Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 09.05.2003, RV/0533-L/02

Widerruf einer Nachsicht, die aufgrund unrichtiger Angaben der Bw. gewährt wurde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0533-L/02-RS1
Für den Fall eines nicht besonders determinierten Widerrufsvorbehaltes ist darauf abzustellen, dass nur zureichende sachliche Gründe zur Ausübung des Widerrufs berechtigen. Die in lit. a und lit. b des § 294 Abs. 1 BAO angeführten Fälle stellen jedenfalls zureichende sachliche Gründe dar ().

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Helfried Krainz gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz betreffend Widerruf von Nachsichten entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahin abgeändert, dass nur die mit Bescheiden vom , , und gewährten Nachsichten des Straßenverkehrsbeitrages 1/86 in Höhe von S 34.831,-, und der Straßenverkehrsbeiträge 1986 in Höhe von S 37.505,-, S 59.626,- und S 97.364,- widerrufen werden.

Hinsichtlich der Straßenverkehrsbeiträge betreffend die Jahre 1984 und 1985 wird der Widerruf der Nachsicht aufgehoben.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Bw. war im Güterbeförderungsgewerbe tätig und führte Nah- und Ferntransporte durch. Dadurch fielen Straßenverkehrsbeiträge im Sinne des Straßenverkehrsbeitragsgesetzes 1978 an.

Dieser im Jahr 1978 eingeführten Beitragspflicht unterlag auch die Beförderung von Gütern im Inland mit Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen. Dies führte dazu, dass mehrere Staaten von österreichischen Unternehmern bei Güterbeförderungen in ihrem Staatsgebiet neue Abgaben einhoben, bestehende Abgaben erhöhten oder sistierte Abgaben wieder einhoben. Dadurch trat eine wesentliche Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse österreichischer Unternehmer ein.

Das Bundesministerium für Finanzen vertrat daher in einem auch im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung veröffentlichten Erlass die Ansicht, dass die aus Anlass der Einführung des Straßenverkehrsbeitrages von österreichischen Unternehmern im Ausland neu zu tragenden Belastungen insoweit die Einhebung inländischer Abgaben (insbesondere rückständiger oder bereits entrichteter Straßenverkehrsbeiträge) als unbillig im Sinne des § 236 BAO erscheinen lassen würden.

Die Bw. brachte unter Bezugnahme auf diesen Erlass fortwährend Ansuchen um Nachsicht von bereits entrichteten inländischen Straßenverkehrsbeiträgen in Höhe von jeweils detailliert aufgegliederten ausländischen Straßensteuern ein. Diesen Nachsichtsansuchen wurde vom Finanzamt entsprochen.

So wurden auch in den Jahren 1988 und 1989 mit den nachstehend angeführten Bescheiden gemäß § 236 BAO gegen jederzeitigen Widerruf folgende Abgabennachsichten gewährt:


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Ansuchen
Bescheid
Betrag in ATS
Straßenverkehrsbeitrag
103.534,00
1984
116.423,00
1984 und 1985
124.805,00
1985
86.311,00
1985
85.081,00
1985
22.419,00
09/85
104.361,00
1985
27.584,00 34.831,00
12/85 01/86
37.505,00
1986
59.626,00
1986
97.364,00
1986

In einer "Änderungsanzeige für den Straßenverkehrsbeitrag für die Jahre 1987, 1988 sowie 1989" vom , beim Finanzamt eingebracht am , teilte die Bw. mit, dass sie seit September 1987 keine Umsätze mehr getätigt habe, und verwies dazu auch auf die Umsatzsteuervoranmeldungen ab diesem Zeitraum, in denen die Umsätze mit Null angegeben worden waren. Es mögen daher die ab diesem Zeitpunkt entrichteten Straßenverkehrsbeiträge gutgeschrieben werden.

In einer weiteren (undatierten) Eingabe, beim Finanzamt eingelangt am , wurden von der Bw. Besitznachweise für zahlreiche Fahrzeuge vorgelegt. Demnach gehörten diese nicht (mehr) der Bw., sondern der SCH GmbH & Co KG.

Kommanditisten der SCH GmbH & Co KG waren die Gesellschafter der Bw.

Das Finanzamt erließ daraufhin entsprechende Bescheide über den Straßenverkehrsbeitrag für die Jahre 1987 bis 1989.

Weiters wurden mit Bescheid vom die oben angeführten Nachsichten zum Teil widerrufen.

Der Widerruf umfasste dabei folgende Straßenverkehrsbeiträge, die den ab September 1987 (nicht von der Bw., sondern von der SCH GmbH & Co KG) entrichteten ausländischen Straßensteuern entsprachen:


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Bescheide
Nachsicht
Straßenverkehrs-beitrag
Widerruf
103.534,00
1984
54.705,00
116.423,00
1984 und 1985
76.841,60
124.805,00
1985
103.247,10
86.311,00
1985
80.754,00
85.081,00
1985
78.361,00
22.419,00
09/85
22.419,00
104.361,00
1985
104.361,00
27.584,00 34.831,00
12/85 01/86
27.584,00 34.831,00
37.505,00
1986
37.505,00
59.626,00
1986
59.626,00
97.364,00
1986
97.364,00

In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus, dass laut Schreiben der Bw. vom diese seit September 1987 keine Umsätze mehr durchgeführt habe. Dadurch hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse, die zu einer Nachsicht der "ausländischen Straßensteuer" geführt hatten, geändert, sodass die Bescheide gemäß § 294 Abs. 1 BAO zu widerrufen gewesen wären.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben. Die Berufung wurde damit begründet, dass die Nachsichtsbescheide rechtskräftig wären. Außerdem sei der Widerruf "wegen Verjährung" unzulässig.

Im Zuge eines vom Finanzamt durchgeführten Mängelbehebungsverfahrens führte die Bw. in einer Eingabe vom aus, es sei richtig, dass sie seit September 1987 keine Transportaufträge getätigt habe. Jeder Transportunternehmer habe das Recht, "von seinem zuständigen Finanzamt seine beantragte ausländische Retorsionssteuer durch Nachsicht zu beantragen", wobei es nicht erforderlich sei, dass es sich "um einen identisch erforderlichen LKW-Zug" handle, jedoch müsse es sich um einen inländischen LKW handeln. Dies sei schon mit anderen Finanzämtern praktiziert worden. Es seien "korrekt nach BAO die Rechte und Pflichten in Anspruch genommen worden".

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung vom gegen den Widerrufsbescheid vom teilweise statt. Hinsichtlich der Straßenverkehrsbeiträge 1984 und 1985 wurde der Widerruf der Nachsicht aufgehoben, hinsichtlich des Straßenverkehrsbeitrages 1986 dagegen bestätigt.

In der eingehenden Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bw. im Schreiben vom mitgeteilt habe, dass sie ab September 1987 keine Umsätze mehr getätigt habe. Auch in der Eingabe vom sei ausgeführt worden, dass seit diesem Zeitpunkt keine Transportaufträge mehr getätigt worden wären. Dies stimme auch mit den abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen überein, in denen die Bemessungsgrundlagen jeweils mit Null bekannt gegeben worden wären. Wenn nun aber ab September 1987 keine Transportaufträge mehr durchgeführt worden wären, hätten ab diesem Zeitpunkt auch keinesfalls mehr ausländischen Straßensteuern anfallen können, die eine Nachsicht der Straßenverkehrsbeiträge gerechtfertigt hätten. Es hätten sich daher die für die Bescheiderlassung maßgeblichen Voraussetzungen geändert, sodass § 294 BAO zur Anwendung kommen hätte können. Die Rechtskraft der Nachsichtsbescheide sei dem Widerruf nicht entgegen gestanden, zumal in den Bescheiden ein Widerruf ausdrücklich vorbehalten worden sei.

Zum Verjährungseinwand verwies das Finanzamt darauf, dass nach § 238 Abs. 1 BAO das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe verjähre.

Hinsichtlich des Straßenverkehrsbeitrages 1984 sei am ein Bescheid gemäß § 201 BAO ergangen. Dadurch sei die Verjährungsfrist unterbrochen worden, und habe mit dem Jahr 1987 neu zu laufen begonnen. Da keine weitere Unterbrechung erfolgt sei, habe die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 1991 geendet. Damit habe aber auch die Einhebungsverjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt geendet.

Bezüglich des Straßenverkehrsbeitrages 1985 sei am ein Festsetzungsbescheid ergangen. Die Verjährungsfrist habe daher 1987 neu zu laufen begonnen und mit Ablauf des Jahres 1991 geendet. Auch die Einhebungsverjährungsfrist sei mit diesem Zeitpunkt abgelaufen.

Zum Straßenverkehrsbeitrag 1986 verwies das Finanzamt auf den Festsetzungsbescheid vom , der die Verjährungsfrist unterbrochen habe. Die Verjährungsfrist habe im Jahr 1990 neu zu laufen begonnen und mit Ablauf des Jahres 1994 geendet. Die Einhebungsverjährung habe ebenfalls erst mit Ablauf des Jahres 1994 geendet.

Insgesamt gesehen sei daher hinsichtlich der Straßenverkehrsbeiträge 1984 und 1985 Verjährung eingetreten. Bezüglich des Straßenverkehrsbeitrages 1986 seien die Verjährungsfristen im Zeitpunkt der Erlassung des Widerrufsbescheides vom jedoch noch nicht abgelaufen gewesen. Der Berufung sei daher nur teilweise stattzugeben gewesen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom wurde ausgeführt, dass die Fragen der Widerrufsmöglichkeiten in Bezug auf die gewährten Nachsichten sowie die Verjährungsfrage bezüglich des Straßenverkehrsbeitrages 1986 unrichtig gelöst worden wären, weil die in der Berufungsvorentscheidung angegebene Begründung, es hätten sich die tatsächlichen, für die Bescheiderlassung maßgebenden Verhältnisse geändert, für den Widerruf der gewährten Nachsicht nicht ausreiche. "§ 94 Abs. 2 BAO" (gemeint wohl: § 294 Abs. 2 BAO) bestimme nämlich, dass die Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides ohne Zustimmung der betroffenen Partei mit rückwirkender Kraft nur ausgesprochen werden könne, wenn der Bescheid durch wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden sei. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben, weshalb der Widerruf der gewährten Nachsicht nicht mehr zulässig sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde ist - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig,

a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder

b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden ist (§ 294 Abs. 1 BAO).

Die Änderung oder Zurücknahme kann ohne Zustimmung der betroffenen Parteien mit rückwirkender Kraft nur ausgesprochen werden, wenn der Bescheid durch wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist (§ 294 Abs. 2 BAO).

Das Finanzamt hat mit den oben angeführten Bescheiden vom bis unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes Nachsichten von Straßenverkehrsbeiträgen gewährt.

Diese Widerrufsvorbehalte sind nicht an die in § 294 Abs. 1 lit. a und b genannten Voraussetzungen gebunden. Diese gelten nur, soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind. Für den Fall eines nicht besonders determinierten Widerrufsvorbehaltes ist aber darauf abzustellen, dass nur zureichende sachliche Gründe zur Ausübung des Widerrufs berechtigen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, dass die in den lit. a und b des § 294 Abs. 1 BAO angeführten Fälle jedenfalls zureichende sachliche Gründe darstellen ().

Die Bw. hat ab September 1987 keine Transporte mehr durchgeführt, womit für sie auch keine ausländischen Straßensteuern mehr angefallen sind, die eine Nachsicht der inländischen Straßenverkehrsbeiträge gerechtfertigt hätten. Die Transporte wurden von der SCH GmbH & Co KG durchgeführt. Zum Nachsichtsansuchen vom hatte das Finanzamt von der Bw. die Nachreichung von Belegen für die geltend gemachten ausländischen Straßensteuern angefordert. Diese ausländischen Zahlungsbescheide lauteten auch nicht auf die Bw., sondern auf "S" (SCH GmbH & Co KG).

In den Nachsichtsansuchen hatte die Bw. ausgeführt, dass sie die ausländischen Abgaben zu tragen gehabt hätte. Diese Angaben waren unrichtig.

Damit lagen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 294 Abs. 1 lit. b BAO bzw. sachliche Gründe im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für einen Widerruf der gewährten Nachsichten vor.

Das Vorbringen der Bw. in der Eingabe vom ist kaum verständlich. Sollte sie der Ansicht gewesen sein, dass es für die Nachsicht der Straßenverkehrsbeiträge nur darauf angekommen wäre, dass mit einem inländischen LKW Fahrten im Ausland durchgeführt werden und ausländische Straßensteuern anfallen, ganz gleich wem der LKW gehört und wer die ausländischen Straßensteuern trägt, so ist diese Ansicht gänzlich verfehlt.

Dem Hinweis der Bw., die Nachsichtsbewilligungen wären rechtskräftig gewesen, ist entgegenzuhalten, dass die Aufhebung eines rechtskräftigen Bescheides gerade im Wesen einer Maßnahme gemäß § 294 BAO liegt.

Dem Einwand im Vorlageantrag vom , dass die Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides ohne Zustimmung der betroffenen Partei mit rückwirkender Kraft nur ausgesprochen werden könne, wenn der Bescheid durch wissentlich unwahre Angaben oder durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden sei, ist zweierlei entgegen zu halten. Zum einen wurde im angefochtenen Widerrufsbescheid keine rückwirkende Aufhebung der Nachsichtsbescheide ausgesprochen. Der Widerruf wirkte somit nicht ex tunc, sondern lediglich ex nunc. Zum anderen lagen im gegenständlichen Fall auch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 294 Abs. 2 BAO vor. Die Bw. hat ab September 1987 keine Transporte mehr durchgeführt und daher keine ausländischen Straßensteuern mehr entrichtet. Die ausländischen Straßensteuern wurden der SCH GmbH & Co KG vorgeschrieben. Dennoch machte diese die Bw. in ihren Nachsichtsansuchen geltend. Sie hat daher die Nachsichtsbewilligungen durch wissentlich unwahre Angaben herbeigeführt.

Gemäß § 302 Abs. 1 BAO sind Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig.

Mit der Verjährungsfrist im Sinne dieser Norm sind sowohl die Bemessungsverjährung (§§ 207 ff BAO) als auch die Einhebungsverjährung (§ 238 BAO) gemeint (Ritz, BAO², § 302 Tz 1).

Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe (§ 238 Abs. 1 BAO).

Die Festsetzungsverjährungsfrist betrug im gegenständlichen Fall fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO) und begann mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen (§ 208 Abs. 1 lit. a BAO).

Die Verjährungsfrist wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen, und beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, neu zu laufen (§ 209 Abs. 1 BAO).

Erstinstanzliche Bescheide unterbrechen die Verjährung (Ritz, BAO², § 209 Tz 10). Das Finanzamt wies daher zu Recht in der Berufungsvorentscheidung darauf hin, dass durch die angeführten Bescheide über die Festsetzung der Straßenverkehrsbeiträge für die Jahre 1984 bis 1986 die Verjährungsfristen unterbrochen wurden, und mit Ablauf der Jahre 1986 bzw. 1989 neu zu laufen begann.

Entgegen den Ausführungen im Vorlageantrag wurde vom Finanzamt die Verjährungsfrage sowohl hinsichtlich der Straßenverkehrsbeiträge für die Jahre 1984 und 1985, aber auch für das Jahr 1986 richtig gelöst.

Die Festsetzungsbescheide vom (betreffend den Straßenverkehrsbeitrag 1984), vom (betreffend den Straßenverkehrsbeitrag 1985), und vom (betreffend den Straßenverkehrsbeitrag 1986), unterbrachen die Verjährungsfristen. Diese begannen mit Ablauf der Jahre 1986 und 1989 neu zu laufen, und endeten mit Ablauf der Jahre 1991 und 1994.

Inwiefern die Frage des Eintrittes der Verjährung mit der Frage des Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 294 Abs. 2 BAO in Zusammenhang stehen soll, wie dies im Vorlageantrag dargestellt wurde, ist nicht ersichtlich.

Insgesamt gesehen war daher im Zeitpunkt der Erlassung des Widerrufsbescheides vom wohl hinsichtlich der Straßenverkehrsbeiträge 1984 und 1985, nicht jedoch bezüglich der Straßenverkehrsbeiträge 1986 Verjährung eingetreten.

Der Widerruf einer Nachsicht liegt im Ermessen der Abgabenbehörde (Ritz, BAO², § 294 Tz 15). Dabei ist insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu beachten. Die gegenständlichen Nachsichtsbewilligungen waren der Bw. aufgrund unzutreffender Angaben gewährt worden. Es liegt daher kein berechtigtes Interesse der Bw. an der Aufrechterhaltung der (zu Unrecht) gewährten Abgabennachsichten vor. Weiters ermöglichte der Widerruf der Nachsichten die Heranziehung des Geschäftsführers der Bw. zur Haftung für die gegenständlichen Straßenverkehrsbeiträge, um eine (zumindest teilweise) Einbringung der Abgaben im Haftungsweg doch noch zu erreichen.

Insgesamt gesehen war der Widerruf der Nachsichten daher zweckmäßig und somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 294 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Widerruf
Nachsicht
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at