OGH 29.08.2023, 5Ob143/23z

OGH 29.08.2023, 5Ob143/23z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun-Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. W*, und 2. M*, beide vertreten durch Mag. Daniel Wolff, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei B* Bank * Aktiengesellschaft, *, vertreten durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 54/23t-15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die Parteien schlossen am zwei endfällige Fremdwährungskreditverträge über Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von 140.000 EUR und 60.000 EUR, jeweils mit einer Laufzeit bis . In den Verträgen war unter anderem festgehalten, dass die Umrechnung in die vereinbarte Währung zum jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis „Bawag-Fixing“ erfolgt. Die Beklagte zählte den Klägern die Kreditbeträge per zu, indem sie 195.520 EUR auf ein EUR-Girokonto des Erstklägers überwies, was einem Gegenwert von 329.255,68 CHF entsprach. Die Kläger nahmen mit diesen Kreditmitteln eine Umschuldung vor. In den Folgejahren lehnten die Kläger Angebote der Beklagten, die CHF-Kredite zu konvertieren, in der Hoffnung auf einen sinkenden CHF-Kurs wiederholt ab.

[2] Die Kläger begehrten die Feststellung, dass die beiden Kreditverträge nicht rechtswirksam zustande gekommen, in eventu, dass sie nichtig seien. Die Vorinstanzen wiesen sowohl das Hauptbegehren als auch das Eventualbegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die außerordentliche Revision der Kläger spricht keine Rechtsfragen von der Bedeutung des § 502 Abs 1 ZPO an und ist daher zurückzuweisen.

[4] 1. Die Vorinstanzen sind vom Vorliegen eines echten Fremdwährungskredits ausgegangen (dazu 1 Ob 173/21d). Dem treten die Kläger zu Recht nicht entgegen. Auch deren Beurteilung, dass zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzutrat, weil sich die Kläger den Kredit in EUR auszahlen ließen, steht mit der Rechtsprechung im Einklang (RIS-Justiz RS0134062).

[5] 1.2. Insgesamt besteht zu den von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten mittlerweile eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs:

[6] Entfiele bei einem (echten) Fremdwährungs-kreditvertrag die von den Klägern beanstandeten „Konvertierungsklauseln“ und käme – wie von ihnen vertreten – eine Anwendung des dispositiven Rechts (§ 907b Abs 1 ABGB) nicht in Betracht, ist der Kredit (ohne Konvertierung) in der Fremdwährung zurückzuzahlen (1 Ob 163/21h; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t; 1 Ob 224/22f ua). Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte auch ohne die beanstandeten Klauseln fortbestehen, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst besorgen. Der Möglichkeit, die Fremdwährung anderswo zu beschaffen, steht eine Einzugsermächtigung vom EUR-Girokonto des Klägers schon aufgrund ihrer Widerruflichkeit nicht entgegen (vgl 7 Ob 58/22p; 9 Ob 66/21b). Damit besteht keine Grundlage für die Annahme, dass mit der Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags auch der Fremdwährungskreditvertrag wegfiele; dieser könnte auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden („Trennungsmodell“, 6 Ob 154/21x; 1 Ob 163/21h; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t; 5 Ob 54/22k ua).

[7] 1.3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf dieser Rechtsprechung und ist damit nicht zu beanstanden. Zudem hat das Gericht zweiter Instanz ausdrücklich auf die Entscheidung zu 2 Ob 198/21p hingewiesen, die eine sinngleiche Klausel der auch hier Beklagten zum Gegenstand hatte. Die Kläger gehen weder darauf, noch sonst auf die bereits vom Berufungsgericht zitierte jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ein.

[8] 2. Die auch zum Unionsrecht vorgetragenen Argumente der Kläger zur Aufklärungspflicht gegenüber Verbrauchern über das Wechselkursrisiko bei Fremdwährungskrediten sowie zur Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung im Weg des Ersatzes der Konvertierungsklauseln durch Anwendung dispositiven Rechts sind hier nicht von Relevanz, weil die von ihnen abgeschlossenen Fremdwährungskredite wirksam blieben, selbst wenn die Konvertierungsklauseln entfielen (zuletzt etwa 8 Ob 170/22s; 1 Ob 224/22f je mwN).

[9] 3. Es trifft zu, dass der EuGH zu C-212/20, „A“ S.A., ausgesprochen hat, dass Konvertierungsklauseln in einem Kreditvertrag so formuliert sein müssen, dass sie dem Verbraucher ermöglichen zu verstehen, wie der zur Berechnung der Tilgung des Kreditvertrags verwendete Fremdwährungswechselkurs festgelegt wird. Der Oberste Gerichtshof hat aber in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, dass daraus nicht auf die Unwirksamkeit des Kreditvertrags geschlossen werden kann und daher an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist, wonach der Fremdwährungskreditvertrag auch ohne den Geldwechselvertrag fortbestehen kann (siehe nur die Nachweise bei 8 Ob 170/22s). Es besteht daher auch kein Anlass, ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen. Die entsprechende Anregung der Kläger ist damit nicht aufzugreifen.

[10] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00143.23Z.0829.000

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