Säumniszuschlag im Konkurs
Der Fall betrifft die Fassung des § 217 BAO vor BGBl. I Nr. 142/2000.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/2117-L/02-RS1 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch DDr. Gunter Peyrl gegen die Bescheide des Finanzamtes Urfahr vom betreffend Säumniszuschläge für das Jahr 2001 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die Bescheide vom , mit denen ein Säumniszuschlag betreffend Umsatzsteuer 05/2001 in Höhe von 85,65 € und ein Säumniszuschlag betreffend Einkommensteuer 10-12/2001 in Höhe von 101,16 € festgesetzt worden sind, bleiben unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Auf Grund einer durchgeführten UVA-Prüfung wurde mit Bescheid vom die bereits am fällig gewesene Umsatzsteuer 05/2001 mit einem Betrag von 58.928,00 S (4.282,46 €) festgesetzt. Am erfolgte auf dem Abgabenkonto des Bw die Einweisung der Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 mit einem Betrag von 69.600,00 S (5.058,03 €). Dieser Betrag war am fällig.
Am war beim BG F über das Vermögen des Bw das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss vom wurde das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung des am angenommenen Zwangsausgleichs aufgehoben.
Mit Bescheiden vom schrieb das Finanzamt wegen Nichtentrichtung dieser Beträge bis zum jeweiligen Fälligkeitstag für die Umsatzsteuer 05/2001 in Höhe von 4.282,46 € einen Säumniszuschlag von 85,65 € und für die Einkommensteuer 10-12/2001 in Höhe von 5.058,03 € einen Säumniszuschlag von 101,16 € vor.
Mit Eingabe vom teilte der Masseverwalter des Bw im Wesentlichen mit, dass dieser sein Unternehmen bereits vor Konkurseröffnung im Mai 2001 geschlossen habe, ab Konkurseröffnung mit keinem Gewinn zu rechnen sei und der Bw in absehbarer Zeit keine selbstständige Tätigkeit mehr ausüben werde. Es werde daher beantragt, die Einkommensteuervorauszahlungen ab Konkurseröffnung auf Null zu setzen. Unter Hinweis auf die Entscheidung des , werde ersucht, den mit Bescheid vom festgesetzten Säumniszuschlag zu stornieren bzw. den Antrag in eventu als Berufung aufzufassen, da ab Konkurseröffnung für Konkursforderungen Säumniszuschläge nicht zu verhängen seien.
Das Finanzamt wertete diesen Antrag als Berufung und wies diese mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Die am fällige Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 sei nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden. Bei der Abgabe, für die der Säumniszuschlag vorgeschrieben worden sei, handle es sich zweifelsfrei um eine Masseforderung. Gemäß § 124 Abs.1 KO seien die Massegläubiger ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen, sobald die Ansprüche fest stünden und fällig seien. Nach § 45 Abs.3 EStG würden bereits fällig gewordene Vorauszahlungsteilbeträge durch eine Änderung in der Höhe der Vorauszahlung nicht berührt. Darüber hinaus habe die Einkommensteuervorauszahlung 2001 keine Änderung erfahren. Durch den Einkommensteuerbescheid vom sei zwar eine Gutschrift von 5.471,39 € entstanden, die aber zur rechtzeitigen Abdeckung der Vorauszahlung für das 4. Quartal des Jahres 2001 nicht zur Verfügung gestanden sei.
Der Vertreter des Bw stellte am fristgerecht den Antrag auf Vorlage seiner Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Richtig sei, dass die am fällige Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sei und diese eine Masseforderung darstelle. Nach Einlangen der Buchungsmitteilung Nr. 10, mit der diese Vierteljahresbuchung vorgeschrieben worden sei, in der Kanzlei des Masseverwalters sei am ein Telefonat mit Herrn R vom Finanzamt Urfahr geführt und diesem mitgeteilt worden, dass die Konkursmasse derzeit nicht in der Lage sei, die Vorauszahlung zu leisten. Es sei angefragt worden, die Einkommensteuer 2001 erst nach Abgabe der betreffenden Erklärung in der dann feststehenden, tatsächlichen Höhe zu bezahlen. Herr R habe einer Mitarbeiterin des Masseverwalters, Frau Mag. T-P mitgeteilt, einen Aktenvermerk darüber anzufertigen, dass dieses Telefonat als Anregung für eine Stundung der Einkommensteuervorauszahlung angesehen und die Buchung intern auf Null gestellt werde. Weiters sei vereinbart worden, die Einkommensteuererklärung 2001 sobald als möglich einzureichen. Entgegen dieser gewährten Stundung sei am vom Finanzamt ein Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen erlassen worden. Die Vorschreibung der Säumniszuschläge sei ungerechtfertigt, da einerseits Stundung gewährt und andererseits sofort nach Vorliegen sämtlicher Unterlagen die Einkommensteuererklärung 2001 abgegeben worden sei, deren Veranlagung zu einem Guthaben geführt habe. Völlig unverständlich sei zudem die Verhängung eines Säumniszuschlages von 85,65 € für die Umsatzsteuer 05/2001, da es sich hiebei um eine Konkursforderung handle und ab Konkurseröffnung für Konkursforderungen Säumniszuschläge nicht mehr verhängt werden dürften.
Über die Berufung wurde erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass die Änderungen des Säumniszuschlagsrechtes durch das Budgetbegleitgesetz 2001 (BGBl. I Nr. 142/2000) erstmals auf Abgaben anzuwenden sind, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist (§ 323 Abs.8 erster Satz BAO). Für Säumniszuschläge wegen Nichtentrichtung von Abgaben, für die der Abgabenanspruch im Jahr 2001 und früher entstanden ist, gilt weiterhin die bisherige Rechtslage, unabhängig davon, wann die Säumnis eingetreten und wann die Festsetzung des Säumniszuschlages erfolgt ist. Auf das gegenständliche Berufungsverfahren war aus den vorgenannten Gründen die bisherige Rechtslage anzuwenden
Wird demnach eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, tritt gemäß § 217 Abs. 1 BAO mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder gemäß § 218 BAO hinausgeschoben wird.
Beim Säumniszuschlag in Höhe von zwei Prozent des nicht rechtzeitig entrichteten Abgabenbetrages (§ 219 BAO) handelt es sich um eine objektive, verschuldensunabhängige Säumnisfolge. Die Bestimmung des § 217 BAO räumt der Abgabenbehörde keinerlei Ermessen ein. Einzige Voraussetzung für die Säumniszuschlagsvorschreibung ist daher, dass eine konkrete Abgabenschuld spätestens bis zum Fälligkeitstag nicht bzw. nicht zur Gänze entrichtet worden ist. Damit ist aber im Anwendungsbereich des § 217 BAO aF insbesondere unerheblich, aus welchen Gründen es zum Zahlungsverzug gekommen ist bzw. ob dieser irrtümlich, unverschuldet oder schuldhaft herbeigeführt worden ist. Ebenso unmaßgeblich ist, wie lange die Säumnis angedauert hat.
Darüber hinaus setzt der Säumniszuschlag lediglich eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus. Ein Säumniszuschlagsbescheid ist demnach auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (Ritz, BAO², § 217 Tz. 1 bis 3).
§ 21 Abs.1 UStG normiert als Fälligkeitstag für Umsatzsteuervorauszahlungen jeweils den 15. des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates. Bei Selbstbemessungsabgaben (z.B. Umsatzsteuer) tritt die Fälligkeit unabhängig davon ein, ob dem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde zu diesem Zeitpunkt die Höhe der Abgabenschuld bekannt ist. Abs.3 leg. cit. normiert, dass auch eine festgesetzte Vorauszahlung den in Abs.1 genannten Fälligkeitstag hat.
Im Berufungsfall ist zu Recht unstrittig, dass die Umsatzsteuer 05/2001 den Konkursforderungen (§ 50 KO) und die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 den Masseforderungen (§46 KO) zuzurechnen ist. Nicht in Streit steht ferner, dass die Umsatzsteuer 05/2001 zu dem vor Konkurseröffnung gelegenen Fälligkeitstermin nicht entrichtet worden ist.
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgabe maßgeblichen Fälligkeitstages (§ 220 Abs.1 BAO aF). Eine solchermaßen eingetretene Verpflichtung erlischt nicht dadurch, dass in der Folge ein Konkurs über das Vermögen des Abgabenschuldners eröffnet wird. Vielmehr kann sie auch nach diesem Zeitpunkt bescheidmäßig geltend gemacht werden ( mit Hinweis auf ), wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Säumniszuschlagspflicht vor Konkurseröffnung zutreffen.
Die Konkurseröffnung stand der Festsetzung des Säumniszuschlages daher nicht entgegen. Allerdings stellt dieser Säumniszuschlag ebenso wie die Umsatzsteuer 05/2001 eine Konkursforderung dar, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens anzumelden und nur im Ausmaß der Konkursquote zu berichtigen war. Die im gegenständlichen Bescheid enthaltene Aufforderung zur unverzüglichen (vollen) Entrichtung des Säumniszuschlages in Höhe von 85,65 € erweist sich daher als rechtswidrig, weshalb insofern dem Berufungsvorbringen Berechtigung zukam.
Nur dann, wenn die Fälligkeit einer vor der Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt, kann bei einer nach Abgabenrecht verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen, weil diesfalls die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vorgehen. Sind dagegen Abgabenforderungen erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und nach diesem Zeitpunkt fällig geworden (wie die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001), so tritt im Falle der Unterlassung der Entrichtung die Säumniszuschlagspflicht ein.
Das vom Bw zitierte Erkenntnis ( mit Hinweis auf ) bekräftigt die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Ansicht, dass die Vorschriften der Konkursordnung, die eine von abgabenrechtlichen Fälligkeitsregelungen abweichende Entrichtung einer Abgabe vorsehen, gegenüber den Vorschriften des Abgabenrechtes Vorrang haben. Da jedoch, wie erwähnt, die Fälligkeit der Umsatzsteuer 05/2001 noch vor Konkurseröffnung eingetreten ist, sind gegenständlich die einschlägigen abgabenrechtlichen Bestimmungen anzuwenden.
Unbestritten ist, dass auch die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 nicht zum Fälligkeitstag entrichtet worden ist. Wenn auch, wie der Bw anführt, das Massevermögen nicht ausreichte, um sämtliche Masseforderungen zu befriedigen, so wird dadurch die Rangordnung des § 47 Abs.2 KO die Fälligkeit der Masseforderung und das Gebot, sie zu begleichen, nicht berührt.
Die aus der Veranlagung der Einkommensteuer für das Jahr 2001 sich ergebende Gutschrift wurde erst mit dem Tag der Verbuchung am wirksam und stand deshalb zur Abdeckung der am fälligen Einkommensteuervorauszahlung (noch) nicht zur Verfügung.
Mit dem Berufungsvorbringen, ein Mitarbeiter des Finanzamtes Urfahr habe im Zuge eines am geführten Telefonates Frau Mag. T-P, einer Mitarbeiterin des Masseverwalters, mitgeteilt, in einem Aktenvermerk festhalten zu wollen, dass dieses Telefonat als Anregung zur Stundung der Einkommensteuervorauszahlung angesehen und die Buchung intern auf Null gestellt werde, doch sei entgegen der vom Finanzamt gewährten Stundung ein Säumniszuschlag festgesetzt worden, macht der Bw im Ergebnis einen Verstoß gegen Treu und Glauben geltend. Unter dem Grundsatz von Treu und Glauben ist zu verstehen, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten und worauf andere vertraut haben. Diesem Grundsatz kommt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allerdings nur dann Bedeutung zu, wenn die betroffene Vorgangsweise der Behörde nicht gegen zwingendes Recht verstößt, weil das Legalitätsgebot stärker ist als jeder andere Grundsatz.
§ 45 Abs.3 EStG normiert, dass das Finanzamt nach dem 30. September Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr nicht mehr erlassen darf; dies gilt nicht für Bescheide auf Grund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30. September gestellt hat, sowie für eine Änderung in einem Rechtsmittelverfahren.
Weder bestand daher am eine gesetzliche Grundlage zur Abänderung der Einkommensteuervorauszahlung, noch kann eine "Anregung zur Stundung", wie vom Bw dargelegt, eine rechtliche Bindungswirkung entfalten, da die Zuerkennung einer Stundung ohne das Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages unzulässig ist. Die Behörde ist verpflichtet, gesetzmäßig zu handeln, sodass aus dem Grundsatz von Treu und Glauben für den Bw nichts zu gewinnen ist.
Dass bis zum Fälligkeitstag einen Antrag auf Stundung dieser Vorauszahlung eingebracht worden wäre, wurde auch vom Bw nicht behauptet.
Wenn auch für die Entscheidung ohne Relevanz, ist ein Telefonat vom nicht aktenkundig. Ebenso wenig ist der Aktenlage eine beantragte und zugesicherte Stundung der Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 zu entnehmen. Erst im Hinblick auf die Eingabe des Masseverwalters vom wurde am ein Aktenvermerk angelegt, wonach Frau Mag. T-P telefonisch mitgeteilt worden sei, dass eine Nullstellung der Vorauszahlung 2001 nicht möglich sei.
Im Berufungsfall wurden die Umsatzsteuer 05/2001 und die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2001 nicht spätestens am vorgeschriebenen Fälligkeitstag entrichtet und auch der Eintritt der Verpflichtung der Entrichtung der Säumniszuschläge nicht durch ein rechtzeitig eingebrachtes Ansuchen um Zahlungserleichterung hinausgeschoben. Solcherart ist aber die Rechtsfolge durch das Gesetz festgelegt: Die Abgabenbehörde ist bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages von Gesetzes wegen - unter Ausschaltung jedweden Ermessens - verpflichtet.
Die Festsetzung der Säumniszuschläge von 85,65 € und 101,16 € erweist sich daher aus den vorgenannten Überlegungen als rechtmäßig, sodass das Berufungsbegehren spruchgemäß als unbegründet abzuweisen war.
Linz,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 220 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 323 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Säumniszuschlag Konkurs |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at