Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 04.04.2003, RV/0019-G/02

Haftung eines Vereinsobmannes für vom Finanzamt rückverrechnete Vorsteuerbeträge

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0019-G/02-RS1
Bei Stiftungen, Fonds und Vereinen bestimmen grundsätzlich die Statuten jene Person, die zur Vertretung nach Außen berufen ist. Dieses Organ ist den Behörden für die gesetzmäßige Tätigkeit des Vereines verantwortlich und letztlich bei schuldhafter Pflichtverletzung nach § 9 BAO haftbar.
Folgerechtssätze
RV/0019-G/02-RS1
wie RV/1665-L/02-RS1
Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO 1998 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit dem Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Bw. als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO und §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten des D Vereines im Ausmaß von 1,533.050,71 S in Anspruch. Begründend wurde ausgeführt, nach § 9 Abs. 1 BAO hafteten die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Der Bw. habe trotz bestehender Mitwirkungspflicht einen diesbezüglichen Vorhalt des Finanzamtes vom nicht beantwortet, weshalb von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. das Rechtsmittel der Berufung mit der Begründung, er habe die Funktion des Obmannes des Vereines D, nicht aber die eines Geschäftsführers ausgeübt. Der im Haftungsbescheid ausgewiesene Umsatzsteuerrückstand der Jahre 1988 bis 1992 sei im Zuge einer Betriebsprüfung ermittelt worden. Die ermittelten Beträge seien ihm nicht verständlich, zumal es seines Wissens über die streitgegenständlichen Jahre rechtskräftige Abgabenbescheide gebe. Da bereits zuvor Betriebsprüfungen und Umsatzsteuerprüfungen stattgefunden hätten und hiebei keine Umsatzsteuerschuld festgestellt worden sei, sei es ihm als damaliger Obmann auch nicht möglich gewesen, finanzielle oder rechtliche Maßnahmen zu ergreifen, "damit eine nach rund 10 Jahren nochmals geänderte Umsatzsteuerfeststellung gedeckt werden könne". Darüberhinaus sei er als Obmann an bestehende Beschlüsse und sonstige Vereinbarungen gebunden gewesen. Seine Tätigkeit beim Verein sei ehrenamtlich erfolgt. Er ersuche um nochmalige Überprüfung sämtlicher, dem Haftungsbescheid zu Grunde liegender Unterlagen und Bescheide.

Nach abweislich ergangener Berufungsvorentscheidung vom stellte der Bw. in der Eingabe vom ohne weitere Ausführungen den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Der Berufung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Bildung des D Vereines wurde der Sicherheitsdirektion für Steiermark am angezeigt und von dieser mit dem Bescheid vom gemäß § 6 Vereinsgesetz 1951 nicht untersagt. Zum Obmann des Vereines wurde am der Bw. gewählt. Der Vereinszweck wurde gemäß § 2 der in der Generalversammlung vom zuletzt geänderten Vereinsstatuten wie folgt definiert:

Der Verein bezweckt die Förderung seiner Mitglieder und der Allgemeinheit auf dem Gebiete des Volkswohnungswesens, sowie die Errichtung von Wohnanlagen, Eigentumswohnungen, Wohnheimen und sonstigen Baulichkeiten, die Revitalisierung, Verwaltung, Vermietung und Verpachtung bestehender Baulichkeiten aller Art, unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit im Bereiche des Volkswohnungswesens. Die Tätigkeit des Vereines ist nicht auf Gewinn gerichtet.

§ 12 der Satzung lautet auszugsweise:

(1) Der Vorstand besteht aus zumindest zwei bis maximal vier natürlichen Personen. Es sind dies der (die) Obmann (Obfrau) und der (die) Kassier (Kassierin) und deren Stellvertreter.

......

(3) Die Funktionsdauer des Vorstandes beträgt fünf Jahre und währt bis zur Wahl eines neuen Vorstandes. Die Wiederwahl ist möglich.

......

(6) Für den Fall, dass ein Vorstandsmitglied dem Vorstand nicht mehr angehört, und eine Nachbesetzung noch nicht stattgefunden hat, übernehmen die restlichen Mitglieder dessen Tätigkeiten bis zur nächsten ordentlichen Generalversammlung, wo eine Nachbesetzung zu erfolgen hat.

......

§ 13 der Satzung lautet:

(1) Der Vorstand vertritt den Verein gerichtlich und außergerichtlich.

(2) Die Zeichnung für den Vorstand und den Verein erfolgt durch den Obmann.

(3) Dem Vorstand obliegt die Geschäftsführung und Leitung des Vereines, insbesondere:

a.) die Erstellung des Jahresabschlusses,

b.) die Erstellung des Jahresvoranschlages,

c.) die Erstellung von Rechenschaftsberichten,

d.) die Verwaltung, der Ankauf und der Verkauf des Vereinsvermögens,

e.) der Ankauf von Liegenschaften und dergleichen,

f.) der Abschluss von Verträgen aller Art, sowie alle Personalangelegenheiten,

g.) die Vorbereitung, Einberufung und Abhaltung von Generalversammlungen,

h.) die Entscheidung über die Aufnahme und das Ausscheiden von Mitgliedern,

i.) sämtliche anfallenden Aufgaben, sofern diese nicht laut Satzung in den Aufgabenbereich eines anderen Vereinsorganes entfallen.

In der Eingabe vom an die Sicherheitsdirektion für Steiermark beantragte der Bw. die behördliche Auflösung des Vereines, weil dieser de facto nicht mehr existiere, zumal es keine Vereinsmitglieder und keine Vorstandsmitglieder gebe. Lediglich der Bw. habe als Anlaufstelle für allfällige Anfragen gedient, wobei aber seit mehreren Jahren keinerlei Vereinstätigkeiten mehr ausgeübt worden seien.

Mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom wurde der D Verein gemäß § 24 Vereinsgesetz 1951 von Amts wegen aufgelöst.

Aus dem Betriebsprüfungsakt ergibt sich, dass das Finanzamt erstmals im Jahr 1991 beim D Verein eine Buch- und Betriebsprüfung gemäß § 150 BAO betreffend die Jahre 1987 bis 1990 durchgeführt hat (BP-Bericht vom 27. Novemer 1991). Tz. 10 dieses Berichtes lautet:

In den in den Umsatzsteuererklärungen für 1988 bis 1990 ausgewiesenen Vorsteuerbeträgen sind Beträge enthalten, die aus der Errichtung von zwei im Eigentum des Vereines stehenden Wohnungen entstanden sind.


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1988
S 22.362,11
1989
S 34.079,82
1990
S 377.962,03
S 434.403,96

Dzt. steht noch nicht fest bzw. konnten auch von seiten des geprüften Unternehmens keine genauen Angaben darüber gemacht werden, ab wann und in welcher Weise diese beiden Wohnungen genützt werden. Eine Anerkennung der Beträge als Vorsteuer ist daher noch fraglich. Auf Grund dieses Umstandes wurde die Umsatzsteuer für die geprüften Jahre gem. § 200 BAO vorläufig veranlagt.

Tz. 13 des zitierten Berichtes lautet auszugsweise:

Seit Vereinsgründung wurde bisher vornehmlich das Bauprojekt "Wohnanlage P" vom Verein betreut.

Dabei wurde im August 1988 eine Liegenschaft vom Verein gekauft. Nach durchgeführten Bauvorbereitungshandlungen wurde im Mai 1989 mit dem Bau einer Wohnhausanlage mit 16 Wohnungen begonnen. Zwischenzeitlich wurden mit den Wohnungswerbern sog. Baubetreuungsverträge abgeschlossen. ...

Im März 1990 erfolgte der Verkauf der Liegenschaftsanteile an die Wohnungswerber. Bauherren des gesamten Projektes waren die Wohnungswerber. Zwei von den 16 Wohnungen konnten nicht verkauft werden und verblieben im Eigentum des Vereines (siehe auch Tz. 10).

Auf Grund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Wohnungswerbern, dem Verein sowie dem mit der Planung betrauten Architekten wurde im Jahr 1990 der Bau eingestellt. Die Wohnungswerber haben sich daraufhin vom Verein getrennt, eine eigene Interessengemeinschaft gegründet und den Verein, dessen Obmann, den Kassier und den Architekten wegen Baukostenüberschreitung und Terminüberschreitungen geklagt.

Erhebungen beim Landesgericht ergaben, dass derzeit gegen den Verein das Verfahren der Wohnungswerber, zwei Verfahren von Banken wegen nicht rückbezahlter Schulden und fünf Verfahren von Bauschaffenden wegen nicht bezahlter Rechnungen anhängig sind. Beim BG für ZRS ist ein Verfahren anhängig, in welchem der Verein ein Mitglied wegen eines offenen Mitgliedbeitrages von 818,46 S geklagt hat.

Mit dem laut Vereinspolizei neben dem Obmann und dem Kassier noch im Vorstand aufscheinenden Schriftführer wurde vom Prüfer Kontakt aufgenommen. Dabei erklärte dieser, dass er bereits zu Beginn des Jahres 1989 aus dem Verein sowohl als Vorstandsmitglied als auch als Mitglied ausgeschieden sei. Obwohl laut § 18 Pkt. 2 der Satzungen einmal im Geschäftsjahr innerhalb der ersten sechs Monate eine Generalversammlung stattfinden sollte, konnte es der Verein bis dato nicht zur Bestellung eines vollständigen Vorstandes bringen.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ am für die Jahre 1989 und 1990 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Umsatzsteuerbescheide. Für das Jahr 1988 wurde die gegen den im Zeitpunkt der Betriebsprüfung bereits ergangenen Umsatzsteuerbescheid eingebrachte Berufung dahingehend erledigt, dass die Festsetzung der Umsatzsteuer ebenfalls nur gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erfolgte. In den drei Prüfungsjahren kam es (durch die vorläufige Anerkennung der Vorsteuerbeträge) zu Gutschriften auf dem Abgabenkonto des D Vereines (1988 22.362,00 S, 1989 34.079,82 S und 1990 377.962,03 S).

Das Finanzamt erließ in der Folge auch für die Jahre 1991 und 1992 hinsichtlich Umsatzsteuer vorläufige Bescheide gemäß § 200 Abs. 1 BAO.

Im Jahr 1996 führte das Finanzamt beim D Verein neuerlich eine Betriebsprüfung durch (BP-Bericht vom ). Eine zuvor geplante Umsatzsteuerrevision konnte nicht durchgeführt werden, weil nach einem Aktenvermerk des Prüfers zum vereinbarten Prüfungstermin niemand angetroffen wurde und weitere telefonische Kontaktaufnahmen mit dem Bw. fehl schlugen. Auch einer schriftlichen Vorladung wurde keine Folge geleistet.

Tz. 15 des Betriebsprüfungsberichtes lautet auszugsweise:

Mit Schreiben vom wurde der Bw. von der Vornahme einer Betriebsprüfung für die Jahre 1991-1993 verständigt und für den vorgeladen. Der Bw. meldete sich am telefonsich beim Prüfer, um mitzuteilen, dass er an diesem Tag beruflich unabkömmlich sei, er sich aber in den nächsten Wochen melden werde.

Nachdem sich der Bw. nicht gemeldet hatte, wurde er vom Prüfer mit Schreiben vom für den vorgeladen. Der Bw. ist zu diesem Termin jedoch nicht erschienen.

Mit Schreiben vom wurde der Bw. für den neuerlich vorgeladen.

In dem Schreiben vom teilte der Bw. dem Prüfer mit, dass er den Termin vom 19.10. aus beruflichen Gründen nicht einhalten könne. Der Prüfer wurde um "kurze Übermittlung" der noch offenen Fragen und eine Terminverschiebung in der ersten Dezemberwoche 1995 gebeten.

Im Schreiben vom wurden dem Bw. die offenen Fragen übermittelt, und er wurde ersucht, am beim Prüfer vorzusprechen. Der Bw. ist zu diesem Termin nicht erschienen.

Im Schreiben vom wurden dem Bw. die von der Bp getroffenen Feststellungen zur Kenntnis gebracht. Er wurde zur Schlussbesprechung am vorgeladen.

In einem Schreiben, das am beim Finanzamt eingegangen ist, wurde der Prüfer vom Bw. ersucht, ihm die Grundlagen für die getroffenen Feststellungen zu überreichen und zu erläutern". Daraufhin wurde der Bw. nochmals mit Schreiben vom vorgeladen, um diese Grundlagen zu besprechen. Zu diesem Termin ist der Bw. nicht erschienen.

Der Betriebsprüfer stellte fest, dass die beiden noch im Eigentum des D Vereines stehenden Wohnungen nach Fertigstellung der Wohnanlage im Jahr 1993 bzw. Anfang 1994 auf Betreiben der Bank, der der D Verein bereits Ende Juni 1992 das Verkaufsrecht abgetreten hatte, verkauft wurden. Das Finanzamt erließ daher am hinsichtlich der Jahre 1988 bis 1992 endgültige Umsatzsteuerbescheide. Dies führte hinsichtlich der Jahre 1988 bis 1990 am Abgabenkonto des D Vereines zu Umsatzsteuernachforderungen in gleicher Höhe wie die zunächst anerkannten Vorsteuerbeträge (1988 22.362,00 S, 1989 34.080,00 S und 1990 377.962,00 S). Hinsichtlich der Veranlagungsjahre 1991 und 1992 kam es auf Grund der Prüfungsfeststellungen zu Umsatzsteuernachforderungen in der Höhe von 488.968,00 S (1991) bzw. 575.969,00 S (1992).

Im Zuge eines Vorhaltes durch die Finanzlandesdirektion für Steiermark wurde der Bw. damit konfrontiert, dass im Zeitraum bis vom Abgabenkonto des D Vereines auf Antrag zusammen 808.866,10 S ausbezahlt und zusammen 790.130,79 S auf Abgabenkonten anderer Abgabepflichtiger umgebucht oder überrechnet worden seien, sodass der Verein insgesamt über Abgabenguthaben von 1,598.996,89 S verfügt habe. In diesem Zeitraum seien nur 143.375,60 S auf das Abgabenkonto des D Vereines zur Entrichtung von Abgaben eingezahlt bzw. überwiesen worden; nach dem sei vom Verein keine einzige Zahlung bzw. Überweisung mehr geleistet worden. Daneben habe der Verein den Vertreter der Bank bevollmächtigt, die beiden im Eigentum des Vereines stehenden Wohnungen zu veräußern und die erzielten Barverkaufserlöse in der Höhe von mehr als 7,4 Millionen S zur Abdeckung der auf den Kreditkonten aushaftenden Verbindlichkeiten zu verwenden. Der Bw. wurde aufgefordert, für den Fall des Nichtzutreffens einer Benachteiligung der Abgabenforderungen geeignete Beweismittel vorzulegen und konkrete Gründe vorzubringen, warum er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Abgabenschuldigkeiten aus den Mitteln des Vereines entrichtet wurden.

In der Eingabe vom führte der Bw. aus, es sei leicht, nach 10 Jahren Vermutungen aufzustellen, ohne die damaligen Verhältnisse erlebt zu haben. Er habe seinen Handlungen stets das Wohl der Fertigstellung und der davon betroffenen Familien zu Grunde gelegt und zu keinem Zeitpunkt abgabenrechtliche Benachteiligungen durchgeführt oder durchführen wollen. Rückzahlungen und Umbuchungen vom Steuerkonto des Vereines seien immer auf schriftlichen Antrag und nach Prüfung durch die Abgabenbehörde durchgeführt worden. Dass im Jahre 1996 geltend gemachte Vorsteuern durch die Abgabenbehörde zurückverrechnet werden, hätte bis zu diesem Zeitpunkt niemand erahnen können und es wäre für jeden unmöglich gewesen, dafür Vorkehrungen zu treffen. Seine Handlungen seien stets im guten Glauben auf die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit der ausgewiesenen Zahlen erfolgt. Er sei sich keines Versäumnisses bewusst und auch die Vereinsbehörde habe nie eine derartige Haftungsmöglichkeit in Erwägung gezogen.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom wurden die vom Bw. gegen die dem Haftungsbescheid vom zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheide 1988 bis 1992 und Nebengebührenbescheide (Säumniszuschläge) 1991 und 1993 eingebrachten Berufungen gemäß § 275 BAO als zurückgenommen erklärt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gegenstand dieses Verfahrens ist ausschließlich die Frage der rechtmäßigen Heranziehung des Bw. zur Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO; die vom Bw. gegen die bezughabenden Abgabenbescheide eingebrachten Berufungen wurden bereits mit dem Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom als zurückgenommen erklärt.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Berufung zur Vertretung juristischer Personen kann sowohl durch Gesetz als auch durch Vertrag erfolgen, wobei nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zwischen den beiden Vertretungsarten nicht unterschieden wird. Bei Stiftungen, Fonds und Vereinen bestimmen grundsätzlich die Statuten jene Person, die zur Vertretung nach außen berufen ist. Dieses Organ ist den Behörden für die gesetzmäßige Tätigkeit des Vereines verantwortlich und letztlich bei schuldhafter Pflichtverletzung nach § 9 BAO haftbar ().

Nach den Statuten des D Vereines (§ 13 Abs. 1) vertrat der Vorstand den Verein nach außen. Der Vorstand bestand gemäß § 12 der (mehrmals geänderten) Satzung aus dem Obmann, dem Kassier und deren Stellvertreter. Obmann des Vereines war seit der konstituierenden Generalversammlung im Oktober 1986 der Bw., Kassierin seine spätere Ehegattin BR. Ob bzw. wann BR aus dem Vorstand ausgeschieden ist (siehe Eingabe des Bw. vom an die Sicherheitsdirektion für Steiermark) kann dahin gestellt bleiben, weil der Bw. sowohl als Mitglied des Vorstandes zu dessen Vertretung nach außen berufen war als auch gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung die Zeichnung für den Vorstand und den Verein durch den Obmann erfolgte.

Gemäß § 12 Abs. 3 der Vereinsstatuten währte die Funktionsdauer des Vorstandes fünf Jahre, jedenfalls aber bis zur Wahl eines neuen Vorstandes. Der Bw. gehörte daher als bestellter Obmann von der Gründung bis zur Auflösung des Vereines zu dem im § 80 BAO angeführten Personenkreis. Unbestrittenermaßen war der Bw. daher im verfahrensgegenständlichen Zeitraum gesetzlicher Vertreter des D Vereines. Ob der Bw. diese Tätigkeit ehrenamtlich oder gegen Entgelt ausgeübt hat, ändert nichts an der ihm auferlegten Verantwortung, die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, zu entrichten.

Der Bw. wendet sich in seiner Berufung gegen die dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenbescheide. Einwendungen, die gegen die Abgabenfestsetzung gerichtet sind, können nur im Abgabenfestsetzungsverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend gemacht werden ().

Das Berufungsvorbringen, die ermittelten Beträge seien ihm nicht verständlich, ist nicht nachvollziehbar. Der Bw. bestreitet nicht, den Betriebsprüfungsbericht für die Jahre 1988 bis 1990 sowie die in der Folge vom Finanzamt gemäß § 200 Abs. 1 vorläufig erlassenen Umsatzsteuerbescheide 1988 bis 1990 erhalten zu haben. Der Tz. 10 dieses Berichtes ist zu entnehmen, dass von seiten des geprüften Unternehmens keine genauen Angaben darüber gemacht werden konnten, ab wann und in welcher Weise die beiden nicht verkauften Wohnungen genützt werden. Dem Bw. war daher bereits im Jahr 1991 die Rechtsansicht des Betriebsprüfers bzw. des Finanzamtes bekannt, dass die Anerkennung der für diese Wohnungen in den Prüfungsjahren angefallenen Vorsteuerbeträge fraglich sei und die Vorsteuern vorerst nur vorläufig veranlagt würden. Der Hinweis auf rechtskräftige (endgültige) Abgabenbescheide bzw. auf die Nichtfeststellung von Umsatzsteuerschuldigkeiten im Zuge der Betriebsprüfungen entspricht daher nicht den Tatsachen. Von einer (nicht vorhersehbaren) plötzlichen Änderung der Rechtsansicht des Finanzamtes im Jahr 1996 kann keine Rede sein. Dem Bw. war bekannt, dass im Falle des Verkaufs der Wohnungen die geltend gemachten Vorsteuern vom Finanzamt rückverrechnet würden. Der Bw. hat es jedoch nach der bereits ein Jahr später erfolgten Zession des Verkaufsrechtes an den Wohnungen an die Bank und des im Weiteren erfolgten Verkaufes der Wohnungen nicht nur unterlassen, der Abgabenbehörde von dieser Änderung des Sachverhaltes Mitteilung zu machen, sondern auch keine Vorkehrungen im finanziellen Bereich zur Rückerstattung der Vorsteuern getroffen. Dem Bw. wurde in beiden Betriebsprüfungsverfahren ausreichend Gelegenheit zur Mitwirkung und Stellungnahme gegeben. Es lag allein am Bw., dass er diese Möglichkeiten nicht genützt hat. Die neuerliche Behauptung in der Berufung gegen den Haftungsbescheid, die Beträge seien ihm nicht verständlich, kann daher nur als Schutzbehauptung angesehen werden.

Dem Vorhalt der Finanzlandesdirektion für Steiermark, wonach auf das Abgabenkonto des D Vereines nach dem keine Einzahlung mehr getätigt wurde, der aus den Wohnungsverkäufen lukrierte Erlös von 7,4 Millionen S hingegen ausschließlich zur Schuldentilgung bei der Bank verwendet wurde, tritt der Bw. nicht mit konkreten Einwendungen entgegen. Die Benachteiligung der abgabenrechtlichen Forderungen ist durch diese Vorgangsweise evident.

Voraussetzung zur Erfüllung des Tatbestandes des § 9 Abs. 1 BAO ist - neben der im vorliegenden Fall außer Streit stehenden Uneinbringlichkeit der Abgaben beim D Verein - eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter. Zu dessen Pflichten gehört es, für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Es ist Sache des Geschäftsführers (bzw. Obmannes) darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft (der Verein) die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung ursächlich für die Uneinbringlichkeit war ().

In diesem Zusammenhang bringt der Bw. zwar vor, an Beschlüsse des Vereines gebunden gewesen zu sein; es ist allerdings nicht ersichtlich, inwieweit er dadurch an der Entrichtung der Abgabenverbindlichkeiten gehindert wurde. Es wäre Aufgabe des Bw. gewesen, allfällig vorliegende Gründe aufzuzeigen, die ihn daran gehindert haben, die Abgabenschulden am (oder nach dem) Fälligkeitstag zu begleichen bzw. darzulegen, wie die vorhandenen Geldmittel des D Vereines verwendet wurden und welche Zahlungen der Abgabengläubiger bei Gleichbehandlung aller Gläubiger hätte erhalten müssen. Da der Bw. ein solches Vorbringen nicht erstattet hat, ist die Abgabenbehörde erster Instanz zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Bw. ausgegangen.

Der Obmann eines Vereins haftet für nichtentrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vereins zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten (, 93/17/0051). Einen solchen Nachweis hat der Bw. nicht erbracht.

Wenn der Bw. vorbringt, die Vereinsbehörde habe nie eine Haftungsmöglichkeit in Erwägung gezogen, ist darauf hinzuweisen, dass für die Geltenmachung abgabenrechtlicher Haftungen ausschließlich die Abgabenbehörde und nicht die Vereinsbehörde zuständig ist. Allfällige weitere Haftungen des Bw. für Verbindlichkeiten des D Vereines sind nicht in diesem Verfahren zu prüfen. Die Berufung ist daher als unbegründet abzuweisen.

Graz,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Obmann
Verein
Statuten
Vorstand
schuldhafte Pflichtverletzung
Richtigkeit von Abgabenvorschreibungen
Gleichbehandlungsgebot
Verweise
Anmerkung
vgl. Ritz, BAO-Kommentar², § 9 Tz. 1

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at