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OGH vom 25.01.2023, 7Ob223/22b

OGH vom 25.01.2023, 7Ob223/22b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI W* E*, vertreten durch die Koch Jilek Rechtsanwälte Partnerschaft in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei U* AG, *, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 76.132,15 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 71/22y17, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Zu den von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten hat der Oberste Gerichtshof bereits in zahlreichen Entscheidungen Stellung genommen, sodass in Bezug auf den hier zu beurteilenden – im Wesentlichen gleichgelagerten Fall – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.

[2] 1. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Im Fehlen ausreichender Feststellungen liegt eine sekundäre Mangelhaftigkeit, die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen ist (RS0043304), nach den nachstehenden Erwägungen hier jedoch nicht gegeben ist.

[3] 2. Die Streitteile schlossen im März 2006 einen Kreditvertrag ab, in dem sich die beklagte Bank gegenüber dem klagenden Verbraucher verpflichtete, ihm „einen in Euro und Fremdwährung einmalig ausnützbaren Kredit bis zum Gegenwert von EUR 159.000,00 [...] in folgender Währung: Schweizer Franken [...] zur Verfügung zu stellen“. Vereinbart wurde weiters: „Sie ermächtigen uns, die dem Kreditkonto jeweils angelasteten Zinsen und Kosten sowie fällige Kapitaltilgungen zu Lasten des Euro-Girokontos Nr [...] einzuziehen.“ „Die Rückzahlung erfolgt in der jeweils ausgenützten Währung.“

[4] Der Kläger entschloss sich, den Kredit in Schweizer Franken auszunützen, um in den Genuss der von ihm daraus erwarteten Vorteile und Chancen zu gelangen. Im Rahmen der Ausnützung des Kreditbetrags in Schweizer Franken belastete die Beklagte am das CHF-Konto des Klägers mit 250.281,90 CHF, wobei sie Folgendes auswies: „EUR 159.000,00, Kurs 1,5741000“ (Beilage ./5 [unstrittig]).

[5] Bei Abschluss des Kreditvertrags wurde der Kläger von der Beklagten auf das bestehende Wechselkursrisiko hingewiesen. Er war sich dieses Risikos bewusst, ging allerdings von geringeren Kursschwankungen des Schweizer Franken zum Euro aus.

[6] 3. Die Vorinstanzen sind in unbedenklicher Weise vom Vorliegen eines echten Fremdwährungskreditvertrags ausgegangen. Die Beklagte eröffnete für den Kläger anlässlich des Kreditabschlusses ein CHF-Konto und zählte ihm sodann den Kreditbetrag zu, indem sie 158.523 EUR (159.900 EUR abzüglich Spesen 477 EUR; Beilage ./6 [unstrittig]) auf das Euro-Girokonto gutbuchte. Dadurch, dass der Kläger sich den Kredit in Euro auszahlen ließ, trat ein „Geldwechselvertrag“ hinzu, was auch für eine nicht juristisch geschulte Person erkennbar ist (1 Ob 9/22p [Rz 9] mwN).

[7] 4. Von einer allfälligen Intransparenz oder Missbräuchlichkeit von Umrechnungsklauseln des Geldwechselvertrags ist zu trennen, ob der Fremdwährungskreditvertrag als solcher wirksam zustande gekommen ist. Dafür müssen die Kreditsumme als Hauptleistungspflicht des Kreditgebers und die Rückzahlungspflicht als Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers als essentialia negotii ausreichend bestimmt im Sinn einer eindeutigen Bestimmbarkeit sein (§ 869 ABGB; RS0014010 [T7]; RS0014693 [T12]). Darüber hinaus ist selbst ein durch die Unbestimmtheit entstehender Mangel „heilbar“ im Sinn eines neuen Vertragsabschlusses, wenn ein späteres Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf den dann gegebenen bestimmten Bindungswillen zulässt (RS0014711 [T1]; Rummel in Rummel/Lukas4 § 869 ABGB Rz 8 mwN [Stand , rdb.at]). Es geht sohin nicht um die Frage der Transparenz der Umrechnungsmodalitäten, sondern um die Bestimmtheit der geschuldeten Kreditsumme. Erst wenn sie nicht bestimmt werden kann, kommt (auch) der Fremdwährungskreditvertrag nicht wirksam zustande (9 Ob 66/21b [Rz 13]; 7 Ob 58/22p [Rz 7]; 8 Ob 81/22b [Rz 19]).

[8] 5. Der klagende Kreditnehmer hat über viele Jahre weder die im Kontoauszug angegebene CHFSumme noch den Umrechnungskurs beanstandet. Aus diesem Verhalten ist daher auch im vorliegenden Fall auf sein Einverständnis mit dem ihm auf diese Weise bekanntgegebenen Schweizer FrankenBetrag zu schließen. Damit ist – wovon das Berufungsgericht ohne Fehlbeurteilung ausging – der Kreditbetrag in Schweizer Franken und damit die (echte) Fremdwährungsschuld ausreichend „bestimmt“ und der Vertrag mit dieser Kreditsumme zustande gekommen (8 Ob 81/22b [Rz 22]).

[9] 6. Soweit sich der Revisionswerber dagegen wendet, dass die fehlende Transparenz eine Klausel, die zur Feststellung der Missbräuchlichkeit führen könnte, nachträglich heilt, missversteht er die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Überprüft wird nicht die Transparenz der Klausel, sondern die Bestimmtheit der vereinbarten Kreditsumme im Sinn von Bestimmbarkeit. Aufgrund der Unterlagen, die dem Kläger im Rahmen der Kreditgewährung zur Verfügung gestellt wurden, ergibt sich eindeutig die von der Beklagten angenommene Kreditsumme, gegen die sich der Kläger aber viele Jahre nicht ausgesprochen hat, sondern auf die er Rückzahlungen geleistet hat. Damit ist aber – wovon das Berufungsgericht vertretbar ausging – von einer ausreichenden Bestimmtheit der Kreditsumme auszugehen. Eine allfällige Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags, eine Unrichtigkeit der Berechnung der EuroSumme bzw der Rückzahlungsraten ändert daran letztlich nichts (8 Ob 81/22b [Rz 28]).

[10] 7. Steht im Individualprozess – wie hier – fest, dass der Kläger den Kredit in CHF aufgenommen hat, folgt schon aus der Definition des Fremdwährungskredits, dass er die Rückzahlung in dieser Währung zu leisten hat. Die von ihm als missbräuchlich und intransparent bezeichnete Klausel, wonach die Rückzahlung des Kredits in der jeweils ausgenutzten Währung erfolgt, ist vor dem Hintergrund der individuellen Vereinbarung weder unklar noch unverständlich. Die Vereinbarung, den Kreditvertrag in derselben Fremdwährung zurückzuzahlen, ist nach der Rechtsprechung auch nicht gröblich benachteiligend oder missbräuchlich (6 Ob 228/16x [Klausel 21a]). Selbst wenn die beanstandete „Rückführungsklausel“ entfiele und auch – wie der Kläger meint – eine Anwendung des dispositiven Rechts (§ 905a Abs 1 ABGB aF; § 907b Abs 1 ABGB) nicht in Betracht käme, bliebe es nach der Rechtsprechung dabei, dass die Kreditrückzahlung (ohne Konvertierung) in der Fremdwährung zu erfolgen hätte. Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte auch ohne die beanstandete Klausel fortbestehen. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst besorgen (1 Ob 173/21d [Rz 13]; 9 Ob 66/21b [Rz 11]; 7 Ob 58/22p [Rz 5]; 8 Ob 81/22b [Rz 24]). Auch davon sind die Vorinstanzen ausgegangen.

[11] 8. Zwar sieht der Kreditvertrag eine Einzugsermächtigung vom Euro-Girokonto des Klägers vor. Dies steht der Möglichkeit, die Fremdwährung anderswo zu beschaffen, schon aufgrund ihrer Widerruflichkeit nicht entgegen (9 Ob 66/21b [Rz 12]; 7 Ob 58/22p [Rz 6]; 8 Ob 81/22b [Rz 25]).

[12] 9. Zum behaupteten Widerspruch mit Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ist darauf zu verweisen, dass (auch) die in der Revision zitierte Entscheidung des EuGH C-80/21 bis C-82/21, D.B.P. ua, zur Frage des „Trennungsmodells“ nicht Stellung nimmt (6 Ob 199/22s [Rz 18]). Das Urteil des EuGH C-625/21, GUPFINGER Einrichtungsstudio, hat keinen Bezug zum hier zu beurteilenden echten Fremdwährungskreditvertrag.

[13] 10. Die vom Kläger behauptete Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags haben die Vorinstanzen auf der Grundlage und im Einklang mit bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung verneint, ohne dass sich dabei eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt. Ein Anlass für ein vom Kläger angeregtes Vorabentscheidungsersuchen besteht ebenfalls nicht, weil im vorliegenden Kontext keine neuen unionsrechtlichen Aspekte zu klären sind.

[14] 11. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00223.22B.0125.000

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