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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.04.2003, RV/1544-L/02

Urlaubsaufenthalt in Jesolo auch bei ärztlicher Verordnung keine außergewöhnliche Belastung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1544-L/02-RS1
Ein ärztlich verordneter Meeraufenthalt, bei dem keine (kur)ärztliche Betreuung erfolgt und der sich nicht von einer normalen Erholungsreise unterscheidet, kann auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn dadurch tatsächlich eine Besserung der Krankheit eintritt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2001 entschieden: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die für das Jahr 2001 festgesetzte Einkommensteuer vermindert sich von 509,15 € auf 465,91 €.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin beantragte im Zuge ihrer Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2001 unter anderem die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen auf Grund ihrer Behinderung, und zwar die Pauschbeträge für Diätverpflegung und Verwendung eines eigenen Kraftfahrzeuges, weiters nachgewiesene Kosten für Heilbehandlungen und Hilfsmittel (Krankenhaus- und Apothekenrechnungen, orthopädische Schuhe etc.) und Kosten für einen Aufenthalt am Meer (Jesolo).

Das Finanzamt verminderte die Krankenhausrechnungen um eine Haushaltsersparnis und anerkannte die orthopädischen Schuhe und die Reisekosten nach Jesolo nicht, im Übrigen wurde dem Begehren Rechnung getragen.

In einer gegen die Kürzungen eingebrachten Berufung wurde auf das bereits im Erstantrag geschilderte Krankheitsbild verwiesen (fortgeschrittenes Krebsstadium, Immunschwäche durch laufende Chemotherapien) und im Wesentlichen ausgeführt: Auf Grund der Immunschwäche kam eine eitrige Bronchitis dazu, weshalb der behandelnde Arzt zur Vermeidung irreparabler Lungenschäden nach Maßgabe der Reisefähigkeit zwischen den Chemotherapien zu einem Meeraufenthalt riet. Eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit wurde vorgelegt. Die orthopädischen Schuhe würden wegen eines Tumors im Bereich der Wirbelsäule in Verbindung mit einem Bandscheibenvorfall benötigt. Der Abzug einer Haushaltsersparnis sei bei den laufenden Krankenhausaufenthalten für die Chemotherapie ungerechtfertigt.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde dem Begehren teilweise stattgegeben und die Kosten für die orthopädischen Schuhe anerkannt, im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde das bisherige Vorbringen aufrecht erhalten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 muss eine Ausgabe, soll sie als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Dies ist insofern der Fall, als die Belastung den vom Einkommen des Steuerpflichtigen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Nach Abs. 6 des § 34 EStG können unter anderem ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung abgezogen werden, die nach der Verordnung des BM für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl 1996/303 und BGBl II 1998/91) ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind. Im Sinn dieser Verordnung gehören hiezu neben verschiedenen Pauschbeträgen nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß.

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die von der Berufungswerberin geltend gemachten Aufwendungen in Zusammenhang mit der die Behinderung auslösenden Krankheit stehen und daher der Selbstbehalt des § 34 leg.cit. nicht zu berücksichtigen ist, soweit die Kosten dem Grunde nach unter die genannten Aufwendungen zu zählen sind. Strittig ist daher lediglich, ob der Aufenthalt in Jesolo dem Grunde nach als Heilbehandlung einzustufen ist und in welcher Höhe die Krankenhauskosten anzuerkennen sind.

Allein die Bezeichnung "Heilbehandlung" deutet darauf hin, dass eine Reise, sollte sie diese Voraussetzung erfüllen, zumindest mit einer (kur)ärztlichen Behandlung oder Betreuung verbunden sein müsste. Eine Reise, die sich in nichts von einer normalen Erholungsreise unterscheidet, wird auch nicht dadurch zu einer Heilbehandlung, dass sie auf ärztliche Empfehlung erfolgt und dass sie auch tatsächlich zu einer Besserung der Krankheit führt. Auch wenn sich ein Steuerpflichtiger aus gesundheitlichen Gründen zu einem Meeraufenthalt entschließt, können die angefallenen Kosten nicht anders beurteilt werden als die Kosten für einen Erholungsurlaub, der letztlich auch der Gesundheit dient.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, insbesondere auf das Erkenntnis vom , 98/15/0123, worin ebenfalls in Zusammenhang mit einem ärztlich verordneten Meeraufenthalt ausgeführt wird: Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur)reise führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Wesentlich ist, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, auch mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, und nicht nur ein Erholungsaufenthalt ist.

In diesem Sinn konnte die Reise nach Jesolo keine steuerliche Berücksichtigung finden.

Zu der ebenfalls hier strittigen Haushaltsersparnis anlässlich der Krankenhausaufenthalte der Berufungswerberin ist zu bemerken: Ebenso wie Kostenersätze durch eine Versicherung den Aufwand mindern, den ein Steuerpflichtiger durch einen Krankenhausaufenthalt hat, so mindert auch die Tatsache, dass er sich während der Zeit seines Krankenhausaufenthaltes nicht im eigenen Haushalt verpflegen muss, diesen Aufwand. Da die normalen Lebenshaltungskosten, die einem Steuerpflichtigen üblicherweise erwachsen, nicht steuerlich begünstigt sind, ist es gerechtfertigt, diesen Betrag von den Kosten, die steuerlich zu berücksichtigen sind, abzuziehen. Die Kürzung des Aufwandes um eine Haushaltsersparnis erfolgte daher zu Recht.

Die Kosten für die orthopädischen Schuhe wurden vom Finanzamt zu Recht bereits in der Berufungsvorentscheidung als notwendige Hilfsmittel berücksichtigt. Die Berechnung der Abgabennachforderung in der Berufungsvorentscheidung ist daher auch dieser Entscheidung zu Grunde zu legen.

Linz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
Krankheitskosten
Erholungsreise
Urlaub
Jesolo
Meer
Kur
ärztliche Empfehlung
Heilbehandlung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at