KS bestätigte am , dass J. Kö. im Schuljahr 2000/2001 die Hauptschule dort als ordentlicher Schüler besuchte; der Kindergarten KS bestätigte, dass M. Kö. seit den Kindergarten dort laufend besuche.

Das Finanzamt wies den Familienbeihilfenantrag der Bw. mit der Begründung ab, dass Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe haben, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen oder wenn sie sich seit mindestens 5 Jahren im Bundesgebiet aufhalten.

Dagegen wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass selbst für die ehelichen Kinder M. und K., die beide die österreichische Staatsbürgerschaft hätten, weder ihr, noch ihrem Ehegatten, noch einer anderen Person Familienbeihilfe gewährt werden würde. § 3 Abs 3 FLAG bestimmt, dass wenn der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt, nicht österreichischer Staatsbürger ist, es für den Anspruch auf Familienbeihilfe genügt, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist. Diese Voraussetzung sei im gegenständlichen Fall verwirklicht. Ihr stehe daher für die Kinder M. und K. Familienbeihilfe zu, und zwar für M. jedenfalls seit der Eheschließung am und für K. seit der Geburt am . Das Berufungsbegehren lautet dahingehend, die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für das Kind M. ab und für das Kind K. ab zu gewähren.

Es erging eine abweisende Berufungsvorentscheidung, die sich wiederum auf den oben zitierten § 3 Abs 1 FLAG stützte. Gem § 2 Abs 1 lit a FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. § 3 Abs 2 FLAG besagt, dass Abs 1 nicht für Personen gilt, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten. Führt ein Elternteil, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, den gemeinsamen Haushalt in Österreich, dem das Kind angehört, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist und die Voraussetzungen nach Abs 1 oder 2 erfüllt sind (§ 3 Abs 3 FLAG). Die Bw. hätte seit mit dem Kind M. auch ihren Wohnsitz in Österreich, der erste Meldenachweis von K. ist vom , die Familie hielt sich sohin nicht ständig im Bundesgebiet auf. Laut Heiratsurkunde hätte die Bw. am geheiratet, lebe aber seit September 1999 von ihrem Gatten getrennt. Ein gemeinsamer Haushalt werde sohin nicht geführt. Da die Bw. auch keiner Beschäftigung mit einer gültigen Beschäftigungsbewilligung nachgehe, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Dagegen wurde ohne weitere Begründung der Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt.

Nach Rücksprache mit der Beihilfenstelle des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk wie auch mit dem FA Eisenstadt und einer AIS-DB7 Abfrage hat bis April 1999 der Ehegatte der Bw., R. Kö. die Familienbeihilfe für M. von Juni 1998 bis April 1999 geltend gemacht und bezogen. Aus der AIS-DB7 Ablage ist ersichtlich, dass aufgrund der Ergebnisse des Erhebungsdienstes in der Wohnung des R. Kö. keine Hinweise auf einen ständigen Aufenthalt der Bw. und der Kinder M. und K. in Österreich bestehen. Demnach besuche die Bw. ständig ihre Familienangehörigen in der Slowakei. Ein Wohnsitz in der Slowakei ist nach wie vor aufrecht.

Die Einsicht in den Beihilfenakt des R. Kö. bestätigte den oben angeführten, nicht ständigen Aufenthalt der Bw. und ihrer Kinder in Österreich. Nach dem Familienbeihilfenantrag des R. Kö, eingereicht beim FA 04 am , ist die Bw. mit ihrer Tochter M. am in Österreich eingereist und hat auf die Geltendmachung der Familienbeihilfe für ihre Tochter M. verzichtet. Auf dem Meldezettel der Bw. vom ist als weiterer Wohnsitz ein solcher in der Slowakei angeführt. Mit rechtskräftigem Bescheid vom wurde der Antrag des R. Kö auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn K. wie auch ab 05/99 für seine Tochter M. abgelehnt, da nach den durchgeführten Erhebungen der ständige Aufenthalt der Bw. und der Kinder M. und K. in Österreich nicht nachgewiesen und glaubhaft gemacht werden konnte.

Die Bw. bezieht nach Rücksprache mit dem Finanzamt Eisenstadt wie auch aufgrund der AIS-DB7 Abfrage infolge eines aufgenommenen Dienstverhältnisses für ihre Kinder ab Oktober 2001 die Familienbeihilfe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist der Familienbeihilfenanspruch einer vom Ehegatten getrennt lebenden, nicht österreichischen Staatsbürgerin, die bis Oktober 2001 bei keinem Dienstgeber im Bundesgebiet beschäftigt war.

Gem § 3 Abs 1 FLAG haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.

Abs 1 gilt gem § 3 Abs 2 FLAG nicht für Personen, die sich seit mindestens 60 Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art I des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom , BGBl 55/1955 und des Protokolls über die Rechtstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974.

Ist ein Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2 a Abs 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs 1 oder 2 erfüllt (§ 3 Abs 3 FLAG).

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteiles wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt (§ 2 a Abs 1 FLAG).

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob der zum Anspruch führende Ausnahmetatbestand des § 3 Abs 2 FLAG allenfalls gegeben ist, wonach ein 5 jähriger, ständiger Aufenthalt in Österreich hiefür genügt. In der BVE, die bei unwidersprochen gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen im Rahmen des Vorlageantrages die Wirkung eines nicht beantworteten Vorhaltes entfaltet (, ÖStZB 2001, 421), hat das Finanzamt artikuliert, dass sich die Familie nicht ständig im Bundesgebiet aufhielt. Dieser Feststellung wurde im Vorlageantrag nicht widersprochen. Indem sich die Bw. auch in der Berufung nur darauf stützt, die Familienbeihilfe aufgrund der österreichischen Staatsbürgerschaft ihres Ehegatten beanspruchen zu können, scheidet der Tatbestand des § 3 Abs 2 FLAG als mögliche Anspruchsvoraussetzung aus, zumal die Bw. diesen auch nicht geltend gemacht hat und auch nicht geltend machen konnte, da die Einsichtnahmen in die der Bw. bekannten Aktenteile ergaben, dass sie sich in den letzten 5 Jahren mit ihren Kindern nicht ständig in Österreich aufhielt (siehe Sachverhalt oben, wonach sie mit ihrer Tochter lt. BH-Akt des R. Kö. erst am nach Österreich einreiste, der Sohn K. lt. Meldezettel erst am folgte und lt. Bescheid vom R. Kö. den ständigen Aufenthalt der Bw. und seiner Kinder im Bundesgebiet nicht nachweisen konnte, was zum Verlust von dessen Familienbeihilfe führte). Verlangt doch § 3 Abs 2 FLAG einen ständigen Aufenthalt iSd § 26 Abs 2 BAO und die körperliche Anwesenheit, wobei ein Auslandsaufenthalt den geforderten ständigen Aufenthalt im Inland unterbricht (), womit die Frist neu zu laufen beginnt (Ritz, BAO-Kommentar § 108 Kz 8).

Ausgehend davon, dass für den Zeitraum einer nicht bestehenden Beschäftigung bei einem Dienstgeber im Bundesgebiet nicht österreichische Staatsbürger gem § 3 Abs 1 FLAG keinen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, verbleibt zu prüfen, inwieweit die Staatsbürgerschaft des Ehegatten der Bw. gem dem oben zitierten § 3 Abs 3 FLAG zu einer Familienbeihilfe verhilft. Diese Bestimmung verweist auf den oben zitierten § 2 a Abs 1 FLAG, die von einem gemeinsamen Haushalt der Eltern ausgeht. Nach ständiger und auch jüngster Rechtsprechung des VwGH setzt der gem § 3 Abs 3 FLAG bestehende Anspruch des haushaltsführenden Elternteiles, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, voraus, dass die Eltern samt Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben. Leben die Eltern getrennt, sind sie geschieden oder ist auch nur ein Elternteil gestorben, kann von einem gemeinsamen Haushalt nicht mehr gesprochen werden und steht dann dem Elternteil, der nicht österreichischer Staatsbürger ist, eine Familienbeihilfe nicht zu (; , 99/14/0312). Da die Bw. unbestrittenermaßen seit 1999 von ihrem Gatten getrennt lebt, trifft auf sie diese zu einer Abweisung des begehrten Familienanspruches bestehende Judikatur vollinhaltlich zu.

Zur Durchsetzung dieser Rechtslage ist es desweiteren nicht schädlich, wenn die Kinder österreichische Staatsbürger sind. Gegen § 3 FLAG ergeben sich nämlich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Regelung, die für den Anspruch von Familienbeihilfe von Ausländern bestimmte Voraussetzungen verlangt, die Inländer nicht erfüllen müssen, ist nicht unsachlich, zumal der Gesetzgeber bei Verfolgung familienpolitischer Ziele frei ist. Da - von Ausnahmefällen abgesehen - nicht das Kind, sondern die Eltern anspruchsberechtigt sind, ergeben sich auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass für ein Kind, welches die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, die Familienbeihilfe nicht gewährt wird, wenn dessen Eltern die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe nicht erfüllen ().

Indem desweiteren die Kinder der Bw. für den begehrten Zeitraum nicht ständig in Österreich waren und teils der mittlerweilen getrennt lebende Ehegatte Familienbeihilfe für M. bezog, ist ein weiterer Grund für die Versagung des begehrten Familienbeihilfenanspruches gegeben. Besteht doch gem § 5 Abs 3 FLAG kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten und wurde andererseits die Familienbeihilfe bei Zutreffen der Anspruchsvoraussetzungen doch schon gewährt.

Mit dieser Entscheidung über die Familienbeihilfe geht auch das Begehren der Bw. auf die Kinderabsetzbeträge ins Leere, da gem § 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG 1988 diese an den rechtmäßigen Bezug der Familienbeihilfe anknüpfen, an diese gekoppelt sind und bei Abweisung des Familienbeihilfenantrages sohin auch die Kinderabsetzbeträge nicht zustehen.

Mit dieser Entscheidung wird der ab Oktober 2001 vom Finanzamt Eisenstadt der Bw. gewährte Familienbeihilfenbezug nicht berührt.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
nicht österreichische Staatsbürgerin
Gatte und Kinder österreichische Staatsbürger
Trennung von Gatten
keine gemeinsame Haushaltsführung
kein Dienstverhältnis
kein ständiger Aufenthalt im Bundesgebiet
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at