OGH 27.09.2023, 9Ob1/23x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner, Mag. Korn, Dr. Annerl und MMag. Sloboda in der Rechtssache der klagenden Partei A* T*, geboren am *, vertreten durch die Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. T* GmbH & Co KG, FN *, und 2. V* AG, HRB *, Deutschland, beide vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Vertragsaufhebung und 30.060,24 EUR sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 53/20a-37, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 39 Cg 79/18v-33, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 2.071,22 EUR (darin 345,20 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
[1] Das Berufungsgericht hob das die Klage abweisende Ersturteil aufgrund von Feststellungsmängeln sowie um den Parteien Gelegenheit zu geben, sich zu den vom EuGH in seiner zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung vom , C-145/20, als wesentlich erachteten Aspekten zu äußern, auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es ließ den Rekurs nach § 519 Abs 2 ZPO mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe „zu den damit [gemeint: mit der genannten Entscheidung des EuGH; Anm] aufgeworfenen erheblichen Fragen des materiellen Rechts, auch zur Haftung und Zurechnung der Zweitbeklagten und zu den Folgen der Rückabwicklung, noch nicht Stellung genommen“.
[2] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit einem auf Klagestattgebung gerichteten Abänderungsantrag.
[3] Die Beklagten beantragen in ihrer Rekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels, hilfsweise wird beantragt, diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
[4] Der Rekurs ist mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der in § 519 Abs 2 ZPO geforderten Qualität nicht zulässig.
[5] 1. Die Klägerin schließt sich der Beurteilung des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit des Rekurses an. Welche konkrete Rechtsfrage von der in § 519 Abs 2 ZPO geforderten Qualität zu beantworten sei, ist ihrem Rechtsmittel – ebenso wie dem damit angefochtenen berufungsgerichtlichen Beschluss – nicht zu entnehmen (vgl RS0048272; 3 Ob 17/23f; Lovrek in Fasching/Konecny3 IV/1 § 502 ZPO Rz 125).
[6] 2. Das Verbot von Überraschungsentscheidungen gilt auch für die Rechtsmittelgerichte. Aus einer zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des EuGH kann sich die Notwendigkeit ergeben, den Parteien Gelegenheit zu geben, zu vom EuGH aufgezeigten, bisher nicht ausreichend erörterten Gesichtspunkten Vorbringen zu erstatten und Beweisanbote zu stellen (3 Ob 17/23f Rz 8 mwN). Der Einwand der Klägerin, die Parteien hätten ohnehin bereits zu den vom EuGH als erheblich angesehenen Aspekten Stellung genommen bzw die Beklagten hätten dies jedenfalls aufgrund der von der Klägerin bereits in erster Instanz erstatteten Vorbringens tun müssen, stellt auf den Einzelfall ab, vermag daher keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zu begründen.
[7] Im Übrigen wird im fortgesetzten Verfahren auch die an die bezeichnete Entscheidung des EuGH anknüpfende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu berücksichtigen sein.
3. Die Klägerin rügt, dass das Berufungsgericht von den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Beurteilung, ob ein Geständnis iSd § 266 ZPO vorliegt, abgegangen sei. Dabei wird aber nicht dargelegt, welche (konkreten) Tatsachenbehauptungen das Berufungsgericht aufgrund eines Geständnisses der Zweitbeklagten seiner Entscheidung zugrundelegen hätte müssen.
[9] 4. Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist der Rekurs trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RS0102059).
[10] Die Zurückweisung des Rekurses mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Anführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO; RS0043691). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht.
[11] Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses des Klägers in ihrer Rekursbeantwortung hingewiesen (RS0123222).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2023:0090OB00001.23X.0927.000 |
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.at | Judikat (RIS)
Fundstelle(n):
FAAAB-55792