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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 09.04.2003, RV/0340-I/02

Es liegt ein entgeltlicher Erwerb von Dienstbarkeiten vor, wenn sich zwei Liegenschaftseigentümer jeweils wechselseitig und gegenseitig, aber nach der Diktion unentgeltliche Wohnungsdienstbarkeiten einräumen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0340-I/02-RS1
An dem auf dem Grundstück des Vaters (Bw.) bereits bestehenden Haus hat der Sohn aus eigenen finanziellen Mitteln einen Zubau errichtet. Dieser Anbau steht auf dem Grund des Sohnes. Die vom Vater bzw. vom Sohn mit ihren Ehegatten benutzten Wohnungen (Parterre bzw. erster Stock) erstreckten sich jeweils über den Alt- und Zubau. Die gegenseitigen (wechselseitigen) Einräumungen von Dienstbarkeiten ("Wohnungsgebrauchsrecht") verfolgte das Ziel der nunmehrigen Verdinglichung der bereits bisher bestehenden tatsächlichen Nutzungen am jeweils anderen Grundstück. Bei dieser Sachlage haben sich die einzelnen Servitutseinräumungen gegenseitig bedingt und standen in einem "inneren" wirtschaftichen und rechtlichen Zusammenhang. Mit dem dem Sohn eingeräumten Servitutsrecht hat der Bw. den Erhalt des ihm vom Sohn gleichzeitig eingeräumten Servitutsrechtes schlichtweg "vergolten" und umgekehrt. Es liegt daher eine entgeltliche Dienstbarkeitseinräumung und damit der Tatbestand gem. § 33 TP 9 GebG vor. Daran vermag auch die Vertragsdiktion der jeweiligen "unentgeltlichen" Rechtseinräumung nichts zu ändern.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Hanspeter Zobl gegen denBescheid des Finanzamtes Innsbruck betreffend Rechtsgebühr entschieden: DerBerufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Gemäß § 33 TP 9 GebG wird ausgehend vom Wert des bedungenen Entgeltes in Höhe von 22.455,91 € (entspricht: 309.000 S) die 2 %ige Rechtsgebühr mit 449,12 € (entspricht: 6.180 S) festgesetzt.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Notariatsakt vom , abgeschlossen zwischen den Vertragsparteien S.H (Bw.), E.H., R.H. und Th.H., enthielt neben der Darlegung des Grundbuchsstandes (EZ. 107, GST-NR. 73/6 - Eigentümer: S.H. und EZ. 166, GST- NR. 73/9 - Eigentümer: R.H.) in Abschnitt C folgende wörtlich wiedergegebene Benützungsvereinbarung hinsichtlich der Liegenschaften der Einlagezahlen 107 und 166 :

" Neuntens/IX:

Festgestellt wird, daß R.H., geboren am , und seine Ehegattin Th.H., geboren am , an das bestehende auf Grundstück 73/6 errichtete Einfamilienhaus einen Zubau auf ihre Kosten errichtet haben. Weiters haben R. und Th.H. auf Grundstück 73/9 einen Holzschupfen, zwei Garagen benützt, wobei das Dach der Werkstättte mittels einer Außenstiege begehbar ist.

Derzeit wird die Wohnung im ersten Stock des Hauses G 94 von den Eheleuten R.H und Th.H. bewohnt, ebenso die Räume im ersten Stock des auf Grundstück 73/9 errichteten Neubaues. Die Räume im Parterre des Neubaues und die Räume im Parterre des Altbaues werden von den Eheleuten S.H. und E.H. allein benützt.

Zehntens/X:

a) R. H. räumt seinen Eltern S.H. und E.H. das alleinige Benützungsrecht an der Garage, an der Holzlege und an der Werkstatt auf Grundstück 73/9 ein und nehmen S.H. und E.H. diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Die Lage der Garage, der Holzlege und der Werkstätte ist aus dem angeschlossenen Lageplan ersichtlich. Die Einräumung dieses Mitbenützungsrechtes erfolgt unentgeltlich.

b) Weiters räumt R.H. seinen Eltern S.H und E.H. an dem auf Grundstück 73/9 neu errichteten Gebäudeteil das Wohnungsgebrauchsrecht am gesamten Erdgeschoß ein und nehmen letztere diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Diese Rechtseinräumung erfolgt ebenfalls unentgeltlich.

c) S.H. räumt auf die Dauer der aufrechten Ehe R.H. und Th.H. an der gesamten Wohnung im ersten Stock des Hauses G 94 das unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht ein und nehmen letztere diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Dieses Wohnungsgebrauchsrecht beinhaltet auch das Recht, daß die leiblichen Kinder wohnen dürfen.

Dieses Wohnungsgebrauchsrecht erlischt 14 Tage nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles."

Unter den Abschnitt "D ). Allgemeine Bestimmungen", Punkt Vierzehntens/XIV wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:

" Alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben werden von S.H. und R.H. je zur Hälfte bezahlt. "

Unter Abschnitt "E) Aufsandung" gaben die Vertragsteile ihre ausdrückliche Einwilligung zur Vornahme der grundbücherlichen Einverleibung des Wohnungsgebrauchsrechtes und Benützungsrechtes gemäß Punkt X des Vertrages.

Mit dem ausschließlich gegenüber S.H. ( = Bw) erlassenen Gebührenbescheid wurden für diese Benützungsvereinbarung gemäß § 33 TP 9 GebG ausgehen von einem Wert des bedungenen Entgeltes in Höhe von 696.000 S (= 50.580,29 €) eine Gebühr von 13.920 S (=1.011,61 €) festgesetzt. Die Begründung lautete: " Gegenseitige Einräumung von Benützungs- und Wohnrechten bewertet laut Beilage zur Vertragskopie."

Der Bw. bekämpft diese Gebührenvorschreibung mit der gegenständlichen Berufung und stellte darin vorerst außer Streit, dass es sich dabei nicht um die Veräußerung einer Liegenschaft, sondern lediglich um die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechtes und des Benützungsrechtes an der Liegenschaft in EZ 166 bzw. an der Liegenschaft EZ 107 handle. Hinsichtlich des von Alleineigentümer R.S. den Eltern S.H. und E.H. am GST. NR. 73/9 eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechtes bzw. Benützungsrechtes wird ausgeführt, dass dieses Wohnungsgebrauchsrecht bzw. Benützungsrecht mit monatlich S 1.500,-- zu bewerten sei, wodurch sich ein kapitalisierter Wert gemäß Bewertungsgesetz von 234.000 S errechne. Bezogen auf die Gesamtfläche betrage jene Fläche, an der das Wohnungsgebrauchsrecht bzw. Benützungsrecht besteht, ca.20 %. Dies entspreche einem anteiligen Einheitswert von 35.800 S, weshalb sich unter Zugrundelegung des dreifachen anteilsmäßigen Einheitswertes ein Betrag von 107.400 S ergebe. Da der Wert des Wohnungsgebrauchsrechtes bzw. Benützungsrechtes nicht höher sein könne als der Einheitswert, sei der dreifache anteilsmäßige Einheitswert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Hinsichtlich des von S.H. seinem Sohn R.H. und dessen Ehegattin Th.H auf die Dauer der aufrechten Ehe eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechtes an der Liegenschaft EZ. 107 (Haus G 94) wurde ausgeführt, dass diesbezüglich der dreifache anteilsmäßige Einheitswert 137.000 S (3 x 45.800 S) betrage. Da die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechtes lediglich auf die Dauer der aufrechten Ehe sohin auf unbestimmte Zeit eingeräumt worden sei, "ist gemäß Bewertungsgesetz ein kapitalisierter Wert von 3 Jahren als Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer zugrundezulegen". Unter Beachtung dieses Kapitalisierungsfaktors von 3 wurde der kapitalisierte Wert dieses Wohnungsgebrauchsrechtes mit 72.000 S angegeben. Da es sich bei diesem Rechtsgeschäft um eine gemischte Schenkung handle, also zum Teil entgeltlich und zum Teil unentgeltlich, sei die Differenz von 35.400 S zwischen dem anteilsmäßigen dreifachen Einheitswert von 107.400 S und dem kapitalisieren Wert von 72.000 S als Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer zwischen Sohn R. H und den Eltern S.H. und E.H. zugrunde zulegen. Nach Abzug des Steuerfreibetrages betrage die Bemessungsgrundlage der Schenkungssteuer für S.H. und E.H. jeweils 11.700 S und es errechne sich eine gegenüber S.H.und E.H. festzusetzende Schenkungssteuer von je 702 S.

Das Finanzamt bestätigte in der Berufungsvorentscheidung die Festsetzung einer Rechtsgebühr (Dienstbarkeitsgebühr gem. § 33 TP 9 GebG) dem Grunde nach, reduzierte aber den Wert des bedungenen Entgeltes auf nunmehr 450.000 S, wodurch sich eine Gebührenfestsetzung von 654,06 € (bisher: 1.011,61 €) ergab. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

" Weil kein Grundstücks(anteil) veräußert wird sondern lediglich gegenseitig Benützungsrechte (Dienstbarkeiten) eingeräumt werden, ist gem. § 33 TP 9 Gebühr vorzuschreiben. Bei Einräumung eines Rechtes auf unbestimmte Zeit ist der 9- fache Jahreswert heranzuziehen (§ 15 Abs. 2 Bewertungsgesetz). Der 3- fache Jahreswert ist nur eine Sonderregelung bei Bestandverträgen (§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG). Somit konnte der Berufung nur ein teilweiser Erfolg beschieden sein. 234.000 + 216.000 = 450.000."

Der Berufungwerber stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage seines Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Als Replik auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung wurde noch vorgebracht, die Bestimmung des § 33 TP 9 GebG sei nicht anzuwenden, da keiner der Vertragsparteien ein Entgelt geleistet habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 33 TP 9 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 idgF. unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemand der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Gebühr von 2 von Hundert von dem Werte des bedungenen Entgeltes.

Im vorliegenden Berufungsfall besteht kein Streit darüber, dass es sich bei den unter Punkt X vereinbarten Wohnungsgebrauchsrechten und Benützungsrechten um Dienstbarkeiten im Sinne des bürgerlichen Rechtes und damit um Dienstbarkeiten im Sinne dieser Gesetzesbestimmung handelt. Streit besteht vielmehr allein über das Vorliegen der weiteren Voraussetzung für die Erfüllung dieses Tatbestandes, nämlich dass die Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt worden ist. Das Finanzamt sieht die Voraussetzung der Entgeltlichkeit- und dies geht aus der Begründung der Berufungsvorentscheidung implizit hervor- in der gegenseitigen Einräumung der Wohnungsgebrauchsrechte und Benützungsrechte (Dienstbarkeiten) gegeben und erachtet daher den gebührenpflichtigen Tatbestand erfüllt. Der Bw. hingegen hält im Vorlageantrag dieser Rechtsansicht den Einwand entgegenhält, keiner der Vertragsteile habe ein Entgelt geleistet und geht daher von einer unentgeltlichen Dienstbarkeitseinräumung und damit von einem schenkungssteuerpflichtigen Tatbestand aus.

Die Entscheidung der Frage, ob eine entgeltliche oder unentgeltliche Einräumung von Dienstbarkeiten vorliegt, ist anhand der Bestimmung des Punktes Zehntens/X des Notariatsaktes zu treffen. Darin steht wörtlich Folgendes:

a) R.H. räumt seinen Eltern S.H und E. H das alleinige Benützungsrecht an der Garage, an der Holzlege und an der Werkstatt auf Grundstück 73/9 ein und nehmen S.H. und E.H. diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Die Lage der Garage, der Holzlege und der Werkstätte ist aus dem angeschlossenen Lageplan ersichtlich. Die Einräumung dieses Mitbenützungsrechtes erfolgt unentgeltlich.

b) Weiters räumt R. H. seinen Eltern S H und E.H. an dem auf Grundstück 73/9 neu errrichteten Gebäudeteil das Wohnugsgebrauchsrecht am gesamten Erdgeschoß ein und nehmen letztere diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Diese Rechtseinräumung erfolgt ebenfalls unentgeltlich.

c) S.H. räumt auf die Dauer der aufrechten Ehe R.H. und Th.H. an der gesamten Wohnung im ersten Stock des Hauses G 94 das unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht ein und nehmen letztere diese Rechtseinräumung hiemit ausdrücklich an. Dieses Wohnungsgebrauchsrecht beinhaltet auch das Recht, daß die leiblichen Kinder wohnen dürfen.

Dieses Wohnungsgebrauchsrecht erlischt 14 Tage nach Rechtskraft des Scheidungsurteiles."

Aus dieser Vertragsbestimmung geht hervor, dass R.H. seinen Eltern S.H. und E.H. ein Mitbenützungsrecht und ein Wohnungsgebrauchsrecht an Gebäuden bzw. Gebäudeteilen an dem in seinem Alleineigentum stehenden GSt- Nr. 73/9 einräumte und vice versa der S.H. dem Sohn und dessen Ehegattin auf die Dauer der aufrechten Ehe ein Wohnungsgebrauchsrecht an der gesamten Wohnung im ersten Stock des in seinem Alleineigentum stehenden Hauses G 94. Mit diesen Vereinbarungen sollten augenscheinlich zum Teil die bereits bislang bestehenden tatsächlichen Nutzungsgegebenheiten, wie sie unter Punkt IX dargelegt wurden, durch die grundbücherliche Einverleibung dieser Dienstbarkeiten "verdinglicht" und damit auf eine gesicherte Rechtsgrundlage gehoben werden. Wurde aber mit diesen gegenseitigen Dienstbarkeitseinräumungen das einheitliche Ziel der Verdinglichung der jedenfalls zum Teil bereits bestehenden tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten herbeigeführt und angestrebt, dann sollte nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Leistung durch die andere "vergolten" werden. Die jeweiligen einzelnen Rechtseinräumungen haben sich im Ergebnis gegenseitig bedingt und standen in einer miteinander korrespondierenden Wechselwirkung. Die jeweilige Rechtseinräumung des einen Grundstückseigentümers "stand" und "fiel" mit der wechselseitigen Rechtseinräumung durch den anderen Grundstückseigentümer in einer einheitlichen Vertragsurkunde. An diesem "inneren" tatsächlichen, wirtschaftlichen und letztlich auch rechtlichen Zusammenhang ändert aber auch der Umstand nichts, dass nach der Diktion dieser Vertragsbestimmung die Rechtseinräumung "unentgeltlich" erfolgt ist. Sollte nämlich nach dem Willen der Vertragsparteien die eine Rechtseinräumung durch die anderere "vergolten" werden, so liegt damit eine " subjektive Äquivalenz" und also Entgeltlichkeit vor (vgl. Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, Rz 12 zu § 33 TP 9 GebG und ). War somit im vorliegenden Fall von einer Entgeltlichkeit der Rechtseinräumung auszugehen, dann erfüllt die streitgegenständliche Einräumung der Dienstbarkeiten den gebührenrechtlichen Tatbestand des § 33 TP 9 GebG und unterliegt nicht der Schenkungssteuer. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der nur schenkungs- und erbschaftsteuerliche Sachverhalte zu grunde lagen (VwgH , 929/71, 398-400/72, ) nur bei einem unentgeltlich eingeräumten Nutzungsrecht der Wert des Nutzungsrechtes nie höher sein kann als der Wert (Einheitswert) der Liegenschaft selbst, trifft desweiteren diese Beschränkung auf die im Berufungsfall vorliegende entgeltliche Rechtseinräumung nicht zu. Bemessungsgrundlage der Gebühr nach § 33 TP 9 GebG ist der Wert des bedungenen Entgeltes. Zur Auslegung des Begriffes des Wertes des Entgeltes können grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für den "Wert" im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG gelten, ohne dass aber die Sonderbestimmungen insbesondere der Abs. 2 und 3 des § 33 TP 5 GebG zur Anwendung gelangen könnten. So sind insbesondere Leistungen von unbestimmter Dauer gemäß § 15 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswertes, also nicht etwa mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen (vgl. nochmals Fellner, Rz 14 zu § 33 TP 9 GebG). Demzufolge ist daher der Kapitalwert der Nutzungsrechte im Bereich des III. Abschnittes des GebG gemäß § 26 GebG grundsätzlich nach den Vorschriften des § 15 BewG und nicht nach den Spezialvorschriften des Abs. 3 des § 33 TP 5 GebG idF. BGBl. I Nr. 28/1999 anzusetzen. Für die Entscheidung des Berufungsfalles bedeutet dies, dass hinsichtlich des von R.H. den Eltern eingeräumten Wohnungsgebrauchsrechtes bzw. Benützungsrechtes der in der Berufung selbst ermittelte kapitalisierten Wert von 234.000 S (1.500 S x 12 x 13), der vom Finanzamt auch in die Berufungsvorentscheidung einbezogen wurde, jedenfalls als unbedenklich angesehen werden darf. Hinsichtlich des vom Berufungswerber unter der Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer "gemäß Bewertungsgesetz" mit 72.000 S (= 2.000 S x 12 x angewandter Kapitalisierungsfaktor 3) kapitalisierten Wertes der Wohnungsgebrauchsrechtes, das der Bw. seinem Sohn und der Schwiegertochter auf die Dauer der aufrechten Ehe einräumte, ist jedenfalls festzuhalten, dass nach § 15 Abs. 2 BewG bei unbestimmter Dauer die Bewertung mit dem Neunfachen des Jahreswertes vorzunehmen ist und nicht die Spezialbestimmung des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG idF. BGBl. I Nr. 28/1999 zum Tragen kommen kann. Das Finanzamt hat unter der Annahme einer unbestimmten Dauer (siehe Begründung der Berufungsvorentscheidung) richtigerweise den 9- fachen Vervielfacher gem. § 15 Abs. 2 BewG herangezogen, weshalb der vom Berufungswerber ermittelte kapitalisierte Wert von 72.000 S zu verdreifachen war, wodurch sich der in der Berufungsvorentscheidung hiefür angesetzte Betrag von 216.000 S ergab. Allerdings liegt entgegen der Ansicht des Berufungswerbers und des Finanzamtes eine unbestimmte Dauer bei einer Vertragsbestimmung "auf die Dauer der aufrechten Ehe" nicht vor, denn eine solche besteht nur dann, wenn das Ende in absehbarer Zeit sicher, der Zeitpunkt des Wegfalles aber ungewiss ist (siehe und , 0048 und Rössler/ Troll/ Langner, Bewertungsgesetz, Vermögensteuergesetz, Kommentar, Rz 6 zum § 13 dBewG). Derartiges kann aber bei einer in der Zukunft liegenden völlig ungewissen bloßen Möglichkeit einer etwaigen Scheidung nicht vorliegen. Ein konkreter Anhaltspunkt dahingehend, dass bereits ein Scheidungsverfahren anhängig und damit die Scheidung in absehbarer Zeit sicher erfolgen würde, liegt nicht vor. Es ergibt sich daher unter Übernahme des vom Berufungswerber selbst angesetzten monatlichen Wertes von 2.000 S unter Beachtung des Lebensalters des R.H. (Vervielfacher gem. § 16 Abs. 2 BewG: 16) ein Kapitalwert von 384.000 S. Dies entspricht im Übrigen exakt dem Wert des Wohnungsrechtes, der in der Abgabenerklärung vom vom einschreitenden Notar selbst als Wohnungswert dieser Rechtseinräumung angegeben worden ist. Unter Punkt IX wurde gleichsam als "Vorspann" zu den in Punkt X festgelegten Benützungsvereinbarungen ausdrücklich angeführt, dass die Eheleute R. und Ch. H. an das bestehende auf Grundstück 73/6 errichtete Einfamilienhaus einen Zubau auf ihre Kosten errichtet haben. Diesem Hinweis war wohl zweifelsfrei hinsichtlich der nachfolgenden Dienstbarkeitseinräumungen Bedeutung beizumessen und sollte deren Veranlassung und Hintergrund darlegen. Dem Umstand der Finanzierung des Zubaues durch den Sohn R.H. wurde bei der wechselseitigen Dienstbarkeitseinräumung Rechnung getragen und stellte durchaus einen von den Vertragsparteien berücksichtigten wertausgleichender Faktor dar, was letztlich dazu führte, dass diese nach ihren subjektiven Vorstellungen von einer Gleichwertigkeit der jeweils erbrachten Leistungen ausgegangen sind. Für diese Annahme spricht, dass der S.H. und R.H. in Punkt XIV die Tragung der mit diesem Vertrag verbunden Kosten, Gebühren und Abgaben je zur Hälfte vereinbarten. Diesbezüglich sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass in der Abgabenerklärung vom einschreitenden Notar selbst der Wert des Wohnungsrechtes für S.H. und E.H. noch mit 312.000 S (2000 S x 12 x 13 ) und damit weit höher als in der Berufung (1.500 S x 12 x 13 = 234.000 S) angegeben worden war. Dies zeigt aber wohl deutlich, dass vom Berufungswerber selbst den angegebenen und vom Finanzamt in die Berufungsvorentscheidung übernommenen monatlichen Ansätzen durchaus eine "gewisse Bandbreite" beigemessen wurde, sodass diese hinsichtlich ihrer objektiven Angemessenheit und Richtigkeit durchaus auch angezweifelt werden könnten. Übernimmt man aber dennoch gleich wie das Finanzamt die vom Berufungswerber in der Berufung angeführten monatlichen Ansätze, die jedenfalls nicht zu hoch gegriffen erscheinen, dann ergeben sich unter Beachtung der Vervielfacher nach § 16 Abs. 2 BewG kapitalisierte Werte der bedungenen Entgelte für die jeweiligen gegenseitigen Dienstbarkeitseinräumungen von 234.000 S und von 384.000 S( 2000 S x 12 x Vervielfacher gem. § 16 Abs. 2 BewG von 16), die aber von den Vertragsparteien auf Grund der vorliegenden besonderen Umstände (R.H. hat die Kosten des Zubauses am Haus Gschnitz 94 selbst getragen) trotzdem subjektiv als gleichwertig angesehen wurden.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde die für alle Dienstbarkeitseinräumungen im Sinne des Punkt X lit a bis c festgesetzte Rechtsgebühr zur Gänze gegenüber dem Bw. vorgeschrieben. Hinsichtlich dieser damit erfolgten Heranziehung allein des Bw. als Gebührenschuldner bleibt gemäß § 289 Abs. 2 BAO noch Folgendes anzuführen. Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG sind zur Entrichtung der Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften die Unterzeichner der Urkunde verpflichtet, wenn die Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt ist. Trifft die Verpflichtung zur Gebührenentrichtung zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand verpflichtet (§ 28 Abs. 6 GebG). Außer Zweifel steht, dass dem Bw. bezogen auf diese Dienstbarkeitseinräumungen jeweils die rechtliche Stellung eines Gebührenschuldners zugekommen ist und dass deshalb durchaus diese mehreren Besteuerungsfälle unter Darlegung der jeweiligen Bemessungsgrundlage in einem solchen Fall formularmäßig in einem Steuerbescheid zusammengefasst werden können. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses hängt es gemäß § 891 2. Satz ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem einzigen fordern will. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht daher der Abgabenbehörde- dem Gläubiger- die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, zur Leistung heranziehen will. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde sohin einen Ermessensspielraum ein. Ermessensentscheidungen sind zu begründen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die Abgabenbehörde bei der zu treffenden Ermessensentscheidung nicht ohne sachgerecheten Grund an jene Partei halten darf, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Abgabenlast nicht (oder nicht zur Gänze) tragen sollte (vgl. , ). Die Unterlassung einer Begründung dafür, warum gerade einer von mehreren Solidarschuldner herangezogen wird und damit die fehlende Ermessensbegründung stellt einen Mangel dar, der einen Abgabenbescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belasten kann ().

Nach Punkt XIV. werden alle mit der Errrichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben von S. H. und R. H. je zur Hälfte bezahlt. Über dieses vertragliche Innenverhältnis hat sich das Finanzamt indem es den Bw. als alleinigen Gebührenschuldner für das Ganze herangezogen hat hinweggesetzt, ohne die dabei getroffene Ermessensübung entsprechend zu begründen. Schon dieser Begrüdnugnsmangel belastet den gegenständlichen Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit. Da der Abgabenbehörde zweiter Instanz desweiteren keine Umstände vorliegen oder erkennbar sind, die im Rahmen der Ermessensentscheidung ein Abgehen von dem vertraglichen Innenverhältnis zwingend notwendig machen und damit rechtfertigen, sieht diese keine Veranlassung von der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Tragung der Gebühren je zur Hälfte abzugehen.

Im Rahmen der Berufungsentscheidung war deshalb gemäß § 289 Abs. 2 BAO bei der Ermessensentscheidung der vertraglichen Festlegung zu entsprechen und gegenüber dem Bw. hinsichtlich der in Punkt X des Notariatsaktes angeführten Dienstbarkeitseinräumungen gemäß § 33 TP 9 GebG ausgehend vom (halben) Wert des jeweils bedungenen Entgeltes in Höhe von 309.000 (234.000 S + 384.000 S = 618.000 S , davon die Hälfte) die 2 %ige Rechtsgebühr im Betrag von 6.180 S (entspricht 449,12 €) festzusetzen ist. Es war daher wie im Spruch ausgeführt der Berufung teilweise stattzugeben.

Innsbruck,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
wechselseitige Dienstbarkeitseinräumung
gegenseitige Dienstbarkeitseinräumung
entgeltlich
Entgeltlichkeiten
Verweise
§ 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Fellner, Stempel und Rechtsgebühren, Band I Rz 12

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