Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes (Auslandspraktikum, "Verordnungsgemeinde")
Neuer Verordnungstext der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes ab
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/1281-L/02-RS1 | Hier: Entfernung von ca. 40 km |
RV/1281-L/02-RS2 | Wird eine Ausbildungsmöglichkeit außerhalb des Einzugsbereiches im Rahmen von Austauschprogrammen an einer fremdsprachigen Universität in Anspruch genommen, ist angesichts des Umstandes der Förderung sowie der Vermittlung der Lehrinhalte in einer Fremdsprache von unterschiedlichen Lehrinhalten auszugehen. In diesen Fällen steht für den Zeitraum des Auslandsstudiums der Freibetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 zu (hier: viermonatiges Auslandspraktikum an der Universität Bangkok in Thailand). |
Folgerechtssätze | |
RV/1281-L/02-RS1 | wie RV/0356-I/02-RS1 Beträgt die Entfernung zwischen Ausbildungs(Studien)- und Wohnort weniger als 80 km und gilt die tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen den beiden Orten gemäß der zu § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 ergangenen Verordnungen als zeitlich zumutbar, erfolgt die Berufsausbildung eines Kindes innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Die durch eine solche Berufsausbildung verursachten Aufwendungen können weder nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 noch - im Hinblick auf die Anordnungen in § 34 Abs. 7 EStG 1988 - nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau am Inn betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Am brachte der Bw. die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 beim Finanzamt Braunau am Inn ein.
Unter "Berufsausbildung von Kindern außerhalb des Wohnortes" wurde der Pauschalbetrag für die Tochter des Bw. für ihre Ausbildung an der Universität S. geltend gemacht. Für den Zeitraum ab bis wurde eine Bestätigung der Universität Bangkok über die Absolvierung eines Auslandspraktikums vorgelegt.
Mit Einkommensteuerbescheid vom versagte das Finanzamt Braunau am Inn die Anerkennung des Pauschbetrages für auswärtige Berufsausbildung mit folgender Begründung:
"Aufwändungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten nicht als außergewöhnliche Belastung, wenn auch im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Eine solche Möglichkeit ist in Ihrem Fall gegeben. Die geltend gemachten Aufwändungen für das Studium Ihrer Tochter in S. konnten daher nicht anerkannt werden. Da es sich im Fall Ihrer Tochter (Auslandsstudium Bangkok) um Ausbildung handelt, konnten auch diese Aufwändungen nicht berücksichtigt werden."
Die Versagung der Anerkennung führte zu einer Nachforderung an Einkommensteuer in Höhe von ATS 7.472,--. Dies auf Grund eines bei der Lohnverrechnung laut Lohnzettel berücksichtigten Freibetrages in Höhe von ATS 27.984,-- (Freibetragsbescheid für das Jahr 2000 vom ).
In der mit Schreiben vom fristgerecht erhobenen Berufung wurde ausgeführt, diese Begründung und der dieser Begründung zu Grunde gelegte Sachverhalt sei unrichtig, da im "Einzugsgebiet von M." kein Studium der Tochter möglich sei.
Die Tochter des Bw. sei während des gesamten Jahres 2000 an der Universität S. inskripiert gewesen und habe sie dieses Studium im Sommer 2001 abgeschlossen. Zur Absolvierung dieses Studiums sei es unerlässlich gewesen, in S. eine Studienunterkunft zu nehmen, was für den Bw. nicht unerhebliche finanzielle Aufwändungen ergeben hätte.
Falls der Berufung nicht stattgegeben werde, ziehe er seinen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 zurück.
Beigelegt waren der Berufung eine Fortsetzungsbestätigung der Universität S. sowie zwei Inskriptionsbestätigungen für das Winter-Semester 1999/2000 und das Sommer-Semester 2000.
Mit Berufungsvorentscheidung vom bestätigte die Abgabenbehörde erster Instanz den Erstbescheid und führte in der Begründung im Wesentlichen aus:
Aufwändungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes würden dann nicht als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn auch im Einzugsbereich des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Gemäß § 1 der Verordnung würden darunter Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km vom Wohnort fallen. Die Aufwändungen für das Studium der Tochter in S. könnten daher nicht berücksichtigt werden.
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 sei ein Steuerpflichtiger zu veranlagen, wenn in einem Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr berücksichtigte besondere Verhältnisse gem. § 63 Abs. 1 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen würden. Laut vorgelegtem Freibetragsbescheid sei vom Dienstgeber ein Lohnsteuerfreibetrag für 2000 in Höhe von ATS 27.984,-- berücksichtigt worden. Für 2000 stehe dem Bw. aber nur ein Freibetrag in Höhe von ATS 9.375,-- zu. Da somit die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung im Sinne des § 41 vorliegen würden, könne der Berufung nicht stattgegeben werden.
Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag brachte der Bw. ergänzend vor: Die zitierte Verordnung, BGBl. 624/1955, ergangen zum § 34 Abs. 8 des EStG, besage zwar im § 1, dass Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt seien, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes liegen würden, die Bestimmungen des § 2 Abs. 3 leg.cit. brächten jedoch zum Ausdruck, dass Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km jedenfalls dann nicht als im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen gelten würden, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen würden.
Wegen der teilweise in den Abendstunden gelegenen Vorlesungszeiten, welche nicht selten eine Heimfahrt von S. nach M. nicht mehr zugelassen hätten und wegen der Fahrzeit von M. nach S. und retour von mehr als einer Stunde sei es, um einen möglichst raschen Studienabschluss zu gewährleisten, unerlässlich gewesen, in S. eine Studienunterkunft als Zweitwohnsitz zu bewohnen.
Als Nachweis werde eine Meldebestätigung vorgelegt.
Seitens des Unabhängigen Finanzsenates wurde eine telefonische Auskunft von Herrn Mag. B., Leiter des Büros für Außenbeziehungen der Universität S., eingeholt. Nach dieser Auskunft handelt es sich bei dem Auslandspraktikum "Deutsch als Fremdsprache" in Bangkok/Thailand um ein vom Wissenschaftsministerium mit Stipendien gefördertes Programm.
Über die Berufung wurde erwogen:
Studium in S.:
Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht.
Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes in der Fassung BGBl. I Nr. 624/1995, liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung des BM für Finanzen zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. I Nr. 624/1995, gelten Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort jedenfalls als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, zeitlich noch zumutbar ist.
Nach § 4 der Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. I Nr. 605/93, ist von M. die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort S. zeitlich noch zumutbar.
Die Tochter des Bw. hat unbestritten im gegenständlichen Kalenderjahr bis in S. studiert, der Familienwohnsitz befand sich in M.. In S. hatte die Studentin eine Studienunterkunft.
S. liegt von M. ca. 40 km entfernt und damit innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes. Da M. auch in § 4 der Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. I Nr. 605/93, genannt ist, ist gemäß § 3 Abs. 2 der Verordnung des BM für Finanzen zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. I Nr. 624/1995, jedenfalls davon auszugehen, dass von M. die tägliche Hin- und Rückfahrt zumutbar ist.
Diese pauschale Betrachtung nimmt auf die tatsächlichen Unterrichtszeiten und auf die sonstigen Umstände des Einzelfalles nicht Rücksicht, weshalb die diesbezügliche Argumentation des Bw. ins Leere geht.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 der Verordnung BGBl 1995/624, wonach Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 kam dann nicht als im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen gelten, wenn Schüler oder Lehrlinge, die innerhalb von 25 km keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit haben, für Zwecke der Ausbildung außerhalb des Hauptwohnortes eine Zweitunterkunft am Ausbildungsort bewohnen. Der Bw. vermeint, aus dieser Bestimmung den Anspruch auf den Pauschalbetrag ableiten zu können. Die Bestimmung bezieht sich aber ausdrücklich nur auf Schüler und Lehrlinge und ist daher auf Studenten nicht anwendbar. Der VwGH hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Differenzierung zwischen Schülern und Studenten, weil Alter und damit Schüler- oder Studentenstatus des Kindes bei der Beurteilung der Frage nach dem Einzugsbereich keine sachfremden Kriterien darstellen. Die genannte Bestimmung ist im gegenständlichen Berufungsverfahren nicht anwendbar, da die Tochter des Bw. unbestritten Studentin in S. ist. Der Pauschalbetrag für auswärtige Berufsausbildung steht daher für das Studium in S. nicht zu.
Auslandspraktikum an der Universität Bangkok:
Kosten für eine Berufsausbildung im Ausland sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn eine entsprechende Berufsausbildungsmöglichkeit im Inland nicht gegeben ist (). Wird jedoch eine Ausbildungsmöglichkeit außerhalb des Einzugsbereiches im Rahmen von Austauschprogrammen an einer fremdsprachigen Universität in Anspruch genommen, ist angesichts des Umstandes der Förderung (wobei die Förderung nicht zwangsläufig mit einer direkten finanziellen Unterstützung des Studenten verbunden sein muss) sowie der Vermittlung der Lehrinhalte in einer Fremdsprache von unterschiedlichen Lehrinhalten auszugehen. In diesen Fällen steht für den Zeitraum des Auslandsstudiums der Freibetrag gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 zu. Die Tochter des Bw. hat laut Bestätigung der Universität Bangkok/Thailand vom bis ein Auslandspraktikum absolviert. Da das Auslandspraktikum vom Wissenschaftsministerium mit Stipendien gefördert wird liegen die genannten Voraussetzungen vor.
Für die Monate November und Dezember 2000 steht daher der Pauschbetrag für auswärtige Berufsausbildung zu. In diesem Punkt konnte der Berufung stattgegeben werden.
Zurücknahme des Antrages auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000:
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist ein Steuerpflichtiger zu veranlagen, wenn in einem Freibetragsbescheid für das Kalenderjahr berücksichtigte besondere Verhältnisse gem. § 63 Abs. 1 nicht in der ausgewiesenen Höhe zustehen.
Am wurde vom Finanzamt Braunau ein Freibetragsbescheid für das Jahr 2000 erstellt, in welchem ein Lohnsteuerfreibetrag von ATS 27.989,00 ausgewiesen ist. Dieser Freibetrag wurde laut Lohnzettel vom Arbeitgeber bei der Lohnverrechnung des gegenständlichen Jahres berücksichtigt. Im gegenständlichen Freibetragsbescheid wurden bei der Berechnung des Freibetrages außergewöhnliche Belastungen für die auswärtige Berufsausbildung in Höhe von ATS 18.000,00 berücksichtigt. Dieser Betrag steht im Jahr 2000 nach den obigen Ausführungen nicht zu. Die berücksichtigten Verhältnisse haben sich daher geändert, es war eine Pflichtveranlagung durchzuführen. Der Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2000 kann daher nicht zurückgenommen werden.
Linz,
Beilage : 1 Berechnungsblatt
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 1 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 § 26 Abs. 3 StudFG - Erreichbarkeit von Studienorten (BMWF), BGBl. Nr. 605/1993 § 2 Abs. 2 Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 § 4 StudFG - Erreichbarkeit von Studienorten (BMWF), BGBl. Nr. 605/1993 |
Schlagworte | auswärtige Berufsausbildung Studium Auslandspraktikum |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 2008, 41 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at