Säumniszuschlag für Umsatzsteuer nach Einstufung als Liebhaberei
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des SA., vertreten durch Weinberger & Höchtl, gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 1. Bezirk betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen für Umsatzsteuer 1998 und 1999 entschieden:
Den Berufungen wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheiden des Finanzamtes für den 1. Bezirk vom wurden Säumniszuschläge für die Umsatzsteuer 1998 und 1999 in Höhe von 146,51 Euro bzw. 185,56 Euro verhängt. In den dagegen eingebrachten Berufungen wird ausgeführt, dass SA. eine vertretbare Rechtsansicht hatte und bei Erstellung der Umsatzsteuererklärungen alles offen legte.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass bei festgesetzten Abgaben die Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung der Abgabe besteht. Die Säumniszuschlagspflicht setzt sohin vorerst nur den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld voraus. Im vorliegenden Fall kam es aufgrund der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide für 1998 und 1998 zu Nachforderungen, die nicht zu den gesetzlichen Fälligkeitstagen entrichtet worden waren.
Im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz wird ausgeführt, dass sich in den Jahren 1998 und 1999 unter Vorlage aller Unterlagen Umsatzsteuergutschriften, die sich aus Wareneinkäufen im Zusammenhang mit der Eröffnung und dem Betreib eines Kunstgewerbehandelsbetriebes ergaben, durch das Finanzamt für den 1. Bezirk festgesetzt worden seien. Für die genannten Jahre hätte sich keine Abgabenzahlungsschuld ergeben. Im Zuge einer Betriebsprüfung sei der Kunstgewerbehandelsbetrieb jedoch nicht als Gewerbebetrieb, sondern als vermögensverwaltende Tätigkeit oder als Liebhaberei (über die bezughabende Berufung wurde zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels noch nicht entschieden) beurteilt worden. Durch die mangelnde Unternehmereigenschaft käme es daher zu einer Nachbelastung der zunächst gutgeschriebenen Umsatzsteuerbeträge.
Es habe niemals eine formelle Abgabenzahlungsschuld bestanden. Der Säumniszuschlag setze vorerst nur den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld voraus (), die hier niemals bestanden habe. Zudem stehe gemäß § 210 Abs. 4 BAO dem Abgabenpflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu, wenn Abgaben später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt werden. Daher hätte die Abgabenschuld trotz Offenlegung und Wahrnehmung aller abgabenrechtlichen Pflichten gar nicht rechtzeitig gezahlt werden können, ohne dass es zur Verhängung eines Säumniszuschlages gekommen wäre. Es wird daher die Aufhebung der Säumniszuschlage beantragt.
Mit Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0010-W/03, wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass der Säumniszuschlag nach § 217 BAO eine objektive Säumnisfolge darstellt und die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, grundsätzlich unbeachtlich sind. Ein Bescheid über einen Säumniszuschlag ist auch dann rechtmäßig, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung - wie im vorliegenden Fall in den dagegen eingebrachten Berufungen behauptet - sachlich unrichtig ist.
Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde an den VwGH erhoben und vorgebracht, dass diese Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet sei sowie Bedenken über die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen betreffend Säumniszuschlag geäußert wurden.
Im Rahmen der Erstellung der Gegenschrift wurde festgestellt, dass die Berufungsentscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet war und mit heutigem Tag eine Aufhebung der Entscheidung durchgeführt bzw. im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Klaglosstellung beantragt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt nach § 217 Abs. 1 BAO idF BGBl Nr. 681/1994 mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.
Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für das Jahr 1998 mit einer Gutschrift von 100,800,00 ATS, festgesetzt. Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 1999 vorläufig mit einer Gutschrift von 57.269,00 ATS festgesetzt. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung im Jahre 2002 wurde nach entsprechenden Wiederaufnahmen des Verfahrens die Umsatzsteuer für 1998 mit null festgesetzt bzw. die Umsatzsteuer für 1999 aus Rechnungslegung mit 5.116,17,00 € festgesetzt (wobei die Vorsteuerbeträge von 127.669,00 ATS nicht anerkannt wurden) und gleichzeitig die in Rede stehenden Säumniszuschläge vorgeschrieben.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 87/15/0146, ausführt, bildet die Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Vorsteuerbeträgen für sich allein nicht die Grundlage für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages. Zudem ist für den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages Grundvoraussetzung, dass überhaupt eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe besteht. Wenn die Abgabenbehörde jedoch eine Tätigkeit als Liebhaberei einstuft, somit die Unternehmereigenschaft aberkennt und keine abgabenrelevante Einkunftsquelle konzediert, ist diese Grundvoraussetzung zweifellos nicht gegeben.
Von der Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar wurde unter Textziffer 15 des Betriebsprüfungsberichts vom einerseits eine Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG) aberkennt, in der selben Textziffer des zitierten Berichtes jedoch von einer Unternehmereigenschaft ausgegangen, indem die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs. 12 UStG ("Hat ein Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung einen Steuerbetrag, den er nach dem UStG für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung.") nachgefordert wird. Zwar ist noch keine Berufungsentscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer 1999 ergangen, doch ist wohl auch hier die im erwähnten Bericht vorherrschende Meinung der Abgabenbehörde heranzuziehen, wonach keine Unternehmereigenschaft vorliegt und daher keine Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe besteht und die entsprechenden Säumniszuschläge daher zu Unrecht vorgeschrieben wurden.
Da den Berufungen schon aus diesen Gründen Folge zu geben war, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Berufungsvorbringen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Säumniszuschlag Einstufung als Liebhaberei bei Umsatzsteuer |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAB-56924