Dienstgeberbeitragspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern
Rechtssätze
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RV/0324-S/02-RS1 | Die Bezüge eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers (§ 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988), der seine Geschäftsführung ohne Unternehmerrisiko ausübt und eine laufende der Höhe nach gleichbleibende Entlohnung sowie den Ersatz von Aufwendungen für Fahrten und Dienstreisen erhält, unterliegen auch dann dem Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl.Nr. 818/1993 und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, wenn er keinen Weisungen unterliegt, an keine feste Arbeitszeit gebunden ist, keinen Urlaubsanspruch hat, sich vertreten lassen kann und die Sozialversicherungsbeiträge selbst leistet. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BW. gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann betreffend Haftungs-und Abgabenbescheid über den Zeitraum bis vom entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (BW) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Herr H. K. ist geschäftsführender Gesellschafter und ist zu 56% an dem Unternehmen beteiligt.
Im Zuge eines Lohnsteuerprüfungsverfahrens durch das FA für den Zeitraum bis wurden die Geschäftsführerbezüge des Herrn H.K. dem Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe sowie dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterworfen.
Dagegen richtet sich die Berufung.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe obliegt gemäß § 41 Abs. 1 FLAG (Familienlastenausgleichsgesetz) idF BGBl. Nr. 1993/818 allen Dienstgebern, die im Inland Dienstnehmer beschäftigen.
Nach Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.
Zufolge des durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl 1993/818, neu formulierten
§ 41 Abs. 2 FLAG 1967 und der nunmehrigen Definition des " Arbeitslohnes " in § 41 Abs. 3 FLAG gehören sohin die Einkünfte von Personen, die an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 wesentlich, nämlich zu mehr als 25 % beteiligt sind, deren Beschäftigung aber sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 EStG 1988 aufweist, zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 sind ua. Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt wird.
Wenn der Gesetzgeber in den Personenkreis des § 22 Z 2 EStG 1988 sämtliche mit mehr als 25% und damit auch mit mehr als 50 % Beteiligte aufnimmt, hat er hierbei bewusst dem Kriterium der Weisungsgebundenheit -ansonsten ein wesentliches Kriterium eines Dienstverhältnisses- eine nur untergeordndete Bedeutung beigemessen.
Die Gesetzesbestimmung des § 22 Z 2 EStG 1988 erfasst somit all jene an einer Kapitalgesellschaft Beteiligte, deren Tätigkeit die Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist, abgesehen vom in bestimmten Fällen fehlendem Merkmal der Weisungsgebundenheit.
Der Formulierung im § 22 Z 2 EStG 1988 "sonst alle Merkmale eines
Dienstverhältnisses" ist somit das Verständnis beizulegen, dass es zwar auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Ausmaß von 50% oder mehr oder aufgrund der Vereinbarung einer Sperrminorität fehlt, dass aber im Übrigen nach dem Gesamtbild ein Dienstverhältnis vorliegen muss.
Soweit die Eingliederung des Gesellschafter- Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus bestritten und dazu das Fehlen einer festen Arbeitszeit, einer Urlaubs- und Krankenstandsregelung etc. und somit das Fehlen der Voraussetzungen des § 47 EStG 1988 ins Treffen geführt wird, ist zu entgegnen, dass diese Argumente im Hinblick auf die aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlende Weisungsgebundenheit nicht überzeugen.
"Es mag zutreffen, dass die Geschäftsführer aufgrund ihrer Beteiligung keinen Weisungen unterliegen; es mag auch zutreffen, dass sie Hilfskräfte heranziehen, dass sie frei ihre Arbeitszeit einteilen und den Erholungsurlaub festlegen, - aber - wie oben ausgeführt, kommt es auf diese aus dem Beteiligungsverhältnis resultierende Weisungsfreiheit nicht an" (vgl.).
Selbst wenn kein Anspruch auf jeglichen arbeitsrechtlichen Schutz besteht, so ist das Fehlen dieser Ansprüche insofern unbeachtlich, als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht davon abhängen, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes gegeben ist.
Der VwGH stellt im Erkenntnis vom , Zl.96/15/0121, klar, dass Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 erzielt werden.
Entscheidend ist vielmehr, ob der Gesellschafter- Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig wird.
Entscheidend dafür, ob ein Dienstverhältnis vorliegt oder nicht, ist das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der Tätigkeit des Geschäftsführers.
Nach Lehre und Rechtsprechung kommt bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit neben dem Merkmal der Eingliederung des Gesellschafters- Geschäftsführers in den Organismus der Kapitalgesellschaft auch der Frage nach dem Vorliegen bzw. dem Fehlen des Unternehmerwagnisses große Bedeutung zu.
Ein gegen die Erzielung von Einkünften im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis liegt nur dann vor, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Auf das Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft kommt es dabei nicht an.
Von einem Unternehmerrisiko ist dann auszugehen, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen, und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (vgl.).
Nach der Judikatur liegt ein Unternehmerwagnis ua. dann vor, wenn die mit der Tätigkeit verbundenen Auslagen nicht vom Auftraggeber ersetzt, sondern vom Unternehmer aus eigenen Mitteln getragen werden und daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit abhängig ist.
Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht die Frage, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einkommensschwankungen trifft.
Wesentliches Merkmal eines Dienstverhältnisses ist, dass der Arbeitnehmer für seine Dienstleistungen laufend ein angemessenes Entgelt enthält.
Aus den Prüfungsergebnissen des Finanzamtes I. Instanz ist klar ersichtlich, dass die Bezüge des Herrn H.K. erfolgsunabhängig waren. Es erfolgte über den Prüfungszeitraum eine gleichmäßige, laufende Entlohnung des Gesellschafter- Geschäftsführers (so etwa:1996:S 400.000.-, 1997: S 400.000.-, 1998: S 400.000.-)
Die von der Behörde I. Instanz getroffenen Feststellungen zeigen weitere gewichtige Indizien auf, die bei der Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und dessen Gesellschafter- Geschäftsführer für das Vorliegen bzw. Bestehen eines Dienstverhältnisses sprechen:
So wurden die Arbeitsgeräte und die Arbeitsmaterialien durch die Gesellschaft zur Verfügung gestellt:
Das Büro wurde von der BW zur Verfügung gestellt.
Dem Geschäftsführer stand ein Firmen-PKW zur Verfügung, auch zur privaten Nutzung (H.K. verfügt über keinen privaten PKW).
Die in Zusammenhang mit der Tätigkeit anfallenden Spesen bzw. Auslagen sowie Reisekosten (zB Tages- und Nächtigungsgelder, Fahrtkostenersätze) wurden von der Gesellschaft ersetzt. Der Umstand, dass die im Zusammenhang mit der Tätigkeit angefallenen Spesen, Auslagen bzw. Reisekosten vom Arbeitsgeber ersetzt wurden, spricht für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses.
Durch den Aufwandersatz seitens des Dienstgebers, ist ein Unternehmerrisiko des Gesellschafters- Geschäftsführers nicht gegeben.
Der unabhängige Finanzsenat sieht diese Ermittlungsergebnisse als klare Indizien für ein Fehlen eines Unternehmerrisikos bzw. Unternehmerwagnisses des Gesellschafters-Geschäftsführers.
Die entscheidungsrelevanten Feststellungen der Finanzbehörde I. Instanz (Fehlen des Unternehmerrisikos, Betriebsmittel werden zur Verfügung gestellt, laufende Gehaltszahlungen, Auslagenersatz) lassen die Einkünfte des Herrn H. K. aus seiner Geschäftsführertätigkeit für die BW als " Arbeitslöhne " im Sinne der Bestimmungen des § 41 FLAG 1967 erscheinen.
Zusammenfassend kann somit gesagt werden, dass - wenn der Geschäftsführer seine Arbeitskraft schuldet, die Tätigkeit ohne Unternehmerrisiko erfolgt, und er - wenn auch aufgrund des Beteiligungsausmaßes nicht weisungsgebunden - in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist - die Gehälter und sonstigen Vergütungen unabhängig vom Beteiligungsausmaß (somit auch bei 100%iger Beteiligung) in die Beitragsgrundlage gemäß § 41 FLAG 1967 einzubeziehen sind.
Was die in der Berufungsausführung vom angeführten Anfechtungsanträge vom , 2000/13/0048 (A 14/2000), 2000/13/0074
(A 15/2000) des VwGH hinsichtlich Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen in § 41 Abs. 2 und Abs. 3 FLAG 1967 betrifft, so ist festzuhalten, dass diese mit Erkenntnisse des , und , G 109/00, abgewiesen wurden:
Auch wenn es den rechtlichen Typus eines unselbständig beschäftigten, wesentlich beteiligten, weisungsungebundenen, aber sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Gesellschafter- Gesellschäftsführer nicht geben sollte, ist die Dienstgeberbeitrags- (Kommunalsteuer)pflicht dieser Person ausreichend gesetzlich determiniert und auch sachlich gerechtfertigt.
Die Berufung für die Jahre 1996-1999 war daher als unbegründet abzuweisen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Dienstnehmereigenschaft Gesellschafter-Geschäftsführer Dienstgeberbeitragspflicht |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAB-55964