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OGH 27.09.2023, 7Ob99/23v

OGH 27.09.2023, 7Ob99/23v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O* AG, *, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler und andere, Rechtsanwälte in Sankt Florian, gegen die beklagte Partei Dr. W* P*, vertreten durch Dr. Alexander Burkowski, Dr. Maximilian Burkowski, Rechtsanwälte in Linz, und die Nebenintervenienten 1. U* GmbH, *, vertreten durch Dr. Günther Klepp und andere, Rechtsanwälte in Linz, 2. J* M*, vertreten durch Mag. Dr. Mario HöllerPrantner, Rechtsanwalt in Linz, 3. B* H*, vertreten durch Mag. Dr. Michael Kraus, Rechtsanwalt in Linz, wegen 336.535,45 EUR, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 18/23d80, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 1 Cg 29/21m69, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und den Nebenintervenienten jeweils die mit 3.449,94 EUR (darin enthalten 574,99 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Der Beklagte mietete eine Wohnung der J. * GmbH (in Hinkunft Vermieterin) im Gebäude * in L* mit Vertrag vom .

[2] Zwischen der Vermieterin und der Klägerin besteht eine Leitungswasserschadenversicherung, die keinen Regressverzicht der Klägerin zu Gunsten ihrer Mieter enthält, obwohl es auf dem österreichischen Versicherungsmarkt Versicherungsverträge gibt, die einen solchen für leichte Fahrlässigkeit vorsehen. Es kann nicht festgestellt werden, ob die Vermieterin bei Vertragsabschluss mit der Klägerin auf eine derartige Möglichkeit hingewiesen wurde. In der Versicherungspolizze ist unter anderem festgehalten, dass die angeführten Gebäude (Büro-, Geschäfts- und Gastronomiebetrieb, Wohnungen) samt An- und Zubauten zum Neubauwert versichert gelten.

[3] Der zwischen dem Beklagten und der Vermieterin abgeschlossene Mietvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„[…] Der Mieter verpflichtet sich, diese Kosten sowie die sonstigen, mit der Erhaltung, der Instandhaltung, der Wartung und Verwaltung des Objektes verbundenen Kosten; Abgaben und sonstigen Aufwendungen anteilsmäßig zu tragen, insbesondere […] Feuer-, Haftpflicht-, Leitungswasser- und Sturmschaden-, Vandalismus- sowie Glasbruchversicherung, […].

Der Mieter verpflichtet sich zum Abschluss einer ausreichenden Versicherung des Mietgegenstandes im Inneren samt Inventar und wird der Vermieterin den Abschluss und Bestand desselben während der gesamten Vertragsdauer auf Aufforderung schriftlich nachweisen […].“

[4] Der Beklagte zahlte die Kosten für die Leitungswasserschadenversicherung anteilig im Rahmen der Betriebskostenabrechnung.

[5] Im Juli 2017 beauftragte der Beklagte die Erstnebenintervenientin, eine Küche für seine Wohnung zu planen, zu liefern und samt Elektrogeräten einzubauen. Zur Montage bedient sie sich Subunternehmen, und zwar hauptsächlich des Zweitnebenintervenienten. Beim Montagetermin äußerte der Beklagte, dass auch der Wasseranschluss und der Anschluss an den vorhandenen Speicher erfolgen sollte, welche bisher nicht vom Auftrag umfasst waren. Die Erstnebenintervenientin ließ den Wasseranschluss durch den Drittnebenintervenienten für den Beklagten ohne zusätzliche Kosten herstellen.

[6] Der Drittnebenintervenient – ein Mitarbeiter des Zweitnebenintervenienten – führte die Montage in der Wohnung des Beklagten aus. Der drucklose Untertisch-Kleinspeicher, der von der Vermieterin zur Verfügung gestellt worden war, wurde dabei vom Drittnebenintervenienten angeschlossen. An der Rückseite des Außengehäuses ist ein Aufkleber mit der Aufschrift „Achtung! Montageanleitung beachten druckloser Speicher.“ angebracht gewesen. Für die vom Beklagten und von der Erstnebenintervenientin ausgesuchte Küchenarmatur wird in der Montageanleitung ausdrücklich „Nicht als Niederdruck-Armatur für drucklose (offene) Systeme geeignet“ angegeben.

[7] Bei der Montage stellte der Drittnebenintervenient fest, dass er die von der Erstnebenintervenientin zur Verfügung gestellte Armatur nicht an den Speicher anschließen konnte, da diese drei Schläuche, aber lediglich zwei Anschlüsse hatte. Nachdem ein sogenanntes T-Stück und ein zusätzlicher Schlauch besorgt worden war, schloss der Drittnebenintervenient die druckfeste Armatur an den drucklosen Speicher an. Ihm war zum Zeitpunkt der Montage die Problematik beim Anschluss einer druckfesten Armatur an einen drucklosen Speicher nicht bekannt. Er hat auch keine Montageanleitung gelesen.

[8] Der Untertischspeicher ist durch Überdruck geborsten, wodurch über eine Dauer von etwa fünf bis zehn Stunden rund 3.000 l Leitungswasser in die Gebäudesubstanz austraten. Die Klägerin bezahlte die Kosten für die Sanierung des Wasserschadens.

[9] Der Beklagte verfügt zwar über eine Haftpflichtversicherung, die jedoch eine Deckung für den gegenständlichen Leitungswasserschaden ablehnte, weil für Schäden an gemieteten oder in Verwahrung genommenen Sachen kein Versicherungsschutz bestehe.

[10] Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Zahlung von 336.535,45 EUR sA. Sie sei Leitungswasserschadenversicherer der Vermietern. Der Beklagte sei Mieter einer Wohnung. Er habe die Erstnebenintervenientin mit dem Einbau einer Küche beauftragt. An den drucklosen Speicher sei eine druckdichte Küchenarmatur angeschlossen worden. Diese Vorgehensweise sei jedenfalls grob fahrlässig gewesen. In der Folge sei der Schlauch zur Armatur geplatzt und rund 3.000 l Wasser in der Wohnung ausgetreten und in andere Wohnungen eingedrungen. Die Klägerin habe die Sanierungskosten aus dem Wasserschaden bezahlt. Der Schadenersatzanspruch der Vermieterin sei gemäß § 67 VersVG infolge Zahlung auf sie übergegangen. Die Nebenintervenienten seien dem Beklagten als Erfüllungsgehilfen zuzurechnen. Ein Regressverzicht zu Gunsten der Mieter sei nicht vereinbart worden und ein konkludenter Regressverzicht nicht anzunehmen.

[11] Der Beklagte und die auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenienten beantragten die Klagsabweisung. Die Montage sei zwar fehlerhaft vorgenommen worden, den Beklagten treffe aber weder ein Verschulden am Schadenseintritt noch sei die Gefahr eines solchen für ihn vorhersehbar gewesen. Der Klägerin sei zum Vertragsabschlusszeitpunkt bekannt gewesen, dass das Wohn- und Geschäftsgebäude vermietet werde und die Mieter über die Betriebskostenabrechnung die Versicherungsprämien tragen würden. In einer solchen Situation sei der Mieter mitversichert. Der Mieter sei daher nicht Dritter im Sinn des § 67 VersVG, weshalb ein Regress scheitere. Durch die Zahlung der Versicherungsprämien würden die Interessen der Vermieterin geschützt, weshalb konkludent auch ein Regressverzicht vereinbart worden sei.

[12] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dass die Prämien für die Versicherung als Betriebskosten auf die Mieter überwälzbar seien, mache die Leitungswasserschadenversicherung noch nicht zu einer Versicherung für den Mieter. Der Beklagte sei daher Dritter, ein Regressverzicht zwischen der Klägerin und der Vermieterin zu Gunsten der Mieter sei nicht vereinbart worden. Der Bestandnehmer hafte gemäß § 1313a ABGB für schuldhaft herbeigeführte Beschädigungen an der Substanz des Hauses, auch aus Anlass von Umbau- oder Sanierungsarbeiten, wobei er für das Verschulden dritter Personen einzustehen habe, deren er sich zur Erfüllung seiner Pflichten, insbesondere der Obhutspflicht bediene. Der Beklagte habe also für das Verschulden der Nebenintervenienten einzustehen. Auch wenn sich der Beklagte der Nebenintervenientin zur Erfüllung seiner Obhutspflicht bedient habe und diesen daher die Stellung von Erfüllungsgehilfen zukomme, sei die Haftung des Beklagten für den geltend gemachten Schaden nicht nach dem Sorgfaltsmaßstab für Sachverständige zu beurteilen. Vielmehr hätte es der Sorgfaltsmaßstab eines durchschnittlichen Mieters geboten, mit der Durchführung des Wasseranschlusses ein Fachunternehmen zu beauftragen. Selbst wenn der Beklagte das Verhalten des Drittnebenintervenienten selbst gesetzt hätte und eine druckfeste Armatur an einen drucklosen Speicher angeschlossen hätte, könnte dem Beklagten unter Berücksichtigung des Sorgfaltsmaßstabes eines „durchschnittlichen Mieters“ kein Verschulden angelastet werden, da der Schadenseintritt für einen durchschnittlichen Mieter nicht vorhersehbar gewesen sei. Mangels Schadenersatzanspruchs der Vermieterin gegenüber dem Beklagten scheide ein Regress der Klägerin nach § 67 VersVG aus.

[13] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Der Beklagte hafte grundsätzlich für von ihm beauftrage Unternehmen nach § 1313a ABGB. Er könne sich allerdings nicht damit entlasten, dass er ohnedies ein Fachunternehmen beauftragt habe und von ihm als durchschnittlichen Mieter ein fachgerechter Anschluss nicht erwartet werden könne. Ob im vorliegenden Fall eine „Mitversicherung des Sachersatzinteresses“ des Mieters im Rahmen einer Versicherung für fremde Rechnung in Betracht komme, könne dahingestellt bleiben. Den Feststellungen lasse sich nämlich nicht entnehmen, ob die Absicht der Vermieterin auf eine Fremd- oder eine Kombination von Eigen- und Fremdversicherung gerichtet gewesen sei. Ein konkludenter Haftungsausschluss liege nicht vor, weil dem Beklagten vor dem Eintritt des Leitungswasserschadens nicht bewusst gewesen sei, dass er die Versicherungsprämie anteilig bezahlt habe. Allerdings ergebe die Auslegung des Versicherungsvertrags einen Regressverzicht des Versicherers für – die hier gegebene – leichte Fahrlässigkeit.

[14] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der hier vertretenen versicherungsrechtlichen Lösung im Sinn eines Regressverzichts des Versicherers zu Gunsten des Mieters durch Auslegung des Versicherungsvertrags vorliege.

[15] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass das Klagebegehren als zu Recht bestehend erkannt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[16] Der Beklagte und die Erstnebenintervenientin begehren, der Revision keine Folge zu geben. Zweit- und Drittnebenintervenienten beantragen, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[17] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

[18] 1.1 Nach § 67 Abs 1 VersVG geht der Anspruch auf Ersatz des Schadens, der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Der Ausdruck „Schadenersatzanspruch“ im Sinn des § 67 VersVG erfasst nicht nur Schadenersatzansprüche im eigentlichen Sinn, er ist vielmehr im weitesten Sinn zu verstehen und bezieht sich auch auf Rückgriffsansprüche, Ausgleichsansprüche, Bereicherungsansprüche und anderes (RS0080594, RS0080533). Dritter im Sinn des § 67 Abs 1 VersVG ist jeder, der nicht Versicherungsnehmer oder Versicherter ist (RS0081376).

[19] 1.2 Zur Kaskoversicherung vertrat der Oberste Gerichtshof in älteren Entscheidungen die Auffassung, dass der Mieter eines Kraftfahrzeugs nicht Mitversicherter der Kaskoversicherung, sondern Dritter ist, gegen den Regressansprüche nach § 67 Abs 1 VersVG erhoben werden können (vgl RS0080645, RS0081503). In der Entscheidung 7 Ob 1/93 setzte er sich mit den dagegen von der Lehre erhobenen Bedenken auseinander und kam zu einem differenzierenden Ergebnis: Er hielt im Grundsatz weiterhin fest, dass in der Kaskoversicherung, welche nur der Versicherung des Eigentümerinteresses an der Erhaltung der versicherten Sache dient (sogenanntes Sacherhaltungsinteresse), der aufgrund einer Vereinbarung mit dem Eigentümer zur Benutzung der Sache Berechtigte nicht mitversichert, sondern „Dritter“ im Sinn dieser Gesetzesstelle ist (idS auch 7 Ob 128/97t). Die Mitversicherung auch des Sachersatzinteresses ist jedoch auch in der Kaskoversicherung möglich (vgl 7 Ob 219/20m mwN).

[20] Zur Versicherung gegen Leitungswasserschäden sprach der Oberste Gerichtshof bisher aus, dass sie eine Sachversicherung ist, die der Erhaltung des Gebäudes, sohin des Eigentums des Versicherungsnehmers dient. In gewissem Rahmen dient sie auch der Erhaltung und Verwertung des Gebäudes durch Vermietung und Verpachtung. Das Sachersatzinteresse des Mieters des Versicherungsnehmers in diese Gebäudeversicherung ist auch dann nicht miteinbezogen, wenn der Mieter im Rahmen der Betriebskostenüberwälzung die Prämie für diese Versicherung trägt (7 Ob 34/99x; 7 Ob 176/12a).

[21] 2. Der erkennende Fachsenat erachtet eine Neubewertung der Frage des Schutzes des Sachersatzinteresses des Mieters im Sachversicherungsvertrag des Vermieters für erforderlich:

[22] 2.1 Die Versicherung gegen Leitungswasser bietet Schutz gegen Schäden, die durch den Eintritt von Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen entstehen (Sacherhaltungsinteresse). Sie ist eine Sachversicherung (RS0113625). Neben dem Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers besteht ein Interesse der Personen, die mit der Sache in Berührung kommen (insbesondere Sachnutzer), daran, nicht wegen der Beschädigung oder Zerstörung oder des Verlustes der Sache haftpflichtig zu werden (Sachersatzinteresse). Für den Schutz dieses Interesses kommen eine mietvertragliche und eine versicherungsvertragliche Lösung in Betracht. Bei der mietvertraglichen Lösung handelt es sich um die Haftungsbeschränkung im Mietvertrag, die versicherungsrechtliche Lösung kommt in Form der Versicherung des Interesses (Mitversicherung) oder eines zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer von vornherein vereinbarten Regressverzichts in Betracht (Klimke in Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz31 § 43 Rn 16).

[23] 2.2.1 Eine Haftungsbeschränkung im Mietvertrag zwischen Versicherungsnehmer und Mieter schlägt auch auf den Regressanspruch des Versicherers durch (vgl 7 Ob 219/20m). Für den Fall, dass eine ausdrückliche Haftungsbeschränkung nicht vereinbart ist, wird vertreten, dass zu prüfen sei, ob ein Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit konkludent nach § 863 ABGB zustande gekommen sei. Der Mieter könnte eine Überwälzung der Versicherungsprämie nämlich so verstehen, dass er „abgesichert“ sei und nicht vom Vermieter schadenersatzrechtlich in Anspruch genommen werde (vgl Burtscher, Haftungsausschluss, Legalzession und Regressverzicht des Sachversicherers Korrespondenz zu OGH 7 Ob 219/20m, JBl 2022, 123 mwN, Burtscher/Ertl in Fenyves/Perner/Rieder, VersVG § 67 Rz 16 f; Perner Privatversicherungsrecht Kap 3.112 [Stand , rdb.at]).

[24] Diese haftungsrechtliche Lösung ist abzulehnen. Die Annahme eines konkludenten Haftungsausschlusses im Mietvertrag für leichte Fahrlässigkeit wird nämlich der erkennbaren Interessenlage des Vermieters nicht gerecht. Dieser hat keinen Anlass, von vornherein generell auf eine Inanspruchnahme des fahrlässig handelnden Mieters zu verzichten. Zudem ist es äußerst fragwürdig, ob der Schutz des Mieters von dem Umstand abhängen soll, dass der Vermieter die Versicherungsprämie ausdrücklich (und nicht nur kalkulatorisch) auf ihn überwälzt. Schließlich könnte der Vermieter vernünftige Gründe haben, den Versicherer nicht in Anspruch zu nehmen, etwa weil ihm sonst eine Kündigung des Versicherungsvertrags ins Haus steht oder langwierige Auseinandersetzungen mit dem Versicherer oder dessen Leistungspflicht zu erwarten sind (vgl BGH – IV ZR 298/99, Armbruster, Zum Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung, NVersZ 2001, 193 [194]).

[25] 2.2.2.1 Die Mitversicherung des Sachersatzinteresses hat zur Folge, dass der Versicherer im Schadenfall gegen diesen Personenkreis keinen Regress nehmen kann, wenn er den geschädigten Eigentümer entschädigt hat (7 Ob 126/11x, 7 Ob 219/20m). Den Ausgangspunkt für eine Erweiterung des Versicherungsschutzes (auch) auf Fremdinteressen bildet § 80 Abs 1 VersVG. Danach gilt eine Versicherung nur dann für eigene Rechnung genommen, wenn sich aus den Umständen nicht ergibt, dass sie für einen anderen genommen werden soll. Entsprechend dem Wortlaut („aus den Umständen“) muss die Fremdversicherung in der Polizze daher nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden (7 Ob 219/20m). § 80 Abs 1 VersVG spricht zwar die Vermutung aus, dass die Versicherung als für eigene Rechnung genommen gilt, wenn sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt. Diese Vermutung ist aber – entsprechend den Umständen – leicht widerlegbar (RS0080889).

[26] Nach der Rechtsprechung setzt der Abschluss einer Versicherung auf fremde Rechnung regelmäßig voraus, dass die Absicht des Versicherungsnehmers auf eine solche Versicherung gerichtet war und dass der Versicherer diese Absicht aus den Umständen erkennen konnte (RS0080895); die Benennung der Person des Versicherten ist nicht erforderlich (vgl RS0080895 [T1]). Bei der Auslegung eines Vertrags, der keinen ausdrücklichen Einschluss eines Fremdinteresses erhält, ist immer eine Interessenabwägung vorzunehmen: Der Umstand, dass die Benutzung der versicherten Sache durch bestimmte Dritte vorgesehen ist, spricht zunächst für das Interesse dieser Personen, in den (Kasko-)Versicherungsvertrag einbezogen zu werden. Wird eine damit verbundene Gefahrenerhöhung durch eine entsprechende Prämienanpassung ausgeglichen, dann ist auch die Zustimmung des Versicherers zum Einschluss derartiger Fremdinteressen anzunehmen (7 Ob 1/93; 7 Ob 40/07v, 7 Ob 219/20m, vgl auch Klimke aaO § 43 Rn 22 f).

[27] 2.2.2.2 Geht es um die Einbeziehung des Besitzers (oder jedenfalls Nutzers) einer Sache in die vom Eigentümer genommene Versicherung, so entscheidet somit die erkennbare Interessenlage des Eigentümers. Diese ist dadurch geprägt, dass er Auseinandersetzungen mit einem Besitzer, dem er – meist aufgrund eines Vertrags – die Sachherrschaft eingeräumt hat, vermeiden will. Wäre das Sachersatzinteresse des Besitzers nicht geschützt, so wäre der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls genötigt, den Versicherer bei der Durchsetzung der auf diesen übergegangenen Ansprüche zu unterstützen, was zu einer erheblichen Belastung des Verhältnisses zum Besitzer führen kann. Zudem kann ihm am Schutz des Besitzers gelegen sein, weil er die Prämie (anteilig) auf diesen abgewälzt hat. Eine solche Abwälzung ist insbesondere im Verhältnis Vermieter/Mieter auch dann zu unterstellen, wenn die Gebäudeversicherungsprämie nicht offen auf den Mieter umgelegt wurde. Schließlich ist – vor allem bei Dauerschuldverhältnissen – das Interesse des Eigentümers hervorzuheben, eine Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Sachnutzers durch einen Regress des Versicherers zu vermeiden. Für die Erkennbarkeit der Interessen des Versicherungsnehmers genügt es, dass der Versicherer mit einer Überlassung der Sachherrschaft an einen Dritten rechnen muss (vgl Klimke aaO Rn 23 mwN).

[28] 2.2.2.3 Zu bejahen ist, dass der Mieter des Schutzes davor bedarf, für ein nur leicht fahrlässiges Verhalten vom Versicherer des Vermieters in Anspruch genommen zu werden. Um diesen Schutz zu erreichen, braucht der Mieter aber nicht als Mitversicherter in den Gebäudeversicherungsvertrag einbezogen zu werden, sodass ihm eigene Ansprüche gegen den Versicherer zustehen (BGH IV ZR 298/99).

[29] 2.2.3.1 Der BGH vertritt, dass vielmehr aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung von einem konkludenten Regressverzicht des Versicherers für Fälle der leichten Fahrlässigkeit auszugehen ist und dem Gebäudeversicherer der Regress auch dann verwehrt ist, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung unterhält, die Ansprüche wegen Schäden an gemieteten Sachen deckt (BGH VIII ZR 292/98, IV ZR 298/99; IV ZR 378/02; VIII ZR 28/04; IV ZR 273/05). Er begründet dies ausführlich damit, dass die Auslegung auf dem für den Versicherer erkennbaren Interesse des Versicherungsnehmers beruhe. Ihm sei als Vermieter daran gelegen, das in der Regel auf längere Zeit angelegte Vertragsverhältnisse zu seinem Mieter so weit wie möglich unbelastet zu lassen. Im Schadenfall wäre die Vertragsbeziehung aber schon dadurch erheblich belastet, dass dem Vermieter in seiner Eigenschaft als Versicherungsnehmer die Obliegenheit trifft, den Versicherer bei der Durchsetzung der Regressforderung zu unterstützen. Die Erfüllung dieser Obliegenheit führte notwendig zu einem Konflikt mit den Interessen des Mieters, der bemüht sein werde, den Regress des Versicherers abzuwenden. Weiters würde das Mietverhältnis dadurch belastet, dass sich der Mieter in seiner Erwartung getäuscht sehe, bei einem Brand eines gegen Feuer versicherten Gebäudes nicht in Anspruch genommen zu werden. Dem versicherungsrechtlichen Laien sei häufig unverständlich, dass er für einen nur leicht fahrlässig verursachten Brand einzustehen habe, wenn das Gebäude gegen Brand versichert sei, oft unabhängig davon, ob er die Prämie ganz, anteilig oder überhaupt nicht trage. Schließlich liege es auch nicht im wirtschaftlichen Interesse des Vermieters, wenn das Vermögen seines Mieters mit Regressforderungen belastet werde, weil sich diese Belastungen auf die Mietzahlungen auswirken können. Die allgemeine ergänzende Vertragsauslegung eines Regressverzichts für leichte Fahrlässigkeit könne auch nicht davon abhängen, ob der Mieter im Einzelfall eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Häufig sei dieser Umstand in dem Zeitpunkt noch unbekannt, zu dem der Vermieter die Gebäudeversicherung nimmt. Auch zeige die Erfahrung, dass viele Mieter keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hätten und die Notwendigkeit dazu auch nicht unter dem Gesichtspunkt sehen, dass sie als Mieter in Regress genommen werden könnten. Selbst wenn eine Haftpflichtversicherung bestehe, sei nicht gesagt, dass diese auch den Schaden abdecke, weil sich der Versicherungsschutz häufig nicht auf Schäden an fremden Sachen beziehe, die der Versicherungsnehmer gemietet habe. Zwar könne dieser Risikoausschluss abbedungen werden. Das geschehe aber oftmals nicht. Dem erkennbaren und schützenswerten Interesse des Versicherungsnehmers an einem Regressverzicht wegen leichter Fahrlässigkeit, stünden keine solchen Interessen des Versicherers entgegen, die es ihm erlaubten, sich einem Regressverzicht zu entziehen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Verzicht auf die Einnahmen aus dieser Fallgruppe die Gesamtkalkulation ernsthaft gefährde. Habe der Versicherungsnehmer sein Einfamilienhaus vermietet, erhöhe sich die Gefahr gegenüber der Eigennutzung im Allgemeinen nicht. Auch gegenüber dem selbst nutzenden Eigentümer könnte sich der Versicherer gemäß § 61 VVG (aF) nur bei leicht fahrlässig verursachtem Schaden nicht auf Leistungsfreiheit berufen. Bei Mietshäusern habe der Versicherer zwar die Einnahme/den Ausfall eines Regressverzichts zu tragen. Bei besonderen Gefahrenerhöhungen genieße er aber durch die §§ 23 ff VVG (aF) noch einen gewissen Schutz. Bei der dargestellten versicherungsrechtlichen Lösung eines Regressverzichts für die Fälle leichter Fahrlässigkeit obliege es dem Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für einen Regress beim Mieter vorlägen, dass dieser also grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt habe.

[30] 2.2.3.2 Diese Lösung des BGH stößt in der Lehre grundsätzlich auf Zustimmung (Armbrüster, Zum Schutz von Haftpflichtinteressen in der Sachversicherung NVersZ 2001, 193 [195]; Langheid in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG3 § 43 Rn 40 f; Burtscher/Ertl aaO § 67 Rz 17; Perner aaO3.112).

[31] 2.2.3.3 Methodisch leitet der BGH den Regressverzicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ab. Dem halten Armbrüster (aaO) und diesem folgend Burtscher (aaO) entgegen, dass es nicht um das Füllen einer Vertragslücke, sondern um die Ermittlung des Sinns des Versicherungsvertrags im Wege der einfachen („eigentlichen“) Auslegung gehe. Angesichts der hohen Regelungsdichte von AVB sei fraglich, inwieweit hier überhaupt noch Vertragslücken bestehen können. Dass weder der Versicherungsnehmer noch der Versicherer das Problem eines Regresses gegen den Mieter bedacht habe, was Voraussetzung für eine Vertragslücke wäre, sei durchaus zweifelhaft. Überzeugender erscheine es daher aus dem Zweck des Sachversicherungsvertrags einen Regressverzicht gegenüber dem Mieter abzuleiten. Dem Vertragszweck komme schließlich auch in Österreich im Rahmen der einfachen Auslegung anhand der erkennbaren und redlichen Absicht der Parteien (§ 914 ABGB) eine Schlüsselrolle zu.

[32] 2.4.1 Auch der Oberste Gerichtshof geht – aufgrund der dargestellten beachtenswerten Argumente der deutschen Rechtsprechung und der Lehre – nunmehr davon aus, dass die Auslegung des Sachversicherungsvertrags eine Einbeziehung des Sachersatzinteresses des Mieters in Form eines konkludenten Regressverzichts des Versicherers für Fälle der leichten Fahrlässigkeit ergeben kann. Geteilt werden jedoch die dargestellten methodischen Zweifel an einer ergänzenden Auslegung. Vielmehr ist die Frage, ob das Sachersatzinteresse des Mieters in die Sachversicherung des Vermieters durch Regressverzicht einbezogen wurde durch einfache Auslegung des Vertrags nach § 914 ABGB zu klären.

[33] 2.4.2 Auch dabei entscheidet die erkennbare Interessenlage des Eigentümers. Diese ist dadurch geprägt, dass er Auseinandersetzungen mit einem Besitzer, dem er – meist aufgrund eines Vertrags – die Sachherrschaft eingeräumt hat, vermeiden will. Wäre das Sachersatzinteresse des Mieters nicht geschützt, so wäre der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls genötigt, den Versicherer bei der Durchsetzung der auf diesen übergegangenen Ansprüche zu unterstützen, was zu einer erheblichen Belastung des Verhältnisses zum Mieter führen kann. Zudem kann ihm am Schutz des Mieters gelegen sein, weil er die Prämie (anteilig) auf diesen abgewälzt hat. Schließlich ist – vor allem bei Dauerschuldverhältnissen – das Interesse des Eigentümers hervorzuheben, eine Beeinträchtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Sachnutzers durch einen Regress des Versicherers zu vermeiden. Dem erkennbaren und schützenswerten Interesse des Versicherungsnehmers an einem Regressverzicht wegen leichter Fahrlässigkeit stehen auch keine solchen Interessen des Versicherers entgegen, die es ihm erlaubten, sich einem Regressverzicht zu entziehen. Weder ist ersichtlich, dass der Verzicht auf die Einnahmen aus dieser Fallgruppe die Gesamtkalkulation ernsthaft gefährden, noch erhöht sich die Gefahr gegenüber der Eigennutzung im Allgemeinen. Der Schutz des Sachersatzinteresses durch Regressverzicht steht auch nicht unter dem Vorbehalt, dass zu Gunsten des Haftpflichtigen keine Haftpflichtversicherung besteht, die den Schaden deckt. Gegen eine Subsidiarität spricht insbesondere, dass dem Haftpflichtigen (Mieter) Nachteile drohen, wenn er – etwa weil er als versicherungsrechtlicher Laie davon ausgeht, dass der Schaden von vornherein durch den Gebäudeversicherer gedeckt ist – den Haftpflichtversicherungsfall zu spät anzeigt oder wenn der Haftpflichtversicherer den Deckungsschutz zu Unrecht ablehnt und der Haftpflichtige deshalb zu einem Deckungsprozess gezwungen ist. Zusätzlich kann es bei einem Regress des Gebäudeversicherers de facto auch dadurch zu einer Belastung des Verhältnisses von Eigentümer und Haftpflichtigem kommen, dass beim Haftpflichtigen durch die Inanspruchnahme des Haftpflichtversicherers Aufwand entsteht, oder dass eine Inanspruchnahme aus Gründen scheitert, die er sich selbst zuzuschreiben hat. Diese Belastung kann dem Eigentümer vor allem bei Dauerschuldverhältnissen nicht von vornherein gleichgültig sein. Das gilt dann, wenn er (wovon etwa bei der Versicherung durch den Vermieter in der Regel auszugehen ist) die Versicherungsprämie zumindest verdeckt auf den Haftpflichtigen abgewälzt hat. Jedenfalls, wenn diese genannten Gesichtspunkte (Dauerschuldverhältnis, Abwälzung der Prämie) hinzukommen, ist daher von einem Regressverzicht auszugehen.

[34] 3.1 Im vorliegenden Fall war die dargestellte Interessenlage der Vermieterin der Klägerin bei Abschluss des Versicherungsvertrags erkennbar. In der Versicherungspolizze war ausdrücklich angeführt, dass es sich bei dem versicherten Gebäude um „Büro-, Geschäfts- und Gastronomiebetrieb, Wohnungen“ und damit um ein „Mietshaus“ handelt, wobei ein Hinweis der Klägerin auf die am Versicherungsmarkt grundsätzlich bestehende Möglichkeit der Vereinbarung eines Regressverzichts zu Gunsten der Mieter der Vermieterin nicht feststeht. Ein redlicher Erklärungsempfänger durfte daher darauf vertrauen, dass die Klägerin jedenfalls auf Regressansprüche wegen leichter Fahrlässigkeit gegen jene Mieter, auf die ihre Versicherungsnehmerin ihre Prämien (typischerweise – vgl § 21 MRG) überwälzt, verzichtet.

[35] 3.2 Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin gegenüber dem beklagten Mieter ihrer Versicherungsnehmerin auf den Regress von leicht fahrlässig verursachten Schäden (konkludent) verzichtete.

[36] 4. Da die Klägerin die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Schaden leicht fahrlässig verursacht wurde, nicht in Zweifel zieht und schon deshalb das Klagebegehren abzuweisen ist, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zur Frage der Zurechnung des Verhaltens der Nebenintervenienten nach § 1313a ABGB.

[37] 5. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00099.23V.0927.000

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