Familienbeihilfe wegen Studienwechsels, Rückforderung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk in Wien sowie die Stadtgemeinde Klosterneuburg betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Beträgen an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum von bis entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Tochter der Bw. hat nach Ablegung der Reifeprüfung im Mai 1997 ab dem Wintersemester (WS) 1997/98 bis inklusive Sommersemester (SS) 1999 das Studium der Richtungen "Pädagogik/ Sonder- und Heilpädagogik (297, 295, 502, gewählte Fächer statt 2. Studienrichtung)" an der Universität Wien betrieben. Im Zuge einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe im Jänner 2002 gab die Bw. an, dass ihre Tochter KL das Studium der Heilpädagogik abgebrochen habe, da sie endlich - nach einem vergeblichen Versuch - einen Studienplatz für Logopädie am AKH erreicht habe.
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die für KL im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1999 gewährten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zurück und begründete dies damit, dass KL nach vier Semestern das Studium gewechselt habe und somit kein günstiger Studienerfolg nach § 17 Abs. 1 Studienförderungsgesetz vorliege.
Die Berufung begründete die Bw. damit, dass ihre Tochter KL nach Ablegung der Matura im Mai 1997 ihrem Ausbildungswunsch "Logopädie" nicht sogleich nachkommen habe können, da die Aufnahmeprüfungen am AKH vor und während der Matura stattgefunden hätten. Um ein einschlägiges Studium durchzuführen, habe sie im Wintersemester 1997/98 das Fach "Pädagogik/Sonder- und Heilpädagogik" an der Universität Wien inskribiert. Dieses Studium sei mit Erfolg betrieben worden. Im April 1998 habe KL an der "Akademie für den logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienst" am AKH Wien die Aufnahmeprüfung erfolgreich abgelegt. Da sich zu diesem Termin 1000 Kandidaten beworben hätten und nur 30 aufgenommen worden wären, hätte sie nur den Platz 8 auf der Warteliste erreichen können. Daher habe sie ihr Studium im Wintersemester 1998/99 fortgesetzt und mit Erfolg Prüfungen abgelegt. Im April 1999 habe sie sich abermals der Aufnahmeprüfung am AKH Wien unterzogen. Dieses Mal sei sie aufgenommen worden und besuche seit September 1999 diese dreijährige Schule. Die Ausbildung überschneide sich in Teilbereichen mit dem Studium, das sie begonnen habe. Sowohl die Vorlesungen wie auch einige Vortragende seien dieselben. Es handle sich also eher um eine Spezialisierung des begonnenen Studiums als um einen Wechsel. KL habe alle Prüfungen an der Akademie bisher mit "sehr gut" bzw. "gut" abgelegt. Aus all dem gehe hervor, dass KL einen konsequenten Studien- und Ausbildungsweg verfolge, und dieser "Wechsel" keinesfalls einer Desorientierung bzw. Interessenänderung entspreche. Die Aberkennung der Familienbeihilfe sei daher nicht im Sinne der Intentionen des Gesetzgebers und unbillig. Die Bw. beantragte eine Stattgabe der Berufung.
Die abweisende Berufungsvorentscheidung begründete das Finanzamt mit der Zitierung der §§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und 17 Abs. 1 und 2 Studienförderungsgesetz, zu denen es ausführte, dass KL das Studium nach dem vierten inskribierten Semester gewechselt habe und ihr die Vorstudienzeiten nicht angerechnet worden seien, sodass kein günstiger Studienerfolg vorliege. Der Umstand, dass KL auf die Aufnahme in eine andere Studienrichtung gewartet hätte, könne keine Berücksichtigung finden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe falle daher ab gänzlich weg.
Zur Begründung des Vorlageantrags führte die Bw. aus, dass die Aberkennung der Familienbeihilfe wegen eines spezialisierenden Studienwechsels bei gleichzeitigem sehr gutem Studienerfolg unbillig und ungerecht sei. Die Absicht des Gesetzgebers, einen willkürlichen Studienwechsel zu unterbinden, wirke sich in diesem Falle gegen jemanden aus, der einen konsequenten Ausbildungsweg beschreite. Der Studienerfolg für das Jahr 2000 könne aus administrativen Gründen erst ab dem beigebracht werden. Er sei jedoch weiterhin sehr gut. Die Bw. gebe auch zu bedenken, dass in diesem und ähnlichen Fällen eine Ungleichbehandlung von Gleichem stattfinden könne. Sie beantragte nochmals die Stattgabe der Berufung.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezieht, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannten Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.
Nach § 2 Abs. 1 lit. b erster und achter Satz dieses Gesetzes in der für die Berufung maßgeblichen Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist (erster Satz). Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe (achter Satz).
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§ 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) 1992,
BGBl. Nr. 305 lautet: |
"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor,
wenn der Studierende |
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat
oder |
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten
Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder |
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden
Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis
eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium. |
(2) Nicht als Studienwechsel
im Sinne des Abs. 1 gelten: |
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten
Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums
berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund
der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt
und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind, |
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis
ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, |
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der
Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das
während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine
Studienbeihilfe bezogen wurde, |
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht
mehr zu beachten, wenn der Studierende den ersten Studienabschnitt jenes
Studiums, das er nach dem Studienwechsel betrieben hat, innerhalb der
Anspruchsdauer absolviert hat (idF BGBl. I Nr. 23/1999)." |
Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 StudFG 1992, angeführten Regelungen auch für die Familienbeihilfe. Damit ergibt sich für den Anspruch auf Familienbeihilfe Folgendes:. Wechselt ein Studierender das Studium spätestens in der Inskriptionsfrist des dritten Semesters, liegt kein beihilfenschädlicher Studienwechsel vor. Wird das Studium jedoch nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt, liegt kein günstiger Studienerfolg vor. Aus der objektiven, d.h. von subjektiven Momenten unabhängigen Diktion sowohl des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sowie des § 17 Studienförderungsgesetz 1992 ergibt sich, dass für den Anspruch auf Familienbeihilfe immer nur der Studienbeginn maßgebend ist und subjektive Gründe des Studierenden irrelevant sind (vgl. auch oa. Sailer-Bernold-Mertens-Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 1999, S. 836).
Die Tochter der Bw. hat das Studium an der Akademie für den logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienst im WS 1999/00 begonnen und somit nach dem vierten Semester (nach Erstinskription des Pädagogikstudiums im Wintersemester 1997/98) das Studium gewechselt.
Ausschlaggebend für diese Terminwahl war nach Angabe der Bw. der Umstand, dass die Tochter zwar die Aufnahmeprüfung das erste Mal schon im April 1998 bestanden hatte, aber nur den achten Platz auf der Warteliste einnahm, sodass sie ihr Studium an der Universität Wien im Wintersemester 1998/99 fortsetzte.
Diesem Beweggrund kommt im gegenständlichen Berufungsfall keine streitentscheidende Bedeutung zu. Relevant ist einzig und allein der Zeitpunkt des Studienwechsels.
Dieser erfolgte aber unstrittig erst im September 1999, sohin zu spät im Sinne der oben zitierten einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.
Ein begünstigter Studienwechsel nach § 17 Abs. 2 oder 4 StudFG 1992 liegt nicht vor. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Bw. nicht von einem Studienwechsel sondern von einer "Studienspezialisierung" spricht, da einige Vortragende und Vorlesungen des Universitätsstudiums und der Ausbildung an der Akademie für den logopädisch-phoniatrisch-audiologischen Dienst ident seien. Dass die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt worden wären, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind, hat die Bw. weder behauptet noch dargelegt (vgl. § 17 Abs. 2 Z. 1 StudFG 1992).
Auch wenn die Bw. des Weiteren einen "spezialisierenden Studienwechsel" bei gleichzeitigem sehr guten Studienerfolg als unbillig und ungerecht empfindet, wird nochmals darauf verwiesen, dass die Rückforderung der Familienbeihilfe nur das Ergebnis einer konsequenten Gesetzesauslegung darstellt. Dazu ist - wenn auch für den strittigen Zeitraum nicht relevant - noch zu erwähnen, dass nach § 17 Abs. 4 StudFG 1992 (idF BGBl. I Nr. 76/2000) wieder Anspruch besteht, wenn die Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat.
Es war sohin unter Berücksichtigung aller Berufungsargumente spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 17 Abs. 1 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17 Abs. 2 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17 Abs. 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 |
Schlagworte | Familienbeihilfe Rückforderung Studienwechsel |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at