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OGH vom 22.11.2022, 4Ob33/22i

OGH vom 22.11.2022, 4Ob33/22i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Dr. TarmannPrentner, MMag. Matzka und Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt *, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A*, private unlimited company, *, vertreten durch Dorda Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 61.000 EUR), Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.500 EUR), Feststellung (Streitwert 1.000 EUR) und Rechnungslegung samt Zahlung (Streitwert 5.500 EUR; Gesamtstreitwert 70.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei und die Revision der beklagten Partei jeweils gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 95/21m36, mit dem das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 43 Cg 51/20b32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I.

1. Die der Revision der beklagten Partei wird zur Kenntnis genommen.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit 1.310,76 EUR (darin 218,46 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II.

Der Revision der klagenden Partei wird gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt (einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen und des von der beklagten Partei anerkannten Teils) als wie folgt zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, es zu unterlassen, Angebote zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen der Stadt *, deren Adressen der beklagten Partei bekannt sind, weltweit im Internet zu verbreiten, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains * oder *.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei über die Umsätze und Gewinne, die sie aus dem Anbieten zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen der Stadt * im Internet, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains * oder *, erzielt hat, unter Vorlage von Belegen binnen vier Wochen Rechnung zu legen, deren Richtigkeit durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen und die Kosten der Prüfung zu tragen, wenn sich dabei ein höherer Betrag als aus der Rechnungslegung ergibt;

Hingegen werden die Begehren,

3. die beklagte Partei sei schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Angebote zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen ohne Angabe von Namen und geografischer Anschrift des Anbieters und/oder das Bestehen eines (vertraglichen) Untermietverbots oder anderen Beschränkungen weltweit im Internet zu verbreiten, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains * oder *;

4. es werde festgestellt, dass die beklagte Partei schuldig sei, der klagenden Partei sämtliche Schäden aus dem Verbreiten von Angeboten zur (Unter)Vermietung von Wohnungen der klagenden Partei im Internet, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains * oder *, zu ersetzen;

5. die beklagte Partei sei verpflichtet, den klagsstattgebenden Teil des Urteils, mit Ausnahme der Kostenentscheidung und der Rechnungslegung, binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils für die Dauer eines Monats auf ihrer Website unter den Domains * und in englischer Übersetzung, welche die beklagte Partei auf eigene Kosten zu erstellen habe, auf * zu veröffentlichen, dies jeweils auf der Eingangsseite der Website, sodass die Veröffentlichung sofort und ohne Scrollen zu sehen sei, nicht unter Verwendung eines PopUpFensters, in Normalschrift mit fett und gesperrt geschriebenen Namen der Parteien, unter der fett und gesperrt geschriebenen Überschrift „Im Namen der Republik!“ und mit fetter, schwarzer Umrandung;

.“

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die klagende Stadt verfügt über ca 1.800 Gemeindebauten mit rund 220.000 Wohnungen, die sie an einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen vermietet, und denen sie eine Untervermietung bzw eine gänzliche und teilweise entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung des Mietgegenstands an Dritte untersagt.

[2] Die beklagte Gesellschaft nach irischem Recht ist Teil eines in den USA ansässigen Konzerns und betreibt eine weltweit abrufbare Online-Plattform, auf der – gegen Entrichtung einer Gebühr – „Gastgeber“, das sind Personen, die über zu vermietende Unterkünfte verfügen, und „Gäste“, also Personen, die solche Unterkünfte suchen, (ausschließlich) befristete Verträge zur Nutzung dieser Unterkünfte abschließen können. Auf der Online-Plattform sind die Standorte der Wohnungen nur ungefähr, aber nicht deren genaue Adressen angezeigt. Die „Gastgeber“ können auch Alias-Namen verwenden.

[3] Im Jänner 2020 hat ein Gemeindewohnungsmieter die an ihn vermietete Gemeindewohnung über die Plattform der Beklagten zur kurzzeitigen Weitervermietung angeboten und auch tatsächlich gegen ein im Vergleich zur Hauptmiete hohes Entgelt kurzzeitig weitergegeben. Die Klägerin informierte daraufhin die Beklagte von diesem Vorgang sowie vom Umstand, dass Untervermietungen ihrer Gemeindewohnungen ausnahmslos verboten seien, und schloss eine Unterlassungserklärung bei. Einigungsversuche scheiterten. Im Herbst 2020, also während des laufenden Verfahrens, kam es in Ansehung eines anderen Gemeindewohnungsmieters zu einem ähnlichen Vorfall.

[4] Die Klägerin begehrte,

1. die Beklagte sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, Angebote zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen der Klägerin, deren Adressen der Beklagten bekannt seien, weltweit im Internet zu verbreiten, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains [...] oder […];

2. die Beklagte sei schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Angebote zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen ohne Angabe von Namen und geografischer Anschrift des Anbieters und/oder das Bestehen eines (vertraglichen) Untermietverbots oder anderen Beschränkungen weltweit im Internet zu verbreiten, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains [...] oder [...];

3. die Beklagte sei schuldig, der Klägerin über die Umsätze und Gewinne, die sie aus dem Anbieten zur Vermietung und/oder Untervermietung von Wohnungen der Stadt * im Internet, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains [...] oder [...], erzielt habe, unter Vorlage von Belegen binnen vier Wochen Rechnung zu legen, deren Richtigkeit durch einen Sachverständigen prüfen zu lassen und die Kosten der Prüfung zu tragen, wenn sich dabei ein höherer Betrag als aus der Rechnungslegung ergebe;

4. es werde festgestellt, dass die Beklagte schuldig sei, der Klägerin sämtliche Schäden aus dem Verbreiten von Angeboten zur (Unter-)Vermietung von Wohnungen der Klägerin im Internet, insbesondere über mobile Apps oder Websites, insbesondere unter den Domains [...] oder [...], zu ersetzen;

5. die Beklagte sei schuldig, der Klägerin den durch Handlungen nach Punkt 3. dieses Urteils erzielten Gewinn binnen 14 Tagen herauszugeben, wobei die genaue Bezifferung vom Ergebnis der Rechnungslegung abhänge;

6. die Beklagte sei verpflichtet, den klagsstattgebenden Teil des Urteils, mit Ausnahme der Kostenentscheidung und der Rechnungslegung, binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Urteils für die Dauer eines Monats auf ihrer Website unter den Domains [...] und in englischer Übersetzung, welche die Beklagte auf eigene Kosten zu erstellen habe, auf [...] zu veröffentlichen, dies jeweils auf der Eingangsseite der Website, sodass die Veröffentlichung sofort und ohne Scrollen zu sehen sei, nicht unter Verwendung eines Pop-Up-Fensters, in Normalschrift mit fett und gesperrt geschriebenen Namen der Parteien, unter der fett und gesperrt geschriebenen Überschrift „Im Namen der Republik!“ und mit fetter, schwarzer Umrandung.

[5] Zum Klagebegehren zu Punkt 1. berief sich die Klägerin (unter anderem) auf den Schutz schuldrechtlicher Beziehungen zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter. Punkt 2. begründete sie vor allem mit einem Verstoß gegen § 2 UWG. Auf der Plattform der Beklagten fehlten vollständige Angaben zur Identität der Gastgeber, weil diese immer nur mit Phantasienamen bezeichnet würden. Darüber hinaus fehlten auch Angaben zu Beschränkungen der (Unter-)Vermietung. Dies seien wesentliche Informationen iSd § 2 Abs 6 UWG. Im Übrigen liege Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauch iSv § 1 UWG und § 5 KartG vor. Zwischen den Streitteilen bestehe jedenfalls ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis.

[6] Die Beklagte bestritt das Vorliegen einer tauglichen Anspruchsgrundlage sowie in Ansehung der lauterkeitsrechtlichen Ansprüche insbesondere die Aktivlegitimation der Klägerin.

[7] Das Erstgericht gab der Stufenklage mittels Teilurteils mit Ausnahme des Feststellungsbegehrens statt (die Abweisung des Feststellungsbegehrens erwuchs in Rechtskraft). Der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch beruhe auf der Eigentumsfreiheitsklage, die gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht erhoben werden könne. In lauterkeitsrechtlicher Hinsicht bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen, weil sie sich an denselben Kundenkreis richteten. Die Aktivlegitimation der Klägerin für die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche sei daher gegeben; auch die inhaltliche Berechtigung sei zu bejahen.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte den Unterlassungsanspruch zu Punkt 1., allerdings mit einschränkenden Zusätzen, und wies die übrigen Begehren ab. Es verneinte die Aktivlegitimation der Klägerin für die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche, weil es am Wettbewerbsverhältnis fehle. Bei den Leistungen der Beklagten gehe es um Kurzzeitvermietungen an Touristen. Die Klägerin als klassische Langzeitvermieterin sei nicht Mitbewerberin für diesen Kundenkreis. Die Gemeindewohnungen der Klägerin stünden den touristischen Kunden der Beklagten für ihre kurzzeitigen Reisebedürfnisse gerade nicht zur Verfügung. Personen aus dem Abnehmerkreis der Klägerin mögen dies fallweise vertragswidrig unterlaufen. Dies mache die Klägerin aber nicht zum Mitbewerber der Beklagten. Die Klägerin ringe keineswegs wie ein Mitbewerber um denselben Kundenkreis wie die Beklagte, nämlich Touristen, sondern wolle – gerade gegenteilig – diesen Kundenkreis von sich fernhalten.

[9] Den Wert des Entscheidungsgegenstands bemaß das Berufungsgerichts mit 30.000 EUR übersteigend und die ordentliche Revision erklärte es zur Frage der Aktivlegitimation nach § 14 KSchG von Langzeitvermietern für lauterkeitsrechtliche Ansprüche gegen Kurzzeitvermieter an Touristen für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[10] Gegen die Stattgabe des Begehrens zu Punkt 1. richtet sich die Revision der Beklagten und gegen die Abweisung der übrigen (noch nicht rechtskräftig erledigten) Begehren die Revision der Klägerin.

I. Zur Revision der Beklagten:

[11] Die Beklagte zog mit Schriftsatz vom ihre Revision zurück und anerkannte das Klagebegehren zu Punkt 1. der Klage. Die Klägerin stellte daraufhin einen Antrag auf diesbezügliche Fällung eines Anerkenntnisurteils samt Kostenersatz.

[12] 1. Gemäß § 484 iVm § 513 ZPO ist die Zurückziehung der Revision bis zur Entscheidung über diese zulässig und mit deklarativem Beschluss zur Kenntnis zu nehmen (RS0042041 [T2, T3]; RS0110466 [T9]).

[13] 2.1. Auch in dritter Instanz ist ein (eindeutiges, unbedingtes, somit vorbehaltloses) Anerkenntnis des Klageanspruchs durch die beklagte Partei und die Fällung eines Anerkenntnisurteils nach § 395 ZPO über Antrag der klagenden Partei zulässig (RS0119634).

[14] 2.2. Durch die Zurückziehung der Revision seitens der Beklagten ist zwar der Unterlassungsanspruch zu Spruchpunkt 1. in Rechtskraft erwachsen, allerdings nur im Ausmaß des berufungsgerichtlichen (und somit eingeschränkten) Zuspruchs. Die Beklagte anerkannte jedoch das Klagebegehren zu Punkt 1. in der von der Klägerin begehrten (weiteren) Form. Es war daher aufgrund des Antrags der Klägerin auf Fällung eines entsprechenden Anerkenntnisurteils der Zuspruch zu Punkt 1. des Urteils im Sinne dieses weiteren Begehrens zu modifizieren.

[15] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Im Hinblick auf die Zurückziehung der Revision durch die Beklagte hat sie der Klägerin die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

II. Zur Revision der Klägerin:

[16] Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und teilweise auch berechtigt.

1. Aktivlegitimation für lauterkeitsrechtliche Ansprüche:

[17] 1.1. Die Klägerin begründet ihre Aktivlegitimation mit einem Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten, zumal es bei deren Leistungen nicht ausschließlich um Kurzzeitvermietungen an Touristen gehe. Die Beklagte richte sich mit ihrer Website nicht nur an die „Gäste“, sondern auch an die „Gastgeber“, welche zur Bezahlung von Provision an die Beklagte verpflichtet und gleichzeitig Mieter der Klägerin seien. Für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses genüge es, wenn sich der Kundenkreis der Streitparteien auch nur zum Teil oder lediglich vorübergehend überschneide. Im vorliegenden Fall bestehe daher jedenfalls ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis.

[18] 1.2. Gemäß § 14 Abs 1 UWG kann in den Fällen der §§ 1, 1a, 2, 2a, 3, 9c und 10 der Anspruch auf Unterlassung unter anderem von jedem Unternehmer, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt (Mitbewerber) geltend gemacht werden.

[19] 1.3. Ob ein Wettbewerbsverhältnis besteht, ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen (vgl RS0077680 [T5]). Für das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses ist erforderlich, dass die angebotenen Waren- und Dienstleistungen solch verwandter Art sind, dass sie sich eignen, das gleiche Verkehrsbedürfnis zu befriedigen. Die Dienstleistungen müssen sich daher gegenseitig substituieren oder im Absatz behindern können (vgl 4 Ob 2067/96s).

[20] 1.4. Der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses steht nicht entgegen, dass die Betätigungsgebiete zweier Unternehmen nicht zur Gänze zusammenfallen, die jeweiligen Angebote also nur teilkongruent sind. Die Geschäftsbetriebe zweier Unternehmen müssen nicht in der Hauptsache übereinstimmen; es genügt, wenn dies teilweise der Fall ist, die Kreise einander also schneiden (RS0079569 [T1], RS0077719 [T3]).

[21] 1.5. Ein Wettbewerbsverhältnis ist ferner dann anzunehmen, wenn sich die beteiligten Unternehmer an einen im Wesentlichen gleichartigen Abnehmerkreis wenden, also um denselben Kundenkreis bemühen (RS0077719). Es genügt zur Begründung einer Mitbewerbereigenschaft, wenn sich der Kundenkreis auch nur zum Teil oder lediglich vorübergehend überschneidet oder sich bei Vorbereitungswettbewerbshandlungen künftig überschneiden wird. Ein Wettbewerbsverhältnis kann nach ständiger Rechtsprechung (RS0077715) auch erst durch die beanstandete Handlung selbst begründet werden („Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis“). Dafür genügt es, dass sich der Verletzer in irgendeiner Weise zum Betroffenen in Wettbewerb stellt (vgl 4 Ob 20/02y).

[22] 1.6. Die Erfordernisse für die Mitbewerbereigenschaft werden von der herrschenden Ansicht weit ausgelegt. Demnach ist Voraussetzung für die Aktivlegitimation nach § 14 UWG lediglich, dass der Unternehmer zum Verletzer in einem (abstrakten) Wettbewerbsverhältnis steht, das heißt es reicht aus, dass abstrakt eine Beeinträchtigung theoretisch möglich erscheint (Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rz 95–96 mwN). Dem Begriff „Mitbewerber“ ist eine zumindest theoretische Beeinträchtigung durch die Handlungen des Verletzers immanent (vgl Duursma-Kepplinger in M. Gumpoldsberger/ Baumann, UWG § 14 Rz 129). Unternehmer, die Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellen oder in den geschäftlichen Verkehr bringen (§ 14 Abs 1 UWG) stehen zumindest theoretisch im Wettbewerb, das heißt sie bemühen sich um den selben Kundenkreis (vgl RS0077719 [T2]).

[23] 1.7.1. Im vorliegenden Fall ist von einem Überschneiden der Kundenkreise auszugehen. Die Website der Beklagten richtet sich nicht nur an die „Gäste“, sondern auch an die „Gastgeber“, somit unter anderem an die Mieter der Klägerin. Sowohl die „Gäste“ als auch die „Gastgeber“ schließen mit der Beklagten Verträge ab und sind daher ihre Kunden. Vertragsgegenstand sind jeweils die im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnungen. Dass die Klägerin nicht um die Endkunden der Beklagten buhlt und sie nicht als Mieter akzeptiert bzw die Untervermietung an sie untersagt, ist in diesem Zusammenhang ebenso irrelevant wie der Umstand, dass der Klägerin durch die unzulässige Weitergabe der Wohnungen an die „Gäste“ nur ein indirekter Nachteil entsteht. Der mögliche Wettbewerb zwischen den Streitteilen ergibt sich schon daraus, dass die unzulässigen Untervermietungen der Wohnungen der Klägerin durch die Beklagte, bzw durch deren Mitwirkung, die Neuvermietungen von Wohnungen durch die Klägerin zu behindern geeignet sind, weil Mieter der Klägerin, die mit der Beklagten in Geschäftsbeziehung stehen, die Mietverhältnisse mit der Klägerin allenfalls nur zwecks Untervermietung aufrecht erhalten, anstatt die Mietverträge mangels Eigenbedarfs aufzukündigen.

[24] 1.7.2. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits in früherer Rechtsprechung klargestellt, dass für ein Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis die Parteien nicht einmal in derselben Branche tätig sein müssen (vgl 4 Ob 2/97s; zu einem weiten Verständnis des Wettbewerbsverhältnisses siehe auch 4 Ob 96/19z).

[25] 1.7.3. Hier beeinträchtigt die Beklagte das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Mietern aufgrund des Umstands des Vertragsbruchs von Letzteren, der bei der Abwicklung des von der Beklagten vermittelten Geschäfts begangen wird.

[26] 1.7.4. Zusammenfassend ist daher das Vorliegen eines Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Streitteilen zu bejahen. Auf die im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht (Vonkilch/Scharmer, Verbotene Kurzzeitvermietung über Plattformen wie Airbnb im Lichte des UWG, Zak 2019/707) ist in Ermangelung einer näheren Begründung derselben nicht einzugehen.

[27] 2. Aufgrund der Bejahung des Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Streitteilen und somit der Aktivlegitimation der Klägerin ist auf den auf § 2 UWG gestützten Anspruch zu Punkt 2. des Klagebegehrens inhaltlich einzugehen.

[28] 2.1. Nach § 2 Abs 4 Z 1 UWG (Art 7 Abs 1 RL-UGP) gilt eine Geschäftspraktik dann als irreführend, wenn sie unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen vorenthält, die der Marktteilnehmer benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Nach § 2 Abs 5 UWG (Art 7 Abs 5 RL-UGP) gelten jedenfalls die im Unionsrecht festgelegten Informationsanforderungen in Bezug auf kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing als wesentliche Informationen. Nach § 2 Abs 6 UWG (Art 7 Abs 4 RL-UGP) müssen bei der Aufforderung an Verbraucher zum Kauf die in dieser Bestimmung aufgezählten Informationen erteilt werden, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben (4 Ob 64/19v; 4 Ob 32/20i mwN).

[29] 2.2. Eine Information ist nur dann wesentlich, wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die vom Verbraucher zu treffende geschäftliche Entscheidung erhebliches Gewicht zukommt. Die Wesentlichkeit hängt daher – von den verbindlichen Festlegungen in Art 7 Abs 4 und 5 UGP-RL (§ 2 Abs 5 und Abs 6 UWG) abgesehen – von einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls ab (vgl Köhler/Bornkamm/ Feddersen, dUWG38 § 5a Rz 3.14).

[30] 2.3.1. § 2 Abs 6 Z 2 UWG bestimmt bei einer Aufforderung an Verbraucher zum Kauf folgende Informationen als wesentlich iSd Abs 4, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: Name und geographische Anschrift des Unternehmens und gegebenenfalls des Unternehmens, für das gehandelt wird.

[31] 2.3.2. Ausweislich des Wortlauts des § 2 Abs 6 Z 2 UWG gilt die Verpflichtung nicht für Verbraucher. Somit sind auf Vermittlungsplattformen nur gewerbliche Anbieter, nicht jedoch Privatpersonen von der Verpflichtung umfasst (Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 § 2 Rz 534).

[32] 2.3.3. Da sich die Plattform der Beklagten in erster Linie (und im konkreten Fall der Mieter der Klägerin wohl ausschließlich) an private Gastgeber wendet, fallen diese (ebenso wie die beklagte Vermittlerin) nicht in die Informationspflicht nach § 2 Abs 6 Z 2 UWG. Es ist aber zu prüfen, ob ein Vorenthalten wesentlicher Informationen im Sinne der oben zitierten allgemeinen Bestimmung des § 2 Abs 4 Z 1 UWG vorliegt.

[33] 2.3.4. Im vorliegenden Fall muss der Gastgeber zwar zur Registrierung auf der Website der Beklagten seinen Vor- und Nachnamen, sein Geburtsdatum und eine Email-Adresse angeben. Anderen Besuchern der Plattform wird der tatsächliche Name des Gastgebers aber nicht angezeigt, sondern nur ein von ihm frei wählbarer Alias-Name. Die genaue Adresse der inserierten Unterkunft ist für Besucher der Plattform der Beklagten nicht ersichtlich, sondern nur deren ungefährer Standort.

[34] 2.3.5. Wie bereits ausgeführt bedarf es zur Prüfung der Frage der Wesentlichkeit der Information einer Interessenabwägung. Die Beklagte führt dazu ins Treffen, dass für die Reisenden der vollständige Name und die genaue Adresse der Gastgeber regelmäßig keine ausschlaggebende Rolle für die Buchung spiele. Vielmehr entschieden sich Touristen für eine Unterkunft auf Basis von (ungefährer) Lage, Ausstattung, Preis, verfügbaren Fotos oder Bewertungen anderer Nutzer. Nach der Buchung werde dem Gast ohnedies der vollständige Name des Gastgebers und die genaue Adresse der Unterkunft bekanntgegeben. Die Preisgabe der Daten bereits vor der Buchung würde für die Gastgeber ein Sicherheitsrisiko (in Form von Einbrüchen) darstellen, denn sie würden die Wohnungen in der Regel während ihrer Abwesenheit vermieten.

[35] 2.3.6. Diese Einwände sind berechtigt. Den Interessen der Gäste, die genauen Daten der Gastgeber zu erfahren, wird durch deren Bekanntgabe anlässlich der Buchung ausreichend Rechnung getragen. Damit sind sie (anders als nach dem Sachverhalt, der der in der Revision angesprochenen Entscheidung 4 Ob 32/20i zugrunde lag) in die Lage versetzt, allfällige Ansprüche gegen die Gastgeber verfolgen zu können. Die Interessenabwägung bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Information über die vollständigen Namen und exakten Adressen der Gastgeber bereits vor der Buchung schlägt daher zugunsten der Gastgeber und folglich auch zugunsten der Beklagten aus, ohne dass noch darauf eingegangen werden muss, ob die behauptete Lauterkeitsrechtsverletzung überhaupt das Kriterium der Spürbarkeit erfüllt.

[36] 2.4. Die von der Klägerin beanstandete fehlende Angabe des Bestehens eines (vertraglichen) Untervermietverbots auf der Internetseite der Beklagten würde den von ihr einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab überspannen (vgl auch 4 Ob 32/20i zur Frage der Gewerbeberechtigung der vermittelten Verkäufer), weil die Nutzungsbedingungen der Beklagten ohnehin die Bestimmung enthalten, dass die Gastgeber keine Unterkunft anbieten dürfen, die nicht in ihrem Eigentum steht oder für die sie keine Genehmigung haben, sie zu Wohn- oder sonstigen Zwecken über die Plattform der Beklagten anzubieten. Da die Gäste grundsätzlich davon ausgehen können, dass die Gastgeber den für sie geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen entsprechen und auch eine Verletzung des vertraglichen Untervermietverbots die Wirksamkeit des Beherbergungsvertrags zwischen Gastgeber und Gast unberührt lässt, ist die Information darüber nicht als wesentliche Information zu qualifizieren.

[37] 2.5. Soweit sich die Klägerin auf Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauch iSv § 1 UWG und auf § 5 KartG stützt, ist das diesbezügliche Vorbringen nicht mit ihrem Begehren zu Punkt 2. in Einklang zu bringen. Punkt 1. desselben ist aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten gegenstandslos.

[38] 2.6. Die auf das UWG gestützten Ansprüche bestehen daher – ungeachtet des zu bejahenden Wettbewerbsverhältnisses – nicht zu Recht. Dies führt zur Abweisung des Unterlassungsbegehrens zu Punkt 2. sowie des Urteilsveröffentlichungsbegehrens zu Punkt 6., nicht aber des Rechnungslegungs- und Zahlungsbegehrens (Punkt 3. und 5.).

3. Rechnungslegung und Zahlung

[39] 3.1. Die Klägerin stützt diese Ansprüche nicht nur auf § 16 UWG, sondern auch auf § 1041 ABGB. Die Beklagte habe unbefugt einen Vermögensvorteil daraus gezogen, dass sie die Inserate der Mieter in den beiden festgestellten Fällen nicht sofort nach Kenntnis der Rechtswidrigkeit gelöscht bzw die Nutzer gesperrt habe. Der Vermögensvorteil liege in der Servicegebühr, die von der Beklagten eingehoben werde. Die Wohnungen der Klägerin seien ohne Rechtsgrund zugunsten der Beklagten, nämlich in der Form der eingehobenen Servicegebühr, verwendet worden. Dem Gläubiger eines Verwendungsanspruchs stehe gegen den Bereicherten analog § 1039 ABGB ein Rechnungslegungsanspruch zu.

[40] 3.2. Die Beklagte entgegnet in ihrer Revisionsbeantwortung, die Servicegebühren würden für die Nutzung der Plattform der Beklagten bezahlt. Dabei handle es sich nicht um Leistungen der Klägerin. Im Übrigen werde im dreipersonalen Verhältnis der Entreicherte auf seinen Vertragspartner verwiesen, dem er sein Vertrauen geschenkt habe. Hier bestünden Vertragsverhältnisse zwischen der Klägerin und ihren Mietern, die einen Verwendungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ausschlössen.

[41] 3.3.1. Dazu ist auszuführen, dass sich der allgemeine Bereicherungsanspruch gemäß § 1041 ABGB gegen denjenigen richtet, der eine fremde Sache ohne Rechtsgrund zum eigenen Vorteil benützt und sich dabei im Einzelfall nicht auf eine Leistung des Eigentümers oder sonst Berechtigten stützen kann (RS0019926 [T14]).

[42] 3.3.2. Eine derartige Verwendung des Eigentums der Klägerin an ihren Wohnungen zum Nutzen der Beklagten ist hier gegeben. Die von der Beklagten lukrierte Servicegebühr fällt für jeden zwischen einem „Gastgeber“ und einem „Gast“ abgeschlossenen Vertrag an, hängt somit von der Zurverfügungstellung der Wohnungen der Klägerin durch den „Gastgeber“ ab; ihr liegt somit nicht bloß eine „eigene Leistung“ der Beklagten zugrunde.

[43] 3.4.1. Im Drei-Personen-Verhältnis scheidet der Verwendungsanspruch nur dann aus, wenn die Vermögensverschiebung durch einen Vertrag zwischen dem Berechtigten und der Mittelsperson sowie einen Vertrag zwischen dieser Mittelsperson und dem Bereicherten („Kette“) gerechtfertigt ist (Meissel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1041 Rz 11 mwN).

[44] 3.4.2. Im vorliegenden Fall findet die Vermögenszuwendung weder im Valuta-, noch im Deckungsverhältnis eine Rechtfertigung, hat doch weder die Beklagte einen Anspruch gegen den „Gastgeber“ auf Lukrierung von Einnahmen aus der unzulässigen Vermietung von Wohnungen der Klägerin, noch der „Gastgeber“ einen Anspruch gegen die Klägerin auf Untervermietung. Auch hat sich die Klägerin durch die Vermietung der Wohnungen (mit vereinbartem Untervermiet-/Weitergabeverbot) nicht vorbehaltlos ihres Vermögens begeben (vgl Lurger in ABGBON1.02 § 1041 Rz 17). Im Übrigen hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Verbreitung von Angeboten zur (Unter-)Vermietung von (ihr bekannten) Wohnungen der Klägerin (wegen des unberechtigten Eingriffs in das Eigentum der Klägerin) anerkannt. Von einer Rechtfertigung der Vermögensverschiebung kann daher hier auch deswegen keine Rede sein. Die Wohnungen der Klägerin werden vielmehr ohne Rechtsgrund zum Nutzen der Beklagten verwendet, sodass der geltend gemachte Verwendungsanspruch dem Grunde nach zu Recht besteht.

[45] 3.5. Dem Gläubiger eines Verwendungsanspruchs steht gegen den Bereicherten analog § 1039 ABGB ein Rechnungslegungsanspruch zu (Meissel in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1041 Rz 19 mwN).

[46] Der Revision der Klägerin ist daher teilweise Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind (unter Berücksichtigung des bereits rechtskräftig abgewiesenen Feststellungsbegehrens [Punkt 4.] und des Anerkenntnisses und der daraus folgenden Abänderung zu Punkt 1.) somit dahin (mittels Teilurteils) abzuändern, dass der Unterlassungsanspruch zu 2. und der Urteilsveröffentlichungsanspruch zu 6. abzuweisen sind und dem Rechnungslegungsbegehren zu 3. Folge zu geben ist. Über das Zahlungsbegehren zu 5. wird das Erstgericht mit Endurteil zu entscheiden haben. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde die Nummerierung der Begehren in der Klage im Spruch beibehalten.

[47] 4. Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 4 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00033.22I.1122.000

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