Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft bei der Abtretung von Anteilen an einer GmbH
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0029-F/02-RS1 | Der Tatbestand des § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994 ist nur dann als verwirklicht anzusehen, wenn neben dem Verpflichtungsgeschäft/Titelgeschäft auch das die Abtretung bewirkende Verfügungsgeschäft (= Modus) geschlossen worden ist. |
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Price Waterhouse Coopers GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Gebühren für das Jahr 1997 entschieden: Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Am wurde in B in der Sch vor einem dort ansässigen Notar ein Kaufvertrag abgeschlossen. Als Verkäuferin trat die Berufungswerberin aus W auf, als Käuferin die CcH AG mit Sitz in der Sch. Gegenstand des Vertrages war der Verkauf eines dem gesamten Stammkapital von 4,000.000 S entsprechenden Geschäftsanteiles an der AKv GmbH aus H. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 2,000.000 SFr vereinbart. In Punkt VIII enthielt der Vertrag den Passus: "Die Käuferin sorgt dafür, dass sämtliche Aktionärsdarlehen der A gemäß Beilage 2 am Übergabetag gemäß Ziffer 2.2 zurückbezahlt werden." Die von der Käuferinsowie der Verkäuferin gesondert unterfertigte Beilage 2 gab als Darlehensgeberin die AH AG, als Darlehensnehmerin die AKv GmbH und als Betrag 12,000.000 SFr an. Der mit "Verpflichtungen der Gesellschaft" überschriebene Punkt IX des Vertrages besagte Folgendes: "Die Käuferin verpflichtet sich, die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Vertrag und allen seinen Beilagen zu veranlassen und garantiert die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch die Gesellschaft." In Punkt III des Vertrages war unter der Überschrift "Ablauf der Transaktion" festgehalten: "Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises gemäß Ziff. 2.1. errichten A und die Käuferin einen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Notariatsakt zur Übertragung des Geschäftsanteiles".
Mit Bescheiden, je vom , setzte das Finanzamt Börsenumsatzsteuer nach dem KVG, die hier nicht weiter Gegenstand der Erörterung ist, sowie eine Gebühr gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG in der zum damaligen Zeitpunkt anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994, fest. Als Bemessungsgrundlage brachte es den Kaufpreis von 2,000.000 SFr, sowie die "Garantie" von 12,000.000 SFr in Ansatz. Bei Anwendung eines Umrechnungskurses von 8,28 S ergab dies eine Gesamtbemessungsgrundlage von 115,920.000 S. Die Gebühr errechnete sich unter Anwendung des 2%-Satzes gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG mit 2,318.400 S.
Nach Erstreckung der Rechtsmittelfrist brachte die Berufungswerberin eine Berufung ein, die sich gegen die Einbeziehung der Darlehensvaluta in die Bemessungsgrundlage für die Gebühr richtete. Begründend führte sie aus: Die AH AG mit Sitz in der Sch sei die 100%-ige Muttergesellschaft der in W ansässigen Berufungswerberin. Diese wiederum sei die 100%-ige Muttergesellschaft der AKv GmbH. Im Zeitraum vom bis habe die Großmuttergesellschaft AH AG der AKv GmbH in Teilbeträgen ein Darlehen von insgesamt 12,000.000 SFr gewährt. Für dieses Darlehen habe die Berufungswerberin als Muttergesellschaft der AKv GmbH nie eine Haftung gegenüber der AH AG oder sonstigen Gesellschaften übernommen. Teil der Vereinbarung im Kaufvertrag vom sei auch gewesen, dass alle Aktionärsdarlehen, eben die Summe von insgesamt 12,000.000 SFr, am Übergabetag zurückbezahlt sein sollten. Die Käuferin CcH AG habe sich verpflichtet dafür zu sorgen, bzw. habe "garantiert", dass die Übereinkunft von der AKv GmbH eingehalten werde. In der Folge habe die CcH AG das Darlehen durch einen Forderungskauf von der AKv AG erworben. Diesbezüglich seien weder ein Abtretungsvertrag, noch eine beglaubigte Abschrift nach Österreich gebracht worden. Die AKv GmbH sei von dem Gläubigerwechsel verständigt worden. Die CcH AG habe ausschließlich gegenüber der AH AG eine Verpflichtung übernommen. Eine Begünstigung für die Berufungswerberin sei dadurch nicht entstanden. Diese habe als vermögenswerten Vorteil nur das Entgelt von in Höhe von 2,000.000 SFr erhalten. Die Berufungswerberin sei nicht etwa aus einer Haftung gegenüber der AH AG entlassen worden, dies gehe schon aus der Rückstehungserklärung ("Patronatserklärung") hervor. Es sei keine Entlastung in ihrem Vermögen bewirkt worden.
Das Finanzamt entschied als Abgabenbehörde 1. Instanz mit abweisender Berufungsvorentscheidung. Es stellte vorerst klar, dass nicht die Darlehensgewährung und -übernahme an sich Gegenstand des Verfahrens seien, sondern die Abtretung der AKv GmbH-Anteile in Höhe von Nominale 4,000.000 S Stammkapital an die CcH AG. Es führte aus, dass in die Bemessungsgrundlage "Entgelt" der Gesamtbetrag der vom Erwerber zu erbringenden Leistungen einzubeziehen sei. Dazu gehörten auch bedingte Leistungen wie Garantieleistungen. Unwesentlich sei der Einwand, das keine Entlastung im Vermögen der Berufungswerberin bewirkt werde, vielmehr seien Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von GmbH-Anteilen stünden, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
In ihrem Vorlageantrag wandte die Berufungswerberin ein, dass die CcH AG als Käuferin keine Verpflichtung gegenüber der Berufungswerberin als Verkäuferin übernommen habe, sondern ihr Einstehenmüssen für die Schuld der AKv GmbH gegenüber der AH AG begründet worden sei. Praktisch sei dies durch einen Forderungskauf abgewickelt worden, der völlig unabhängig vom Abtretungsvertrag/Kaufvertrag durchgeführt worden sei und daher auch nicht einen Teil der Bemessungsgrundlage darstelle. Die in der Berufungsvorentscheidung zitierten Erkenntnisse seien insofern nicht passend, als sie zwar dokumentierten, dass Leistungsempfänger nicht immer der Verkäufer/Abtretende sein müsse, sehr wohl aber in dessen Vermögen jeweils eine Vermehrung eintrete. Gerade dies sei im Streitfall nicht erfolgt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG in der hier anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994 unterlagen Abtretungen von Anteilen an einer GmbH einer Rechtsgeschäftsgebühr von 2%, die sich nach dem Wert des Entgeltes bemaß. Es handelte sich hiebei nach der gesetzlichen Definition um eine Zessionsgebühr.
Von einer Abtretung von Anteilen an einer GmbH im obigen Sinne kann nur dann die Rede sein, wenn nicht nur das Titelgeschäft (das Verpflichtungsgeschäft, welches etwa in einem Kaufvertrag bestehen kann), sondern auch das die Abtretung bewirkende Verfügungsgeschäft geschlossen worden ist. Die Zession stellt ein vom Titelgeschäft/Verpflichtungsgeschäft zu unterscheidendes kausales Verfügungsgeschäft dar (Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, § 33 TP 21, B I 1 a) und setzt als solches das gültige Grundgeschäft voraus (Rummel, Kommentar zum ABGB, Band 2, TZ 1 zu § 1392). Wenn auch üblicherweise das Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft bei der Abtretung von GmbH-Anteilen zusammenfallen, gibt es dennoch Konstellationen, in denen es bloß um die Verpflichtung bzw. bloß um die Verfügung geht (, ).
Im Streitfall lässt Punkt III des Kaufvertrages vom darauf schließen, dass vertraglich zwar die Pflicht zur Abtretung begründet wurde, diese selbst aber einem späteren Zeitpunkt vorbehalten werden sollte ("Zug um Zug .........errichten A und die Käuferin........einen Notariatsakt zur Übertragung des Geschäftsanteiles.").
Der damals zuständig gewesene Sachbearbeiter der Finanzlandesdirektion richtete im Juli und August 2002 zwei Vorhalte an die Berufungswerberin und ersuchte um nähere Angaben hinsichtlich Ort (Ausland/Inland) und Datum des etwaigen Abschlusses eines von den Vertragsparteien laut Vertragspunkt III angestrebten Zessionsvertrages (=Modus), sowie um Einreichung einer entsprechenden Urkundenkopie.
Im Juni 2003 wurde der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin von der nunmehr zuständigen Referentin des UFS telefonisch kontaktiert und um die ausständige Vorhaltsbeantwortung bis gebeten. In seiner am mittels Telekopierer einlangenden Antwort teilte er mit, dass "nach dem Kenntnisstand seiner Mandantin", der Berufungswerberin, das für die Übertragung notwendige Verfügungsgeschäft nicht, bzw. jedenfalls nicht mehr 1994 ausgeführt worden sei. Die Anzeige des Gesellschafterwechsels sei am beim Handelsgericht erfolgt.
Am erreichte den UFS ein gleichlautendes, per Post übersandtes, Schreiben des steuerlichen Vertreters.
Die unterzeichnete Referentin des UFS nahm Einsicht in die Urkundensammlung des Firmenbuches beim Landesgericht F als Handelsgericht. Es lag dort kein Zessionsvertrag auf, jedoch eine mit "Änderung im Stand der Gesellschafter" überschriebene Eingabe der Geschäftsführer der AKv GmbH, die mit datiert war und am beim Landesgericht als Handelsgericht eingelangt war.
Der UFS geht nach der geschilderten Sachlage davon aus, dass ein Verfügungsgeschäft in der ursprünglich gemäß Vertragspunkt III intendierten Form - aus welchen Gründen auch immer - nicht zustandegekommen ist.
Da die Mitteilung über die Änderung im Stand der Gesellschafter an das Gericht im Februar 1995 erfolgte, somit zu einem Zeitpunkt, als § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 GebG nicht mehr in Geltung standen, konnte auch der Ersatztatbestand des Abs. 2 der zitierten Gesetzesstelle nicht als gebührenauslösendes Moment herangezogen werden.
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen wurde der steuerliche Tatbestand gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z 2 GebG in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 629/1994 schon rein grundsätzlich nicht verwirklicht, weshalb ein weiteres Eingehen auf den gebührenrechtlichen Entgeltbegriff und - damit einhergehend - auf den Umfang der Bemessungsgrundlage, entfallen kann.
Der Berufung war spruchgemäß stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 289 Abs. 2 BAO aufzuheben.
Feldkirch,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 21 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Zession Verpflichtungsgeschäft Verfügungsgeschäft |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at