Säumniszuschlag; behauptete Gegenforderung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 4., 5. und 10. Bezirk in Wien betreffend Säumniszuschlag entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt forderte von der Bw. mit Bescheid vom einen Säumniszuschlag gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO, weil zum Fälligkeitstag Umsatzsteuer für das Jahr 2001 in der Höhe von 18.510,93 € unberichtigt aushaftete.
Die Bw. erhob dagegen am (Datum des Poststempels) form- und fristgerecht Berufung und brachte vor, dass der Rückstand am Abgabenkonto durch eine nicht gesetzeskonforme Vorschreibung bzw. Überprüfung entstanden sei. Es sei außerdem eine Forderung gegenüber der Republik Österreich existent, die von der Finanzprokuratur nicht gesetzeskonform abgewickelt worden sei und die den Abgabenrückstand übersteige. Rechnerisch bestehe gegen die Finanzhoheitsverwaltung als Vertretung der Republik Österreich keinesfalls irgend eine Schuld, sodass auch Zuschläge und Zinsen nicht verrechnet werden dürften. Außerdem habe das Finanzamt ja keine Kredite aufgenommen, sodass es auch keine Zinsen zahlen müsse; auch aus diesem Grund sei die Festsetzung des Säumniszuschlages nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber stelle für diverse säumige Steuerschuldner ohnedies die entsprechenden Mittel von der Republik Österreich zur Verfügung, um die Aufwendungen der einzelnen Behörden zu sichern. Es wäre daher, wenn man überhaupt von der Existenz einer Steuerschuld ausginge, lediglich der "Libor-Satz" mit maximal 1% Zuschlag zu verrechnen, da der Republik Österreich bei Säumigkeit auch maximal dieser Zinsverlust entstehen würde und eine Bereicherung aus einem Zinsverlust nicht entstehen dürfe.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, dass die Festsetzung eines Säumniszuschlages nicht im Ermessen der Behörde liege. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen habe die Behörde einen Säumniszuschlag zwingend vorzuschreiben. Dieser besitze nach der derzeitigen Rechtsprechung "Formalschuldcharakter", was bedeute, dass weder die Verschuldensfrage noch die Umstände, die zu einer Säumnis geführt haben, für den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages maßgeblich seien.
Mit Schreiben vom beantragte die Bw. die Entscheidung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz und begründete dies damit, dass eine Berufung gegen die "Nachverrechnung" anhängig sei und dass dieser zumindest bei den Höchstgerichten stattgegeben werde, da es sich bei den Vorschreibungen eindeutig um einen Irrtum handle.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, tritt gemäß § 217 Abs. 1 iVm 219 BAO idF vor Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages im Ausmaß von 2% der nicht entrichteten Abgabe ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 BAO hinausgeschoben wird (Rechtslage für Säumniszuschläge wegen Nichtentrichtung von Abgaben, für die der Abgabenanspruch im Jahr 2001 oder früher entstanden ist).
Laut Aktenlage (Kontoabfrage) wurde das Abgabenkonto der Bw. am auf Grund einer vorläufigen Veranlagung mit einer Umsatzsteuernachforderung für das Jahr 2001 in der Höhe von 18.510,93 € belastetet. Da die Bw. als Veranlagungszeitraum ein Wirtschaftsjahr jeweils von 1.4. bis 31.3. des nächstfolgenden Kalenderjahres gewählt hat, ist dieser Abgabenanspruch zufolge § 21 Abs.1 iVm Abs. 5 UStG am fällig geworden.
Das Finanzamt hat zu Recht ausgeführt, dass es sich beim Säumniszuschlag um eine "Formalschuld" handelt, für deren Entstehen es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unerheblich ist, ob die zu Grunde liegende Abgabenschuld rechtskräftig und rechtmäßig vorgeschrieben worden ist. Der Säumniszuschlag setzt tatbestandsmäßig nur den Bestand einer formellen Abgabenschuld ohne Rücksicht auf deren sachliche Richtigkeit voraus (). Im Falle einer späteren Abänderung oder Aufhebung der Grundlagenbescheide hat das Finanzamt gemäß § 217 Abs. 8 BAO über Antrag des Abgabepflichtigen eine Anpassung der Säumniszuschläge an die geänderten Abgabenvorschreibungen vorzunehmen.
Die Ausführungen der Bw., dass wegen einer Gegenforderung gegen die Republik bei der Finanzprokuratur ein Verfahren anhängig sei, vermag an dem Umstand, dass die Abgabenschuld nicht entrichtet worden ist, nichts zu ändern. Selbst wenn diese Gegenforderung existent und am tatsächlich fällig gewesen wäre - wofür es nach der Aktenlage keinerlei Hinweise gibt -, wäre für den Rechtsstandpunkt der Bw. dadurch nichts gewonnen. Eine Kompensation tritt nach herrschender Lehre nämlich nicht automatisch ein, sondern setzt vielmehr eine Aufrechnungserklärung des Schuldners voraus (Ritz, BAO, 2. Auflage, § 211, TZ 17, mwH). Eine Kompensation wirkt im Übrigen auf den Zeitpunkt zurück, in dem sich die Forderungen erstmals fällig gegenüberstanden (), sodass gegebenenfalls eine Aufhebung der Säumniszuschlagsfestsetzung gemäß § 293a BAO in Betracht käme.
Mit ihrer Auffassung, dass durch die Säumnis der Bw. dem Steuergläubiger kein Zinsaufwand entstanden und die Festsetzung eines Säumniszuschlages daher als ungerechtfertigte Bereicherung unzulässig sei, verkennt die Bw., dass es sich beim Besteuerungsanspruch des Staates nicht um einen den zivilrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches unterliegenden privatrechtlichen, sondern um einen hoheitsrechtlichen Anspruch handelt, der ausschließlich nach den Bestimmungen der Steuergesetze (hier: Bundesabgabenordnung) zu beurteilen ist. Die Finanzierung der Steuerbehörden aus dem Bundesbudget erfolgt entgegen der Auffassung der Bw. keinesfalls, um Säumnisfolgen für Abgabepflichtige zu verhindern, vielmehr ist es gerade Zweck der Bestimmung des § 217 BAO, eine pünktliche Tilgung von Abgabenschulden und eine ordnungsgemäße Abgabengebarung sicherzustellen. Der Säumniszuschlag verfolgt auch weder den Zweck einer Verzinsung des seiner Vorschreibung zu Grunde liegenden Abgabenrückstandes (), noch stellt er einen Schadenersatzanspruch wegen der verspäteten Abgabenentrichtung dar (). Weder die Gründe für die Säumnis noch ein allfälliges Verschulden des Abgabepflichtigen sind bei der Festsetzung eines Säumniszuschlages zu berücksichtigen ( und ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Säumniszuschlag |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at