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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 30.07.2003, RV/0004-I/03

Kosten eines ordentlichen Universitätsstudiums als Werbungskosten

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1215/03 eingebracht (mit Eventualantrag auf Abtretung an den VwGH). Mit Erk. v. aufgehoben.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0004-I/03-RS1
Die Kosten für ein ordentliches Universitätsstudium (Rechtswissenschaften) sind als Ausbildungskosten anzusehen, die als Aufwendungen für die Lebensführung nicht als Werbungskosten abgezogen werden können.
RV/0004-I/03-RS2
Bewohnt ein lediger Steuerpflichtiger vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit kostenlos ein Zimmer im Haushalt seines Bruders, können die Aufwendungen für eine angemietete Garconniere in der Nähe des Arbeitsplatzes nicht als Kosten einer doppelten Haushaltsführung (Werbungskosten) abgezogen werden.

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers gegen den Bescheid des Finanzamtes Lienz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2001 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit der am beim Finanzamt eingelangten Eingabe beantragte der Steuerpflichtige die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2001. Dabei begehrte er die Anerkennung des Kirchenbeitrages als Sonderausgabe und von Aufwendungen für ein ordentliches Studium an der Universität Innsbruck als Werbungskosten.

Das Finanzamt führte die Arbeitnehmerveranlagung mit Bescheid vom durch und berücksichtige nur den Kirchenbeitrag bemessungsgrundlagenmindernd. Zu den Aufwendungen für das Universitätsstudium führte es aus, dass diese auch dann nicht abzugsfähig seien, wenn durch das Studium Kenntnisse für den ausgeübten Beruf gewonnen würden oder es im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit absolviert werde.

Mit rechtzeitig eingebrachter Berufung teilte der Steuerpflichtige mit, dass er als land- und forstwirtschaftlicher Wirtschaftsberater tätig sei und die juristische Beratung der Mitglieder seiner Arbeitgeberin einen wesentlichen Arbeitsbereich darstelle, was auch aus einer Bestätigung derselben hervorgehe. Es sehe das ordentliche Universitätsstudium als Fortbildung, welche neben seinem Beruf besucht werde und seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitere. Auch sei diese für die zukünftige Erhaltung und Sicherung seines Arbeitsplatzes notwendig und würden in weiterer Folge seine Berufschancen erhöht. Weiters sehe er in der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein Fachhochschulstudium, welches im Zusammenhang mit der ausgeübten oder einer damit verwandten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehe, eine Ungleichbehandlung zwischen Studierenden an einer Universität und Studierenden an einer Fachhochschule. Zusätzlich mache er noch weitere Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Dabei handle es sich um Mietkosten für eine Wohnung in der Nähe seines Arbeitsplatzes. Die doppelte Haushaltsführung sei notwendig, da er ab Juli 2000 an einem Ort arbeite, der auf Grund der großen Entfernung zu seinem Hauptwohnsitz eine tägliche Hin- und Rückfahrt zum Hauptwohnsitz nicht möglich mache.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom wurde hinsichtlich der beiden Berufungspunkte ausführlich begründet.

Daraufhin beantragte der Einschreiter rechtzeitig die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Dazu bestimmt § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, das Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit auch Werbungskosten sind. Ausdrücklich angeführt ist in dieser Gesetzesbestimmung zudem, dass Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Besuch einer allgemeinbildenden (höheren) Schule oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium stehen, keine Werbungskosten darstellen.

Demgegenüber bestimmt § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, dass Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung selbst dann bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

An Sachverhalt steht unwidersprochen fest, dass der Berufungswerber am seine Ausbildung abgeschlossen hat und ab als Wirtschaftsberater für die Mitglieder seiner Arbeitgeberin tätig ist. Zu seiner täglichen Arbeit gehört auch die Klärung von zivil- und verwaltungsrechtlichen Fragen. Dabei kann er jedoch nicht in allen Belangen Auskünfte erteilen, weil ihm dazu die entsprechende Ausbildung fehlt. Aus diesem Grund und mangels der Beschäftigung eines Juristen bei der Arbeitgeberin ist es notwendig, bestimmte Angelegenheiten durch außenstehende Juristen erledigen zu lassen. Aus diesem Grund wird der Beginn eines juristischen Studiums durch den Berufungswerber von seiner Arbeitgeberin ausdrücklich begrüßt.

Nach den oben angeführten Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes stellen Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten dar. Die Abzugsfähigkeit derartiger Aufwendungen wird aber dadurch eingeschränkt, dass Aufwendungen für die Lebensführung grundsätzlich nicht abzugsfähig sind, auch wenn sie durch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen bedingt sind und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit erfolgen.

Unter diesem Gesichtspunkt hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB die Erkenntnisses ; ; ; ; ,0003 und viele mehr) herausgearbeitet, dass die Aufwendungen für ein Hochschulstudium grundsätzlich der Berufsausbildung dienen und daher den Aufwendungen für die Lebensführung zuzuordnen sind, was deren Nichtabzugsfähigkeit bedingt. Dies selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass einzelne Teile der Ausbildung sehr wohl im engen Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen können und daher im Berufsleben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen und auch grundsätzlich nicht zu bestreiten ist, dass die durch ein Studium erworbenen (zusätzlichen) Kenntnisse und Fähigkeiten immer dazu geeignet sein werden, die beruflichen Chancen im Allgemeinen zu verbessern.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die im Zusammenhang mit dem Studium der Rechtswissenschaften dem Berufungswerber entstandenen Ausgaben auf Grund der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bei den einzelnen Einnahmen nicht abgezogen werden können. Daran mag auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nichts zu ändern. Durch diese, ab dem Kalenderjahr 2000 gültige Bestimmung werden zwar auch Ausbildungskosten (in einem durch das Gesetz eingeschränkten Umfang) zum Abzug zugelassen, die Aufwendungen für ein ordentliches Universitätsstudium sind aber davon ausdrücklich ausgenommen. Inwieweit dadurch verfassungsmäßige Rechte des Berufungswerbers verletzt werden - in diese Richtung geht die Argumentation durch den Vergleich mit einem Studium an einer Fachhochschule - hat der Unabhängige Finanzsenat in der gegenständlichen Entscheidung nicht zu beurteilen, da er nach Art. 18 B-VG an die geltenden Gesetze gebunden ist.

Zum zweiten Berufungspunkt, den Aufwendungen für die Anmietung einer Unterkunft in der Nähe des Arbeitsplatzes, steht nach den unwidersprochen gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen des Finanzamtes fest, dass der Berufungswerber bis zur Aufnahme seiner (ersten) Erwerbstätigkeit kostenlos ein Zimmer im Hause seines Bruders bewohnte. Dies auf der Rechtsgrundlage eines zwischen seinen Eltern und seinem Bruder abgeschlossenen Übergabevertrages, nach dem ihm dieses Zimmer für die Dauer des Ledigenstandes, längstens jedoch bis zu seinem 28. Lebensjahr, zur Verfügung gestellt werden muss. Mit Aufnahme der Erwerbstätigkeit in einem Ort, von dem aus eine tägliche Hin- und Rückfahrt zum bisherigen Wohnort nicht zumutbar ist, bezog der Berufungswerber eine Garconniere in der Nähe seines Arbeitsplatzes. Für diese Garconniere waren monatlich an Mietzahlungen € 255,00 zu leisten. Diese Ausgaben begehrt der Berufungswerber als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Nach Lehre und Rechtsprechung stellen die durch eine (beruflich veranlasste) doppelte Haushaltsführung veranlassten Mehraufwendungen eines Steuerpflichtigen Werbungskosten dar. Voraussetzung für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung ist, dass ein Steuerpflichtiger wegen seiner Berufstätigkeit einen zweiten Hausstand gründen muss und die Verlegung des bisherigen Wohnsitzes in die Nähe des Arbeitsortes nicht zugemutet werden kann.

Das Einkommensteuergesetz bestimmt im § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden dürfen. Somit steht fest, dass die Kosten für eine Wohnung grundsätzlich dem Abzugsverbot unterliegen. Demgegenüber können jedoch die Kosten für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung doch als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn durch diese doppelte Aufwendungen zu tragen sind. Der Berufungswerber bewohnte aber bis zur Anmietung der gegenständlichen Garconniere lediglich ein Zimmer im Haushalt seines Bruders im Elternhaus, welches ihm unentgeltlich zur Verfügung stand. Er hat somit durch die Anmietung der Garconniere erstmals einen eigenen Hausstand begründet (siehe dazu die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung) und auch erstmals Kosten für eine eigene Wohnung zu tragen. Diese sind nach der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Anzumerken bleibt noch, dass im gegenständlichen Fall eines ledigen Steuerpflichtigen auch keinerlei Gründe ersichtlich sind, die für eine Unzumutbarkeit der sofortigen Verlegung des Wohnsitzes in die Nähe des Beschäftigungsortes sprechen. Der Berufungswerber hat auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung keinerlei Argumente vorgebracht, die diese Ansicht erschüttern würden. Damit ist aber zwingend festzustellen, dass, selbst wenn der Berufungswerber in seinem bisherigen Wohnort eine eigene Wohnung unterhalten hätte, für die ihm auch Aufwendungen entstanden wären, die Ausgaben für die in der Nähe des Arbeitsplatzes bezogene Wohnung trotzdem nicht abzugsfähig wären, da der Berufungswerber seinen Wohnsitz in die Nähe des Arbeitsplatzes verlegt hat und die Beibehaltung der ursprünglichen Wohnung aus rein privaten Motiven erfolgt wäre.

Es war somit wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Innsbruck,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
ordentliches Universitätsstudium
Fortbildung
Ausbildung
doppelte Haushaltsführung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at