TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH 25.09.2023, 6Ob237/22d

OGH 25.09.2023, 6Ob237/22d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V* N*, vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei I* GmbH, *, vertreten durch Auer Bodingbauer Leitner Stöglehner Rechtsanwälte OG in Linz, wegen Löschung personenbezogener Daten und 200 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 56/22y-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Die Auftraggeberin des beklagten Inkassounternehmens beauftragte dieses mit der Betreibung einer Forderung gegenüber der Klägerin. Die Übermittlung des Auftrags erfolgte elektronisch mittels Datensatzes, zumal die Beklagte pro Woche mehr als 1.000 Aufträge erhält. Diese Forderungsbetreibung wurde in der Folge nach Mitteilung der Auftraggeberin, dass Zahlung erfolgt sei, von der Beklagten „eingestellt“.

[2] 1.2. Die Vorinstanzen sind vom Zustandekommen eines Vertrags zwischen der Beklagten und ihrer Auftraggeberin zur Betreibung einer Forderung gegenüber der Klägerin ausgegangen (vgl § 864 Abs 1 ABGB; RS0014580 [T1]). Dagegen führt die Revision keine Argumente ins Treffen. Mit ihrer nicht weiter dargelegten Auffassung, es liege ein von der Beklagten nicht angenommener Auftrag vor, der zurückgezogen worden sei, bevor die Beklagte überhaupt tätig geworden war, zeigt die Revision keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf und geht auch teilweise nicht vom Sachverhalt aus.

[3] 2.1. Die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung in Verbindung mit der Aufbewahrungspflicht von Geschäftsbriefen nach § 132 Abs 1 BAO oder § 212 UGB wird von der Revision dem Grunde nach nicht bezweifelt (vgl dazu etwa DSB , DSBD122.944/0007DSB/2018), sodass darauf nicht einzugehen ist. Gemäß § 190 Abs 5 UGB und § 132 Abs 2 BAO müssen auf Datenträgern aufbewahrte oder nur auf Datenträgern vorliegende Geschäftsbriefe so aufbewahrt werden, dass eine vollständige und inhaltsgleiche Wiedergabe jederzeit gewährleistet ist.

[4] 2.2. Nach den Feststellungen wurden sämtliche im Zusammenhang mit der Forderungsbetreibung stehenden Daten der Klägerin, mit Ausnahme des der Beklagten übermittelten Auftrags-Datensatzes, von der Beklagten gelöscht.

[5] 2.3. Die Vorinstanzen waren der Ansicht, die Beklagte sei nicht verpflichtet, die im als Geschäftsbrief anzusehenden AuftragsDatensatz enthaltenen personenbezogenen Daten der Klägerin zu löschen, weil aufgrund der Aufbewahrungspflicht nach § 132 Abs 1 BAO bzw § 212 UGB insoweit der von der Beklagten geltend gemachte Ausnahmegrund des Art 17 Abs 3 lit b DSGVO vorliege.

[6] Die Revision hält dem entgegen, es liege kein Geschäftsbrief iSd § 132 Abs 1 BAO bzw § 212 UGB und daher keine solche Aufbewahrungspflicht vor, weil das betreffende Rechtsgeschäft der Beklagten mit ihrer Auftraggeberin nicht zustande gekommen sei. Diesbezüglich ist sie auf die nicht korrekturbedürftige gegenteilige Beurteilung der Vorinstanzen zu verweisen (oben Punkt 1.2.). Die in der Revision als erheblich angesehene Frage, ob ein Datensatz, der ein Auftragsschreiben darstellt, bereits dann als Geschäftsbrief zu qualifizieren sei, der die Aufbewahrungspflicht nach § 132 Abs 1 BAO oder § 212 UGB begründe, wenn das betreffende Rechtsgeschäft nicht zustande gekommen sei, kann daher hier dahinstehen.

[7] 3. Ausgehend von der Auffassung des Berufungsgerichts zur bestehenden Aufbewahrungspflicht des AuftragsDatensatzes als Geschäftsbrief (Punkt 2.1), kommt es auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob der Beklagten eine nachvollziehbare Abrechnung mit ihrer Auftraggeberin auch nach Durchführung einer „Datenminimierung“ durch teilweise Löschung oder Anonymisierung der im AuftragsDatensatz enthaltenen personenbezogener Daten der Klägerin möglich wäre, nicht an.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00237.22D.0925.000

Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.at | Judikat (RIS)