Steuerpflicht von Einkünften einer Bediensteten der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien
Rechtssätze
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RV/3297-W/02-RS1 | Einkünfte einer bei der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien beschäftigten örtlichen Bediensteten unterliegen in Österreich der Einkommensteuerpflicht. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Merkur Treuhand GmbH gegen die Bescheide des Finanzamtes f. d. 12./13./14. Bezirk und Purkersdorf in Wien betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1995 bis 1999 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. war im berufungsgegenständlichen Zeitraum bei der Vertretung der Kommission der Europäischen Gemeinschaft in Wien beschäftigt. Ihre dort bezogenen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden von ihrem Dienstgeber nicht der Lohnsteuer unterworfen.
Die Bw. brachte am die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1995 bis 1997 und 1999 sowie Aufstellungen für die Ermittlung der Einkünfte für diese Jahre beim Finanzamt ein. Die das Jahr 1998 betreffende Einkommensteuererklärung wurde bereits am eingebracht. In den o. a. den Einkommensteuererklärungen beigefügten Aufstellungen vertrat sie die Rechtsansicht, dass sie gem. der Bestimmung des § 115 BAO als sonstige Bedienstete gem. Art. 13 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaft 67/444/EWG, Abl. 152 vom (Anhang des Fusionsvertrages) in Verbindung mit Art. 2 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Kommission (VO des Rates 259/68 (EWG, Euratom, EGKS) vom ) einzustufen sei. Daher stehe das Besteuerungsrecht ausschließlich der Europäischen Kommission zu.
Das Finanzamt erließ die Einkommensteuerbescheide für diese Jahre (1995 bis 1999) und rechnete die bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften erzielten Einkünfte dem Gesamtbetrag der Einkünfte zu. Begründend führte es u. a. aus, dass die Bw. laut ihren eigenen Angaben der Europäischen Kommission als örtliche (sonstige) Bedienstete angehörte. Die bei der Vertretung in Wien beschäftigten örtlich Bediensteten unterlägen der Steuerpflicht nach österreichischem Recht. Deren bei der EU-Kommission erzielten Einkünfte seien Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die keinem Lohnsteuerabzug unterlägen. Das Besteuerungsrecht habe Österreich, daher komme der Progressionsvorbehalt nicht zur Anwendung. Hinsichtlich des von der Bw. nach § 17 EStG beantragten Betriebsausgabenpauschales führte das Finanzamt aus, dass dieses bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht zur Anwendung komme. Die sonstigen Bezüge gem. § 67 Abs. 11 EStG seien mit einem Siebentel aus dem Bruttobezug herauszurechnen. Dieser Betrag entspräche einem Sechstel des um die sonstigen Bezüge verminderten Bruttobezuges.
In der Berufung gegen diese Bescheide brachte die Bw. vor, dass seitens des Finanzamtes zu Unrecht von einem Besteuerungsrecht der Republik Österreich ausgegangen worden sei. In der Grundsatzfrage, ob Österreich in Anwendung der Bestimmung des Art. 13 Fusionsvertrag ein Besteuerungsrecht hinsichtlich von bei der EU-Kommission bezogenen Einkünften zustehe, sei im Zusammenhang mit anderen anhängigen Verfahren ein intensives Beratungsverfahren mit dem Bundesministerium für Finanzen geführt worden. Dieses vertrete den Rechtsstandpunkt, dass Österreich solange das Besteuerungsrecht zustünde, solange die EU-Kommission nicht selbst in ihrer Eigenschaft als völkerrechtliches Subjekt die Steuer von den Beamtenbezügen (Sonderbeitrag der EU-Beamten) einhebe. Diese Ansicht werde von der Bw. nicht geteilt, da eine Besteuerung der örtlichen Bediensteten nur dann im jeweiligen Gastland in Frage komme, wenn diese einfache, insbesondere körperliche Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten erbrächten.
Sie sei aber in einer qualifizierten Stellung beschäftigt, weshalb diese arbeitsrechtliche Einteilung seitens des Leiters der betreffenden EU-Abteilung in Wien zu Unrecht erfolgt sei. Ein Bediensteter des BMF habe diesbezüglich mündlich zugestanden, dass die bei der Kommission beschäftigten Mitarbeiter bis Mitte des Jahres 1998 nicht hätten wissen können, dass das ihre Bezüge betreffende Besteuerungsrecht Österreich zukomme und dass die Einkommensteuer daher bis zu diesem Zeitpunkt im Nachsichtswege erlassen werden würde. Der Rechtsstandpunkt des BMF werde sich erst dann ändern, wenn eine andere arbeitsrechtliche Einstufung seitens der EU-Kommission erfolge. Diese werde seitens der berufenden Dienstnehmer der Vertretung der EU-Kommission in Wien bei der Kommission in Brüssel betrieben. Es gelte dieses Berufungsverfahren sowie ein beim VwGH anhängiges, die gleiche Frage betreffendes, Verfahren abzuwarten.
In einem an das Finanzamt gerichteten Schreiben, dem die Bw. Ablichtungen ihres mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften abgeschlossenen Arbeitsvertrages bzw. des Erkenntnisses des Zl. 2000/15/0162, beilegte, führte diese u. a. aus, dass der Verwaltungsgerichtshof in einem gleichgelagerten Fall einer ihrer Kolleginnen stattgegeben habe. Der Gerichtshof sei unter Zitierung des Art. 4 BSB der Argumentation der Beschwerdeführerin gefolgt, dass diese - obwohl nicht Beamtin der EU - auch dann nicht der inländischen Besteuerung unterliege, wenn diese zwar "Sonstige Bedienstete" im Sinne der BSB sei, aber nicht unter die Definition eines "Örtlichen Bediensteten" des Art. 4 BSB falle wobei unbeachtlich sei, ob die Steuer von der Gemeinschaft eingehoben werde. Sie verrichte weder manuelle Tätigkeiten noch Hilfstätigkeiten im Sinne des Art. 4 BSB und sei bereits in ihrem am abgeschlossenen Arbeitsvertrag als "secrétaire" für den höheren Dienst und unter Berücksichtigung der Qualifikation als Akademikerin bei der Delegation angestellt worden. Auch seien die auf diesem Vertragsschimmel vorhandenen Einstufungen qualifizierte manuelle Arbeiten und manuelle Arbeiten nicht angekreuzt. Daraus sei ersichtlich, dass von Anfang an keine Einstellung für manuelle Tätigkeiten bzw. Hilfstätigkeiten erfolgt sei.
Hinsichtlich des ebenfalls in Kopie beigebrachten beglaubigten Übersetzung des Dienstvertrages aus dem Französischen wird angemerkt, dass dieser wie folgt betitelt ist: "Arbeitsvertrag für in Drittländern diensttuende örtliche Bedienstete".
Artikel 1 dieses Vertrages lautet: "Die Bedienstete wird eingestellt am XXX für einen unbefristeten Zeitraum um folgende Aufgaben zu übernehmen: Sekretariatsarbeiten; in der Eigenschaft als Secrétaire bei der Delegation (Vertretung, Büro, Außenstelle) der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Wien."
Artikel 3, erster Satz lautet: "Die Bedienstete wird in Gruppe XY eingestuft."
Artikel 8 lautete: "Die Bedienstete unterliegt der örtlichen Abgabenordnung."
Angemerkt wird, dass diese Dienstvertragsübersetzung von der Bw. und vom Delegationsleiter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Wien, Corrado Pirzio Biroli unterschrieben ist.
Der erkennenden Behörde liegt weiters ein an das BMF gerichtetes Schreiben der Europäischen Kommission, Generaldirektion IX, Personal und Verwaltung, verfasst in Brüssel am , betreffend Beamtenstatut bzw. Einstufung bestimmter Personen, die an der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich beschäftigt sind, vor. In diesem wurde bestätigt, dass die bei der Vertretung in Österreich beschäftigten Personen, die nicht Beamte des Organs sind, als "örtliche Bedienstete" im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften nach der Verordnung des Rates vom eingestuft seien.
Weiters wird angemerkt, dass der erkennenden Behörde eine Verbalnote der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich vorliegt, in der diese mitteilte, dass die Bw. der österreichischen Steuerpflicht unterliege.
Schlussendlich ist die erkennende Behörde im Besitz eines von der Europäischen Kommission in Brüssel - Generaldirektion Presse und Kommunikation - an die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland gerichteten, die Abgrenzung örtlicher von sonstigen Bediensteten betreffenden Schreibens vom samt einer Aufstellung aller örtlichen Bediensteten im Sinne von Art. 4 Abs.1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom ), die seit 1995 bei der Vertretung der Kommission in Österreich beschäftigt wurden. Diesbezüglich wird von der erkennenden Behörde angemerkt, dass der Name der Bw. in dieser Aufstellung ebenfalls enthalten ist.
In diesem Schreiben bestätigte die Kommission ihre bereits im o. a. Schreiben vom dargelegte Position. Weiters bestätigte diese u. a., dass alle in der als Anlage beigefügten Aufstellung angeführten Personen von der Europäischen Kommission in der Vertretung in Österreich als örtliche Bedienstete im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten beschäftigt seien. Die erkennende Behörde merkt diesbezüglich an, dass auch die Bw. in dieser Aufstellung genannt ist.
Ferner bestätigte die Kommission, dass alle in der o. a. Anlage genannten Personen zur Verrichtung von Tätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs.1 der vorgenannten Verordnung eingestellt worden seien, für die im Stellenplan keine Planstelle ausgewiesen sei und die aus Mitteln finanziert werden würden, die zu diesem Zweck im Einzelplan des Haushaltsplans pauschal bereitgestellt werden würden. Weiters bestätigte die Kommission, dass die o. g. Personen zu keiner Zeit der Steuer zu Gunsten der Europäischen Gemeinschaften unterworfen worden seien und dass in deren Arbeitsverträgen ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass diese der einzelstaatlichen Steuer unterlägen.
Die Kommission merkte zu den von diesen Personen wahrgenommenen Aufgaben u. a. an, dass die "Presse- und Informationsstellen" der Kommission nach Art. 4 Abs.1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Beschäftigen, den derzeitigen Vertretungen der Kommission in den Mitgliedsstaaten entsprächen. Weiters lasse Art. 4 Abs. 1 ausdrücklich die Einstellung örtlicher Bediensteter für ausführende Aufgaben bei den Informationsstellen und demnach auch bei den jetzigen Vertretungen der Kommission in den Mitgliedsstaaten zu.
Im Anhang der Rahmenregelung zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen von örtlichen Bediensteten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (von der Europäischen Kommission am auf der Grundlage von Artikel 79 der für die sonstigen Bediensteten geltenden Regelung erlassen) würden sechs Gruppen von Tätigkeiten unterschieden, mit denen örtliche Bedienstete betraut werden könnten. Gruppe III entspräche ausführenden Tätigkeiten, die mit einer gewissen Verantwortung verbunden seien, Gruppe IV entspräche einfachen ausführenden Tätigkeiten, Gruppe V entspräche qualifizierten manuellen Tätigkeiten und Gruppe VI manuellen Tätigkeiten. Die Gruppen I und II entsprächen Tätigkeiten mit Weisungsbefugnis sowie Referenten und Sachbearbeitertätigkeiten.
Diese Rahmenregelung gelte ebenso wie die sich daraus ergebenden besonderen Beschäftigungsbedingungen nach wie vor für die Beschäftigung von örtlichen Bediensteten in der Vertretung der Kommission in Österreich. Zwar handle es sich um Vorschriften, die ursprünglich nur in Drittländern gelten sollten, doch habe die Kommission beschlossen, sie vorübergehend in den drei neuen Mitgliedstaaten (Österreich, Schweden und Finnland) fortgelten zu lassen, bis die neuen Vorschriften zur Anwendung in der Europäischen Union erlassen werden würden. Die Rahmenregelung zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen der örtlichen Bediensteten in der Europäischen Union sei unlängst von der Kommission erlassen worden, aber noch nicht in Kraft. An der Steuerpflicht der örtlichen Bediensteten nach Maßgabe des einzelstaatlichen Steuerrechts habe sich jedoch im Vergleich zur alten Regelung nichts geändert.
Abschließend werde von der Kommission festgestellt, dass die in der Anlage zu diesem Schreiben angeführten Personen örtliche Bedienstete im Sinne von Artikel 4 der oben genannten Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten seien. Die örtlichen Bediensteten, die in der Vertretung der Kommission in Österreich beschäftigt seien, hätten auf Grund der Ausnahmeregelung des Artikels 2 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 549/69 des Rates vom keines falls Anspruch auf eine Steuerbefreiung gemäß Artikel 13 Absatz 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen.
Bemerkt wird, dass auf der Homepage der Europäischen Kommission - Vertretung in Österreich - im Sinne der obigen Ausführungen, dass die "Presse- und Informationsstellen" der Kommission nach Art. 4 Abs.1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Beschäftigen, den derzeitigen Vertretungen der Kommission in den Mitgliedsstaaten entsprächen, ausgeführt wird, dass sich die EU-Vertretung in Österreich als Informationsdrehscheibe zwischen Brüssel und Wien verstehe. Zu den Aufgaben der ca. zwanzig Mitarbeiter starken Mission zählte nicht nur, politische Agenden der Europäischen Union in Österreich zu kommunizieren, sondern auch die Entwicklungen in Österreich nach Brüssel darzulegen. Die Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen gehöre ebenso zu den Aufgaben wie die regelmäßige Interaktion mit heimischen Medienvertretern.
Über die Berufung wurde erwogen:
Art 13 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (67/444 EWG, 67/28 Euratom), das primäres EG-Recht darstellt, lautet: "Von den Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, welche die Gemeinschaften ihren Beamten und sonstigen Bediensteten zahlen, wird zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer gemäß den Bestimmungen und dem Verfahren erhoben, die vom Rat auf Vorschlag der Kommission festgelegt werden. Die Beamten und sonstigen Bediensteten sind von innerstaatlichen Steuern auf die von den Gemeinschaften gezahlten Gehälter, Löhne und Bezüge befreit."
Art 2 lit a der Verordnung des Rates zur Bestimmung der Gruppen von Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, auf welche die Artikel 12, 13 Absatz 2 und Artikel 14 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften Anwendung finden (549/69/EWG, ABl 1969, L. 74; idF nur: Verordnung) lautet: "Artikel 13 Absatz 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Gemeinschaften gilt für Personen, die unter das Statut der Beamten oder unter die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften fallen, einschließlich Empfänger der bei Stellenenthebungen aus dienstlichen Gründen vorgesehenen Vergütungen, mit Ausnahme der örtlichen Bediensteten."
Art 1 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften, Verordnung Nr. 259/68 des Rates vom , (idF nur: BSB) lautet: "Diese Beschäftigungsbedingungen gelten für jeden Bediensteten, der von den Gemeinschaften durch Vertrag eingestellt wird. Dieser Bedienstete ist: - Bediensteter auf Zeit, - Hilfskraft, - Örtlicher Bediensteter, - Sonderberater."
Art 4 Abs. 1 BSB lautet: "Örtlicher Bediensteter im Sinne dieser Beschäftigungsbedingungen ist ein Bediensteter, der - entsprechend den örtlichen Gepflogenheiten - zur Verrichtung von manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten eingestellt wird, für die in dem Einzelplan des Haushaltsplans für jedes Organ beigefügten Stellenplan eine Planstelle nicht ausgebracht ist, und der seine Bezüge aus Mitteln erhält, die zu diesem Zweck im Einzelplan des Haushaltsplans pauschal bereitgestellt werden. Örtlicher Bediensteter kann in Ausnahmefällen auch ein Bediensteter sein, der für ausführende Aufgaben bei den Presse- und Informationsstellen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eingestellt worden ist."
Im Sinne dieser Bestimmungen sowie des o. a. Schreibens der Europäischen Kommission - Generaldirektion Presse und Kommunikation - vom , bzw. im Hinblick darauf, dass die Bw. in der diesem Schreiben als Anhang beigefügten Aufstellung aller örtlichen Bediensteten ebenfalls genannt ist, worin ausgeführt wurde, dass diese Personen von der Europäischen Kommission in der Vertretung der Kommission in Österreich als örtliche Bedienstete im Sinne von Art. 4 Abs. 1 BSB beschäftigt seien, sowie der damit im Zusammenhang erfolgten Bestätigung, dass diese Personen zur Verrichtung von Tätigkeiten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 BSB eingestellt worden wären, für die im Stellenplan keine Planstelle ausgewiesen sei und die aus Mitteln finanziert werden würden, die zu diesem Zweck im Einzelplan des Haushaltsplanes pauschal bereitgestellt werden würden und der weiteren Bestätigung, dass diese Personen zu keiner Zeit der Steuer der Europäischen Gemeinschaften unterworfen worden seien und dass in deren Arbeitsverträgen ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass diese der einzelstaatlichen Steuer unterlägen, und den abschließenden Ausführungen, dass die örtlichen Bediensteten, die in der Vertretung der Kommission in Österreich beschäftigt seien, auf Grund der Ausnahmeregelung des Artikels 2 der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 549/69 des Rates vom keinesfalls Anspruch auf eine Steuerbefreiung gemäß Artikel 13 Abs. 2 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen hätten, ist der Berufung der Erfolg zu versagen.
Nach Rogalla (Dienstrecht der Europäischen Gemeinschaften, Dieter Rogalla, Carl Heymanns Verlag KG, herausgegeben von Walter Wiese), Seite 78, 79 iVm Seite 29 entsprechen die manuellen Tätigkeiten iSd Artikel 4 Abs. 1 BSB Tätigkeiten, die - würden sie einem Beamten übertragen - von einem Beamten der Laufbahngruppe D (einfacher Dienst) auszuüben wären. Die ausführenden Tätigkeiten iSd Artikel 4 Abs. 1 BSB entsprechen Tätigkeiten, die - würden sie einem Beamten übertragen - von einem Beamten der Laufbahngruppe C (mittlerer Dienst) auszuüben wären. Die manuelle Tätigkeit der örtlichen Bediensteten und damit die Gleichstellung mit den Tätigkeiten von Beamten der Laufbahngruppe D ist der Regelfall. Der Ausnahmefall der ausführenden Tätigkeit ist auf die Tätigkeit der Presse- und Informationsstellen der Kommission innerhalb der Europäischen Gemeinschaften beschränkt. Diese Ausnahmeregelung besteht erst seit und wurde auf Vorschlag der Kommission vom Rat durch Verordnung Nr. 912/78 vom geschaffen.
Im o. a. Schreiben vom gab die Europäische Kommission bekannt, dass die "Presse- und Informationsstellen" der Kommission nach Art. 4 Abs. 1 der BSB für die sonstigen Beschäftigten den derzeitigen Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten entsprächen. In der Homepage der Europäischen Kommission - Vertretung in Österreich - Wir über uns, bezeichnet sich diese als Informationsdrehscheibe zwischen Brüssel und Wien.
Aus dem Arbeitsvertrag der Bw. geht hervor, dass die Bw. in Gruppe XY eingestuft wurde. Um diese Einstufung und damit die Stellung der Bw. näher zu beleuchten wird auf die Rahmenregelung über die Beschäftigungsbedingungen für die in Ländern außerhalb der Gemeinschaft Dienst tuenden örtlichen Bediensteten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bzw. den diesbezüglichen Anhang zurückgegriffen.
Diese Rahmenregelung wurde von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gestützt auf das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften, festgelegt durch die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates, insbesondere auf die Artikel 4, 79 80 und 81 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten erlassen.
Im Anhang der Rahmenregelung (Auslegungsbehelf) sind die für die örtlichen Bediensteten vorgesehenen sechs Tätigkeitsbereiche wie folgt dargestellt. Die Darstellung wird um die entsprechende Beamtenlaufbahn (Rogalla, Seiten 29 und 79, aaO) ergänzt.
Anhang zur Rahmenregelung
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Gruppe | Tätigkeitsbereich | Beamtenlaufbahn |
I | Referenten- und
Kontrolltätigkeit, leitende Funktionen | A |
II | Sachbearbeitertätigkeit | B |
III | Ausführende
Tätigkeit mit Übernahme von Verantwortung | C |
IV | Einfache ausführende
Tätigkeiten | C |
V | Gelernte manuelle
Tätigkeiten | D |
VI | Manuelle
Tätigkeiten | D |
Die Aufgaben innerhalb der Tätigkeitsbereiche werden im Anhang beschrieben wie folgt:
I. Referenten- und Kontrolltätigkeit, leitende Funktionen
Es handelt sich insbesondere um Referenten- und Kontrolltätigkeit in den Bereichen Politik, Wirtschaft (Handel, Industrie, Finanzen), Technik, Wissenschaft, Energie, Informatik, Entwicklung, Presse und Information sowie Übersetzer- und/oder Dolmetschertätigkeit.
Beispiele: Ingenieure, Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Systemanalytiker, Agrarwissenschaftler, Journalisten (press officer), Übersetzer, Dolmetscher, Chefredakteure, Projektleiter, Personal für Verwaltung und Finanzen usw.
II. Sachbearbeitertätigkeit:
Hierbei handelt es sich um die Ausführung von schwierigen und komplizierten Büroarbeiten im Rahmen allgemeiner Richtlinien, insbesondere in den Bereichen Verwaltung, Buchhaltung, Dokumentation, Technik.
Beispiele: Verwaltungspersonal, Buchhalter, Dokumentationspersonal, Archivare, Redakteure, Informatiker, Techniker
III. Ausführende Tätigkeiten mit Übernahme von Verantwortung:
Hierbei handelt es sich um ausführende Tätigkeiten administrativer und technischer Art, die Initiative und/oder Verantwortungsbewusstsein erfordern.
Beispiele: Direktionssekretäre/-innen, Buchhalter, Archivare, Dokumentationspersonal, Verwaltungshauptsekretäre, Techniker.
IV. Einfache ausführende Tätigkeiten
Hierbei handelt es sich um jede Art von Sekretariatstätigkeit (einschließlich Stenografie, Maschinschreiben, Textverarbeitung) bzw. jede Art von Bürotätigkeit, insbesondere: das Führen von Büchern und Akten; Arbeiten in den Bereichen: Archive, Dokumentation, Verbreitung von Dokumenten; Pförtner-, Telefonisten- und Fernschreibertätigkeit; Vervielfältigung und Verbreitung von Dokumenten.
Beispiele: Sekretäre/-innen, Hilfsbuchhalter, Pförtner, Telefonisten, Fernschreiber, Offsetdrucker, Verwaltungssekretäre.
V. Gelernt manuelle und Hilfstätigkeiten
Hierbei handelt es sich um gelernte manuelle Tätigkeiten.
Beispiele: Kraftfahrer, technische Bedienstete, Sicherheitsbedienstete, Bürogehilfen, Amtsgehilfen, Boten, Lagerarbeiter, Gärtner.
VI. Manuelle Tätigkeiten
Hierbei handelt es sich um ungelernte manuelle Tätigkeiten.
Beispiele: Wächter, Hilfsgärtner, Pförtner, Personal für Instandhaltungsarbeiten.
Somit war die Bw. im berufungsgegenständlichen Zeitraum in einer ausführenden Tätigkeit bei einer Presse und Informationsstelle der Europäischen Kommission beschäftigt. Das bedeutet für den Fall der Bw., dass sowohl deren Vorbringen in der Berufung, dass eine Besteuerung der örtlichen Bediensteten nur dann in Österreich in Frage komme, wenn diese einfache, insbesondere körperliche oder Hilfstätigkeiten erbrächten, als auch deren weiteres Vorbringen, dass die Bw. in einer qualifizierten Stellung bei der EU-Kommission beschäftigt sei, nicht aufrechtzuerhalten ist.
Weiters wird darauf verwiesen, dass die Bw. gemäß Artikel 8 des von ihr mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften abgeschlossenen Arbeitsvertrages der örtlichen Abgabenordnung unterliegt.
Dazu kommt, dass die Bw., w. o. ausgeführt, von ihren bei der Vertretung der Europäischen Kommission erzielten Einkünften weder eine Steuer zu Gunsten der Europäischen Union noch eine solche in Österreich entrichtete. Wäre der Bw. tatsächlich der Status einer sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften zugekommen, wäre von ihren Bezügen im Sinne des Art. 13 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (67/444 EWG, 67/28 Euratom) zugunsten der Gemeinschaften eine Steuer erhoben worden. In diesem Zusammenhang wird auf das in § 114 BAO normierte Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, das sich aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Legalitätsprinzips (Art. 18 Abs 1 B-VG und § 5 F-VG) und des Gleichheitssatzes (Art. 7 B-VG und Art 2 StGG) ableitet und an das die Abgabenbehörden gebunden sind, verwiesen.
Schlussendlich ist auch auf die o. a. Verbalnote der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, in der diese bekanntgab, dass die Bw. der österreichischen Steuerpflicht unterliege sowie das o. a. Schreiben der Europäischen Kommission, Generaldirektion IX, Personal und Verwaltung, verfasst in Brüssel am , betreffend Beamtenstatut bzw. Einstufung bestimmter Personen, die an der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich beschäftigt sind, hinzuweisen.
Hinsichtlich der eine Nachsicht der Einkommensteuer für die Jahre bis einschließlich Mitte 1998 betreffenden Berufungsausführungen der Bw. wird darauf verwiesen, dass eine solche nicht in den Zuständigkeitsbereich der erkennenden Behörde sondern in jenen des Finanzamtes fällt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Steuerpflicht von Einkünften einer Bediensteten der Vertretung der Europäischen Kommission in Wien |
Anmerkung | Vgl. Rz 128 LStR 2002 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
VAAAB-57090