Studienreise eines Richters
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk betreffend Einkommensteuer für das Kalenderjahr 2001 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Abgabenschuld beträgt € 3.171,22 (S 43.637,00)
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
In seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Bw. bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit eine Reise nach Lissabon in Höhe von € 892,52 als Betriebsausgaben anzuerkennen. Aus den vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Exkursion nach Lissabon nachfolgende Programmpunkte umfasste:
Samstag
18.15 Uhr Abflug nach Zürich
20.40 Uhr Abflug von Zürich nach Lissabon
22.25 Uhr Ankunft in Lissabon, Transfer vom Flughafen zum Hotel
Sonntag
9.50 Uhr Treffpunkt Hotelhalle
10.00 Uhr Stadtrundfahrt
Montag
8.50 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
9.00 Uhr Abfahrt zum Centro de Estudos Judiciarios
9.30 Uhr bis 12. 30 Uhr Besuch des Centro de Estudos Judiciarios, Vortrag über das portugiesische Justizsystem und über das Ausbildungsprogramm für Richter (in englischer Sprache)
15.00 Uhr bis 16.00 Uhr Obergerichtshof Lisssabon, Audienz mit dem Präsidenten des Obergerichtes. Kurze Information über die Struktur und die Zuständigkeitsgebiete des Gerichtes, Besuch der Einrichtungen des Gerichtshofs (für die Nachmittagsveranstaltung ist für Übersetzungen durch einen Dolmetsch vorgesorgt)
19.20 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
19.30 Uhr Abfahrt zum Restaurant Via Graca, Abendessen
Dienstag
8.50 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
9.00 Uhr Abfahrt zum Tagesausflug nach Sintra, Cascais und Estoril
16.30 Uhr Rückkehr ins Hotel
17.30 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
17.45 Uhr Abfahrt zur Residenz des Österreichischen Botschafters in Lissabon
18.30 Uhr Cocktailempfang des Österreichischen Botschafters Dr. Wolfgang Kriechbaum und seiner Frau
Mittwoch
8.50 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
9.00 Uhr Abfahrt zur Oberstaatsanwaltschaft
9.30 Uhr bis 10.30 Uhr Audienz mit dem Generalanwalt, Vortrag über die Rolle der Staatsanwaltschaft und Zusammenarbeit zwischen den Gerichtsbehörden
11.00 Uhr bis 12.00 Uhr Oberster Gerichtshof, Audienz mit dem Präsidenten des OGH, Zuständigkeit des OGH, Besuch der Einrichtungen des Obersten Gerichtshofes (für die Vormittagsveranstaltungen ist für Übersetzungen durch einen Dolmetscher vorgesorgt)
12.15 Uhr bis 13.00 Uhr Möglichkeit eines gemeinsamen Mittagessens in einem typischen portugiesischen Bierkeller in der Nähe des Strafgerichtes
13.30 Uhr bis 16.00 Uhr Lissaboner Strafgericht Begrüßung durch die Präsidentin, Gerichtsverhandlungen
Donnerstag
zur freien Verfügung
Freitag (Portugiesischer Feiertag)
8.50 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
9.00 Uhr Abfahrt zum Halbtagesausflug nach Arrabida, Sesimbra und Setubal
12.30 Uhr Rückkehr zum Hotel, Nachmittag zur freien Verfügung
Samstag
4.30 Uhr Treffpunkt in der Hotelhalle
4.45 Uhr Transfer zum Flughafen Lissabon
7.15 Uhr Abflug von Lissabon nach Zürich
11.50 Uhr Abflug von Zürich nach Wien
13.10 Uhr Ankunft in Wien Schwechat
Das Finanzamt hat diese Aufwendungen bei der Veranlagung mit der Begründung, dass Kosten einer Studienreise, deren Gegenstand ein Mischprogramm ist, zu den Aufwendungen der privaten Lebensführung zu zählen sind, nicht berücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw. Berufung erhoben. In der Begründung wurde vom Bw. im Wesentlichen vorgebracht, dass die Reisekosten entweder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzuerkennen seien. Für die Geltendmachung als Betriebsausgaben spreche, dass er Einkünfte aus einer Vortragstätigkeit bei der Anwaltsakademie erziele. Es sei unerlässlich sich über den Stand ausländischer Zivilprozessordnungen und Ausbildungsmodelle in Europa für Rechtsberufe zu informieren. Im Präsidium des Oberlandesgerichtes Wien leite er das Personalreferat für Richteramtsanwärter. Zum Zwecke der Ausbildung der Richteramtsanwärter finde jährlich eine einwöchige Reise ins Ausland statt, welche er begleite. Daher seien seine Aufwendungen für die Lissabonreise auch Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
Wie aus der Berufung noch zu entnehmen ist, stellte der Bw. für den Fall der Nichtanerkennung der Reisekosten bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit den Antrag, die Betriebsausgaben mit dem Pauschalbetrag von 6 % zu berücksichtigen.
Das Finanzamt legte Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach Lehre und Rechtsprechung sind die Kosten einer Studienreise nur dann abzugsfähig, wenn auf Grund des Reiseprogramms und der Durchführung der Reise die Möglichkeit eines privaten Reisezwecks nahezu ausgeschlossen ist (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz 1988, Kommentar § 4 Tz 364, § 16 Tz 201).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0069 betreffend einer Spanienreise einer Richterin Folgendes wörtlich ausgeführt:
Ausgaben für eine Auslandsreise (Studienreisen) stellen grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dar, es sei denn, es liegen folgende Voraussetzungen kumulativ vor:
Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.
Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeiten bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.
Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.
Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend die Kosten von Reisen, bei denen ein typisches Mischprogramm absolviert wird, in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen.
Nach dem in den Verwaltungsakten einliegenden Programm dauerte die Spanienreise zehn Tage. In diesem Zeitraum wurden die Städte Malaga, Ronda, Granada, Cordoba und Sevilla besichtigt, sowie die Gerichte in Granada, Cordoba und Sevilla besucht. Das Programm enthält den Hinweis, dass nach Maßgabe von freien Plätzen auch Angehörige an dieser Exkursion teilnehmen können. Hinweise auf den Zweck und die Dauer der jeweiligen Gerichtsbesuche enthält das Programm ebensowenig wie Namen von Angehörigen der spanischen Justiz, mit denen persönlich Kontakt aufgenommen werden sollte.
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt dieses Programm nicht erkennen, dass die Spanienreise in einer Weise erfolgt ist, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit der Reise einwandfrei erkennen lässt. Vielmehr handelt es sich bei dieser Reise um eine solche, die auch Touristen empfohlen wird, falls sie die Absicht haben, die kulturell bedeutendsten Städte im Süden Spaniens kennen zu lernen. Das Programm der Spanienreise war daher keineswegs so auf interessierte Richter abgestellt, dass die Reise jeglicher Anziehungskraft auf andere Teilnehmer entbehrt hätte. Dies ergibt sich auch aus dem im Programm enthaltenen Hinweis, auch Angehörige könnten an dieser Exkursion teilnehmen. Die Beschwerdeführerin hat überdies niemals dargetan, welche konkretenErgebnisse sich auf Grund der Reise in Bezug auf ihre richterliche Tätigkeit ergeben hätten. Schließlich nahmen allgemein interessierende Programmpunkte zeitlich gesehen mehr Raum ein, als der bloße Besuch von drei Gerichten, wobei es die Beschwerdeführerin unterlassen hat, den Zweck, die Dauer und die Ergebnisse dieser Besuche konkret darzustellen, bzw. anzugeben, mit welchen Angehörigen der spanischen Justiz Kontakt aufgenommen wurde, um das Übergreifen der internationalen Kriminalität auf Österreich hintanzuhalten. Dass die Reise von der Vereinigung österreichischer Richter organisiert und vom Arbeitgeber hiefür Sonderurlaub gewährt wurde, führt nicht zur Annahme, die hiefür getätigten Aufwendungen stellten Werbungskosten dar.
Wie aus dem vom Bw. vorgelegten Reiseprogramm zu entnehmen ist, dauerte die Reise acht Tage. An zwei Tagen (Montag und Mittwoch) wurden Einrichtungen der portugiesischen Gerichte besucht. An zwei Tagen fand die An- und Abreise (Samstag) statt. Die restlichen vier Tage wurden für Besichtigungen (Stadtrundfahrt in Lissabon, Tagesausflug nach Sintra, Cascais und Estoril, Halbtagesausflug nach Arrabida, Sesimbra und Setubal) genutzt oder standen zur freien Verfügung. Vom Bw. wurden außer dem Reiseprogramm keine weiteren Unterlagen vorgelegt.
Im gg. Berufungsfall liegt keine der nach der Judikatur geforderten Voraussetzungen für die berufliche Bedingtheit der Lissabonreise vor. Nach dem Ablauf der Reise handelt es sich um ein Mischprogramm. Die hiefür getätigten Aufwendungen stellen Kosten der privaten Lebensführung dar, sodass dem Begehren des Bw. die Ausgaben für die Reise entweder bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit oder bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder bei jeder Einkunftsart zur Hälfte anzuerkennen, nicht gefolgt werden konnte.
Dem weiteren Berufungsbegehren auf Zuerkennung des Pauschales für die Betriebsausgaben war stattzugeben. Die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sind wie folgt zu ermitteln:
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Einnahmen | S 122.400,00 |
€ 8.895,15 |
abzüglich | ||
6% Pauschale | S 7.344,00 |
€ 533,71 |
Sozialversicherung | S 18.559,01 |
€ 1.348,74 |
Überschuss | S 96,497,00 |
€ 7.012,70 |
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Studienreise eines Richters |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at